Gegen den Riesen kämpfen

Wie können wir auf die Herausforderungen dieser Zeit gut reagieren?

Als er die Neuigkeiten hörte, konnte er nicht anders als zu seufzen. Schon wieder schlechte Nachrichten! Die riesigen Herausforderungen, die vor ihm lagen, waren kaum zu übersehen und zu überhören. Alle redeten darüber. Unheilschwanger lag Verunsicherung in der Luft wie ein trotziger Novembernebel.

Während ich mit den aktuellen Herausforderungen konfrontiert werde, fällt mir David ein. Der David aus der Bibel. Ein schlaksiger Hirtenjunge tapst mit einer Lunch-to-go-Box in das Gefechtsfeld eines Krieges. Allgegenwärtig die Riesen-Herausforderung. Das Volk Israel hatte kein anderes Gesprächs-Thema mehr: Sie dachten an den Riesen, seufzten über die Bedrohung, redeten beim Essen über den Riesen, vergaßen zu spielen und zu lachen. Sicher träumten sie auch von der Gefahr.

Was mir schon als Kind beim Hören der Bibelgeschichte besonders ins Herz schoss, ist die Empörung über den Riesen Goliath, der sich über Gott lustig macht. Er lacht das Volk Israel aus für ihren Gott. David ist schockiert darüber. Er beginnt seinen Kampf gegen den Riesen, indem er die Fokussierung auf ihn aufhebt: Er bringt Gott ins Spiel. Ja, Gott.

Und ich frage mich heute, ob es nicht auch bei mir an der Zeit ist, fromm zu sein. Das Wort „fromm“ kann „scheinheilig“ bedeuten, aber das meine ich nicht. Auf keinen Fall möchte ich Plattitüden herumschleudern. „Fromm“ heißt für mich: vom Glauben an Gott geprägt.

Ich möchte wie David an Gott denken. An das, was er in meinem Leben schon Gutes getan hat. Und dass er mich nicht vergessen hat. Ich möchte Gott ins Gespräch bringen und anderen helfen, sich aus der Fokussierung auf die Riesensorge zu lösen. Das kann ganz praktisch werden:

  • Ich lese alte Family-Magazine und verschicke sie anschließend an alte Weggefährten.
  • Ich reduziere den Konsum von Nachrichten und Talkshows.
  • Ich suche mir bewusst Künstler, die ich durch einen Download unterstützen kann.
  • Ich nehme den November wahr als herbststürmische Vorbereitung auf den Advent.
  • Ich höre Hörbücher und entdecke Klassiker neu.
  • Ich sitze am Fenster und sehe nach draußen.

Ich will meinen Herzensfokus singend und betend auf Gott richten. Ja, das klingt fromm. Vielleicht auf den ersten Blick etwas unbelesen und unreflektiert.  Als mir dieser Vorwurf gemacht wurde, habe ich den Sorgenriesen grölen hören und mich machtlos, uninformiert und überfordert gefühlt. Aber meiner Familie helfe ich so erschöpft nicht. Ich will aus der Wolke der Kommentare und Vermutungen bewusst aussteigen und fromm sein. Meine Kraft für das Gestalten der Familienzeiten nutzen, mich in Nähe üben und Gott ins Spiel bringen.

Und wenn der Riese in mir besiegt ist, ist auch wieder Zeit für Talkshows und Dokumentationen.

Stefanie Diekmann

Wo ist die Solidarität geblieben?

Etwa eine Woche nach dem Lockdown im März hatten wir eine – zwangsweise virtuelle – Sitzung mit unserem freien Redaktionsteam. Wir wollten Dossierthemen festlegen für 2021. Diese Überlegungen waren stark geprägt durch die aktuelle Situation. „Zusammenhalt“, „Nächstenliebe“, „Solidarität“ waren viel genannte Stichpunkte. Aber auch „Nähe“ oder „Umgang mit Krisen“.

Nun, ein halbes Jahr später, sind diese Themen immer noch aktuell. Aber sie fühlen sich ganz anders an. Vor allem die Solidarität, die wir in den ersten Wochen der Corona-Krise oft als so wohltuend erlebt haben, scheint uns abhanden gekommen zu sein. Ein Blick in meinen Facebook News Feed zeigt den Unterschied. Waren dort im März und April Videos von Balkonkonzerten zu sehen oder Hilfsaktionen für Menschen in Quarantäne, stoße ich mittlerweile immer öfter auf unschöne Diskussionen darüber, welchem Experten oder YouTuber nun zu trauen sei, ob die Corona-Maßnahmen sinnvoll oder nur „Verarschung“ sind oder ob der Mund-Nasen-Schutz ein Ausdruck von Nächstenliebe oder unterdrückter Meinungsfreiheit ist.

