Lernfähig bleiben!

Ich habe mir kürzlich Kleidung second hand gekauft. Hatte ich vorher ewig nicht gemacht. Angeregt dazu hat mich meine Tochter, die ihre wenigen Klamotten möglichst gebraucht oder bio kauft. Und ich hatte nicht nur ein besseres Gewissen dabei, sondern habe auch richtig Geld gespart. Dabei würde ich behaupten, dass ich schon immer ziemlich umweltbewusst gelebt habe. In den  Achtzigern war ich an meiner Schule die „Ökotante“, die mit Birkenstocks und Jutetasche herumlief. Jahrelang bin ich bewusst mit Bus und Bahn zur Arbeit gefahren. Geflogen bin ich nur selten.

Aber nun werde ich von der nachkommenden Generation herausgefordert, noch mehr zu tun, noch bewusster zu leben und auf Liebgewordenes (Coffee to go auf langen Autofahrten) zu verzichten. Ja, manches nervt. Aber manches ist auch richtig gut. Second-Hand-Klamotten zum Beispiel.

Deshalb macht es mich traurig, wenn ich wahrnehme, dass es oft die Menschen meiner Generation sind, die sich über die aktuellen Klimaschutzaktionen der Jugendlichen beschweren und sie schlechtmachen. Da wird gekrittelt, dass bei der Klimademo das Plakat mit Kabelbindern aus Plastik befestigt wurde. Als wenn man sich erst für eine Sache einsetzen dürfte, wenn man selbst alles perfekt macht. Ja, manche Forderungen der jungen Klimaschützer sind einseitig und undifferenziert. Aber viele Jugendliche sind für mich echte Vorbilder, zum Beispiel wenn sie eine schlechte Note in Kauf nehmen, weil sie für ihr Herzensanliegen die Schule schwänzen. Oder wenn sie auf Fleisch verzichten, obwohl sie es eigentlich gern essen.

Natürlich, sie machen nicht alles richtig und perfekt, aber das machen wir Erwachsenen ja auch nicht. Trotzdem fühlen wir uns schnell auf den Schlips getreten von den Gretas dieser Welt oder den Lisas und Leons bei uns zu Hause. Stattdessen sollten wir lieber schauen, was wir von ihnen lernen können. Beim Thema Klimaschutz, aber auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens.

Bettina Wendland, Redakteurin bei Family und FamilyNEXT

Gelassen durch die Pubertät

„Sina ist zurzeit so ätzend“, stöhnt ein Bekannter. „Voll pubertär eben!“ – Ja, pubertierende Teenager können herausfordernd sein. Und manche Eltern fragen sich, wo denn ihr süßes Kind geblieben ist. Aber statt nostalgisch die gute alte Kindheit hochleben zu lassen, sollten wir Teenie-Eltern lieber das sehen, was unsere Teens jetzt sind: junge Menschen, die ziemlich durcheinandergewirbelt sind. Menschen, die viele Fragen haben – an sich und an andere. Mädchen und Jungen, die mit sich und anderen nicht immer gut klar kommen. Kinder, die ihre Eltern brauchen, aber ihnen das nicht zeigen können. Menschen, die gesehen werden wollen – von ihren Freunden, aber auch von ihren Eltern.

Weil diese ganze Phase für Teens und ihre Eltern so herausfordernd ist, haben wir ein Mini-Magazin speziell für Teenie-Eltern zusammengestellt. Mit Anregungen, wie Eltern ihre Teens gut durch die Pubertät begleiten können. Und mit Tipps, wie es gelingen kann, auch in Bezug auf den Glauben ein guter Begleiter zu sein. Wertschätzung schenken und Freiheit geben – das sind wichtige Schritte auf dem Weg.

Das Mini-Magazin haben wir den aktuellen Ausgaben von Family und FamilyNEXT beigeheftet. Man kann es aber auch als PDF auf unserer speziellen Teenie-Eltern-Website herunterladen: family.de/teens/. Hier haben wir auch weitere Artikel aus früheren Ausgaben von Family und FamilyNEXT zusammengestellt, die Teenie-Eltern helfen können, die Herausforderungen ihre Familienlebens zu meistern.

