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Mal wieder diese schlimmen Eltern!

Passend zu den Halbjahreszeugnissen hat die Bertelsmann Stiftung Studienergebnisse zum Thema Nachhilfe veröffentlicht: Demnach bekommen rund 14 Prozent der deutschen Schüler zwischen 6 und 14 Jahren Nachhilfe. Das Erstaunliche: ein Drittel der Schüler nutzt die zusätzliche Förderung, obwohl die Noten zwischen sehr gut und befriedigend liegen.

Erstaunlicher finde ich allerdings, dass viele Medien daraus eine Riesengeschichte machen, die sich so liest, als ob das ein Megatrend sei und nun alle Eltern ihre Kinder zum Einser-Abi drängen. „Immer mehr gute Schüler nehmen Nachhilfe“, heißt es. Oder dass es in vielen (!) Familien Alltag sei, dass ein Kind trotz einer 2 Nachhilfe bekomme.

Vielleicht hätten die zuständigen Journalistenkollegen in Mathe besser aufpassen oder selbst Nachhilfe nehmen sollen. Denn: 14 Prozent aller Schüler bekommen Nachhilfe, ein Drittel davon haben gute Noten, sprich: Auf weniger als 5 Prozent der Schüler trifft es zu, dass sie trotz guter Noten Nachhilfe nehmen. Ist das etwa viel? Gut, es mag grundsätzlich absurd sein, bei solchen Noten an Nachhilfe zu denken. Aber ich finde es angesichts ebenso absurder Numerus-clausus-Erfordernisse – beispielsweise ein Einser-Schnitt für Soziale Arbeit – durchaus verständlich, dass der eine oder andere sich ein bisschen Unterstützung holt, damit der gewünschte Studiengang in erreichbare Nähe rückt. Oder die Qualifikation für die Oberstufe.

Und übrigens: Im internationalen Vergleich liegen wir im unteren Mittelfeld, was die Nutzung von Nachhilfe angeht. Ist also alles gar nicht so schlimm!

Aber es macht sich immer gut, auf diese „schlimmen Eltern“ zu schimpfen. Mal sind sie überbehütende Helikopter-Eltern, mal streberhafte Schulstressmacher, mal überehrgeizige bis prügelnde Fußballeltern. Natürlich gibt es die. Leider. Aber es wird schnell der Eindruck erweckt, dass es die Mehrheit der Eltern sei und nicht bloß eine Minderheit. Sicherlich gibt es den Trend, dass immer mehr Eltern ihr Kind um jeden Preis aufs Gymnasium schicken wollen. Aber die große Mehrheit der Eltern geht sehr verantwortungsvoll mit den Anforderungen um, die sie und die Gesellschaft an ihr Kind stellen. Viele Eltern machen sich lange Gedanken darüber, welche Schule die beste ist für ihr Kind. Und den meisten geht es dabei um das Wohl ihres Kindes.

Aber es ist ja so einfach, sich über die Eltern zu beschweren. Ich muss zugeben, dass ich auch gern in dieses Muster verfalle und Pauschalurteile fälle. Diese Nachhilfe-Studie hat mir mal wieder gezeigt, dass es wichtig ist und sich lohnt, genau hinzugucken. Und seine Wortwahl zu bedenken. Fünf Prozent sind nicht „viel“. Und die meisten Eltern machen ihren Job richtig gut!

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

Ganztags in die Schule?

„An der Schule meines Kindes wird ab dem kommenden Schuljahr eine offene Ganztagsbetreuung angeboten. Wir sind unsicher, ob wir unser Kind dazu anmelden sollen. Was sind die Vor- und Nachteile?“

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Wie Schüler mit Druck umgehen können

Die Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Welche Entwicklungen treffen dabei aufeinander? Diese Frage beantwortet die Diplom-Psychologin Prof. Dr. Heidrun Bründel, Autorin des Buches „Schülersein heute“.