Und der Ton wird gefühlt immer schärfer. Reflexartig werden Beschimpfungen und Verachtung geäußert – von  beiden Seiten. Und ich habe den Eindruck, dass wir nicht nur unsere Solidarität verloren haben, sondern auch die Nächstenliebe und den Respekt voreinander. Ja, ich tappe selbst auch immer wieder in diese Falle. Weil ich nicht möchte, dass sich Falschaussagen und Verschwörungstheorien verbreiten, dass sie einfach so stehenbleiben, lasse ich mich auf Diskussionen ein – die schnell emotional werden.

Da wünsche ich mir manchmal fast den Lockdown zurück, als zumindest in meiner „Blase“ Zusammenhalt und Solidarität und die Sehnsucht nach Nähe die vorherrschenden Themen waren. Natürlich will ich nicht wirklich einen zweiten Lockdown. Aber diese Solidarität wieder zu erleben – das wünsche ich mir.

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

25 Jahre „Weihnachten im Schuhkarton“

„Weihnachten im Schuhkarton“ geht in diesem Jahr in die 25. Runde. Durch diese Aktion erhalten jedes Jahr mehr als zehn Millionen Kinder ihr oftmals erstes Weihnachtsgeschenk.

Tausende Unterstützer und Unterstützerinnen werden in den kommenden Wochen wieder fleißig Schuhkartons packen, Pack-Partys organisieren oder sich in der Weihnachtswerkstatt in Berlin engagieren. „Wir wollen gerade in diesen Zeiten Kindern in schwierigen Lebenssituationen zeigen, dass sie geliebt und nicht vergessen sind“, sagt „Weihnachten im Schuhkarton“- Leiter Rainer Saga.

Ein besonderes Hoffnungszeichen

Dass die Aktion weitaus mehr als einen kleinen Glücksmoment im tristen Alltag eines Kindes bedeuten kann, weiß Rainer Saga aus eigener Erfahrung: „Ich denke zum Beispiel an Madalina, die unser Team in Rumänien kennenlernte. Sie lebt in ärmlichen Verhältnissen und erhielt vor vier Jahren ein Geschenkpaket. Das war für sie ein besonderes Hoffnungszeichen und machte ihr deutlich: Sie ist geliebt – von Gott und den Menschen.“ Madalina sei der Einladung zum Glaubenskurs „Die größte Reise“ gefolgt und habe Anschluss an eine lokale Kirchengemeinde gefunden. „Bei den jüngsten Geschenkverteilungen an andere Kinder wirkte sie nun beim Krippenspiel mit.“

 Kleine Schatzkisten für Osteuropa

Mehr als 8,5 Millionen Kinder durften sich in den vergangenen Jahren über ein Geschenkpaket mit Spielzeug, Schulmaterialien, Hygieneartikel und Kleidung aus dem deutschsprachigen Raum freuen. Verteilt werden die Päckchen an Kinderhände zwischen zwei und 14 Jahren in Osteuropa. Die kleinen Schatzkisten gehen nach Georgien, Lettland oder auch die krisengeschüttelte Ukraine. Oft macht dieses Geschenk einen großen Unterschied im Leben eines Kindes.

Mit der Päckchenübergabe hört „Weihnachten im Schuhkarton“ nicht auf

Samaritan’s Purse arbeitet jeweils vor Ort mit christlichen Gemeinden verschiedener Konfessionen zusammen, welche die Päckchen bei einer Weihnachtsfeier an die ausgewählten Empfängerkinder verteilen. Gleichzeitig wird ein Heft mit Bibelgeschichten zur freiwilligen Mitnahme angeboten, das von den meisten Kindern gern angenommen wird. Wer möchte, kann in den Folgewochen an einem kindgerechten Glaubenskurs teilnehmen, der – ähnlich wie die Konfirmation – mit einer großen Feier endet.

Wie kann man bei Weihnachten im Schuhkarton mitmachen

Alle, die in Deutschland mitpacken möchten, können entweder eigene Schuhkartons weihnachtlich gestalten oder vorgefertigte Kartons unter jetzt-mitpacken.de bestellen. Und wer keine Zeit hat, kann auch online mitpacken. Pro beschenktem Kind wird eine Geldspende von zehn Euro empfohlen; denn damit wird die Durchführung der Gesamtaktion finanziert. Die fertigen Schatzkisten können in der Abgabewoche vom 9. – 16. November zu einer von tausenden Abgabestellen gebracht werden. Alle Informationen, Abgabeorte und Packtipps sind unter www.weihnachten-im-schuhkarton.org zu finden.

