Wie lange darf sie ausgehen?
„Unsere Tochter (15) trifft sich am Wochenende oft mit ihren Freundinnen aus dem Sportverein. Manchmal im Vereinsheim, manchmal bei einem Mädchen zu Hause. Die anderen Eltern holen ihre Kinder oft erst um 24 Uhr ab! Das ist uns zu spät. Sehen wir das zu eng?“
Während die Tochter von nächtlichen Aktionen mit ihren Freunden schwärmt, wird ihrer Mutter flau: Was da alles passieren kann! Dabei ist besonders nachts das Entdecken von Freiräumen spannend und reizvoll für Teens. Nicht umsonst sind nächtliche Aktivitäten auf Klassenfahrten und Freizeiten so beliebt.
Aus dem Kindlichen herauszuwachsen, heißt auch, sich einige und besonders gern nächtliche Zeiträume zu erschließen. Teenager nehmen in ihrem Leben viele Unsicherheiten wahr. Das führt dazu, dass sie sich Zonen suchen, in denen sie selbst Gestalter des Lebens sein können. Das noch kindliche Verhalten steht dabei oft mit dem sich erst noch zu entwickelnden Gefahrenbewusstsein in Konflikt.
DIE ELTERN ENTSCHEIDEN
Für Sprüche wie „Wer unter 18 Jahre alt ist, gehört nach 22 Uhr ins Elternhaus!“ gibt es rechtlich gesehen keine Grundlage. Grundsätzlich entscheiden die Eltern, wie lange ihr Kind außer Haus bleiben darf – und wo. Das Jugendschutzgesetz regelt nur die Anwesenheit an bestimmten Orten. Das Treffen zu Hause oder in einem geschützten Rahmen wie im Vereinsheim gilt nicht als „jugendgefährdend“.
Mit 15 Jahren kann ein Teenager auch durchaus mal bis 23 Uhr oder bei einem Geburtstag bis halb eins bleiben, gerade wenn Schritte Richtung Volljährigkeit getan werden sollen. Dass Absprachen zwischen Eltern und Teenagern eingehalten werden, ist dabei oberste Priorität. Das gilt auch für das Angebot, dass Sie ihre Tochter jederzeit von einem Treffen mit Freunden abholen können. Dies ist in der Phase des Ausprobierens sehr wichtig, um dem Teenager Sicherheit zu geben.
BEZIEHUNG GEHT VOR
Das Verschieben von Lebensräumen in die tiefe Nacht hat bei vielen Eltern zu einer großen Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit geführt. Nicht selten fahren nun 13-Jährige um ein Uhr nachts allein Zug oder radeln durch Feldwege. Reden Sie mit Ihrer Tochter über mögliche Gefahren, über Ihre Sorgen und Unsicherheiten – am besten in einem entspannten Moment und nicht direkt nach ihrer Anfrage für die nächste Party. Vielleicht kann sie in einem Gespräch deutlich machen, mit wem sie eine gute Zeit hat und bei welchen Treffen sie wegen des Alkoholgenusses der anderen irgendwann ein mulmiges Gefühl bekommt.
Jedoch wenn die Eltern durch das Setting das Treffen als „unsicher“ einstufen, können sie die Zeiten des Endes festlegen. Damit der junge Mensch dabei ernstgenommen wird, sollte es nicht darum gehen, dass Eltern ihre Macht demonstrieren. Der Satz: „Solange du deine Füße unter meinen Tisch …“ hat bis heute keine beziehungsfördernde Komponente. Eine Art Voranmeldung der Abend- oder Wochenendgestaltung vom Teenager kann den Eltern Zeit geben, eine Meinung zu bilden. Das Diskutieren ohne zeitlichen und hormonbeladenen Druck hilft, bis zum Treffen einen Konsens zu finden. In allem gilt: Beziehung geht vor!
Stefanie Diekmann ist Pädagogin und Autorin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.