Den Führerschein bezahlen?

„Unsere Tochter (16) möchte sich für den Führerschein anmelden. Sie geht selbstverständlich davon aus, dass wir die Kosten übernehmen. Das wäre bei allen Familien so … Stimmt das?“

In Erziehungsfragen gibt es nichts, was „alle“ Familien gleich lösen. Auch wenn Jugendliche das Gefühl haben, in ihrem Freundeskreis seien alle Eltern großzügiger mit Geld als ihre eigenen: Lassen Sie sich davon nicht verunsichern! Fahrstunden und Führerscheinprüfung summieren sich in Deutschland im Schnitt auf 1.300 Euro, in der Schweiz können es bis zu 2.500 Franken werden. Dabei hängen die Gesamtkosten vom Tarif der einzelnen Fahrschule und von der Anzahl der benötigten Fahrstunden ab. In jedem Fall ist es eine große Summe, die die meisten Familien nicht spontan aufbringen können.

GRUPPENDRUCK
Für Jugendliche ist der Erwerb des Führerscheins ein wichtiger Entwicklungsschritt. Selbst Auto fahren zu können, eröffnet Jugendlichen neue Freiheiten und gibt ihnen Selbstbewusstsein. Der Gruppendruck im Freundeskreis ist nicht zu unterschätzen. Daneben setzen viele Arbeitgeber voraus, dass Bewerber eine Fahrerlaubnis haben.

Deshalb halte ich es nicht für die beste Idee, Ihre Tochter einfach auf später zu vertrösten: „Wenn du dir das Geld selbst zusammengespart hast, kannst du den Führerschein machen, vorher nicht.“ Manche Jugendliche fühlen sich dadurch angespornt und sind stolz, wenn sie es ganz aus eigener Kraft geschafft haben. Für viele ist es eher frustrierend zu sehen, dass andere den Führerschein schon haben, während sie selbst noch versuchen, ihr Taschengeld zusammenzukratzen.

INDIVIDUELLE LÖSUNGEN
Das bedeutet nicht, dass Sie die komplette Summe sofort aufbringen müssen. Einer der folgenden Kompromissvorschläge kann helfen:

  • Halbe-halbe: Sobald Ihre Tochter etwa die Hälfte des benötigten Betrags zusammengespart hat, legen Sie als Eltern die andere Hälfte drauf.
  • Oma und Opa: Es gibt Großeltern, die von selbst mit Geldgeschenken auf ihre Enkel zugehen. Andere helfen gerne nach ihren Möglichkeiten, wenn sie freundlich gefragt werden. Wenn die Enkelin den Großeltern anbietet, ihre neuen Fähigkeiten bei Gelegenheit für Fahrdienste zur Verfügung zu stellen, kann sie sicher mit mehr Unterstützung rechnen.
  • Jobben: Manche Jugendliche suchen sich gezielt einen Nebenjob, um den Führerschein zu finanzieren. Drei Monate nachmittags im Supermarkt Regale einräumen – das verdiente Geld reicht fast für die Fahrstunden.
  • 18. Geburtstag: In vielen Familien ist ein größeres Geschenk zur Volljährigkeit üblich. Das kann ja auch ein Geldbetrag für den Führerschein sein, an dem sich Verwandte oder die Partygäste beteiligen.
  • Führerschein-Sparbuch: Sollte Ihre Tochter sich darauf einlassen, die Fahrerlaubnis erst mit 18 in Angriff zu nehmen, können Sie für die Zeit bis dahin ein zweckgebundenes Konto einrichten, auf das jeden Monat von Ihnen und Ihrer Tochter eine kleinere Summe eingezahlt wird. So entsteht das Gefühl eines gemeinsamen Projekts.

Ich finde es wichtig, Jugendlichen zu vermitteln, dass der Erwerb von mehr Selbstständigkeit mit eigenen Opfern verbunden sein kann. Auf der anderen Seite sehe ich es als eine Erziehungsaufgabe, das Erwachsenwerden zu unterstützen – im Rahmen der eigenen Möglichkeiten auch finanziell.

Reinhild Mayer ist Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und arbeitet in der Redaktion von Family.