Naturbingo

Hier findet ihr die Vorlage für unser Naturbingo aus der Family 5/20. Viel Spaß damit!

Family_Naturbingo

Sicher zur Schule

Beim Thema „Schule und Sicherheit“ denken in diesem Jahr alle zuerst an den Schutz vor Corona. Dabei ist es vor allem bei Erstklässlern auch wichtig, dass sie erst mal sicher in der Schule ankommen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) gibt Eltern Tipps, wie das gelingen kann.

Den Schulweg planen, festlegen und üben
Kinder im Einschulungsalter nehmen häufig zum ersten Mal aktiv am Straßenverkehr teil. Ihnen fällt es schwer, Gefahren erkennen und als brenzlig einschätzen zu können. Eltern müssen deshalb beurteilen, ob ihr Kind bereit ist, den Schulweg schon allein gehen zu können oder nicht. Ist der Weg zu schwierig, z. B. weil das Kind dabei eine stark befahrene Straße überqueren müsste, sollte es noch eine Weile zur Schule gebracht werden. Aber auch ein vermeintlich sicherer Weg zur Schule muss unbedingt mit dem Kind geübt werden.

Wie ein sicherer Schulweg aussehen sollte

  • Der sichere Schulweg ist nicht immer der kürzeste Weg. Lieber kleine Umwege machen, wenn dadurch die Sicherheit erhöht wird.
  • Wenn auf dem Weg die Überquerung einer Fahrbahn unvermeidbar ist, sollten Eltern eine Strecke mit einer sicheren Querungsmöglichkeit wählen, am besten mit einer Ampel. Sie erleichtert es Kindern, sicher über die Straße zu kommen.
  • Unübersichtliche Kreuzungen können von Kindern der ersten Grundschulklasse nicht sicher bewältigt werden.

Schulweg üben und Regeln erklären

  • Der festgelegte Weg sollte mehrmals mit den Kindern abgelaufen werden. Eltern sollten ihrem Kind erklären, welchen Weg es nehmen soll und welche kritischen Stellen zu beachten sind.
  • Helfen kann es auch, den Schulweg mit vertauschten Rollen zu üben und das Kind die Eltern sicher zur Schule führen zu lassen.
  • Kinder kennen zunächst keine Verkehrsregeln. Wichtig ist, dass sie diese lernen: Unmittelbar vorm Überqueren der Straße heißt es: nach links, nach rechts und wieder nach links schauen.
  • Beim Überqueren der Straße ist es wichtig, den Verkehr im Blick zu haben. Das gilt auch, wenn man die Straße an einer Ampel oder über einen Zebrastreifen überquert.
  • Wenn das Kind den Weg zur Schule alleine schon gut bewältigt, sollte man das als Eltern dennoch regelmäßig in zeitlichen Abständen verdeckt kontrollieren. Hält sich das Kind an die Vorgaben und wählt den festgelegten Weg? Wenn nicht, sollten Eltern ihr Kind behutsam an die Vorgaben erinnern und erklären, welche Gefahr droht, wenn es sich nicht an die Vereinbarung hält.

Leider ist es vorbei …

Wenn die Lockerungen der Corona-Einschränkungen ein Vermissen auslösen

„Sag mal, ist das immer noch dein Corona-Ansatz?“, fragt mich meine Freundin und zeigt auf meinen dunkel schimmernden Haaransatz. Viele Frauen, die ihre Haare färben, haben in der Zeit des Covid-19-Lockdowns besonders darunter „gelitten“, dass die äußeren Möglichkeiten zur Pflege eingeschränkt waren. Lächelnd musste ich in den sozialen Medien von den Dramen lesen, die Stars und Sternchen wegen ihres nachwachsenden Haaransatzes durchleiden mussten. Und ich gehöre tatsächlich dazu. Meine blond gesträhnten feinen Haare wurden zu einer Art persönlichem Tagebuch: Je länger die Herausforderung uns alle beschäftigte, desto dunkler wurde mein Ansatz.

Als meine Freundin auf meinen Scheitel deutete, wurde mir bewusst: Ich komme nicht dazu, mich wieder in den normaler anmutenden Alltag einzufügen. Ich habe Wochen und Monate damit gerungen, dass mein Leben sich durch Einschränkungen und familiäre Kraftakte verändert – und nun trauere ich um meine Corona-Rituale? Es ist, als möchte ich mit diesem Ansatz festhalten, dass ich einen neuen Rhythmus gefunden habe.