Übrigens: So wie Family und FamilyNEXT gute Begleiter für Eltern sind, ist es das Magazin Teensmag für Teenager. Vielleicht eine Idee für ein nachhaltiges Weihnachtsgeschenk? teensmag.net

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT

My boobs, my business

Ruth Korte ärgert sich über blöde Kommentare zum Stillen.

Stillen ist eine tolle Sache. Darin sind sich Ärzte, Hebammen und Biologen einig. Muttermilch versorgt das Kind nicht nur mit allem, was es für sein Wachstum benötigt. Sie ist kostenlos, immer verfügbar, wohltemperiert und senkt das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Allergien. Auch die gesundheitlichen Vorteile für Mütter sind gut belegt: Wer stillt, erkrankt seltener an Herzkrankheiten und einer Reihe von Krebsarten wie etwa Brust- und Gebärmutterkrebs. Nicht zuletzt stärkt das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Es gibt also gute Gründe zu stillen. Dies ist inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nachdem Stillen lange als verpönt und sogar gesundheitlich bedenklich galt, gibt es heute wieder mehr Still- als Flaschenkinder: Laut der Nationalen Stillkomission stillen hierzulande 90 Prozent aller Mütter nach der Geburt. Mit dem Alter des Kindes jedoch sinkt die Stillrate – genau wie die Toleranzrate in der Gesellschaft. Das zumindest ist mein Eindruck, wenn ich meine Tochter – bald zwei – stille. Ob sie denn nicht genug bekomme, ich sie noch stillen will, wenn sie in die Schule kommt und ob aus meinen Brüsten noch Milch heraus kommt, wurde ich schon häufig von etwas zu neugierigen Mitmenschen gefragt – stets rhetorisch natürlich.

Mein Kind nimmt seit seinem zehnten Lebensmonat alle nötigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich. Trotzdem möchte sie manchmal noch gestillt werden, wenn sie müde ist zum Beispiel oder ängstlich. Ich genieße diese exklusive Zweisamkeit – wären da nicht die kritischen Stimmen und Blicke der anderen. Anders als in den ersten Lebensmonaten überlege ich inzwischen sehr genau, ob und wo ich meine Tochter anlege. Dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sogar das Stillen im zweiten Lebensjahr und darüber hinaus.
Wir sind auf einem guten Weg, was Stillen angeht. Nun wünsche ich mir eine Stilltoleranz die über die ersten zwölf Lebensmonate andauert. Und mehr Respekt vor Langzeitstillenden. My boobs, my business.

Ruth Korte ist freie Mitarbeiterin bei Family und lebt mit ihrer Familie in Gießen.

Auf den Schlips getreten …

„Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht“, schrieb Kurt Tucholsky 1922 in einem Brief an Herbert Ihering. Leider aktuell, muss ich feststellen. Gestern war ich bei einer Klimademo von „Fridays for Future“. Viele Kommentare, die ich anschließend bei Facebook lesen musste, haben mich fassungslos zurückgelassen.

Da wird bemängelt, dass demonstrierende Schüler Kabelbinder aus Plastik für ihre Demoplakate verwendet haben. Und sie haben Smartphones. Und manche trinken auch aus Einweg-Wasserflaschen! – Also, wenn sie sowas machen, dürfen sie doch gar nicht demonstrieren für das Klima, schreibt einer. Sie sollen doch erst mal ihr Leben ändern. Und andere stimmen ihm begeistert zu. Mal ganz abgesehen von aggressiven und verletzenden Kommentaren …

Das macht mich traurig und wütend! Natürlich wären Mehrwegflaschen besser. Und Demoplakate ohne Plastik auch. Aber muss ich erst selbst perfekt sein, bevor ich von meinem Demonstrationsrecht Gebrauch machen kann? So ein Quatsch!