„Ich werde Youtube-Star“

„Unsere Söhne (11 und 13) möchten gern eigene Musik-Videos auf YouTube hochladen. Sollen wir es ihnen erlauben? Was müssen wir beachten?“

Früher spielten Teenager in Schülerbands. Spielten sie einigermaßen gut, wurden sie umjubelt. Heute ist die Bühne der eigene YouTube-Kanal. Hier misst man die Begeisterung in Video-Aufrufen, Likes und der Anzahl der Abonnenten. Waren Eltern dagegen, wenn ihre Kinder früher in Schülerbands spielten? So sind die Beatles aus John Lennons Schülerband hervorgegangen. Imagine: In der Jetzt-Zeit hätte John Lennon sicherlich YouTube genutzt, und die Beatles wären vielleicht nicht im berühmten Cavernclub oder im Starclub aufgetreten …

YouTube macht einen Großteil seiner Einnahmen dank junger Nutzer. Die erzielen mit selbstgedrehten Videos Millionen Klicks. YouTube ist eine gute Möglichkeit, sein Talent (oder Nicht-Talent) vor einem Publikum zu präsentieren. In den letzten Jahren hat sich die Videoplattform rasant entwickelt und eigene Stars hervorgebracht.

REGELN FESTLEGEN
Eltern sollten sich mit ihren Kindern gemeinsam eine kritische Distanz zu YouTube erhalten und sorgsam mit persönlichen Daten umgehen, damit diese auch später nicht missbraucht werden. Denn: Das Internet vergisst nie! Viele Jugendliche denken nicht darüber nach, dass ihr Video auch noch im Internet kreist, wenn sie erwachsen sind. Das Mindestalter, um Videos hochladen zu können, ist von YouTube auf 13 Jahre festgelegt. Daran sollten Sie und Ihre Kinder sich halten.

Informieren Sie sich immer über die Videopläne ihrer Kinder, lassen Sie sich zeigen, woran sie gerade arbeiten. Lassen Sie ihnen dabei aber kreativen Spielraum. Seien Sie der größte Fan, und melden Sie sich als Abonnent an. Das, was Sie bedenklich finden, sprechen Sie direkt an. Stimmen Sie bereits im Vorfeld gemeinsame Regeln ab. Legen Sie fest, was tabu ist. Natürlich sollten Ihre Kinder die Community-Spielregeln von YouTube kennen und einhalten.

RECHTE BEACHTEN
Wie sieht es aber mit den Rechten eines Musikvideos aus? Beim Hochladen des eigenen Materials übertragen die User die Rechte an YouTube. Dazu bedarf es „eigentlich“ der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Wie YouTube das aber genau ausübt, darauf gibt es bis heute keine Antwort.

Möchten Ihre Söhne ein Musikstück covern, dürfen sie damit kein Geld verdienen. Es muss dazu die Erlaubnis des Komponisten beziehungsweise des Rechteinhabers vorliegen. Die ist natürlich in der Praxis schwer zu bekommen. Nur, wenn der Komponist schon siebzig Jahre tot ist, kann jeder die Komposition verwenden. Mittlerweile drücken viele Plattenfirmen und Rechteinhaber bei Fan- Coverversionen ein Auge zu. Sie müssen es aber nicht!

Und wenn Ihren Söhnen mit eigenen Musik-Kompositionen vielleicht der YouTube-Überraschungs-Ohrwurm- Hit gelingt? Dann kann der natürlich von anderen auch geklaut werden. Sicher ist man davor nie, wenn man etwas ins unendliche Netz stellt.

Rainer Schwabe ist Vater eines pubertierenden Sohnes (13), schreibt Ratgeber für Schüler, Eltern und Lehrer und gibt bundesweit Lehrerfortbildungen.

„Schreib ordentlich!“

„Mein Sohn hat eine unordentliche Schrift. Wie unterstütze ich ihn dabei, ordentlicher zu schreiben?“

Immer mehr Grundschulkindern fällt es schwer, eine ordentliche und formklare Handschrift zu entwickeln. Doch darauf sind sie im Schulalltag angewiesen. Im Rahmen von Diktaten etwa kann es sein, dass ein Buchstabe, der von der Lehrkraft nicht entziffert werden kann, als Fehler gezählt wird.

Zunächst sollten Sie gesundheitliche Defizite etwa im Bereich des Sehens oder des Hörens und auch im Bereich der Motorik ausschließen können. Bewegt sich Ihr Kind hier im grünen Bereich, sollten Sie gemeinsam eine Strategie entwickeln, um es bei der Entwicklung einer ordentlicheren Schrift zu unterstützen.

