Kinder begleiten – auch nach dem Lockdown

„In den letzten Wochen habe ich viel über mein Limit agiert. Meine eigenen Kinder waren mir zu viel, zu fordernd“, schreibt Melanie in unsere Messenger-Gruppe, die derzeit eine Kleingruppe unserer Gemeinde ersetzt. „Mir gab Homeschooling den Rest!“, gibt Paul zu. „Ich habe meine Söhne noch nie so angebrüllt wie bei den Matheaufgaben!“ Während wir uns noch jammernd austauschen, fragt Sibel: „Aber ist es nicht auch so: Wir haben ohne fremde Einwirkung von außen mal erlebt, wie wir als Familie sind! Ich habe immer mehr Stolz auf uns als Team empfunden.“ Alle stimmen zu, und es wird klar: Die Familien werden sich durch Schule und Kita-Starts wieder verändern. Eltern können in dieser Veränderung bewusst Begleiter bleiben. Was brauchen Kinder jetzt?

Kinder entwickeln sich zu selbstbewussten und seelisch stabilen Erwachsenen, wenn ihre emotionalen und sozialen Bedürfnisse befriedigt werden. Nur wenn sie sich sicher und geborgen fühlen, wächst ihre seelische Stärke und ihr Vertrauen in sich und ihre Umgebung. Die Kraft sich zu lösen, Entdeckerfreude, Mut und positive Grundgedanken kommen von selbst, wenn ein Kind sich angenommen und geliebt fühlt.

Nach der Zeit der großen Nähe und der internen Familienzeiten brauchen Kinder nun Eltern, die Gestalter des Alltags bleiben. Kleinigkeiten, die Kinder im Alltag erleben, werden zu Erfahrungen und sind entscheidend für die Entstehung einer starken Persönlichkeit. Wenn Kinder Vernachlässigung, Abwertung, Beschämung oder körperliche Gewalt erfahren, ziehen sie zerstörerische Rückschlüsse über ihren Wert und verlieren mehr und mehr den Glauben an sich. Ein Kind erst zum Ende der Kitazeit abzuholen, um die beruflichen Herausforderungen zu stemmen, ist nicht das Problem, sondern wie die gemeinsame Zeit danach gestaltet wird. Unser Sohn Tarik hat mit fünf Jahren einmal sehr drastisch gesagt, was er von meinem wenig zugewandten Handeln hielt: „Du kannst mich im Kindergarten lassen. Du hast ja eh keine Zeit.“ Und bei näherem Hinsehen wurde mir klar: Wenn ich mein Kind beim Putzen, Telefonieren oder Einkaufen als störend empfinde, versteht es diese Grundhaltung als Information über seinen Wert.

Eine liebevolle und authentische Beziehung zum Kind ist wie ein guter Nährboden, um seine Anlagen und Talente weiterzuentwickeln. Fünf Ideen können helfen, diese Beziehung zu gestalten.

1 Liebe, Bindung und Nähe

Kinder spüren die Liebe und Nähe ihrer Eltern am stärksten über Körperkontakt, gemeinsames Kuscheln und regelmäßige bewusste Zuwendung und Blickkontakt. Bis heute lasse ich meine Hände über den Rücken meines schon erwachsenen Kindes kreisen, da ich es mir so bewusst angewöhnt habe, es anzusehen, zu berühren und so meine Nähe auszudrücken.

2 Verlässlichkeit und emotionale Sicherheit

Das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit entsteht, wenn Kinder stabile Beziehungen erleben. Aber auch, wenn ihr Alltag weitgehend vorhersehbar ist und nicht permanent Überraschungen bereithält. Mir hat es geholfen, meine emotionalen Vulkanausbrüche mehr und mehr zu filtern. Ich übe bis heute, meinen Kindern eine Mutter zu sein, die verlässlich lacht über Situationen, verlässlich die Augenbraue hochzieht oder auch verlässlich den Kopf schüttelt.