 

Wenn man sich den Alltag von Schülerinnen und Schülern anschaut, dann stellt man häufig fest, dass er so eng getaktet ist wie der Arbeitstag eines Erwachsenen. War das früher auch so?

Nein, nicht in dieser Ausprägung. Es gab natürlich schon immer Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Interessen nach der Schule einen engen Terminkalender hatten, doch das hatte individuelle Gründe, keine strukturellen. Familien insgesamt leiden heute im Vergleich zu früheren Generationen verstärkt unter Zeitknappheit. Das Thema Zeit beherrscht das Familienleben sehr stark und wirkt sich auch auf den Kinderwunsch aus.

Inwiefern?

Der Aspekt Zeit spielt eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen Kinder. Männer und Frauen haben allerdings sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche Zeit sie gewillt wären, zu reduzieren, wenn Kinder da sind: ihre Freizeit oder ihre Arbeitszeit. Männer befürchten, ihre Freizeit reduzieren zu müssen. Frauen dagegen denken an eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Gleichzeitig erschrecken die hohen Erwartungen und Anforderungen, die heute an Eltern gestellt werden. Eltern sollen ja alles richtig machen.

Das hört sich – überspitzt – an, als würden Kinder heute in Beziehungen hineingeboren, die von Befürchtungen geprägt sind.

Überspitzt, ja. Aber es ist richtig, dass Kinder in Beziehungen hineingeboren werden, in denen ein großer Druck herrscht, alles richtig machen zu müssen. Eltern sollen liebevoll und fürsorglich sein; sie sollen ihre Kinder fördern und bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben unterstützen, sie gut durch die Schule bringen, mit dafür sorgen, dass sie gute Schulabschlüsse erreichen und sich natürlich für die Belange der Kinder engagieren, sich in Kita und Schule einbringen usw.

Geben Eltern den Druck, den sie spüren, an ihre Kinder weiter?

Häufig ist es so. Da viele Eltern hohe Erwartungen an ihre Kinder haben, heißt Schülersein heute vor allem, von Anfang an mit Druck umgehen zu können.

Diesen Druck spürt auch die Schule, etwa wenn statt der Kinder die Eltern bei einer Note um jede Ziffer hinter dem Komma kämpfen. Welche Herausforderungen sehen Sie für Lehrerinnen und Lehrer?

Eltern sind anspruchsvoll geworden und erkennen die Kompetenzen der Lehrkräfte nicht mehr ganz selbstverständlich an. Das ist ungewohnt und anstrengend für beide Seiten. Die aktuell wohl größte Herausforderung liegt für Lehrkräfte jedoch darin, sich von einem Schulsystem zu trennen, dass bisher auf Segregation gesetzt hat. Alle Neuerungen sind mit Ängsten verbunden und viele Pädagogen fragen sich, ob sie die Balance zwischen Flexibilität und Stabilität halten können. Eine weitere Herausforderung stellt die Debatte um die Abschaffung der Schulnoten, des Sitzenbleibens und der Hausaufgaben dar. Auch dies verunsichert.

Schülersein heute heißt demnach, Schulen zu besuchen, wo Lehrkräfte möglicherweise um Souveränität ringen, und in Familien zu leben, wo sich Eltern im besten Fall um Druckausgleich bemühen und wo Zeitmanagement eine wichtige Kompetenz ist. Kann in dieser Gemengelage die Ganztagsschule entlasten?

Die Ganztagsschule ist ein weiterer entscheidender Unterschied des Schülerseins heute im Vergleich zur vorherigen Generation. Ob sie entlastend wirkt, hängt entscheidend von der Qualität der Schule und hier von den Beziehungen ab, sowohl der Schülerinnen und Schüler untereinander und des Miteinanders im Kollegium als auch des Verhältnisses zwischen Lehrkräften und Schülerschaft. Das gemeinsame Mittagessen und gepflegte Rituale können die Beziehungen untereinander stärken und zu einem Wohlgefühl beitragen, dass der psychischen Gesundheit dient.

Wenn man sich moderne Formen der leistungsbezogenen Feedback-Kultur wie Logbücher und Lerntagebücher anschaut, die wöchentlich von den Eltern abgezeichnet werden müssen: Stehen Schüler nicht auch mehr unter Beobachtung als früher? Da „schneite“ eher unvermittelt ein „5“ ins Haus, und von den Eltern hieß es dann „Streng dich mehr an“!

Die Jugendlichen holen sich über die neuen Medien einen Teil unbeobachtete Zeit zurück. Ich denke, dass Zusammenarbeit und Kommunikation im Verhältnis Schule-Elternhaus sehr wichtig sind. Allerdings sind Schule und Elternhaus konträr strukturierte soziale Räume, die in einem spannungsreichen Verhältnis zu einander stehen. Ein Beispiel: Der längere Aufenthalt in der Ganztagsschule entlastet zwar, wie alle Studien zeigen, das Familienleben. Gleichzeitig führt er bei Eltern zu der Befürchtung, weniger von ihren Kindern mitzubekommen.

Das klingt insgesamt nach einem Drahtseilakt …

Sagen wir es so: Eltern sowie Schülerinnen und Schüler haben heute deutlich mehr Verantwortung, weil sie zu Reflexion und Partizipation angehalten werden. Darin liegt für Kinder und Jugendliche zwar die Gefahr der Überforderung, aber ebenso eine große Chance für ein selbstbestimmtes Leben.

Dr. Heidrun Bründel ist Diplom-Psychologin, EurpPsy (BdP). Sie war langjährig in der Bildungs- und Schulberatung tätig und lehrte an der Universität Bielefeld. Bekannt geworden ist sie u. a. mit der ‚Trainingsraum-Methode’ und ihren Forschungen zu Suizid unter Schülern. Heidrun Bründel arbeitet freiberuflich in der Fort- und Weiterbildung von Psychologen, Schulleitern und Lehrkräften. Interview: Inge Michels, Klett-Themendienst

Prayday – Gebetstag für Schulen

Kaum ein anderer Ort prägt Kinder und Jugendliche so stark wie die Schule. Für die SMD, einem Netzwerk von Christen an Schulen, Hochschulen und Beruf ist das ein Grund, jedes Jahr zum Gebet für Schulen, Schüler und Lehrer aufzurufen. Am 17. November 2015, am Vortag des Buß- und Bettages, findet wieder der „PrayDay“, der Gebetstag für Schulen statt. Auch in Großbritannien, Frankreich, Österreich und der Schweiz treffen sich an diesem Tag Menschen zum Gebet.
„Schüler wie Lehrer brauchen Gebet für die täglich neuen Herausforderungen im Lebensraum Schule“, so Jürgen Schmidt, evangelischer Theologe und Leiter der Schüler-SMD, die den PrayDay initiiert. „Jeder ist eingeladen, die Schule neu in den Blick zu nehmen – ganz egal ob man Kinder im Schulalter hat, an einer Schule arbeitet oder selbst zur Schule geht“, so Schmidt weiter.
Der PrayDay lebt vom Engagement einzelner Christen oder Kirchengemeinden. Eine zentrale Veranstaltung gibt es nicht, die Gebetstreffen finden im kleineren oder größeren Rahmen in Schulen, auf Pausenhöfen oder in Gemeinden statt. An manchen Orten werden z.B. Gebetsspaziergänge von Schule zu Schule veranstaltet. Weitere Gestaltungsideen und konkrete Gebetsanliegen hält die Schüler-SMD auf der PrayDay-Webseite bereit (www.prayday.de), wo auch ein Ideenheft bestellt werden kann.

Mobbing-Täter

„Mit Erschrecken habe ich erfahren, dass mein Sohn (13) einen Mitschüler mobbt. Was kann ich tun?“

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Belohnen oder bestrafen?

In unserer Grundschule wurde jetzt ein Ampel-System eingeführt: Morgens sind alle Schüler auf „grün“. Wer stört oder sich anderweitig unpassend benimmt, landet nach drei Ermahnungen auf „gelb“. Bessert sich das Verhalten nicht, landet der Schüler oder die Schülerin schließlich auf „rot“ und bekommt einen Eintrag im Hausaufgabenheft oder muss gegebenenfalls nachsitzen.

Gut an dem System finde ich, dass es nun eine einheitliche Regelung für alle Lehrer und Schüler gibt. Und dass am nächsten Morgen alle wieder bei „grün“ starten. Neuer Tag, neue Chance. Was mir aber nicht gefällt: Der Lehrer oder die Lehrerin reagiert nur auf negatives Verhalten. Es gibt nur Bestrafungen, keine Belohnungen.

Nun ist die Diskussion, was nun mehr positiven Nutzen bringe – Belohnungen oder Bestrafungen – eine endlose. Regelmäßig erscheinen neue Studien dazu. Vor kurzem haben zwei Forscher aus Österreich herausgefunden, dass es am besten sei, beide Methoden zu kombinieren, kurz gesagt: erst Zuckerbrot, dann Peitsche. Also erst mit Belohnung Anreize schaffen und dann die, die sich davon nicht motivieren lassen, mit Strafen unter Druck setzen. Klingt für mich sehr logisch. (nachzulesen hier: http://www.wiwo.de/erfolg/management/motivation-erst-das-zuckerbrot-dann-die-peitsche/11069086.html)

Auch wenn sich diese Studie nicht speziell auf die Schule bezieht, würde ich mir wünschen, das Ampel-Modell in dieser Richtung zu verändern. Wobei dann die Ampel nicht mehr das passende Modell ist. Ich stelle mir vor, dass die Kinder in einem neutralen Bereich starten. Wer sich gut verhält, fleißig arbeitet, sich am Unterricht beteiligt, kommt zum Beispiel in den „Daumen hoch“-Bereich. Wer stört, mit Radiergummis wirft oder den Sitznachbarn ärgert, landet bei „Daumen runter“. Als ich diese Idee allerdings bei einem Elternabend in die Diskussion einbrachte, wurde ich ziemlich unfreundlich von einer anderen Mutter angegangen: „Es ist doch wohl selbstverständlich, dass die Kinder sich gut benehmen. Das muss man ja nicht noch belohnen!“

Ja, ist es das? Ist es selbstverständlich, dass der Siebenjährige ruhig auf seinem Platz sitzt und Textaufgaben rechnet, statt wild rumzutoben? Ist es selbstverständlich, dass die Neunjährige sich mit Rechtschreibregeln beschäftigt, statt Pferdebilder zu malen?

Ich finde nicht! Ich jedenfalls freue mich über Lob und Anerkennung. Ich habe auch manchmal damit zu kämpfen, mich auf das zu konzentrieren, was grade ansteht. Wenn dann ein freundlicher Leserbrief kommt, gehe ich mit viel mehr Motivation ans Werk.

Nun ist die Frage von Belohnung und Bestrafung ja nicht nur in der Schule relevant. Und ich muss zugeben: Meine kritischen Kommentare bezüglich Zimmer-Aufräumen, Vokabeln-Lernen oder Kaninchen-Stall-Säubern sind oft mehr zu hören als lobende, wertschätzende Worte. Daran will ich arbeiten!

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

Loben und aufmuntern! Heute!

Viele Kinder bekommen heute ihre Halbjahreszeugnisse. Während sich vor allem jüngere Kinder darüber freuen, steigen bei Schülerinnen und Schülern mit zunehmendem Alter die Angst und der Stress. Eine Umfrage im Auftrag von scoyo hat ergeben, dass davon 40 Prozent der 14-Jährigen betroffen sind. Bei den 10-Jährigen sind noch 21 Prozent ängstlich oder gestresst, bei den 6-Jährigen nur drei Prozent – wobei die oft ja noch gar keine Halbjahreszeugnisse bzw. keine Noten bekommen.

Eine andere Umfrage hat allerdings ergeben, dass oft die Eltern mehr von den Zeugnisses gestresst sind als die Kinder. Wie ist das bei euch? Habt ihr heute eher Bauchschmerzen? Oder könnt ihr euch über die Leistungen eurer Kinder freuen?

Noch ein wichtiges Ergebnis der scoyo-Umfrage ist übrigens dieses: 60 Prozent der Kinder wünschen sich, dass die Eltern sie für ihre guten Leistungen loben, „nur“ 30 Prozent erwarten eine Belohnung. Offensichtlich ist den Kindern ein Lob wichtiger als Geld oder ein Geschenk. Und 39 Prozent erhoffen sich von ihren Eltern, dass sie sie bei schlechten Noten aufmuntern.

Also: Heute ist loben und aufmuntern angesagt! Darüber, wie die Noten vielleicht besser werden, können wir noch an einem anderen Tag nachdenken.

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

In den Ferien lernen?

Zum Ende des Schuljahres habe ich von der Lehrerin meines Zweitklässlers einen netten Elternbrief bekommen. Er enthält die Anregung, in den Ferien „spielerisch“ und „unbemerkt“ mit dem Kind zu üben. Man könne zum Beispiel bei Autofahrten die Zahlen der Nummernschilder addieren lassen, mit dem Kind Urlaubskarten schreiben oder zusammen ein Buch lesen. Voraussetzung sei aber, dass Kind und Eltern daran Spaß haben.

Ich finde das eine schöne Herangehensweise an die Frage, ob Schüler in den Ferien etwas für die Schule tun sollen oder nicht. Wobei sie es ja eigentlich nicht für die Schule tun …

Ein Problem sehe ich aber auch: Bei Grundschulkindern mag es „spielerisch“ und „unbemerkt“ ja noch funktionieren. Aber in der weiterführenden Schule wird das schon schwieriger. Es sei denn, man verbringt den Urlaub in England, Frankreich oder dem Vatikan, um dabei ganz unbemerkt die entsprechende Fremdsprache zu üben. Bei einem Urlaub in Dänemark oder Großbritannien kann man das Kind beim Einkauf auch mal die Preise in Euro umrechnen lassen. Und beim Kniffelspielen über die Wahrscheinlichkeit eines Fünferpasches sinnieren.

Grundsätzlich gilt natürlich: Ferien sind Ferien. Und Lernstress haben viele Schülerinnen und Schüler schon das ganze Jahr. Andererseits haben Tests gezeigt, dass der IQ von Schülern von Ferienbeginn bis -ende merklich absackt. Es schadet sicher niemandem, alle paar Tage mal eine halbe Stunde Vokabeln zu lernen. Vielleicht ist das auch eine Chance, für eine intensive Eltern-Kind-Zeit: Mal sehen, wie gut Papas Französisch noch ist. Und wer gewinnt wohl das Wettrechnen?

Wichtig ist vor allem, keinen Stress aufzubauen. Letztlich muss aber jede Familie die Frage nach dem Lernen in den Ferien individuell beantworten. Und wie beantwortet ihr sie?

Bettina Wendland

Redakteurin Family

Schlechte Noten sind (k)ein Weltuntergang

Der Leistungsdruck in vielen Schulen ist hoch. Wie können Eltern und Schüler damit klarkommen?

Eltern wollen immer das Beste für ihre Kinder. Und das ist auch richtig so. Aber wenn gute Noten und eine erfolgreiche Schullaufbahn zum obersten Erziehungsziel werden, läuft etwas verkehrt. Es kann nicht darum gehen, dass aus den Kindern im Leben etwas wird, sondern dass sie ihren Platz im Leben finden. Dass sie eine gute Grundausstattung mitbekommen, um ihr Leben zu gestalten. Dass sie ihren Begabungen und Fähigkeiten gemäß gefördert und gefordert werden und dass sie die Freude am Lernen nicht verlieren.

Gut – aber nicht gut genug

Von Schulstress sind nicht nur schlechte Schüler betroffen. Auch gute Schülerinnen und Schüler denken oft, sie seien nicht gut genug. Sie leiden darunter, dass sie den hohen Ansprüchen, die sie selbst oder die Eltern an sie stellen, nicht genügen. Sie wollen gern der oder die Beste sein, aber es gibt immer jemanden, der noch besser ist. Luxusprobleme? Nicht unbedingt. Selbst ein Einser-Abi-Durchschnitt garantiert nicht den gewünschten Studienplatz. Und viele Ausbildungsberufe, für die früher die Mittlere Reife ausreichend war, erfordern heute das Abitur. Kein Wunder, dass Eltern ihre Kinder zu Hochleistungen motivieren möchten. Dagegen ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein Kind zu motivieren, sich anzustrengen und seine Fähigkeiten voll auszunutzen, ist durchaus sinnvoll.

Aber die Erwartungen der Eltern und die Fähigkeiten des Kindes müssen übereinstimmen. „Realistisch fördern“ nennt das der Psychologe Christoph Eichhorn in seinem Buch „Bei schlechten Noten helfen gute Eltern“. Zu berücksichtigen seien beispielsweise das Intelligenzniveau, das Durchhaltevermögen, die Frustrationstoleranz, die Persönlichkeit, die Interessen und Vorlieben des Kindes. Und gerade bei leistungsstarken Kindern sei es wichtig, auf Erholung und Ausgleich zu achten.

Vertrauen und Gelassenheit

Wenn schon gute Schülerinnen und Schüler unter Leistungsdruck leiden, wie viel mehr die Schüler mit schlechten Noten. Und ihre Eltern gleich mit. So erging es auch Heidemarie Brosche, Lehrerin und Mutter von zwei Söhnen. Beide Jungen sackten zeitgleich in der Schule ab. Ihre Mutter fühlte sich als Versagerin. In dieser Krisenzeit traf sie der Satz eines Lehrers ins Herz: „Sehen Sie zu, dass Sie sich Ihr wunderbares Verhältnis zu ihren Söhnen durch die blöde Schule nicht kaputt machen lassen!“ Im Nachhinein ist Heidemarie Brosche überzeugt: Der Anlass war die Aufregung nicht wert. Deshalb hat sie ein Buch geschrieben: „Warum es nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein“. Damit möchte sie schlechte Noten nicht glorifizieren, aber relativieren. Sie rät anderen betroffenen Eltern, die schulischen Probleme ihres Kindes nicht zum zentralen Familienthema werden zu lassen und mit einem  Quäntchen Gelassenheit zu versuchen, die Ursachen für die Schulprobleme zu ergründen.

Sicher ist es nicht immer möglich, eine einzelne Ursache für schlechte Schulleistungen herauszufiltern. Entscheidend ist aber, dass Eltern am Ball bleiben und Interesse zeigen, statt Panik zu vermitteln. Sie sollten versuchen, gelassen nach vorn zu sehen und gemeinsam mit dem Kind Strategien zu entwickeln, um die Situation für das Kind angenehmer und erfolgreicher zu machen.

Bettina Wendland ist Redakteurin bei family und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

Illustration: Thees Carstens

Keine Lust auf Schulaufgaben?

Lerntipps für Grundschüler

Kinder sind von Natur aus wissbegierig. Sie tun den ganzen Tag nichts anderes, als zu lernen. Unbewusstes, spielerisches Lernen bereitet ihnen Freude. Anders sieht es beim gezielten Lernen aus. Sei es in Form von Hausaufgaben oder wenn es darum geht, Unterrichtsstoff nachzuholen oder zu vertiefen. Da ist Lernen plötzlich langweilig. Hilfreich ist es daher, die Schularbeiten von Anfang an als feste Struktur in den Tagesablauf des Kindes einzubeziehen und für eine optimale Lernumgebung zu sorgen.

Lernumgebung

Das A und O ist ein ruhiger Arbeitsplatz ohne Musik und Fernseher oder lärmende Geschwister. Um Ablenkung zu minimieren, sollte der Schreibtisch aufgeräumt sein und frei von Spielzeug, Handy oder Comics. Stattdessen sollte sich alles, was zum Arbeiten notwendig ist, greifbar und einsatzbereit finden: Lexikon, angespitzte (!) Stifte, Papier,  Lineal … Kinder begreifen das Lernen als Normalität, wenn es zu festgelegten Zeiten stattfindet. Der Zeitpunkt ist dabei allerdings individuell unterschiedlich: Manche Kinder brauchen nach dem Essen noch eine kleine Pause, andere können sofort beginnen.

Struktur und Konzentration

Nichts hilft beim Lernen mehr als strukturiertes Vorgehen. Deshalb sollten Hausaufgaben genau notiert werden. Vor der eigentlichen Lernarbeit sollte immer eine Planungsphase stehen. Das Kind verschafft sich dabei einen Überblick und legt die Reihenfolge der Aufgaben fest, zum Beispiel, indem es die Themen im Hausaufgabenheft nummeriert. Erledigte Punkte werden freudig abgehakt.

Förderlich für die Konzentration sind kleinere Pausen inklusive Frischluft, einem Obstsnack oder dem Gang zur Toilette. Positiv wirkt auch ein Lernstoffwechsel, also unähnliche Fächer oder Aufgaben nacheinander zu erledigen. Hausaufgaben sollten noch am gleichen Tag des Auftragens gemacht werden, weil die frische Erinnerung an das Gelernte ungemein hilft. Wer gar keinen Anfang beim Lernen findet, sollte mit einer Aufgabe beginnen, die leicht und schnell zu erledigen ist. Das schafft ein Erfolgserlebnis.

Wiederholt und kreativ

Die meisten Kinder müssen bestimmte Unterrichtsinhalte wie etwa das Lesen oder Einmaleins intensiver lernen. Hier gilt: Täglich kurze Zeit üben ist besser als seltener und lang. Wenn vor Klassenarbeiten gelernt wird, dann sollte das in mehreren Tagesetappen geschehen. Am letzten Tag vor der Arbeit kann dann noch einmal der Gesamtinhalt wiederholt werden.

Sehr hilfreich sind gezielt angewandte und kreative Lernmethoden. So kann ein Klebezettel mit schwierigen Wörtern am Kühlschrank ebenso Wunder wirken wie ein aktiv benutzter Zollstock im Kinderzimmer, um sich Maßeinheiten anzueignen. Wer beim Lernen oder Lesen läuft, löst häufig Denkblockaden. Ideal ist es, auf viele verschiedene Lernkanäle zurückzugreifen: hören und lesen, schreiben, malen, ertasten, bauen, vor allem aber auch sprechen. So profitieren viele Kinder davon, täglich laut zu lesen und zu rechnen.

Rolle der Eltern

Kinder sollten ihre Schularbeiten alleine erledigen, Erwachsene nur für Rückfragen zur Verfügung stehen. Falls notwendig, sollten Eltern allenfalls Tipps zur Lösung von Aufgaben geben, auf keinen Fall neue Lösungswege anbieten, die das Kind nur verwirren. Wenn das Kind eine Aufgabe gar nicht versteht, ist es sinnvoll, wenn es – vielleicht mit einer kurzen elterlichen Notiz – am nächsten Tag den Lehrer fragt.

Silke Mayer arbeitet im Bereich Weiterbildung und Training, daneben ist sie als freiberufliche Autorin tätig. Sie lebt mit ihrer Familie in Duisburg.

Illustration: Thees Carstens