Wenn ich genauer hinschaue, stelle ich fest, dass sich besonders häufig Menschen 50+ über Jugendliche beschweren, die sich für Klimaschutz einsetzen und dafür auch mal die Schule schwänzen. Warum fühlen sie sich von den friedlich protestierenden Jugendlichen so dermaßen auf den Schlips getreten? Halten sie es nicht aus, dass ihnen der Spiegel vorgehalten wird? Dass sie, wenn sie ehrlich sind, zugeben müssen, dass sie häufig nicht sehr klima- und menschenfreundlich unterwegs sind?

Ja, es ist unbequem, wenn Jugendlichen einen kritisieren, herausfordern, zum Nach- und Umdenken bringen wollen. Aber ich finde es großartig, dass sich mittlerweile so viele Jugendliche engagieren. Und ich erlebe nicht, dass sie nur freitags demonstrieren und an den anderen Tagen so weitermachen wie bisher. Da entscheiden sich Jugendliche, auf Fleisch zu verzichten. Sie kaufen ein gebrauchtes Smartphone und Second-Hand-Klamotten. Und stecken mich damit an.

Zum Glück sind die krittelnden Midlife-Männer und -Frauen nur die eine Seite der Medaille. Bei der Demo gestern waren viele  „ältere Semester“ engagiert dabei. Weil sie ihre jugendlichen Kinder oder Enkel unterstützen wollen. Und weil sie gut finden, dass die jungen Menschen „auf den Schmutz hinweisen“, wie Tucholsky sagen würde.

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und Mutter von zwei Teenagern.

Beten! Nicht Daumen drücken!

Heute in einem Facebook-Forum für Eltern von herzkranken Kindern: Eine Mama schreibt: „Meine kleine M. ist seit 3,5 Stunden im OP. Bitte, betet für meine kleine Tochter!“ Die meisten Kommentare darauf lauten: „Daumen sind gedrückt!“

Wie traurig, denke ich. Da bittet eine verzweifelte Mama um Gebete und bekommt (fast) nur gedrückte Daumen. Anteilnahme ist gut. Aber es ist nicht das, was diese Mama gerade braucht. Und ich denke, wie schwer es für Menschen sein muss, wenn sie in Situationen der Verzweiflung und der Angst nicht die Möglichkeit sehen, sich an Gott zu wenden. Ihm das Leid zu klagen, die Sorgen vor die Füße zu werfen, um Hilfe zu bitten.

Ich bin dankbar, dass ich diese Möglichkeit kenne und sie nutzen kann. Und ich möchte jeden ermutigen, es zu probieren. Nein, Beten ist kein Allheilmittel. Und längst nicht alle Gebete werden erhört und gehen so in Erfüllung, wie ich es mir wünsche. Das ist auch etwas, das ich Gott manchmal vor die Füße werfe: Warum hast du nicht geholfen? Warum hast du nicht geheilt?

Aber ich möchte das Gebet nicht missen. Man kann es übrigens auch ausprobieren, wenn man es sonst nicht macht. Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Formulierungen. Und wenn du Menschen suchst, die mit dir oder für dich beten, in deinem Umfeld aber keine sind, empfehle ich dir amen.de. Da findest du Menschen, die für dich vor Gott eintreten und ihm deine Anliegen bringen.

Bettina Wendland, Redakteurin Family und FamilyNEXT

Ein „normales“ Zuhause?

Ein Gastbeitrag von Cyra Maurer

Was mich in letzter Zeit immer wieder beschäftigt, ist unser Zuhause. Lange Zeit habe ich es als völlig normal empfunden: Wir wohnen als Familie in einem schmalen Reihenmittelhaus am Waldrand, mit ganz normalem Garten, in einem ganz normalen Ort. Also alles nicht weiter auffällig – dachten wir …

Doch seit mehreren Jahren sind wir Gastfamilie und haben unser Haus für Menschen aus aller Welt geöffnet. Und seit mehreren Jahren spazieren nun Menschen aus den verschiedensten Ländern hier ein und aus. Und plötzlich sehen wir unser Haus jedes Mal mit anderen Augen.