Diese Verlässlichkeit wird in vielen Familien durch Rituale geschaffen. Rituale vermitteln durch ihren immer wiederkehrenden gleichen Ablauf, dass das Leben keine überfordernde Größe ist und die Herausforderungen zu bewältigen sind. Feste Gewohnheiten wie das tägliche Vorlesen vor dem Schlafengehen oder eine Runde „Wie war der Tag?“ beim Abendessen schaffen Vertrautheit und sorgen dafür, dass Kinder sich behütet fühlen.

3 Zeit und Aufmerksamkeit

Um Selbstbewusstsein entwickeln zu können, müssen Kinder gesehen und gehört werden. Sie brauchen den Austausch mit ihren Eltern, aber auch die Auseinandersetzung, die Reibung, das Lob, regelmäßige Rückmeldungen und Zuwendung. Das geht nicht nebenbei, auch wenn unser Tag oft keine Zeiträume für Gemeinsames ermöglicht. Wie wäre es, wenn ich meinen Sport online weitermache, um das Abendessen mit den Kindern entspannter zu erleben? „Mir tut es jetzt schon leid um die Spaziergänge, die wir in der Corona-Zeit jeden Tag gemacht haben“, seufzt Jan.

Wie wäre es, die zahlreichen Hobbys der Kinder und den vollen Wochenplan neu zu bedenken und Zeit zu haben zum Backen, Radfahren oder einfach auf dem Boden zu sitzen? Bis heute erlebe ich immer wieder die Überraschung, dass unsere Kinder zu reden beginnen, wenn ich mich ohne Ziel in ihr Zimmer setze. Einfach so. Ohne Auftrag. Ich bekomme für diese Investition an Zeit einen wertvollen Einblick in ihre Gedanken.

4 Orientierung durch Werte

Wie das soziale Miteinander funktioniert, erfahren Kinder von ihren Eltern. Mit der Rückkehr in soziale Gruppen, die nun und in den nächsten Wochen passiert, erlebt das Kind Werte, die von den Familienhaltungen abweichen können. Oft unbewusst überprüfen die Kinder die Haltungen ihrer Familie und bringen neue Themen, Schimpfwörter oder TV-Serien mit nach Hause. Hier ist es um der Orientierung willen wichtig, nicht weg zu sehen. Passt es zu uns als Familie, andere Menschen zu beschimpfen? Warum gehen wir anders damit um?

5 Glauben am Esstisch

Unsere Gespräche haben sich verändert. Wir reden nicht mehr so viel darüber, wer wann wo hingeht und warum. Wir checken stattdessen die Fakten von dubiosen Behauptungen in YouTube-Clips, schauen gemeinsam Musikvideos an, diskutieren über Armut und Ungerechtigkeit. Den Esstisch als Begegnungsraum auch nach Corona zu behalten, ist mein Wunsch, auch wenn mein Schulkind bald nicht mehr neben mir über seine Aufgaben jammert.

„Der Online-Kindergottesdienst war unser Sonntagsritual. Ich war so bewegt von den Gesprächen darüber mit den Kindern. So was gab es sonst nie!“, berichtet Britta. In Familien sind die Esstischzeiten wertvoller geworden. Der geteilte Schmerz über Homeschooling-Hilflosigkeit, das 1000-Teile-Puzzle, die Basteleien, die Post an andere oder eine Gebetsrunde hat viele Familien neu formiert.

Nur Mut!

Liebe Mitfamilien, bleiben wir einander nah, auch wenn wir uns nach Freiräumen sehnen! Wir haben es geschafft, eine Krise als Team zu bewältigen.

Ich empfinde es so, dass meine Kompetenz als Mutter in den Herausforderungen gewachsen ist. Ich habe eine Stärkung meiner Elternkompetenz wahrgenommen, im Umgang mit meinen Teenagern und jungen Erwachsenen. Ich lerne den Einfluss der Medien neu einschätzen und lasse mir wieder öfter von den Inhalten berichten. Ich halte Glaubenszweifel und Gebetsfrust aus und füge meine persönlichen Fragen ein.

Krise hin oder her – wir bleiben Eltern. Aus Liebe zu den Kindern werden wir aus den Herausforderungen Gutes ziehen. Wir bleiben dran!