RICHTIGE KÖRPERHALTUNG
Sorgen Sie zunächst für gute Rahmenbedingungen. Beispielsweise sollten Sie gemeinsam auf eine richtige Körperhaltung beim Schreiben achten. Die Füße Ihres Kindes sollten auf dem Boden aufgesetzt sein, der Rücken gerade sein und das Heft vor dem Kind auf dem Tisch liegen. Beim Schreiben sind die Schultern locker und die Unterarme liegen auf der Schreibplatte auf. Die Schreibhand ruht seitlich auf dem kleinen Finger. Achten Sie auch beizeiten auf eine richtige Stifthaltung.

Ärgert sich Ihr Kind über Tintenkleckse und Co., so ist es mancherorts möglich, anstatt eines Füllers etwa einen Tintenschreiber, Fineliner oder Bleistift zum Schreiben zu verwenden. Sollte Ihr Kind Schwierigkeiten beim Verbinden der Buchstaben haben, sollten Sie Kontakt zu der Lehrkraft aufnehmen, damit Ihr Kind vielleicht in der erlernten Druckschrift schreiben kann. Dies ist in vielen Fällen auch bei großen Problemen im Bereich der Feinmotorik möglich. In diesen Fällen können Sie zusätzlich bei einem Lerntherapeuten eine Förderung in diesem Bereich in Anspruch nehmen.

KALLIGRAFIE
Beachten Sie auch die durchschnittliche Konzentrationsspanne Ihres Grundschulkindes, die zwischen zehn und zwanzig Minuten am Stück liegt. Besprechen Sie, dass Sie von Ihrem Kind innerhalb dieser Spanne erwarten, dass es sich intensiv um eine ordentliche Schrift bemüht. Sind Sie unzufrieden mit einem Schriftstück Ihres Kindes, sollten Sie es auffordern, die Aufgabe nach einer ausreichenden Pause noch einmal und konzentriert auszuführen.

Und noch ein Tipp: Mancherorts werden Kalligrafie- Kurse für Kinder angeboten. Diese machen sowohl Mädchen als auch Jungen Spaß und motivieren dauerhaft, ordentlicher zu schreiben. Auf eigene Faust können Sie kalligrafische Übungen etwa mit dem folgenden Buch gemeinsam mit Ihrem Kind zu Hause umsetzen: Claudia Dzengel. Kalligrafie und kreatives Schreiben für Kinder (G&G Verlagsgesellschaft).

Alexandra von Plüskow ist Grundschullehrerin und Bildungskoordinatorin im Landkreis Heidekreis.

Kindergeburtstag zu Hause

„Unser Sohn wird demnächst fünf. Die meisten seiner Freunde haben ihre Geburtstage im Indoorspielplatz, Museum oder Kino gefeiert. Wir möchten lieber zu Hause feiern, fürchten aber, dass das den Kindern nicht so gefällt.“

Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen, wie Sie den Geburtstag Ihres Kindes feiern! Sinnvoll ist es, sich erst Gedanken darüber zu machen, wie das Programm aussehen soll und dann die Kinder einzuladen. Denn wenn Sie einen Plan haben, können Sie eher abschätzen, mit wie vielen Kindern Sie alles möglichst entspannt durchführen können. Es gibt die gute Regel, dass man dem Alter entsprechend Kinder einlädt. Das wären bei Ihrem Sohn fünf Kinder.

Sie sollten auf jeden Fall auch eine Zeit einplanen, in der die Kinder frei spielen können. Auch ruhige Phasen sind wichtig.

GESCHENKE
Um das Auspacken der Geschenke zu gestalten, können Sie einen Geschenketisch herrichten. Wenn alle Kinder da sind, setzen Sie sich mit den Kindern um den Tisch. Das Geburtstagskind nimmt sich das erste Geschenk und rät, von wem es ist und was darin sein könnte. Der Schenker sagt aber immer: „Ich weiß es nicht, schau doch einfach nach.“ Das werden die Kinder witzig finden. Eine andere Variante wäre, die Geschenke in eine Schatzsuche zu integrieren. Entweder sind alle Geschenke der Schatz am Ende der Suche. Oder jedes Geschenk ist eine Station.

ESSEN
Kinder müssen nicht bedient werden. Das gemeinsame Belegen von Pizza oder das Verzieren von Muffins kann ein schönes Angebot sein.