Da kommt der Koreaner und staunt: „Oh, so viel Platz! Und sogar mehrere Stockwerke! Wahnsinn!“ Und der Amerikaner denkt sich: „Nettes kleines Ferienhaus. Bei uns ist das Elternschlafzimmer so groß wie euer ganzes erstes Stockwerk.“

Beim Garten das Gleiche. Da kommt der Chinese und ruft erfreut: „Ihr habt einen echten Garten! Unglaublich! Ich war in meinem Leben noch nie in einem Haus mit Garten. Darf ich mal Rasen mähen? Das war schon immer mein Traum.“ Und dann kommt die Afrikanerin, deren Farmgrundstück halb so groß wie unser Dorf ist, und lächelt bei dem niedlichen Anblick von unserem „Grünstreifen“. Anschließend fragt sie, welche großen Tiere im Wald hinter unserem Haus leben (Elefanten, Löwen, Schlangen?), während die Japanerin bei jedem noch so kleinen Insekt laut aufschreit, weil es bei ihr in der Großstadt überhaupt keine Tiere gibt.

Innen denkt sich der Amerikaner: „Wow, nicht nur Badewanne, sondern sogar eine extra Dusche!“, während die Japanerin die beheizte Metallbadewanne für das tägliche Abendbad vermisst. Der Peruaner bewundert die Spülmaschine und den Backofen, der Chinese hält den Drehschrank für eine geniale Erfindung und liebt es zuzusehen, wie die Töpfe sich drehen.

Beim Essen geht es weiter. Der Amerikaner ist es gewohnt, außer Haus zu essen (Frühstück kaufen, im Auto essen. Mittagssnack kaufen, unterwegs essen.) und staunt, dass wir als Familie zu den Mahlzeiten täglich am Esstisch zusammenkommen. Der Franzose versteht nicht, warum wir immer „so schnell“ wieder aufstehen und nicht noch viel länger gemütlich sitzen bleiben wollen.

Die Amerikaner und Asiaten können nicht glauben, dass wir die Sommer ohne Klimaanlage überleben. Der Kanadier kann es nicht fassen, dass wir ohne Kamin im Winter nicht erfrieren.

Abends will die Afrikanerin aus Sicherheitsgründen am liebsten alles nach innen holen und ist irritiert, dass wir keinen elektrischen Zaun um das Grundstück und keine Alarmanlage im Haus haben. Und der Kanadier verliert unseren Haustürschlüssel und meint: „Ist doch nicht schlimm, oder?“, weil bei ihnen im Dorf nie eine Tür abgeschlossen wird. Ja, in Montana, USA, lassen sie sogar die Haustür extra weit offen, wenn sie in den Urlaub fahren, damit die Katzen in der Zeit immer rein und raus können. So friedlich kann es sein …

Und dann kommen die Flüchtlingsfrauen und die minderjährigen Jungs zum Deutschunterricht zu uns. Und sie erzählen von einfachen Hütten, die ihr Zuhause waren, von zerbombten Häusern, die sie verlassen haben, oder von den Containern, in denen sie jetzt leben und wahrscheinlich noch lange leben werden.

Und plötzlich wird mir bewusst: Unser Zuhause ist nicht normal. Wir leben in einem Paradies. Und wir haben so viel mehr an Platz und Wohlstand und Chancen, dass das gar nicht für uns allein gedacht sein kann. Oder?

Die Stimme erheben

Unsere Autorin Priska Lachmann hat am Wochenende in Berlin die Blogfamilia besucht, eine Konferenz für Elternblogger/innen. Besonders bewegt hat sie, wie sich starke Männer und Frauen für Kinder und Familien einsetzen.