Stefanie Diekmann ist Gemeindereferentin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.

 

„Was dich am meisten fordert, das lass!“

Ich kann nicht mehr! Wenn ich noch einen einzigen Beitrag lese oder höre über die Chance einer Krise, dann … Sähe es nicht so albern aus, würde ich hart aufstampfen und meine allergietropfende Nase hochziehen – so genervt bin ich.

Dabei kann ich nicht mal genau benennen, was mich nervt: Vielleicht das Einkaufen per Lieferdienst (weil mein Mann zur Risikogruppe gehört)? Das Versacken vor dem TV? Die ständige Präsenz der Kinder? Alles in mir ist überreizt: alles zu laut, zu viel, zu eng … Und wer hat eigentlich diese hässliche Wandfarbe im Wohnzimmer ausgesucht? Und überhaupt: Wieso posten alle so schöne Gärten, Frisuren, Kinder, Basteleien?

Als ich mich gestern mit einem beherzten „Ich kann nicht mehr!“ bei meinem Mann beklagte, war seine Reaktion: „Dann lass es!“ Mit funkelnden Augen verstand ich diese Gelassenheit als Kampfansage und forderte zum Wortduell heraus. Das prallte am gelassenen Mann ab. „Was dich am meisten fordert, das lass. Lass es zu oder lass es!“

Noch mit einem empörten: „Phh!“ bin ich meine inneren Anspannungen durchgegangen: Ich kann keine Gäste einladen. Also lasse ich diese Idee los und backe seit langem mal wieder – einfach so für uns.

Ich kann das Wort „Corona“ nicht mehr hören. Ich bin genervt vom TV-Programm und dem Radiogesabbel mit Statistiken, Virologen und nörgelnden Eltern. Also habe ich mich für Ruhe entschieden und lasse die Geräte einfach aus.

Ich kann nicht mehr zusehen, wie mein Teeny-Sohn vor sich hin entspannt und nerve ihn mit vielen kleinen und drängelnden Aufträgen. Schluss damit! Ich lasse ihn seine Zeit selbst einteilen und übe mich darin, Themen nur einmal anzusprechen.

Ich kann diese Dauerbeschäftgung mit den Kindern nicht mehr ertragen. Ich trete bewusster für eine Pausenzeit für mich ein. Wieso habe ich das vergessen? Ich lasse den Gedanken los, engagiert und kreativ für einen bunten, abwechslungsreichen und liebevollen Tagesablauf zu sorgen. In den nächsten Tagen darf liebevoll für unser Miteinander reichen.

Ich kann nicht mehr und schreibe meine Projekte auf. Was ist wirklich gerade dran? Wo drehe ich innerlich hoch, damit ich gesehen werde? Sind die anderen nicht viel effektiver? Und wäre das dann „schlimm“?

Ich kann nicht mehr, Gott. Mein Seufzen darf sein. Mir darf in den Anforderungen schwindlig werden, weil das Hamsterrad meines Alltags mir zeigt: So läuft es in den nächsten Wochen nicht.

Mein Alltag ist gerade ein erbarmungsloser Spiegel von Themen, die ich schon länger ahne. Das „Ich kann nicht mehr“ hat immer wieder in meinem Leben angeklopft. Ich will zu viel, weil andere es scheinbar auch dürfen, können, schaffen. Nur zu sein, fällt mir schwer.

Die nächsten Tage sind voller Momente, die ich im Normalfall wegorganisiert hätte. Nun muss ich sie durchleben. Aushalten. Lösungen finden. Für mich sorgen, wenn es keine Idee zur Verbesserung gibt.

Und ja. Zähneknirschend ahne ich: Diese Herausforderung hat Chancen für mich. Das Radio bleibt aber erstmal trotzdem aus.

Stefanie Diekmann ist Gemeindereferentin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.