BASTELN
Da es üblich ist, dass die Gäste ein Gastgeschenk mit nach Hause bekommen, könnte man Säckchen oder Körbe basteln. Für Säckchen benötigen Sie etwas Stoff, in Kreisform ausgeschnitten, einen Locher und Wolle. Mit dem Locher machen Sie vorab Löcher am Rand des Stoffes entlang. Hier können die Kinder später die Wolle durchfädeln, und schon hat jedes Kind sein eigenes Säckchen. Körbchen zum Flechten kann man im Internet bestellen.

SPIELE
Eine Schatzsuche ist oft der Höhepunkt einer Geburtstagsfeier und lässt sich an das Motto der Party anpassen. Auch viele Spiele können dem Motto angepasst werden, zum Beispiel „Die Reise nach Jerusalem“: Piraten müssen ihr Schiff erwischen, Prinzessinnen ihr Schloss, Tiere müssen in den Stall, Indianer in ihr Zelt … Auch „Was gehört nicht hierhin?“ kann zu jedem Motto gespielt werden. Man braucht einiges an „Themen-Material“ und verschiedene andere Gegenstände. Diese können in einer Kiste verborgen sein. Ein Kind verlässt den Raum und ein anderes legt einige Dinge auf den Boden. Dann wird das Kind gerufen und legt alles, was nicht zum Motto passt, zurück in die Kiste. Dann darf dieses Kind Gegenstände aussuchen. „Der Eierlauf“ ist ebenso wandelbar. Ob ein Schatz balanciert werden muss, Futter für die Tiere, Baustellenmaterial oder Ähnliches – mit ein bisschen Fantasie ist alles möglich!

Anika Sohn ist Erzieherin und bietet neben Bewegungs-Kursen für Eltern und Kinder auch die Planung und Durchführung von Kindergeburtstagen an: familie-bewegt.de. Sie lebt in Neuhofen (Pfalz).

Wellness in der Bikerwerkstatt

Christof Matthias über die Faszination des Schraubens.

Als wir letztens in unserer Männerrunde (siehe Family 2/16) zusammensaßen, erzählte ich von einem Beitrag in einer Autozeitschrift. Das Redaktionsteam hatte sich zusammengetan, um einen schrottreifen Oldtimerkäfer zu restaurieren. „Hey Jungs, wäre das nicht was?“ Alle waren von der Idee begeistert. Nur leider wohnen wir weit auseinander, haben außer unseren regelmäßigen Treffen kaum Berührungspunkte und auch nicht die Zeit, so etwas realistisch umzusetzen. Schön war der Gedanke trotzdem.

Wenn ich ans Schrauben denke, werde ich lebendig. Irgendwie hat mich die Technik in der praktischen Art immer angezogen. Das hat auch mit meinem zweiten beruflichen Lebensabschnitt zu tun. Damals hatte ich tatsächlich eine eigene (Männer-) Tankstelle inklusive Werkstatt gepachtet. Einige Jahre verbrachte ich mit, an und unter Autos. Das war eine Zeit, in der vieles noch freier schien, alles irgendwie möglich und machbar. „Geht nicht“ gab es nicht. Zumindest probierten wir alles. In Nacht- und Nebelaktionen wurden die Fahrzeuge Liegengebliebener wieder zusammengeflickt, zwar provisorisch, aber sie konnten weiterfahren. Verbunden damit waren ein einzigartiger Flair – und der ständig präsente Benzin- und Ölgeruch.

Heute ist es deshalb für mich nicht ganz leicht, mit meinen Fahrzeugen zur Inspektion oder zum TÜV zu fahren, ohne selbst Hand anlegen zu dürfen. „Finger weg, jetzt schrauben andere“ muss ich mir da schweren Herzens immer sagen.

Mein erstes eigenes Fahrzeug vor genau 40 Jahren war ein Motorrad, eine RD 350, noch mit autoluber Getrenntschmierung. Wichtig war mir, sie durch eine schärfere Nockenwelle auf 34 PS zu bringen, und natürlich wurde sie schon mal ausprobiert, bevor ich den Führerschein in den Händen hatte (nicht weitersagen).