Ich habe zum Beispiel viel bewusster gelesen, viel bewusster geschlafen und bin viel bewusster in den Tag gestartet: manchmal schon sehr früh. Wir haben als Familie mehr gespielt, den Sonntag zusammen mit einem Ausflug gestaltet, uns zu Mahlzeiten verabredet, damit der Tag nicht ganz strukturlos wird. Immer mehr gewann ich meine kleinen neuen Rituale sehr lieb.

Und nun: Ich kann und muss wieder zum Frisör, ich könnte in die Stadt zum Eiscafé schlendern und sogar Freunde treffen. Ja, nun habe ich wieder Termine. Und das fordert mich sehr. Ich suche nach Entschuldigungen, warum mein Haupthaar so verwahrlost ist, und erinnere mich auf einmal an das Volk Israel, von dem die Bibel berichtet. Erst brauchte ich ganz viel Nähe und Unterstützung und Gottes väterlichen Rat, um mich auf diesen Lockdown einzulassen und meinen eigenen Rhythmus zu finden. Und nun: Während die Welt wieder bummeln geht, jammere ich wie das Volk Israel. Nach einer schweren Zeit in Ägypten stapfen sie durch die Wüste und wollen zurück. Zurück, weil sie sich an die positiven Seiten in der Sklaverei erinnern. Während ich mir durch meine nicht geschnittenen Haare fahre, wird mir plötzlich bewusst: Ich kann es auch heute schaffen. Ich kann es heute mit Gottes Unterstützung wieder schaffen, mich in meinen Alltag einzufinden.

Gute Rituale kann ich wie kostbare Errungenschaften im neuen Heute einbetten und selbst bestimmen, was mich antreibt und meine Zeit ausfüllt. Ich bin nicht überfordert mit einer Krise. Ich brauche einfach einen inneren Schritt in meinem Tempo. Ich bin in das ungewohnte Zuhausebleiben gegangen und werde diesen Schritt mit Gott zusammen auch wieder in meinen Alltag schaffen. Ja, und ganz sicher auch zum Frisör.

Stefanie Diekmann, Gemeindereferentin

Autobahnbingo für entspanntes Reisen

„Wann sind wir endlich da?“ – Der Klassiker von der Autorücksitzbank wird in diesen Wochen wahrscheinlich häufig zu hören sein. Abhilfe schaffen kann zum Beispiel ein Autobahnbingo. Unsere Kolleginnen aus der KLÄX-Redaktion haben das vor einiger Zeit im Heft gehabt und wir finden es so schön, dass wir es euch gern weitergeben wollen. Viel Spaß!

Autobahnbingo aus KLÄX

Für heiße Tage: Schwammbomben

Die nächsten heißen Tage kommen bestimmt. Schwammbomben sind eine tolle und etwas nachhaltigere Alternative zu Wasserballons! Du brauchst:

– Spülschwämme (die ganz billigen)

– Schwammtücher

– Schere

– Schnur oder Kabelbinder

So geht‘s:

Schneide die Schwämme der Länge nach in Streifen. Falls deine Schwämme sehr dick sind, einfach nochmal entlang der Mitte aufschneiden. Die Einzelteile sollen wie dicke Pommes aussehen. Die Schwammtücher in der gleichen Größe zuschneiden. Lege den Kabelbinder oder Schnur vor dich auf den Tisch, bilde darauf drei nebeneinander liegende Stapel aus den Stücken. Sie dürfen bunt gemischt sein. Dann mit der Schnur oder Kabelbinder oben ganz fest verknoten. Die Schwammteile ggf. ein wenig auseinander zupfen. Jetzt brauchst du nur noch einen Eimer Wasser. Tauche die Schwammbomben ein und lass die Schlacht beginnen.

Veronika Smoor

Von Tag zu Tag

Ich habe keine Ahnung, wie es im Corona-geplagten Europa aussieht, wenn Sie diese Zeilen lesen werden. Im Moment ändert sich alles von Tag zu Tag. Ständig gibt es neue Vorschläge und Initiativen. Immer geht es um die Frage, wie viel Lockerungen verantwortbar sind und welche Abstandsregelungen bleiben müssen oder verschärft werden sollen. Natürlich ist es noch viel zu früh, ein Fazit zu ziehen, aber vielleicht ist ein Zwischenruf angebracht.

Drei Dinge, die ich für die Zeit nach Corona behalten will:

1. Vor Corona war es nicht so wahnsinnig cool, das Wochenende in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Jetzt ist es plötzlich ganz wichtig, zu Hause zu bleiben. Dabei empfinde ich es als großes Privileg, dass zu Hause noch jemand ist. Und dass ich gerne mit diesen Menschen zusammen bin. Familie ist cool!