Am Wochenende fand in Berlin die Blogfamilia statt, ein großes Treffen aller Familienblogger/innen in Deutschland. Jedes Jahr leistet das Organisationsteam Großartiges und lädt bekannte Sprecher, tolle Sponsoren und wunderbare Caterer ein, um diesen Tag zu einem der herausragendsten des Jahres zu machen. Jedes Jahr werden drei Awards verliehen. Die Preisgelder werden aus den Eintrittsgeldern generiert und an wohltätige Organisationen gespendet.

„Laut sein“ war das Grundthema der Konferenz in diesem Jahr. Laut und relevant sein. Den Familien eine Stimme geben. Neben Vorträgen von Sebastian Fitzek und Nicole Staudinger machten sich Katja Saalfrank und Nora Imlau  stark für eine gewaltfreie Kindheit. Und da in Deutschland laut Statistik 70 Prozent der Eltern das Wort „Kinderrechtskonvention“ bisher nur gehört, aber nicht verstanden haben, da Kinder schützenswert sind und wir unsere Stimme nutzen sollen für diejenigen, die keine Stimme haben, hat mich das Thema „gewaltfreie Kindheit“ besonders berührt und ich möchte die Impulse der Konferenz gern weitergeben.

Immer noch sind Kinder körperlicher und seelischer Gewalt ausgesetzt. Diese Gewalt zeigt sich in unterschiedlichen Formen des Machtmissbrauchs von uns Eltern und anderen Autoritätspersonen. Solche Demütigungen führen zu einem tiefen seelischen Schmerz. Dieser Schmerz wird irgendwann eingeschlossen im Gehirn, damit er ertragbar wird. Da das aber im selben Gehirnsystem passiert, in dem auch Mitgefühl und andere wunderbare Gefühle beheimatet sind, werden Kinder irgendwann zu harten, unnachgiebigen und nicht wertschätzenden Erwachsenen, so legte es Katja Saalfrank dar. Erwachsene, die dann sagen: „Es hat uns ja auch nicht geschadet“, haben genau diesen Schmerz als Kind erlebt. Und diesen Schmerz womöglich verdrängt.

Es ist mir wichtig klarzumachen, dass sowohl Katja Saalfrank als auch Nora Imlau und auch ich nicht darüber sprechen, dass es keine Grenzen geben darf. Natürlich müssen wir unsere Kinder vor Gefahren schützen. Natürlich dürfen wir sie leiten und lenken, damit sie starke Erwachsene werden können. Und ich habe persönliche Grenzen, die respektiert werden müssen. Aber auch unsere Kinder haben Grenzen, und im besten Fall formulieren sie diese auch deutlich. Es ist immer eine Frage des „wie“: Wie reden wir mit unseren Kindern? Respektvoll? Demütigend? Beschimpfen wir sie? Oder passiert es uns, dass wir die Nerven verlieren und schreien? Wie gehen wir im Nachhinein damit um? Entschuldigen wir uns? Erklären wir, dass Mama und Papa so viel Stress haben, dass wir nicht ruhig reagieren können?

Eltern machen Fehler. Niemand ist perfekt, und unser Alltag bietet unheimlich viel Stresspotenzial. Trotzdem sind unsere Kinder unser anvertrautes Gut, und es ist wichtig, dass wir uns als Eltern selbst reflektieren und ihnen respektvoll begegnen. Es ist ein Weg, und auch ich bin nicht perfekt. Aber mit unseren Kindern im Gespräch zu bleiben, das Beste aus uns herauszuholen, damit unsere Kinder wertschätzende und liebende Erwachsene sein können, das ist unsere Aufgabe.

Diese Aufgabe möchte ich mich euch teilen. Ihr lieben Mamas und Papas da draußen: Erhebt eure Stimme für mehr Fairness und Respekt!

Priska Lachmann lebt mit ihrer Familie in Leipzig und bloggt auf www.mamalismus.de.

 

Nicht mehr belastbar?