Autos sind heute noch immer prima, aber eher die Pflicht, Motorräder die Kür. Deshalb freue ich mich besonders, nach meinen Beratungsgesprächen oder Supervisionssitzungen, ab und zu mal bei einem befreundeten Bikehändler aufzulaufen. Dort ist es mir erlaubt, in der Werkstatt rumzulungern oder mich mit einer Story in ein Verkaufsgespräch einzumischen. Der Funke springt noch immer über. Die jeweils neuen Modelle werden dann einmal von mir besetzt oder auch ausführlich zur Probe gefahren. Ein kurzes Fachgespräch über die Stärken der aktuellen 3-Zylindermodelle von Yamaha belebt meine Seele. Das ist eine meiner persönlichen Tankstellen, in der es ganz speziell riecht. Es ist eine Mischung der Ausdünstungen von Ölen, Fetten und Leder, die im Raum wabert. Bestimmt nicht jedermanns Sache, aber jeder Mann hat sicher seinen speziellen Erinnerungsduft, der ihn lebendig werden lässt. Vielleicht gilt es diesen wiederzuentdecken.

Mich erinnert das auch an die Jünger von Jesus, die auch immer wieder zu ihrer vergangenen Tätigkeit zurückgingen – dem Fischen. Und da – das weiß ich sicher – ist der Geruch nun ganz speziell. Der geht noch nicht einmal mit Waschen weg.

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.

Alles wird gut

Elisabeth Vollmer muss akzeptieren, dass sie ihre Kinder nicht vor allem beschützen kann. Zuversichtlich ist sie trotzdem.

Oktober 2001: schweißgebadet wache ich auf. Der 11. September hat mich in meine Träume verfolgt: Tabea im Tragetuch, die Jungs an der Hand befinde ich mich auf der Rolltreppe eines Einkaufzentrums, das in sich zusammenfällt. Mit meinem Körper versuche ich, meine Kinder zu schützen. Meine beruhigenden Worte „Alles ist gut, ich passe auf euch auf“ sind schlicht falsch, und genau dieses Bewusstsein trifft mich tief und lässt mich schweißgebadet aufwachen. Der Traum vergeht, das Bewusstsein bleibt: Ich kann meine Kinder nicht in allem beschützen. Und es ist auch nicht gewiss, dass alles in diesem Leben gut ausgehen wird. Meine Grundzuversicht ins Leben wird in dieser Nacht erschüttert. Vielleicht bin ich auch dort erst erwachsen geworden.

Inzwischen sind meine Kinder groß. Ich bin immer noch Mutter und würde so gerne beschützen und beruhigen, stärken und auf einen guten Weg begleiten. Und in vielen Bereichen kann und darf ich das auch noch. Aber meine (vermeintlichen) Beschützer-Möglichkeiten sind geringer, die Risikofaktoren sind größer (und mir bewusster) geworden. Damit zu leben und umzugehen, fordert mich immer wieder heraus. Ich stolpere und schlingere dabei. Aber es gibt drei Lebensweisheiten, die mir dabei hilfreiche Krücken geworden sind:

Die Erste stammt von meiner Schwester Ulrike: Jonas war ein paar Tage alt und ich im postnatalen Hormontief, als ich aufgrund einer heftigen Neugeborenengelbsucht um seine Gesundheit bangte. Im Telefonat gab sie mir ein Bild weiter: „Du bist das Mutterschaf. Du kümmerst und sorgst dich um dein Lämmchen und das ist gut so. Aber du kannst und musst nicht alles machen. Es gibt auch noch den guten Hirten. Er hält dich und dein Lämmchen und kümmert sich um euch beide. Du darfst ihm auch und gerade jetzt vertrauen.“ Das übe ich seitdem. Mein Job ist nur der des Mutterschafs. Der Hirte ist ein anderer.

Von Sören Kierkegaard stammt das Zitat: „Gott macht aus dem Verkehrten noch das Bessere, als es das Richtige gewesen wäre.“ Aus unbekannter Quelle stammt das ähnliche Zitat: „Gott macht aus Mist Dünger.“ Verkehrte Entscheidungen, Schuld, Fehler … gehören zum Leben dazu. Das darf ich mir, meinen Kindern, meinem Mann und allen anderen zugestehen. Gott kann daraus trotzdem „Dünger“ oder sogar „das Bessere“ machen. Falsch bleibt es trotzdem und fühlt sich auch so an. Das ist nicht schön, aber normal!

Und zum Dritten dann noch Joachim Ringelnatz: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass dir der Kragen platzt“ in Kombination mit dem Zitat von Papst Johannes XII: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig.“ Ich kann mich dafür entscheiden, meine Sorgen sich nicht dadurch aufblähen zu lassen, dass sie meine beständige Aufmerksamkeit bekommen. Zum zweiten hilft eine gute Portion Humor sogar dann, wenn mir nicht zum Lachen zu Mute ist. Lachen baut Stress ab, entspannt und setzt Glückshormone frei. Schon Lächeln hilft.

Nun kann ich zwar nicht behaupten, dass ich dadurch zur Expertin in Zuversicht, Loslassen und Glaubensstärke geworden wäre. Krücken sind Krücken. Marathon läuft man damit nicht und manchmal gibt es sie immer noch, diese gruselig-große Sorge ums Leben und meine Liebsten. Aber ich bin dran und zuversichtlich, dass am letzten Ende wirklich alles gut sein wird.

Elisabeth Vollmer ist Religionspädagogin und lebt mit ihrer Familie in Merzhausen bei Freiburg.

 

Wenn Gott auf der Bettkante sitzt

Ein Infekt zwingt die sonst so aktive Veronika Smoor ins Bett. Und beschenkt sie mit wichtigen Erkenntnissen.

„Und du wirst mich immer lieben, richtig?“
„Ja.“
„Selbst der Regen wird das nicht ändern?“
„Nein.“
– Ernest Hemingway –

Legen Sie sich das ganze Wochenende hin, und lassen Sie Ihren Mann die Kinder übernehmen.“ Mein Arzt schaut mich streng über seine Brille hinweg an. Ich habe einen grippalen Infekt verschleppt und bin das dritte Mal innerhalb von fünf Wochen krank. Stur und ärztemisstrauisch wie ich bin, habe ich mich lange geweigert, fachlichen Rat zu suchen (weil Dr. Google selbstverständlich kompetenter ist). Aus Sorge hat mein Lieblingsmann einen Termin für mich vereinbart. Also sitze ich nun hier und muss mir mit gesenktem Haupt anhören, dass weder Eigenblut-Therapien noch Smoothie-Kuren mein Immunsystem auf Vordermann brächten, sondern nur die gute altmodische Bettruhe.

Es ist Hochsommer und meine Projekte laufen auf Hochtouren. Täglich bombardiert mich mein überaus produktiver Garten mit Tomaten, Zucchini, Brombeeren und Gurken. Außerdem wollen Kräuter geerntet und verarbeitet werden, denn ich habe mich meinem neuesten Hobby, der Herstellung von Kräutermedizin, gewidmet (welch Ironie in meinem Zustand). Ein Kunde wartet dringend auf einen Rückruf, weil ich seine Hochzeit fotografieren soll. Aber ich bin so schrecklich heiser, und ich will bei ihm und seiner zarten Verlobten nicht den Eindruck hinterlassen, ich würde mich in meiner Freizeit dem hemmungslosen Genuss von Whiskey und Zigaretten widmen. Außerdem wollte ich noch zwei Partys organisieren.

SCHWER WIE BLEI
Zähneknirschend gebe ich dem Arzt recht. Da ich beruflich selbstständig bin, kann ich mich nicht krankschreiben lassen und mit einem wohligen Juhu in die Sofakissen sinken. Ich muss mir selbst die Erlaubnis erteilen, krank sein zu dürfen. Und das habe ich die letzten fünf Wochen nicht getan. Stur habe ich Foto-Termine abgearbeitet, Gemüse eingeweckt, Beeren gesammelt, bin mit den Kids geschwommen und habe das Kinderzimmer neu gestrichen. Nun liege ich hier, mitten in den Kissen und fühle mich gar nicht wohlig. Draußen tobt der schönste Sommer. Und ich versumpfe hier drin.

Weniger Zeug, mehr Raum

Nicht erst seit Silbermonds Song „Mit leichtem Gepäck“ fragen sich Familien, wie sie ihr Leben vereinfachen und erleichtern können. Auch Rachel Suhre aus dem Hunsrück ist mit ihrer Familie minimalistisch unterwegs.

Eine ausrangierte Fahrradzeitschrift und diverse Holztiere liegen verstreut auf dem Boden herum. Hinter mir ein kleiner Haufen Krimskrams: Drei bunte Badeschwämmchen, ein lila Handspiegel, zwei Spielzeugautos, eine Dino-DVD und ein Handglöckchen aus Metall. Ein kleiner Haufen Spielzeug, der es vom Wohnzimmer nicht ins Kinderzimmer geschafft hat. So sieht das Leben als Familie aus, die sich mit dem Thema Minimalismus auseinandersetzt? Ja. Vor etwa sieben Jahren begann für uns das Weniger relevant zu werden. Wir lebten in einer Wohnung voller Dinge. So viel Besitz wie damals haben wir seitdem nicht mehr gehabt, dennoch ist es noch immer einiges.

DREIMAL MEHR
Es fing damit an, dass wir von allen vermeintlich notwendigen Babyutensilien mindestens zwei hatten: zwei Babyphone, drei Wippen, zwei Babyschalen fürs Auto, Unmengen Babykleidung. Wir begannen zu reduzieren. Erst den Babykram, dann Bücher, DVDs, Kleidung, Möbel.

Anfangs fehlte uns einfach der Platz. Dann wurde uns bewusst, wie viel Pflege und Arbeit viele Dinge erfordern. Sei es die Instandhaltung technischer Geräte oder das Säubern und Ordnen von Regalen und Kommoden. Beides erfordert Zeit, die wir plötzlich zurückgewannen und für anderes einsetzten. Das Leben wurde leichter, und wir hatten plötzlich wieder mehr Raum. Mehr Raum für uns, mehr Raum zum Spielen, mehr Raum zum Durchatmen. Das sind meine ganz persönlichen drei Mehr, von denen wir heute als Familie profitieren.

Nach dieser Erfahrung entschieden wir, nur noch das in unseren Haushalt hineinzulassen, was wir wirklich brauchen. Wir haben keinen Fernseher. Allerdings schauen wir ausgewählte Kinderserien am Notebook, und das Tablet darf zum Spielen verwendet werden. Ich stelle keine Regale im Wohnzimmer auf. Ich halte den Süßigkeitenkonsum gering, und das Spielzeug unterliegt meiner mal mehr, mal weniger strengen Auswahl. Unser Wasser trinken wir aus dem Hahn und nicht mehr aus der (Plastik-)Flasche. Wir kaufen viel frisch aus dem Bio-Hofladen und den Joghurt in Gläsern. Bücher leihen wir uns aus der Bücherei. Wir sind viel draußen unterwegs. Deshalb hat jeder ein eigenes Fahrrad. Ist das Minimalismus? Keine Ahnung. Das machen viele Familien so, ganz ohne das große Wort Minimalismus.

Glühbirnen-Bildchen und Checklisten

ADHS-Trainerin Judith Gruhler gibt Tipps, was betroffenen Familien helfen kann. Teil 2 unserer Mini-Serie zu ADHS

Ein Leben mit ADHS bringt ständige Herausforderungen mit sich – das kostet Kraft. Vor allem, wenn man als Elternteil selbst auch betroffen ist! Doch es ist möglich, dass der Alltag entspannter wird. Dazu möchte ich in diesem Artikel einige Anregungen geben. Diese ersetzen allerdings kein Elterntraining! Darum ist der erste Tipp: Nehmen Sie an einem ADHSElterntraining teil! Dort lernen Sie, Ihr Kind besser zu verstehen und besser mit ihm umzugehen. Dazu gehört zu verstehen, welche Auswirkungen die andere Netzwerknutzung im Gehirn eines Kindes mit ADHS hat (siehe Teil 1 der Mini-Serie in Family 4/16). Und sie können sich dort mit anderen Eltern austauschen. Das gilt auch für ADHSSelbsthilfegruppen. Je mehr hilfreiches Wissen Sie über ADHS haben, umso besser werden Sie den Alltag bewältigen können (Infos und Buchtipps siehe Kasten).

VORSICHT, GEÄNDERTER FAHRPLAN!
Was kann helfen, dass der Alltag entspannter wird? Einige praxisbewährte Anregungen dazu:

  • Kinder mit ADHS haben Probleme mit Umstellungen. Sie brauchen eine Ankündigung vor einer Umstellung, etwas Neuem oder einer „Fahrplanänderung“. Hilfreich ist ein Küchenwecker, der als Ankündigung beispielsweise fünf Minuten vor dem Ende des Spielens läutet.
  • Bei einem Kind mit ADHS, das überreizt oder irritiert ist, kann die Stimmung unmittelbar kippen. Es kann heftig erregt sein und verletzende Dinge sagen. Nehmen Sie diese Äußerungen nicht persönlich! Versuchen Sie, tief durchzuatmen. Stellen Sie sich vor, vor Ihnen sei eine Plexiglasscheibe, an der die Aussagen Ihres Kindes abprallen.
  • Achtsamkeit, Gelassenheit und Humor können bewirken, dass Schweres leichter wird. Diese Fähigkeiten kann man lernen, dazu braucht man jedoch Zeit!
  • Weil der Alltag viel Kraft kostet, ist ein positiver Ausgleich wichtig. Tun Sie regelmäßig etwas, das Ihnen guttut, wo Sie auftanken können. Um Stresshormone abbauen zu können, ist Bewegung sehr gut. Planen Sie auch Zeiten ein, in denen Sie gemeinsam mit dem Kind etwas Schönes erleben können.

Endgültig am Ende

Wann der Neuanfang nach dem „Seitensprung“ gelingen kann. Und wann der Zerbruch nicht aufzuhalten ist. Von Stanislaus Klemm

Ein Paar kommt in die Eheberatung. „Mein Mann ist öfters fremdgegangen“, so die Frau, „ich sehe keine Basis mehr, ihm zu vertrauen. Gibt es dennoch eine Chance, unsere Ehe zu retten?“ Die Erfahrung zeigt, dass diese Frage generell sicher genau so oft verneint wie auch bejaht werden könnte. Es spielen dabei ganz sicher viele Faktoren eine entscheidende Rolle. Was sind das eigentlich für Wege, d ie d ann e ntweder z um u nwiderruflichen A bbruch oder aber zu einem neuen Aufbruch führen können?

Man kann leicht zu dem Schluss kommen, dass die eheliche Treue heute nicht mehr hoch im Kurs steht und im Begriff ist, ein trauriges Auslaufmodell zu werden. Immer selbstverständlicher und alltäglicher wird vom „Fremdgehen“, von außerehelichen Beziehungen oder dem „Seitensprung“ gesprochen oder in den Medien berichtet. Vielfach wird die Liebe zweier Menschen geradezu lieblos in unüberlegter Begrifflichkeit als One-Night-Stand abgehandelt – nach dem Motto: „einmal ist keinmal“. Gleichzeitig gibt es aber auch einen ganz anderen Befund: Die Treue und vor allem die sexuelle Treue wird von Frauen und Männern, aber ganz besonders von Jugendlichen als eines der Fundamente gelingender Partnerschaft angesehen. Vielleicht steckt dahinter doch eine Ahnung davon, dass das eheliche Vermächtnis: „den anderen zu lieben, zu achten und ihm in guten wie in schlechten Tagen die Treue zu halten“ nichts Geringeres ist als der Ausdruck einer Wahrheit, die hinter jeder Liebe steht.

Wenn man als gläubiger Mensch hinter dieser menschlichen Liebe das Fundament einer noch größeren Liebe erkennt, dann erscheint uns Treue nicht mehr nur als „Verpflichtung“. Sie ist unsere ganz natürliche Antwort, vielleicht auf eine biblische Zusage, wenn Gott sagt: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“ (Josua 1,5) Und dennoch erfahren viele Männer und Frauen – zusammen mit ihren Kindern – immer wieder, dass sie vom anderen Partner hintergangen, betrogen und gedemütigt worden sind. Grund genug, die Partnerschaft für immer beenden zu wollen.

SELBST VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN
Von außen betrachtet scheint die Rollenverteilung klar. Es gibt einen Missetäter und ein Opfer. Wir sind da oft ähnlich schnell in unserem Urteil wie die Pharisäer, die eine ehebrecherische Frau zu Jesus schleppten, in der Hoffnung, er möge ihre Steinigung anordnen. Wir achten kaum auf das, was ihn zum Täter, sie zur Täterin machte oder „vorbereitete“. Hier gibt es dann auch Gründe genug, sich dieses verletzende Verhalten hinlänglich zu erklären. Friedrich Nietzsche lässt einmal in seiner Schrift „Also sprach Zarathustra“ eine Frau sprechen: „Zwar brach ich die Ehe, doch zuvor brach die Ehe mich!“