2. Zurzeit haben wir so gut wie keine Termine mehr. Schule, Musikunterricht, Gemeindesitzung – alles fällt aus oder findet online statt. Wir haben uns als Familie mehr Zeit für gemeinsame Mahlzeiten genommen als vor der Corona-Krise und merken, was für ein Wert das ist: gemeinsam kochen und essen, Nahrung genießen, miteinander im Gespräch bleiben. Das sind Dinge, die zählen.

3. Social Distancing ist gerade ein ganz wichtiger Wert. Dem Nachbarn die Hand zu schütteln, ist tabu. Es wäre ähnlich schlimm, wie seinen Hund zu erschießen. Wir hätten letztens gern mal unsere Verwandtschaft in Süddeutschland besucht. Ging nicht! Ich möchte mich nach Corona auch an das erinnern, was ich jetzt vermisse: Zeit mit Freunden, mit den Eltern und Geschwistern verbringen, mit meiner Frau übers Wochenende wegfahren, einen Gottesdienst mit zweihundert Leuten feiern und anschließend viele in den Arm nehmen.

Christof Klenk ist Family-Redakteur und lebt mit Maren, Lena, Alva und seiner Frau Christina in Witten.

Behüte dein Herz!

Nicht selten komme ich mir gerade so vor wie ein Kaktus: Um mein Herz zu schützen, fahre ich Stacheln aus. Fein, stark und mit Widerharken. Ganz unterschiedlich können diese sein: Ich bin empört, ich schweige oder ich gehe in den wortreichen Gegenangriff. Wann ich stachelig werde? Ach, beim vollen Biomülleimer, dem fragenden Blick meines Sohnes, einer anklagenden Mail, einem Post mit schönen Fingernägeln. Irgendwie sehr schnell und sehr oft.

Diese Pandemie macht etwas mit uns allen. Mit mir. Ich sollte mich aber nicht nur um Finanzen und Wirtschaft sorgen, sondern die Aufforderung Gottes ernst nehmen: „Behüte dein Herz!“ Mein Herz braucht gerade einen Schutzraum im Rahmen der Lockerungen in der erlebten Krise. Ich will näher hinsehen: Wie geht es mir damit? Was sind meine ausgefahrenen Stacheln? Wo sind sarkastische Untertöne über Freunde, Fremde oder Politiker in meinen Alltag eingezogen? Wo habe ich das Gefühl, nicht gesehen zu werden? Wo ist der Ton in meiner Familie rauer geworden? Wen halte ich auf Abstand? Von wem bin ich verletzt worden?

Ja, ich fühle mich wirklich wie ein hormongesteuerter Teenager, der seine empfindsame Seele mit Stacheln schützt, um nicht verletzt zu werden. Überall lese ich von Lockerungen und dabei schnürt sich mein Herz mir zu. Ich befürchte, diese Zeit nicht gewinnbringend genutzt zu haben, mich nicht genug über die Chancen gefreut zu haben. Ich habe jeden Tag überlebt. Mehr nicht. Und vor allem nicht weniger!

Ich schütze mich, weil mir viel auffällt, was ich NICHT lebe und schaffe. Dabei brauche ich gerade jetzt jemanden, der sagt: Trau dich wieder in deinen Familienalltag. Mach dich locker, wenn noch kein Rhythmus zu erkennen ist und ihr als Familie derzeit um 16.00 Uhr Mittag esst. Mach dich locker, wenn du genervt vom Schulwiedereinstieg bist. Mach dich locker, wenn du die Präsenz deines Mannes nicht immer feierst.

Ich schütze mich mit Stacheln und ersehne dabei so sehr, dass jemand in mein Herz spricht und es wagt, mich zu sehen. Ich bin so froh, dass ich nicht stachelig bleiben muss. Denn das macht mich einsam und zickiger, als ich sein möchte. Ich male mir aus, wie Gott mich umarmt und sich nicht in die Flucht stacheln lässt. Wie gut!

Ich kann mit dieser Vorstellung spüren, dass die gerade erlebten Lockerungen Veränderungen wie alle sind und Kraft kosten. Immerhin schaffe ich es, den Impuls zu unterdrücken, die drängelnden Senioren an der Kasse scharf anzuzischen und stattdessen zu zwinkern. Ein kleiner Anfang – aber für mich heute ein Schritt, mein Herz zu behüten.

Stefanie Diekmann, Gemeindereferentin