Zwischen Nähe und Abstand

Innerhalb kürzester Zeit habe ich die Corona-Abstandsregeln verinnerlicht. So sehr, dass ich schon bei Filmszenen mit freundschaftlichen Umarmungen innerlich zusammenzucke. Schließlich ist Abstand halten das Gebot der Stunde. Und so eiere ich gemeinsam mit anderen durch den Supermarkt – immer vor der Herausforderung, in den maximal 2 Meter breiten Gängen 1,5 Meter Abstand zu wahren.

Corona verhindert Begegnungen. Verhindert Nähe. Verhindert geteilte Freude und geteiltes Leid. Paare dürfen nur zu zweit ins Standesamt. Die Feier mit Familie und Freunden fällt aus oder wird verschoben. Trauerfeiern finden ohne den Trost und die Umarmungen einer großen Trauergemeinde statt. Und Kindergeburtstage werden im Stil von „Dinner for One“ gefeiert: Mama, Papa und Geschwister müssen die Rollen von Oma, Opa, Freunden und Verwandten ausfüllen …

Corona trennt uns. Aber Corona bringt uns auch näher zusammen. An vielen Stellen erleben wir eine unerwartete Solidarität: Eltern zahlen Reitstunden weiter, obwohl ihre Kinder nicht reiten können, damit die Schulpferde weiter versorgt werden. Schüler und Studenten bieten Senioren an, für sie einzukaufen. An den Fenstern wird zeitgleich gesungen, es werden Kerzen angezündet und viele sprechen ein Gebet. Der Ton in dienstlichen Mails wird herzlicher, fürsorglicher: „Bleiben Sie gesund!“

Und viele Menschen finden kreative Lösungen: Videobotschaften für die Hochzeit, Trostkarten für die Beerdigung, digitale Gottesdienste … Oma skypt mit dem Enkel und er schickt ihr ein lustiges Video von seinem Hund.

So muss es weitergehen! Auch wenn Corona uns noch weiter in Atem hält: Lasst uns nicht in Schockstarre oder Jammern verfallen, sondern alles nutzen, was möglich ist. Lasst uns Briefe schreiben und Päckchen verschicken! Greift zum Telefon! Vernetzt euch in den sonst so oft gescholtenen sozialen Netzwerken. Und wenn der Spuk hoffentlich bald vorbei ist: Lasst uns gemeinsam feiern! Ganz ohne Abstand!

Bettina Wendland ist Redakteurin von Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

Abnabelung vom Elternhaus – ein Fragebogen für junge Erwachsene

Für einen Artikel in der neuen FamilyNEXT hat Borika Lea Luft einen Fragebogen entwickelt, um junge Erwachsene zum Thema Abnabelung und Loslassen zu befragen. Die Befragten haben diesen Fragebogen als sehr hilfreich empfunden, um sich selbst mit dieser Thematik auseinander zu setzen. Deshalb bieten wir ihn hier zum Herunterladen an:

Fragebogen_Loslassen

#socialdistancing – was daran gar nicht neu ist

„Mich nervt das so sehr ….“, nörgelt meine Freundin mir per Sprachnachricht ins Ohr. „Am Wochenende hier rumhängen. Sonst bin ich mit unendlich vielen Menschen unterwegs. Und nun sind wir zu viert als Familie. Das kann ich nicht!“

Das geforderte #socialdistancing stresst viele. Aber ich finde ja, es hat sich gar nicht viel verändert.

Saßen wir nicht vor #socialdistancing auch zu oft allein vor dem Tatort? Brauchten wir nicht zum Runterkommen auch vorher schon ruhige Auszeiten im Wald oder Park? Vielleicht haben wir sie uns nicht genommen: die Konzentration auf uns persönlich und enge Menschen um uns herum. Mein Eindruck ist: Wir sind schon vorher nicht darin geübt gewesen, uns nah zu sein …

Vor einiger Zeit sprach ich mit einer Frau – ich hätte sie als Freundin bezeichnet. Sie erklärte mir, was für sie tiefe und echte Beziehungen sind und wieso sie nur ein bis zwei Freundinnen habe. Ich nicke lächelnd, innerlich irritiert und kann dem Rest des Gespräches kaum folgen. Ich bin also nicht für tiefe Gespräche zu haben, verdiene keine Auszeichnung „Freundin“.