In letzter Zeit kam ich bei verschiedenen Gelegenheiten mit Freundinnen ins Gespräch, die auf der Arbeit mit Auszubildenden zu tun haben. Und von fast allen hörte ich ähnliche Beschwerden: „Die Azubis sind nicht mehr belastbar.“ „Sie halten sich nicht an Regeln.“ „Wenn man sie kritisiert, sind sie am nächsten Tag krank.“

Eine Freundin meinte, es liege an der Schule. Dort wäre alles viel zu lasch: „Wenn sie das Referat nicht bis zum vorgegebenen Termin fertig haben, können sie es auch später machen. So lernen die doch gar keine Verbindlichkeit.“ Meinen Einwand, dass hier doch vielleicht das Elternhaus den größeren Einfluss habe als die Schule, ließ sie nicht gelten. Nein, es liege definitiv an der Schule!

Interessant fand ich in diesem Zusammenhang ein Interview mit dem Fußballtrainer Christian Streich. Auf die Frage, ob die heutigen jungen Spieler sensibler als früher seien, antwortete er: „Gleich sensibel. Nicht besser, aber auch nicht schlechter. Die Welt, die jetzt ist, die machen wir: die 50-Jährigen und 40-Jährigen, nicht die Kinder. Die Kinder sind in diese Welt hineingeboren worden.“ Und er fährt fort: „Die Leute, die erzählen, die Kinder heutzutage sind so und so, die reden doch über sich selber. Wir Erwachsenen machen doch die Sozialisation und alles.“ Streich geht auch auf den Vorwurf ein, die Kinder heutzutage seien verwöhnt: „Ja, wer hat sie denn verwöhnt? Wer kauft ihnen die Smartphones? Wer kauft ihnen das Auto, wenn sie 18 Jahre alt werden? Das sind doch nicht die Kinder.“

Ich glaube, da ist was dran. Wir Eltern wollen unseren Kindern möglichst alle Wege ebnen. Wollen ihnen Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, das Leben leicht machen. Das ist ja auch erst einmal gut. Aber vielleicht schießen wir dabei doch über das Ziel hinaus. Kinder müssen schwierige Situationen auch mal selbst bewältigen. Sie müssen auch mal auf Dinge verzichten, mal für eine Sache kämpfen. Selbstwirksamkeit lernen – so heißt wohl das Zauberwort.

Übrigens mache ich mit unseren Auszubildenden hier im Verlag nicht die Erfahrungen, die mir meine Freundinnen schildern. Sie sind motiviert, engagiert und machen einen guten Job. Da haben ihre Eltern und ihr Umfeld wohl vieles gut gemacht!

Bettina Wendland, Redakteurin Family und FamilyNEXT

Bis aufs Blut!

Für unsere Kinder würden wir auch noch unseren letzten Blutstropfen geben. Aber warum nur für unsere Kinder?

In unserem Verein gibt es gerade eine schöne Aktion: Für jedes Vereinsmitglied, das Blut spendet, zahlt das örtliche Blutspendezentrum 30 Euro an den Verein. Ein doppelt guter Zweck: Menschen erhalten die lebensrettende Blutkonserve und die Jugendarbeit des Vereins die notwendige finanzielle Unterstützung. Und so fand die Aktion auch großen Anklang. Alle äußerten sich positiv: „Super Idee!“ „Tolle Aktion!“ – Bis es darum ging, sich für fünf bis zehn Minuten auf eine Liege zu legen und 500 ml Blut abzugeben. In der ersten Aktionswoche waren zwei Vereinsmitglieder zum Spenden da. In der zweiten Woche sechs. Und ich bin maßlos enttäuscht.

Die meisten Erwachsenen in unserem Verein sind selbst Eltern. Für ihr Kind sind sie zu (fast) allem bereit. Sie würden ihm wahrscheinlich noch den letzten Blutstropfen opfern. Aber für fremde Kinder und Erwachsene sind sie nicht mal bereit, 500 ml abzugeben, die der Körper in der Regel problemlos wieder ausgleicht. Wie in so vielen Lebensbereichen engagiert man sich erst dann, wenn man selbst oder die eigene Familie betroffen ist. Dabei benötigen laut einer Info des Schweizerischen Roten Kreuzes vier von fünf Menschen – also 80 Prozent der Bevölkerung – mindestens einmal in ihrem Leben Blut oder ein Medikament aus Blutprodukten. Demgegenüber stehen in der Schweiz nur 2,5 Prozent der Bevölkerung, die regelmäßig Blut spenden. In anderen Ländern sieht es wohl nicht besser aus. In Deutschland werden pro Tag (!) 15.000 Blutspenden benötigt. Der Bedarf steigt. Und die Spender werden eher weniger als mehr.

