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Mobbing-Täter

„Mit Erschrecken habe ich erfahren, dass mein Sohn (13) einen Mitschüler mobbt. Was kann ich tun?“

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Belohnen oder bestrafen?

In unserer Grundschule wurde jetzt ein Ampel-System eingeführt: Morgens sind alle Schüler auf „grün“. Wer stört oder sich anderweitig unpassend benimmt, landet nach drei Ermahnungen auf „gelb“. Bessert sich das Verhalten nicht, landet der Schüler oder die Schülerin schließlich auf „rot“ und bekommt einen Eintrag im Hausaufgabenheft oder muss gegebenenfalls nachsitzen.

Gut an dem System finde ich, dass es nun eine einheitliche Regelung für alle Lehrer und Schüler gibt. Und dass am nächsten Morgen alle wieder bei „grün“ starten. Neuer Tag, neue Chance. Was mir aber nicht gefällt: Der Lehrer oder die Lehrerin reagiert nur auf negatives Verhalten. Es gibt nur Bestrafungen, keine Belohnungen.

Nun ist die Diskussion, was nun mehr positiven Nutzen bringe – Belohnungen oder Bestrafungen – eine endlose. Regelmäßig erscheinen neue Studien dazu. Vor kurzem haben zwei Forscher aus Österreich herausgefunden, dass es am besten sei, beide Methoden zu kombinieren, kurz gesagt: erst Zuckerbrot, dann Peitsche. Also erst mit Belohnung Anreize schaffen und dann die, die sich davon nicht motivieren lassen, mit Strafen unter Druck setzen. Klingt für mich sehr logisch. (nachzulesen hier: http://www.wiwo.de/erfolg/management/motivation-erst-das-zuckerbrot-dann-die-peitsche/11069086.html)

Auch wenn sich diese Studie nicht speziell auf die Schule bezieht, würde ich mir wünschen, das Ampel-Modell in dieser Richtung zu verändern. Wobei dann die Ampel nicht mehr das passende Modell ist. Ich stelle mir vor, dass die Kinder in einem neutralen Bereich starten. Wer sich gut verhält, fleißig arbeitet, sich am Unterricht beteiligt, kommt zum Beispiel in den „Daumen hoch“-Bereich. Wer stört, mit Radiergummis wirft oder den Sitznachbarn ärgert, landet bei „Daumen runter“. Als ich diese Idee allerdings bei einem Elternabend in die Diskussion einbrachte, wurde ich ziemlich unfreundlich von einer anderen Mutter angegangen: „Es ist doch wohl selbstverständlich, dass die Kinder sich gut benehmen. Das muss man ja nicht noch belohnen!“

Ja, ist es das? Ist es selbstverständlich, dass der Siebenjährige ruhig auf seinem Platz sitzt und Textaufgaben rechnet, statt wild rumzutoben? Ist es selbstverständlich, dass die Neunjährige sich mit Rechtschreibregeln beschäftigt, statt Pferdebilder zu malen?

Ich finde nicht! Ich jedenfalls freue mich über Lob und Anerkennung. Ich habe auch manchmal damit zu kämpfen, mich auf das zu konzentrieren, was grade ansteht. Wenn dann ein freundlicher Leserbrief kommt, gehe ich mit viel mehr Motivation ans Werk.

Nun ist die Frage von Belohnung und Bestrafung ja nicht nur in der Schule relevant. Und ich muss zugeben: Meine kritischen Kommentare bezüglich Zimmer-Aufräumen, Vokabeln-Lernen oder Kaninchen-Stall-Säubern sind oft mehr zu hören als lobende, wertschätzende Worte. Daran will ich arbeiten!

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

Loben und aufmuntern! Heute!

Viele Kinder bekommen heute ihre Halbjahreszeugnisse. Während sich vor allem jüngere Kinder darüber freuen, steigen bei Schülerinnen und Schülern mit zunehmendem Alter die Angst und der Stress. Eine Umfrage im Auftrag von scoyo hat ergeben, dass davon 40 Prozent der 14-Jährigen betroffen sind. Bei den 10-Jährigen sind noch 21 Prozent ängstlich oder gestresst, bei den 6-Jährigen nur drei Prozent – wobei die oft ja noch gar keine Halbjahreszeugnisse bzw. keine Noten bekommen.

Eine andere Umfrage hat allerdings ergeben, dass oft die Eltern mehr von den Zeugnisses gestresst sind als die Kinder. Wie ist das bei euch? Habt ihr heute eher Bauchschmerzen? Oder könnt ihr euch über die Leistungen eurer Kinder freuen?

Noch ein wichtiges Ergebnis der scoyo-Umfrage ist übrigens dieses: 60 Prozent der Kinder wünschen sich, dass die Eltern sie für ihre guten Leistungen loben, „nur“ 30 Prozent erwarten eine Belohnung. Offensichtlich ist den Kindern ein Lob wichtiger als Geld oder ein Geschenk. Und 39 Prozent erhoffen sich von ihren Eltern, dass sie sie bei schlechten Noten aufmuntern.

Also: Heute ist loben und aufmuntern angesagt! Darüber, wie die Noten vielleicht besser werden, können wir noch an einem anderen Tag nachdenken.

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

In den Ferien lernen?

Zum Ende des Schuljahres habe ich von der Lehrerin meines Zweitklässlers einen netten Elternbrief bekommen. Er enthält die Anregung, in den Ferien „spielerisch“ und „unbemerkt“ mit dem Kind zu üben. Man könne zum Beispiel bei Autofahrten die Zahlen der Nummernschilder addieren lassen, mit dem Kind Urlaubskarten schreiben oder zusammen ein Buch lesen. Voraussetzung sei aber, dass Kind und Eltern daran Spaß haben.

Ich finde das eine schöne Herangehensweise an die Frage, ob Schüler in den Ferien etwas für die Schule tun sollen oder nicht. Wobei sie es ja eigentlich nicht für die Schule tun …

Ein Problem sehe ich aber auch: Bei Grundschulkindern mag es „spielerisch“ und „unbemerkt“ ja noch funktionieren. Aber in der weiterführenden Schule wird das schon schwieriger. Es sei denn, man verbringt den Urlaub in England, Frankreich oder dem Vatikan, um dabei ganz unbemerkt die entsprechende Fremdsprache zu üben. Bei einem Urlaub in Dänemark oder Großbritannien kann man das Kind beim Einkauf auch mal die Preise in Euro umrechnen lassen. Und beim Kniffelspielen über die Wahrscheinlichkeit eines Fünferpasches sinnieren.

Grundsätzlich gilt natürlich: Ferien sind Ferien. Und Lernstress haben viele Schülerinnen und Schüler schon das ganze Jahr. Andererseits haben Tests gezeigt, dass der IQ von Schülern von Ferienbeginn bis -ende merklich absackt. Es schadet sicher niemandem, alle paar Tage mal eine halbe Stunde Vokabeln zu lernen. Vielleicht ist das auch eine Chance, für eine intensive Eltern-Kind-Zeit: Mal sehen, wie gut Papas Französisch noch ist. Und wer gewinnt wohl das Wettrechnen?

Wichtig ist vor allem, keinen Stress aufzubauen. Letztlich muss aber jede Familie die Frage nach dem Lernen in den Ferien individuell beantworten. Und wie beantwortet ihr sie?

Bettina Wendland

Redakteurin Family

Schlechte Noten sind (k)ein Weltuntergang

Der Leistungsdruck in vielen Schulen ist hoch. Wie können Eltern und Schüler damit klarkommen?

Eltern wollen immer das Beste für ihre Kinder. Und das ist auch richtig so. Aber wenn gute Noten und eine erfolgreiche Schullaufbahn zum obersten Erziehungsziel werden, läuft etwas verkehrt. Es kann nicht darum gehen, dass aus den Kindern im Leben etwas wird, sondern dass sie ihren Platz im Leben finden. Dass sie eine gute Grundausstattung mitbekommen, um ihr Leben zu gestalten. Dass sie ihren Begabungen und Fähigkeiten gemäß gefördert und gefordert werden und dass sie die Freude am Lernen nicht verlieren.

Gut – aber nicht gut genug

Von Schulstress sind nicht nur schlechte Schüler betroffen. Auch gute Schülerinnen und Schüler denken oft, sie seien nicht gut genug. Sie leiden darunter, dass sie den hohen Ansprüchen, die sie selbst oder die Eltern an sie stellen, nicht genügen. Sie wollen gern der oder die Beste sein, aber es gibt immer jemanden, der noch besser ist. Luxusprobleme? Nicht unbedingt. Selbst ein Einser-Abi-Durchschnitt garantiert nicht den gewünschten Studienplatz. Und viele Ausbildungsberufe, für die früher die Mittlere Reife ausreichend war, erfordern heute das Abitur. Kein Wunder, dass Eltern ihre Kinder zu Hochleistungen motivieren möchten. Dagegen ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein Kind zu motivieren, sich anzustrengen und seine Fähigkeiten voll auszunutzen, ist durchaus sinnvoll.

Aber die Erwartungen der Eltern und die Fähigkeiten des Kindes müssen übereinstimmen. „Realistisch fördern“ nennt das der Psychologe Christoph Eichhorn in seinem Buch „Bei schlechten Noten helfen gute Eltern“. Zu berücksichtigen seien beispielsweise das Intelligenzniveau, das Durchhaltevermögen, die Frustrationstoleranz, die Persönlichkeit, die Interessen und Vorlieben des Kindes. Und gerade bei leistungsstarken Kindern sei es wichtig, auf Erholung und Ausgleich zu achten.

Vertrauen und Gelassenheit

Wenn schon gute Schülerinnen und Schüler unter Leistungsdruck leiden, wie viel mehr die Schüler mit schlechten Noten. Und ihre Eltern gleich mit. So erging es auch Heidemarie Brosche, Lehrerin und Mutter von zwei Söhnen. Beide Jungen sackten zeitgleich in der Schule ab. Ihre Mutter fühlte sich als Versagerin. In dieser Krisenzeit traf sie der Satz eines Lehrers ins Herz: „Sehen Sie zu, dass Sie sich Ihr wunderbares Verhältnis zu ihren Söhnen durch die blöde Schule nicht kaputt machen lassen!“ Im Nachhinein ist Heidemarie Brosche überzeugt: Der Anlass war die Aufregung nicht wert. Deshalb hat sie ein Buch geschrieben: „Warum es nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein“. Damit möchte sie schlechte Noten nicht glorifizieren, aber relativieren. Sie rät anderen betroffenen Eltern, die schulischen Probleme ihres Kindes nicht zum zentralen Familienthema werden zu lassen und mit einem  Quäntchen Gelassenheit zu versuchen, die Ursachen für die Schulprobleme zu ergründen.

Sicher ist es nicht immer möglich, eine einzelne Ursache für schlechte Schulleistungen herauszufiltern. Entscheidend ist aber, dass Eltern am Ball bleiben und Interesse zeigen, statt Panik zu vermitteln. Sie sollten versuchen, gelassen nach vorn zu sehen und gemeinsam mit dem Kind Strategien zu entwickeln, um die Situation für das Kind angenehmer und erfolgreicher zu machen.

Bettina Wendland ist Redakteurin bei family und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

Illustration: Thees Carstens

Keine Lust auf Schulaufgaben?

Lerntipps für Grundschüler

Kinder sind von Natur aus wissbegierig. Sie tun den ganzen Tag nichts anderes, als zu lernen. Unbewusstes, spielerisches Lernen bereitet ihnen Freude. Anders sieht es beim gezielten Lernen aus. Sei es in Form von Hausaufgaben oder wenn es darum geht, Unterrichtsstoff nachzuholen oder zu vertiefen. Da ist Lernen plötzlich langweilig. Hilfreich ist es daher, die Schularbeiten von Anfang an als feste Struktur in den Tagesablauf des Kindes einzubeziehen und für eine optimale Lernumgebung zu sorgen.

Lernumgebung

Das A und O ist ein ruhiger Arbeitsplatz ohne Musik und Fernseher oder lärmende Geschwister. Um Ablenkung zu minimieren, sollte der Schreibtisch aufgeräumt sein und frei von Spielzeug, Handy oder Comics. Stattdessen sollte sich alles, was zum Arbeiten notwendig ist, greifbar und einsatzbereit finden: Lexikon, angespitzte (!) Stifte, Papier,  Lineal … Kinder begreifen das Lernen als Normalität, wenn es zu festgelegten Zeiten stattfindet. Der Zeitpunkt ist dabei allerdings individuell unterschiedlich: Manche Kinder brauchen nach dem Essen noch eine kleine Pause, andere können sofort beginnen.

Struktur und Konzentration

Nichts hilft beim Lernen mehr als strukturiertes Vorgehen. Deshalb sollten Hausaufgaben genau notiert werden. Vor der eigentlichen Lernarbeit sollte immer eine Planungsphase stehen. Das Kind verschafft sich dabei einen Überblick und legt die Reihenfolge der Aufgaben fest, zum Beispiel, indem es die Themen im Hausaufgabenheft nummeriert. Erledigte Punkte werden freudig abgehakt.

Förderlich für die Konzentration sind kleinere Pausen inklusive Frischluft, einem Obstsnack oder dem Gang zur Toilette. Positiv wirkt auch ein Lernstoffwechsel, also unähnliche Fächer oder Aufgaben nacheinander zu erledigen. Hausaufgaben sollten noch am gleichen Tag des Auftragens gemacht werden, weil die frische Erinnerung an das Gelernte ungemein hilft. Wer gar keinen Anfang beim Lernen findet, sollte mit einer Aufgabe beginnen, die leicht und schnell zu erledigen ist. Das schafft ein Erfolgserlebnis.

Wiederholt und kreativ

Die meisten Kinder müssen bestimmte Unterrichtsinhalte wie etwa das Lesen oder Einmaleins intensiver lernen. Hier gilt: Täglich kurze Zeit üben ist besser als seltener und lang. Wenn vor Klassenarbeiten gelernt wird, dann sollte das in mehreren Tagesetappen geschehen. Am letzten Tag vor der Arbeit kann dann noch einmal der Gesamtinhalt wiederholt werden.

Sehr hilfreich sind gezielt angewandte und kreative Lernmethoden. So kann ein Klebezettel mit schwierigen Wörtern am Kühlschrank ebenso Wunder wirken wie ein aktiv benutzter Zollstock im Kinderzimmer, um sich Maßeinheiten anzueignen. Wer beim Lernen oder Lesen läuft, löst häufig Denkblockaden. Ideal ist es, auf viele verschiedene Lernkanäle zurückzugreifen: hören und lesen, schreiben, malen, ertasten, bauen, vor allem aber auch sprechen. So profitieren viele Kinder davon, täglich laut zu lesen und zu rechnen.

Rolle der Eltern

Kinder sollten ihre Schularbeiten alleine erledigen, Erwachsene nur für Rückfragen zur Verfügung stehen. Falls notwendig, sollten Eltern allenfalls Tipps zur Lösung von Aufgaben geben, auf keinen Fall neue Lösungswege anbieten, die das Kind nur verwirren. Wenn das Kind eine Aufgabe gar nicht versteht, ist es sinnvoll, wenn es – vielleicht mit einer kurzen elterlichen Notiz – am nächsten Tag den Lehrer fragt.

Silke Mayer arbeitet im Bereich Weiterbildung und Training, daneben ist sie als freiberufliche Autorin tätig. Sie lebt mit ihrer Familie in Duisburg.

Illustration: Thees Carstens

„Warum sind die nur so fies?“

Was soll ich ihm denn jetzt sagen?“ Hilflos steht Mira* (38) vor mir und erwartet einen Rat. Ihr Sohn Luis* (12) wird gehänselt. Manchmal würde er am liebsten zu Hause bleiben, einfach krank werden. Denn Schule ist so anstrengend. Nie laut pupsen. Bloß nichts Falsches sagen, sonst wird man öffentlich ausgelacht. Die Hose immer schön weit runterziehen, auf keinen Fall „strebermäßig“ rüberkommen … So weit klingt für Mira und mich alles ganz normal. Typisch Schule eben. Aber Luis ist unglücklich dabei, hat in letzter Zeit Probleme beim Einschlafen. Als Mira ihm sagte, sie habe das früher auch so erlebt, das gebe sich irgendwann von selbst, ist Luis ausgeflippt: „Du hast ja keine Ahnung!“

Und ich? Ich habe keine Ahnung, wie ich die Situation beurteilen soll. Was müssen Kinder einfach aushalten? Was macht sie stark für die Auseinandersetzungen, die im Erwachsenenleben auf sie zukommen? Wie können sie sich wehren, wenn ihnen etwas zu weit geht? Und was ist seelenverletzendes Mobbing, das man schnellstmöglich stoppen muss?

Was ist Mobbing und was nicht?

„Wenn ein Kind ein anderes Kind tritt, und dies vielleicht auch mehrfach, ist das eine aggressive Handlung und an sich kein Mobbing. Denn hier gibt es einen Angreifer und ein Opfer. Von Mobbing können wir sprechen, wenn negative Handlungen stets ein und dasselbe Kind treffen, und wenn gleichzeitig andere Kinder die Angreifer unterstützen“, weiß Françoise Alsaker. Sie ist Professorin für Entwicklungspsychologie an der Uni Bern und forscht seit vielen Jahren zum Thema Mobbing unter Kindern.

Negative Handlungen, das können Demütigungen sein – wie das Herausstellen von vermeintlichen Schwächen, das Verbreiten von Gerüchten oder der Ausschluss von allen Gruppenspielen. Erpressung kann dazu gehören. Treten, Schlagen, Schubsen oder Kneifen ebenso. Und auch das Zerknicken von Stiften oder ständiges Augenrollen und Stöhnen bei jeder Äußerung eines bestimmten Kindes. Mobbing hat viele Gesichter. Man kann es sogar als „Ist doch alles nur Spaß“ tarnen. Das macht es so schwer, es zu erkennen. Ein Erkennungsmerkmal bleibt allerdings stets gleich: Mobbing ist ein Gruppengeschehen, das sich gezielt gegen eine Person richtet und sich über einen längeren Zeitraum hinzieht.

Bei Mobbing geht es immer auch um Macht. „Mobber wollen Erfolg, kein Kräftemessen und auch keine Strafe“, erklärt Alsaker. „Die Mobber sind viele: Ein, zwei Anführer – oft mehrere Mitläufer. Das Opfer steht allein. Dadurch ist ihr Erfolg bereits vorprogrammiert.“ Und wenn die Mobber doch ertappt werden? „Können sie einander in ihren Aussagen stützen, wodurch das Machtgefälleweiter wächst.“

Mobbing oder simpler Streit?

Und wie unterscheide ich zwischen Mobbing und einem Streit? Dazu Alsaker: „Bei einem Streit sind die Kinder einigermaßen gleich stark, mindestens aber gleichberechtigt.“ Geraten zwei Streithähne öfter aneinander und zieht mal der eine, mal der andere den Kürzeren, egal ob verbal oder bei einer kurzen Klopperei, müssen Eltern sich noch keineSorgen machen. „Solche Konflikte gehören zum Alltag, zur sozialen und emotionalen Entwicklung.“ An ihnen lernten Kinder, sich durchzusetzen, aber auch mal nachzugeben und sich zu vertragen. „Außerdem erkennen sie dabei, wie weit sie gehen können. Und sie lernen, sich zu wehren.“ Mobbing hingegen biete Kindern genau diese Möglichkeit nicht. „Ein Mobbing-Opfer hat keine Chance gegenüber den anderen. Es lernt nur eins: nachgeben und einstecken.“

Noch etwas gibt Alsaker zu bedenken: „In Konflikten wird um oder über etwas gestritten. Beim Mobbing geht es hauptsächlich darum, das Opfer zu verletzen, seinen Wert als Mensch herabzusetzen. Zudem geht Mobbing auch dann noch weiter, wenn das Opfer bereits klein beigegeben hat.“

Um Mobbing herrscht Schweigen

Eines der verstörendsten Ergebnisse der Mobbingforschung ist, dass um Mobbing Schweigen herrscht. Mobber berichten ihren Eltern mit Sicherheit nicht, was sie treiben. Sie wissen, dass es nicht in Ordnung ist. Selbst die Opfer schweigen häufig. Vor allem über das Ausmaß. So wissen Eltern manchmal nur von der Spitze des Eisberges und denken, ihr Kind berichte von Einzelfällen. Deshalb rät Alsaker allen Eltern: „Hören Sie Ihren Kindern gut zu, wenn sie etwas erzählen. Nehmen Sie sie ernst und stellen Sie interessierte Fragen, wie:

• Ist das früher schon passiert?
• Haben die anderen Kinder etwas gesagt?
• Was ist danach geschehen?

Verkneifen sollten Eltern sich vorschnelle Erwiderungen wie „Ist doch nicht so schlimm!“, „Da musst du dich selber wehren!“ oder „Was hast du denn dazu beigetragen, dass dir das passiert ist?“ Soll Mobbing wirkungsvoll gestoppt werden, muss darüber geredet werden: Kinder sollten zu Hause alles äußern dürfen. Eltern sollten offen mit den Lehrkräften sprechen können. Und Lehrer sollten Mobbing in der Klasse ansprechen, allerdings ohne nach Ursachen oder Schuldigen zu suchen. So muss sich kein Mobber verteidigen. Und kein Opfer wird bloßgestellt.

*Alle Namen geändert

Anke Gasch ist freie Autorin und lebt mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Kindern in Hilden.

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Bildnachweis: thinkstock