Wenn mein Mann telefoniert, lacht er gern über den Austausch des Wetterberichtes mit vielen Menschen. Anderen einen Einblick in Fragen und Sorgen, in stürmische Gebete oder stumme Ratlosigkeit zu geben, haben wir irgendwie verlernt. Oder haben wir es schon länger einfach zugelassen, in #socialdistancing zu leben?

Derzeit tapsen wir mit unseren erwachsenen Kindern in eine ähnliche Falle. Wir versuchen trotz #socialdistancing uns nah zu bleiben und plaudern über gekochte Köstlichkeiten und über andere. Aber uns ins Herz blicken lassen? Puh. Das ist schwer.

Vor ein paar Jahren haben wir jeden Sonntag Menschen an unserem Tisch gehabt. Nach dem Essen haben kleine und große Menschen dann die Frage beantwortet: „Was war dir heute im Gottesdienst wertvoll?“ Es war eine unspektakuläre Runde und hat doch gutgetan. Innere Themen gemeinsam zu reflektieren, mag als pädagogischer Schnickschnack abgewertet werden. Ich werde gern dafür belächelt, bin aber aus Erfahrung überzeugt: Erst durch das Teilen von persönlichen Gedanken entsteht Nähe. Ich kann als Familie jeden Tag sechs Stunden Kniffel-Turniere erleben oder als Paar jeden Tag drei Stunden wandern – ohne einen Einblick in innere Gedanken verfliegt Nähe wie ein billiges Parfum.

So erzählen wir uns als Familie beim Chatten also: Was haben wir von der Predigt, die wir gestreamt haben, mitgenommen. Wir fragen: Was macht dir Sorgen? Auf was oder wen bist du gerade stolz oder ärgerlich? Wem kannst du bewusst Gutes tun? Was kannst du an dir beobachten?

Über die angeordnete Distanz können wir Sehnsucht nach Worten, Tränen und glucksendem Lachen bekommen. Nutzen wir die Chance!

Stefanie Diekmann ist Pädagogin und Autorin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.

 

 

Rezeptbuch gegen Langeweile

Die Lehrerin Katharina Lang hat für ihre Schülerinnen und Schüler eine Sammlung von Ideen zusammengestellt, damit zu Hause keine Langeweile aufkommt. Sie hat uns erlaubt, das auch hier zu veröffentlichen. Also, schaut mal rein, da gibt es viele tolle Anregungen:

Rezeptbuch gegen Langeweile (1)

#stayathome: Alte Themen neu entdeckt

Täglich lese ich Nachrichten von Bekannten, Freunden und Fremden, die mir Ideen präsentieren, wie ich die Corona-Zeit optimal nutzen könne: renovieren, sortieren, Sport machen, lesen, Sprachen lernen … Und mein Inneres verkrampft sich.

Ich stelle mir schon die Gespräche nach der Krise vor: „Und? Wie hast du diese Auszeit genutzt?“ Ich: „Ich habe gearbeitet. Es waren volle Tage, irgendwie wie immer.“

Mein Gegenüber wird mich mustern und ungläubig nachfragen: „Aber irgendwas musst du doch getan haben. Ich habe die gesamte Garage aufgeräumt und meine Todo-Liste geleert. Ich habe Nähen gelernt und per Video Sauerteig angesetzt. Und du?“ Ich: „Ich habe gemacht, was ich immer tue. Ich habe täglich versucht, Menschen zu ermutigen!“

Ja, ich weiß, jede Krise ist eine Chance: Homeoffice bedeutet auch weniger Zeiten im Stau. Kurzarbeit bedeutet auch Zeit für Omas Garten. Ich freue mich für jeden, der aktiv an Dingen arbeiten kann, die sonst unerledigt geblieben sind.

Ich sehe für mich auch viele davon, oh ja. Aber mein Tag ist damit ausgefüllt, die Ängste anderer zu mildern, Ideen zu entwickeln und Worte zu finden, damit Nähe entsteht. Ich bin ein Kümmerer. Nachts liege ich wach und spüre mein Herz klopfen. Spüre: Jetzt ist viel los in Familien, bei Selbstständigen. Ich möchte so gern aktiv sein und etwas tun. Mein Haus öffnen und Waffel-Feste feiern …

Das ist meine sehr dringende Todo-Liste. Ich entlarve meinen inneren Antreiber. Was bin ich wert, wenn ich weniger erledige? Weniger sichtbar arbeite und weniger Rückmeldungen bekomme? Die alte „Wer bin ich?“-Frage lugt um die Ecke. Jetzt haben Fragen Raum, die mich erinnern: Es geht um mich. Ich stoße auf alte Bitterkeiten, die durch unliebsame Erfahrungen ausgelöst wurden. Und ich nehme Sehnsüchte und Hoffnungen wahr.

Ich erlebe nach den ersten Tagen der Krise neu an mir, dass ich die Berichterstattung im TV nicht gut verarbeiten kann. Ich lasse mir die Sachlage von meinen Jugendlichen zusammenfassen. Dafür habe ich erstaunlich viel Essbares im Haus, was zu leckeren Dingen werden kann. Ich vermisse es, dass viele Menschen um mich herum sind und erkenne, dass ich mich selbst langweilig finde. Eine Erkenntnis, die mich trifft und beschäftigt.

In allem zu erleben, dass meine nahe Familie sich ebenfalls selbst neu entdeckt und andere Bedürfnisse hat, ist nicht überraschend. Wir stellen uns einander neu vor und suchen Gemeinsamkeiten. So darf ein gestreamter Krimi am Morgen sein, wie auch die Teezeit am Nachmittag. Wir üben täglich neu, im Gespräch zu bleiben.

Werden wir uns das irgendwann auch fragen: Was hast du innerlich sortiert? Wo bist du über dich erstaunt, erschrocken oder begeistert gewesen? Wie ging es dir mit alten Themen, die auf einmal wieder auftauchten?

Ich gehe heute noch sehr motiviert an meine Küchenschränke und halte es aus, dass in mir noch weitere Themen auf Sortierung warten. Ja, diese Krise hat viele Facetten: alte Themen und neue Herzenserkenntnisse.

Stefanie Diekmann ist Pädagogin und Autorin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.

 

 

„Gott, warum kippt Corona meine Hochzeit?“

Dass ich wie geplant am 28. März heiraten kann, ist unwahrscheinlich. Doch der Frust ist eine gute Übung für den Glauben.

Gut ein Jahr lang haben meine Verlobte und ich geplant, beraten und uns vor allem gefreut – auf den sogenannten „schönsten Tag unseres Lebens“, unsere Hochzeit. Aktuell stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Dass wir nicht in der geplanten Kirche feiern dürfen, ist spätestens ab heute quasi gesetzt. Ob die anschließende Feier stattfinden kann – wir wissen es nicht. Und beim Standesamt dürfen Trauzeugen und Eltern nicht anwesend sein. Denn Veranstaltungen jeglicher Größe sind wegen des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen eigentlich untersagt.

Und, seien wir ehrlich: Das fühlt sich schrecklich an. Ich weiß, ich habe gut reden. Schließlich steht bei mir nicht mein Beruf auf der Kippe. Ich muss also nicht um meine Existenz bangen. Auch zähle ich nicht zur Risikogruppe. Es gibt also andere, denen geht es zurzeit deutlich schlechter. Trotzdem ist die aktuelle Hochzeitssituation extrem bedrückend. Dass die Eheringe eventuell neu graviert werden müssen, ist noch das kleinste Problem. Schwerwiegender sind Fragen wie: Kriegen wir das sonst ausgebuchte Wunschrestaurant überhaupt noch an einem anderen Termin? Können dann noch alle Gäste kommen? Wer bleibt schlussendlich auf den Kosten sitzen? Was ist überhaupt ein realistischer Termin, auf den wir umdisponieren können? … Kurzum: So haben wir uns diesen ganz besonderen Tag nicht vorgestellt.

Keine Strafe Gottes

Und ich kann mich dessen nicht ganz erwehren: In den dunkelsten Stunden keimt auch in mir der gänzlich alttestamentarische Gedanke auf, ob das alles nicht einfach eine ganz persönliche Strafe Gottes ist. Für was auch immer. Denn eigentlich sollte ihm doch daran gelegen sein, wenn ein Paar vor ihm den Bund fürs Leben schließen will. Die Frage: „Gott, warum lässt du zu, dass der Coronavirus meine Hochzeit gefährdet?“ kam mir mehr als einmal. Natürlich weiß ich, dass der Gedanke an zwingende Kausalität irrational ist. Deswegen will ich die aktuelle Situation viel mehr als eine gute Schule begreifen.

Uns kann beim Thema Hochzeit nur noch ein Wunder helfen. Und darin ist unser Gott schließlich Experte. Nach menschlichen Maßstäben ist es absolut unwahrscheinlich, dass wir Ende März 2020 heiraten werden. Nach göttlichen Maßstäben ist alles möglich. Solche vermeintlich ausweglosen Situationen sind perfekt dazu geeignet, sich dieses Ausgeliefertsein bewusst zu machen und im zweiten Schritt zu sagen: „Gott, ich lege es in deine Hand.“

Alles dient dem Guten

Und was, wenn Gott nicht eingreift? Schließlich ist er keine Wundermaschine: Gebet rein, Erfüllung raus. Auch dann kann ich aus dieser Situation etwas lernen. Als Christ bin ich der festen Grundüberzeugung, dass alles dem Guten dient. Wieso also nicht auch der potenzielle Ausfall der Hochzeit? Vielleicht wäre der 28. März ein Regentag geworden. Vielleicht hätte sich jemand angesteckt und wäre ernsthaft krank geworden. Vielleicht … Gott wird wissen, was er tut. Es ist leicht, das in guten Zeiten zu sagen. Und es lässt einen wachsen, das in schlechten Zeiten anzunehmen. Das darf ich jetzt lernen – ein wenig auf die harte Tour.

Nathanael Ullmann ist Volontär in der Online-Redaktion des SCM Bundes-Verlags und mitverantwortlich für die Nachrichten auf Jesus.de.

Die Meinung der anderen

Diese Woche hatte ich einen interessanten Mailwechsel mit einer unserer Autorinnen. In einem Artikel fürs übernächste Heft hatte sie ein Beispiel erzählt von einer Frau, die Angst hatte, ihr Kind in die Betreuung zu geben. Nicht weil sie sich Sorgen um das Kind machte. Sondern weil sie die Reaktionen aus ihrem Umfeld fürchtete, in dem Fremdbetreuung sehr kritisch gesehen wird.

Ich fragte zurück, ob dies ein realistisches Beispiel sei. Und die Autorin, die auch als Coach arbeitet, schrieb, dass ihr in der Beratungspraxis häufig Menschen begegnen, die sich sehr stark an der Meinung anderer orientieren. Die ihre Entscheidungen so treffen, dass sie möglichst wenig anecken.

Ja, natürlich kenne ich das auch. Und grundsätzlich ist es ja auch nicht verkehrt, sich die Meinungen und Ratschläge anderer Menschen anzuhören. Aber sich davon abhängig zu machen – das finde ich problematisch. Ganz freimachen davon können sich wahrscheinlich nur die wenigsten. Muss man ja auch nicht. Aber der erste Schritt wäre zu erkennen, wie sehr die Meinung anderer meine Entscheidung prägt.

Schicke ich meine Tochter aufs Gymnasium wie ihre Cousinen, um in der Großfamilie gut dazustehen? Suche ich mir einen Job nach dem ersten Lebensjahr meines Kindes, weil meine Freundinnen das auch so gemacht haben? Zwinge ich meinen Teenager, mit ihn den Gottesdienst zu kommen, weil ich sonst schlecht dastehe in der Gemeinde? Mache ich pünktlich Feierabend, um noch Zeit mit den Kindern zu haben, obwohl alle anderen länger arbeiten?

Ich wünsche uns allen mehr Selbstbewusstsein, zu unseren Überzeugungen und Entscheidungen zu stehen. Wir sollten uns durchaus Rat holen bei guten Freunden. Aber wir sollten uns vor allem unsere eigenen Gedanken machen und dann eine gute Entscheidung für uns und unsere Kinder treffen. Denn die Folgen dieser Entscheidungen betreffen ja schließlich zuerst uns und unsere Kinder – und nicht die anderen.

Bettina Wendland, Redakteurin Family/FamilyNEXT

Vorsicht vor Smart-Spielzeugen!

Smart-Spielzeuge sind im Trend. Aber sie haben oft Schwachstellen: Hacker können Eltern ausspionieren und mit Kindern sprechen. Daniel Markuson, Experte für digitalen Datenschutz bei NordVPN, gibt in diesem Gastbeitrag Tipps, wie Eltern das Risiko minimieren können.

Stelle Nachforschungen an. Bevor du ein Spielzeug kaufst, solltest du online nach Kundenrezensionen und Expertenmeinungen suchen, um Beschwerden oder Sicherheitsprobleme bereits im Voraus zu identifizieren. Namhafte Unternehmen geben wahrscheinlich auch an, welche Daten sie erheben und wie sie sie verwenden. Vergiss nicht, dir die Datenschutzerklärung und allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers auf der Website durchzulesen.

Händige deine Daten nicht einfach so aus. Manche Spielzeuge und Spiele erfordern eine Registrierung, damit man den vollen Spielspaß und Updates erhält. Sei bei der Registrierung vorsichtig, welche Informationen du preisgibst. Die Entwickler benötigen deine E-Mail-Adresse, um dich über Updates zu informieren, aber weitere Informationen sind größtenteils unnötig.

Nutze ausschließlich sichere WLAN-Hotspots. Bevor du ein Smart-Spielzeug mit einem WLAN-Hotspot verbindest, solltest du dich vergewissern, dass er sicher ist und ein starkes Passwort besitzt. Solche Gadgets mit einem öffentlichen WLAN-Hotspot zu verbinden, wird nicht empfohlen, da diese leicht gehackt werden können. Außerdem solltest du, sofern möglich, ein Passwort für das Spielzeug festlegen.

Überprüfe die Gespräche. Manche Smart-Spielzeuge ermöglichen Kindern, untereinander zu sprechen, wenn es mit demselben Spielzeug oder Spiel spielt. Vergewissere dich, dass du deinem Kind erklärst, was personenbezogene Daten sind, und weshalb es diese nicht teilen darf. Überprüfe die Gespräche hin und wieder, um sicherzustellen, dass dein Kind nicht mit Fremden spricht, die lediglich vorgeben, ein Kind zu sein. Renommierte Hersteller bieten Eltern immer die Option, um die gespeicherten Informationen einzusehen.

Schalte es aus, wenn es nicht genutzt wird. Wir empfehlen, das Smart-Spielzeug auszuschalten, wenn es nicht verwendet wird, damit es nicht länger Daten erhebt. Wenn das Spielzeug über ein Mikrofon verfügt, solltest du es in einer Schublade oder Kiste verstauen, damit es schwieriger ist, Gespräche aufzunehmen. Und Spielzeuge mit einer Kamera können verdeckt oder mit der Linse zur Wand gestellt werden.

Melde die Verstöße. Wenn dir etwas Ungewöhnliches auffällt oder ein Spielzeug von einem Hacker kompromittiert wurde, solltest du eine Beschwerde an die staatliche Behörde einreichen. Es hilft vielleicht nicht dir persönlich, aber du hilfst dabei, das Internet zu einem sichereren Ort für alle zu machen und übst Druck auf den Hersteller aus, damit er die Sicherheitsbestimmungen nicht länger ignoriert.

Daniel Markuson ist Experte für digitalen Datenschutz bei NordVPN, einem VPN-Anbieter, der besonders viel Wert auf Sicherheit legt.