Deshalb mein Plädoyer: Geht Blut spenden, liebe Eltern! Nicht nur, weil es jederzeit passieren könnte, dass euer Kind Blutkonserven benötigt. Es ist ein Akt der Nächstenliebe, der einen nicht viel kostet: ein bisschen Zeit und ein bisschen Blut.

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

Ran an die Controller!

Letzte Woche wurde an unserer Schule ein Elternabend für die siebten Klassen zum Thema „Computerspiele“ angeboten. Deutlich mehr Eltern als erwartet waren gekommen – überwiegend Jungs-Eltern. Neben dem Input eines Lehrers wurde in kleinen Gruppen ausgetauscht und diskutiert. Es stellte sich heraus: Die meisten Eltern sind genervt von den digitalen Spielen und der Faszination, die sie auf die Kinder ausüben. Schließlich kam in meiner Gruppe die Frage auf, welche Eltern denn auch mal mit ihren Kindern zusammen zocken. Von zehn Eltern erklärte lediglich ein Vater, dass er ab und zu mal FIFA mit seinem Sohn spiele. Die anderen meinten: „Für sowas habe ich keine Zeit.“ Oder: „Das nervt mich total.“ Oder: „Der spielt ja eh schon viel zu viel.“

Ich muss zugeben, dass auch nur wenige Male zu Beginn der FIFA-Karriere meines Sohnes mit ihm gespielt habe. Mittlerweile hätte ich bei FIFA auch überhaupt keine Chance mehr. Zumal ich mich weder für Computerspiele noch für Fußball interessiere. Aber an diesem Abend ist mir klar geworden, wie wichtig es ist, mit den Kindern zu spielen. Und eben nicht nur Rollenspiele mit den Kleinen oder Lego mit den Grundschulkids und vielleicht noch ein Gesellschaftsspiel mit den Teens. Wir Eltern sollten mit unseren Kindern digital zocken. Auch wenn es uns keinen Spaß macht – das machen mir Rollenspiele oder Monopoly ja auch nicht. Aber so können wir beim Thema digitale Spiele mal aus der Mecker-Ecke rauskommen. So können wir dem Kind unsere Wertschätzung zeigen. Ihm deutlich machen, dass wir gern Zeit mit ihm verbringen und das kennenlernen, was ihn oder sie begeistert.

Ich war bei diesem Elternabend auch erstaunt, wie wenig manche Eltern über die Inhalte der Spiele wissen, die ihre Kinder spielen. Viele 12-Jährige lieben Fortnite. Da es ein Onlinespiel ist, gibt es keine USK-Kennzeichnung. Wer sich aber schlau macht (z.B. hier: www.spieleratgeber-nrw.de), findet heraus, dass das Spiel eigentlich erst ab 16 empfohlen wird. Trotzdem erlauben es viele Eltern ihren Teens. Was da genau abgeht, ist ihnen oft gar nicht so bewusst …

Ein Grund mehr, sich mal mit dem Kind oder Teenager zusammen vor die Spielkonsole zu setzen. Ich habe diese Erkenntnis gestern direkt umgesetzt und mit meinem Sohn eine Runde Minecraft gespielt. Wir haben Bäume gefällt und ein Haus gebaut – und ja, auch ein paar Schafe getötet. Sonst hätten wir kein Bett für die Nacht gehabt. Auch wenn ich ziemlich orientierungslos war – es hat Spaß gemacht. Und mein Sohn hat sich ehrlich gefreut. Also, liebe Eltern, ran an die Controller!

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT