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„Lernt mein Kind genug für die Schule?“ Das rät der Elterncoach

„Meine Frau macht unserem Sohn total Druck, weil er ihrer Meinung nach zu wenig für die Schule macht. Ich finde, er ist alt genug, um es selbst zu entscheiden. Wie können wir diesen Erziehungskonflikt lösen?“

Die Beziehungen zu unseren Kindern verändern sich im Lauf ihrer Entwicklung. Ein großer Umbruch ist der Übergang von der Kindheit ins junge Erwachsenenalter. Dieser fordert sowohl uns als Eltern als auch die Teenager heraus. Eine Aufgabe für Teenager besteht darin, von der emotionalen Abhängigkeit zu mehr Selbstständigkeit zu gelangen. Für Eltern heißt eine große Lernaufgabe: von direktem Versorgen und Entscheiden hin zu mehr indirektem Begleiten und Freiheit schenken.

Diese Umstellung fällt uns nicht immer leicht. Da jeder von uns seine eigenen Erziehungserfahrungen gemacht hat, liegt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es auch verschiedene Sichtweisen zu gleichen Themen gibt. Das kann uns als Paar herausfordern, da wir doch häufig gute Gründe für unsere Einstellungen zu bestimmten Themen haben und gerne hätten, dass der andere diese mit uns teilt. Manchmal sind hier Konflikte vorprogrammiert. Es ist gut, dass Sie sich auf den Weg machen möchten, Erziehungskonflikte gemeinsam zu lösen – trotz unterschiedlicher Sichtweisen.

SCHRITT 1: ZIEHEN SIE AN EINEM STRANG!

Finden Sie gemeinsame, realistische Erziehungsziele für Ihr Kind. Stecken Sie sich lieber kleine, erreichbare Ziele als große und unrealistische. Möglicherweise müssen Sie hier Kompromisse finden. Um das zu erreichen, schlage ich vor, sogenannte „Erziehungskonferenzen“ durchzuführen, bei denen Sie sich Zeit nehmen, ungestört über die aktuellen Erziehungsherausforderungen zu reden.

Sprechen Sie dabei auch über Ihre jeweiligen Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Jeder hat hier seinen eigenen Rucksack auf den Schultern. Aussagen wie: „Ich werde das auf jeden Fall anders machen!“ kennen wir vermutlich alle. Unterhalten Sie sich über Ihre Erziehungserlebnisse, hören Sie einander zu. Wichtig sind nicht nur die Sachaussagen, sondern auch die geäußerten Gefühle und Einstellungen. Das schafft Verständnis für so manche Verhaltensweise.

SCHRITT 2: TREFFEN SIE EINE VEREINBARUNG

Setzen Sie sich mit Ihrem Sohn zusammen und vereinbaren Sie einen sozialen Vertrag. Was ist das Mindeste an schulischer Leistung, was wir als Eltern erwarten? Wie werden wir damit umgehen, wenn er sich nicht an die Vereinbarungen hält, und was sind positive Konsequenzen bei Einhaltung? Welches Verhalten wünscht er sich von seinen Eltern?

Besprechen Sie diese Fragen mit Ihrem Sohn und lassen Sie ihn unbedingt mitentscheiden. Handeln Sie mit ihm Grenzen und Freiräume aus. Wo ist er alt genug und kann eigene Entscheidungen treffen? Versuchen Sie Absprachen zu finden, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind. Geben Sie ihm die Möglichkeit, auch ungewohnte Dinge zu versuchen oder ungewöhnliche Ideen auszusprechen. Verschriftlichen Sie Ihre gemeinsamen Absprachen in einem Vertrag. Jeder sollte ihn unterschreiben. Das hat erhöht die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung – gerade vonseiten der Teenager.

Sandra Schreiber ist Beraterin und Systemischer Elterncoach im „LebensRaum Gießen“. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

 

Sommerferien: Was sie so wichtig macht

Von den Kindern werden sie sehnlichst erwartet, die Eltern sehen ihnen oft mit gemischten Gefühlen entgegen: die Sommerferien. Warum sie so wichtig sind und wie man sie gestalten kann.

Das Kind schultert seinen Schulranzen und geht aus dem Haus. In der Tür stehen die Eltern und sobald der Nachwuchs außer Sichtweite ist, strecken sie ihre Arme in die Luft und brechen in Jubel aus. Videos und Fotos mit ähnlichen Szenen füllen jedes Jahr die sozialen Netzwerke, wenn die Sommerferien zu Ende sind. Ich kann das gut verstehen, denn spätestens ab Ferienwoche sechs sitze ich selbst da und zähle die Tage, bis der Alltag wieder in normalere Bahnen kommt. Doch genauso sehr freue ich mich Jahr für Jahr wieder darauf, dass die großen Ferien endlich beginnen. Ich bin ein Fan dieser unverplanten Zeit.

BARFUSS ÜBER TERRASSENFLIESEN

Ich erinnere mich bis heute sehr lebhaft an diese Tage, als ich selbst noch ein Kind war. Sechs Wochen, in denen ich mir keine Sorgen ums Lernen machen musste. Sechs Wochen, in denen es keine Hausaufgaben gab, keine Noten, keinen morgendlichen Stress. Stattdessen gab es ein Planschbecken im Garten, Eis aus der Gefriertruhe und Übernachtungen bei Oma. Ich habe diese Zeit geliebt. Wenn ich heute darüber nachdenke, erinnere ich mich an Radtouren zur Fulda mit meinem kleinen Bruder. Dort angekommen, haben wir mit Chips und Trinktütchen auf einem Brückenpfeiler gesessen und uns meine Walkman-Kopfhörer geteilt. Die großen Fragen dieser Tage waren, ob Papa wohl am Abend den Rasensprenger noch einmal anstellen wird und wann wir das nächste Mal grillen. Wir haben Zelte aufgebaut und mit Freunden im Garten übernachtet, haben Tennis auf der Straße gespielt oder sind bei schlechtem Wetter mit Spielzeugautos im Flur Rennen gefahren. Diese Zeit war wertvoll, das beweist allein schon die Tatsache, dass ich mich so gut daran erinnern kann. Noch heute weiß ich, wie es sich anfühlte, barfuß über die Terrassenfliesen meiner Eltern zu laufen, eine Schüssel frisch gepflückter Erdbeeren in der Hand, und ich weiß noch, wie sie geschmeckt haben, wenn wir sie mit Dosenmilch und Zucker gegessen haben. In diesen Wochen habe ich losgelassen und aufgetankt, ich habe Momente für die Ewigkeit gesammelt und Herzensbünde mit meinem Bruder, meinen Cousins, Cousinen und Kindern aus dem Ort geknüpft.

BESSER NUR VIER WOCHEN?

Heute wird der Wert dieser langen freien Zeit in Frage gestellt. Auf den ersten Blick zu Recht. Denn immer weniger Familien verfügen über Strukturen, die es möglich machen, dass Kinder so viele Wochen am Stück zu Hause sein können. Wenn beide Eltern berufstätig sind und Großeltern nicht in der Nähe, bleiben oft nur noch kostspielige Betreuungsangebote. Wenn diese nicht verfügbar oder zu teuer sind, müssen Eltern den Jahresurlaub getrennt voneinander nehmen, um die vielen Wochen abdecken zu können. Dann sind die Kinder zwar zu Hause, doch die Familie hat keine Zeit miteinander. Kein Wunder, dass Eltern sich manchmal wünschen, die großen Ferien wären kürzer. Doch die Frage nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nicht das Einzige, was viele Eltern und Pädagogen heute an den langen Sommerferien zweifeln lässt. Auch die Frage, ob es bildungspolitisch sinnvoll ist, dass Kinder so lange am Stück schulfrei haben, wird diskutiert. Unsere Kinder vergessen während der Sommerferien viel von dem, was vorher gelernt wurde, heißt es oft. Und Lehrer müssten in den ersten Schulwochen wertvolle Zeit mit Wiederholung verbringen. Viele halten daher eine Ferienlänge von vier Wochen für sinnvoller.

TRÄUMEN UND HÖHLEN BAUEN

Dabei wird übersehen, dass Kinder diese Zeit benötigen. Ihr Alltag ist vollgestopft. Oft sind unsere Kinder schon in jungen Jahren eng getaktet, und zwischen Schulaufgaben, Nachmittagsprogramm und Abendessen bleibt wenig Raum für freies Spiel und Muße. Sie dürfen wenig selbstbestimmte Zeit und kreative Langeweile kennenlernen. Bereits Grundschulkinder stehen unter Stress. Lange Erholungsphasen tun ihnen genau deshalb gut. Die Sommerferien sind eine Möglichkeit, Erfahrungen zu machen, die man nur außerhalb von Klassenräumen und Unterrichtsfächern machen kann. Langfristig wirkt sich dies positiv auf ihren Lernerfolg aus.

Der Umgang mit freier Zeit ist etwas, das unsere Kinder lernen sollten. Selbst Herr über unsere Zeit zu sein, überfordert selbst uns Erwachsene manchmal. Viele Kinder lernen es heute gar nicht erst kennen. Ihre Tage sind durchgeplant, die Wochen bestehen aus Ganztagsbetreuung und Vereinsleben, aus Nachhilfe und von den Eltern organisierten Verabredungen. An den Wochenenden finden Turniere statt und am Sonntag ist Kindergottesdienst. Die Sommerferien sind ein guter Anlass, diese Logik zu durchbrechen. Am Anfang mag es für uns Eltern anstrengend sein, weil wir uns gefordert fühlen und die Zeit in gewohnter Manier füllen wollen. Es liegt aber ein großer Gewinn für alle Seiten darin, dies nicht zu tun. Vielmehr können wir uns darauf verlassen, dass unsere Kinder selbst etwas finden. Vielleicht legen sie Schlafanzugtage ein. Vielleicht vertiefen sie sich in Bücher oder suchen in der Nachbarschaft nach anderen Kindern. Vielleicht nutzen sie die Zeit zum Träumen oder zum Höhlebauen. Auf jeden Fall werden sie bald selbst merken, wie gut es ihnen tut, wirklich FREIzeit zu haben und loszulassen. Sie werden dieses Wissen mit in ihr weiteres Leben nehmen, und es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie als Erwachsene für sich und ihre freie Zeit sorgen. Auch was das Vergessen von Schulstoff angeht, darf man den langen Ferien entspannt gegenüberstehen. Zwar zeigen Studien, dass es tatsächlich einen Wissensverlust gibt. Aber Wiederholungen am Schuljahresanfang sind ohnehin notwendig, um Schüler und Schülerinnen wieder auf ein gemeinsames Ausgangsniveau zu bringen. Dazu kommt, dass Pausen und Wiederholungen zu einem Lernprozess dazugehören und dass sich Gelerntes dadurch langfristig sogar besser festigt.

HERZENSMOMENTE SCHAFFEN

Es lohnt sich deshalb, wenn wir Eltern uns frühzeitig darüber Gedanken machen, wie wir die Ferien gestalten wollen und wer uns dabei helfen kann. Vielleicht können sich mehrere Familien die Kinderbetreuung teilen, sodass mal bei dem einen und mal bei dem anderen Kind gespielt werden kann. Wenn Großeltern weiter entfernt wohnen, freuen sich ältere Kinder oft darüber, eine längere Zeit am Stück bei ihnen verbringen zu können. Und vielleicht gibt es ja in der Nachbarschaft ältere Menschen, die Lust haben, mal ein Auge auf die Kinder zu werfen.

Doch Sommerferien sollten auch Beziehungszeit sein. Egal, ob Familien gemeinsam in den Urlaub fahren oder die Zeit zu Hause verbringen – sie sollten sicherstellen, dass sie einen Teil der Zeit gemeinsam verbringen können. Den Jahresurlaub so zu planen, dass nicht nur die Ferienzeiten abgedeckt werden, sondern alle gemeinsam Spaß haben können, macht Sinn. Wenn es dafür nötig ist, auf externe Betreuungsangebote zurückzugreifen, müssen das nicht unbedingt pädagogisch hochwertige Programme sein. Das Zelt auf der grünen Wiese mit ein paar netten Betreuern reicht völlig aus. Bei der Gestaltung von Sommerferien sollten die Prioritäten klar sein: faulenzen, Freiheit genießen und Herzensmomente schaffen. Das sind die Dinge, die sich bei unseren Kindern einprägen. Vielleicht ist es nicht das Gefühl, barfuß auf Terrassenfliesen zu laufen und nicht der Geschmack von Erdbeeren mit Dosenmilch, woran sich unsere Kinder einmal erinnern, sondern etwas völlig anderes. Hauptsache, ihnen bleiben die großen Ferien als Zeit in Erinnerung, in der alles ein bisschen leichter sein durfte.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin. Sie lebt mit Ihrem Mann und drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de.

Entspannt auf Noten reagieren

Für die meisten Kinder gehören Noten genauso zum Schulalltag wie Stifte oder Hausaufgaben. Doch während die einen freudig gespannt auf die Ergebnisse sind, mögen andere gar nicht daran denken. Wie geht man als Elternteil am besten mit der Leistungsbewertung seiner Kinder um? Und was sagen Noten eigentlich wirklich über den Wissenstand eines Schülers aus?

Wie gehe ich mit den Noten und dem Zeugnis meines Kindes am besten um?

Noten sind in jedem Haushalt ein heikles Thema. Nicht immer ist es leicht, so zu reagieren, wie man es als Eltern gerne möchte. Da hilft zu allererst, euch und vor allem eurem Kind zu vermitteln, dass Noten nicht alles sind. Sie können nie das abbilden, was euer Kind alles kann, sind immer nur ein kleiner Ausschnitt und zeigen auch nicht immer unbedingt den faktischen Wissensstand eurer Kinder. Denn nach einer verkorksten Klassenarbeit kann es ja sein, dass euer Kind den Stoff noch einmal geübt und am Ende verstanden hat. Die Note bleibt aber trotzdem bestehen.

Trotzdem sind Noten  – wenn sie gut ausfallen – die ersten Erfolgserlebnisse, die Kinder bewusst wahrnehmen. Denen deshalb auch Zusätze wie „Aber bitte nicht auf den Lorbeeren ausruhen“ oder „Geht doch“ sehr weh tun. Bringt euren Kindern bei, dass sie stolz auf sich sein dürfen. Besonders, wenn sie sich dafür angestrengt haben. Deshalb freuen sich eure Kinder über direktes Lob und Anerkennung. Bei einem guten Zeugnis ist deshalb auch etwas „Größeres“, wie ein gemeinsamen Ausflug oder ein kleines Geschenk, vollkommen in Ordnung – aber kein Muss.

Selbst bei guten Noten ist also schon ein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt, damit das Selbstbewusstsein nicht angekratzt wird. Noch herausfordernder wird es, wenn die Bewertungen nicht so ausfallen, wie euer Kind und/oder ihr es euch erwartet habt. Hier deshalb einige Anregungen für den Umgang mit schlechten Noten:

  • Nehmt euren Kindern von Anfang an die Angst vor schlechten Noten und zeigt eurem Kind deutlich, dass Noten nicht alles sind
  • Koppelt deshalb eure Liebe nicht an gute Noten, indem ihr nur bei bestimmten Leistungen lobt – Lob ist vor allem dann hilfreich, wenn es als Reaktion auf eine Anstrengung erfolgt, damit euer Kind versteht, dass Erfolg erarbeitet werden kann
  • Setzt euch und eure Kinder nicht unter Druck, Stress blockiert nur zusätzlich
  • Hinterfragt die Ursachen der schlechten Noten und arbeitet gemeinsam an deren Lösung
  • Setzt realistische Ziele, an denen sich eure Kinder orientieren können
  • Gönnt euren Kindern Auszeiten vom Lernen, gerade in den Ferien

Mehr Tipps und Anregungen zum Umgang mit Noten und Zeugnissen könnt ihr in der zweiten Folge des scoyo-Podcasts #scoyolo hören: Podcastfolge 2: „Richtig auf Noten und Zeugnisse reagieren“

Das etwas andere Zeugnis

Eine der wichtigsten Grundlagen für Lernerfolg ist Selbstbewusstsein. Noten stärken das nicht immer. Deshalb ist der Zeugnistag selbst bei überwiegend guten Noten kein unbedingt positives Erlebnis für Kinder. Jeder fragt, wie das Zeugnis ausgefallen ist und nicht alle Angehörigen realisieren, was ein Kommentar über eine vermeintlich weniger gute Note im Kind auslösen kann.

Eine kleine Anregung, wie ihr das Selbstbewusstsein parallel zum Zeugnistag festigen könnt – ganz unabhängig wie gut oder schlecht die Noten dieses Mal ausgefallen sind – ist ein alternatives Zeugnis, in dem ihr eurem Kind sagt, was euch abseits von den schulischen Leistungen stolz macht. Weil euer Kind vielleicht besonders hilfsbereit, empathisch oder optimistisch ist. Oder ganz besonders gut Fahrradfahren, Schwimmen oder Flöte spielen kann. Denn der Wert eures Kindes bemisst sich nicht im Notenvergleich zu anderen Klassenkameraden. Das sollte Euer Kind auf jeden Fall ganz deutlich spüren. Sie zeichnen sich als Person durch so viel mehr als Noten aus. Eine Vorlage für dieses etwas anderen Zeugnis findet ihr hier.

Ein Gastbeitrag von scoyo

 

„Es ist dein Leben!“

Gestern Abend habe ich mich mit ein paar Frauen in den Zwanzigern über Schule unterhalten. Auslöser war das Gespräch über ein 12-jähriges Mädchen, deren Eltern ihm Stress machen: Das Kind muss nicht nur beste Noten haben, es soll auch im Sport erfolgreich sein. Außerdem in seiner Freizeit ein Instrument und eine weitere Fremdsprache lernen. Wir waren uns einig, dass das nicht der ideale Weg sein kann. Und die jungen Frauen – die im Studium oder Beruf ihren Weg gefunden haben – erzählten, dass sie als Teenager in der Schule oft ganz schön lässig waren. Oft auch zu lässig, fahrlässig, nachlässig. Aber sie haben von ihren Eltern fast immer die Botschaft bekommen: „Es ist dein Leben, du musst die Kurve kriegen.“ Und sie haben sie gekriegt. Ohne Stress von Seiten der Eltern.

Als Mutter finde ich das ziemlich entlastend. Ja, wir müssen unsere Kinder begleiten. Wir müssen sie auch immer wieder motivieren. Aber Druck und Stress aufzubauen, ist der falsche Weg. Das Sporttraining oder das Treffen mit Freunden und Freundinnen zu verbieten, weil die Noten nicht im oberen Bereich liegen, ist keine Lösung. Natürlich muss man auch mal klare Worte sagen. Aber das Wichtigste ist die Botschaft: „Ich liebe und schätze dich – egal, was auf dem Zeugnis steht.“ Und: „Es ist deine Verantwortung.“ Das ist nicht immer leicht. Und im Einzelfall müssen sicher auch mal Grenzen aufgezeigt werden. Aber der Grundton muss stimmen: Liebe, Anerkennung, Wertschätzung, Loslassen.

Bettina Wendland, Redakteurin bei Family und FamilyNEXT

Nachhilfe, ja oder nein?

„Ich habe das Gefühl, mein Kind kommt im Unterricht nicht mit. Ab wann ist Nachhilfe sinnvoll?“

Nachhilfe ist sinnvoll, wenn ein Schüler versetzungsgefährdet ist, viel krank war und dadurch große Lücken entstanden sind, oder in einem Fach regelmäßig Probleme bei den Hausaufgaben und Klassenarbeiten entstehen. Auch bei Leistungsunterschieden durch einen Schulwechsel ist sie empfehlenswert. Kurz gesagt: Nachhilfe ist dann sinnvoll, wenn Wissenslücken geschlossen werden müssen. Wenn Ihr Kind sich oft krank fühlt und die Noten in den Keller rutschen, kann das aber auch auf andere Gründe, wie zum Beispiel Mobbing hindeuten. Dann kann Nachhilfe unterstützen, aber die Ursache sollte parallel gefunden und bearbeitet werden.

WIE VIEL KOSTET NACHHILFE UND WER GIBT SIE?
Individuelle Förderung ist oft teurer als das Lernen in kleinen Gruppen. Für eine private Nachhilfestunde bei Schülern oder Studenten kann man zwischen 10 und 18 Euro investieren. Ausgebildete Pädagogen können schon mal bis zu 30 Euro nehmen. Der Vorteil dieser 1:1-Betreuung ist die individuelle Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Schülers. Wenn die Chemie stimmt, kann es Ihr Kind motivieren, mit einem Studenten zusammenzuarbeiten, der selbst noch mitten im Lernprozess steckt und weiß, was es heißt, Klausuren schreiben zu müssen. Außerdem sind Studenten altersmäßig näher an den pubertierenden Kindern und können sich anders einfühlen. In der Zeitung oder im Internet findet man die Angebote zahlreicher geeigneter Lehrer. Eine Unterrichtsstunde (45 Minuten) in Kleingruppen kostet dagegen zwischen acht und dreizehn Euro, wobei oft 90 Minuten gearbeitet wird. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und beobachten Sie, wie es besser lernt. Arbeitet es gerne in einer Gruppe, dann ist ein Nachhilfeinstitut sicherlich empfehlenswert. Qualitätsmerkmale dort sind das Angebot einer Probestunde sowie ein persönliches Gespräch, in dem die Bedürfnisse des Schülers abgefragt werden, das Angebot von Fachpersonal, ansprechendes Lernmaterial sowie nachweisbares Qualitätsmanagement und eventuell sogar ein TÜV-Siegel.

AN WEN SOLL ICH MICH WENDEN?
Mit dem eigenen Kind über die Nachhilfe sprechen. Idealerweise sollte es selbst motiviert sein, Unterstützung beim Lernen zu bekommen, sonst bleibt oft der Erfolg aus. Den Lehrer des Kindes um ein Gespräch bitten. Eventuell hat er auch gleich eine Adresse für eine Nachhilfemöglichkeit. Wie viel individuelle Förderung erhält ihr Kind schon schulintern? Steht die Frage im Raum, ob das Kind unter Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) oder Matheschwäche (Dyskalkulie) leidet, braucht es gezielte Förderung. Suchen Sie daher das Gespräch mit dem Schulpsychologen. Auch Schulangst kann der Grund für eine Lernblockade sein. Hier ist die Erziehungsberatungsstelle oder der Schulpsychologe der richtige Ansprechpartner.

WAS GILT ES ZU BEACHTEN?
Achten Sie darauf, dass in der Nachhilfe nicht nur der aktuelle Lernstoff wiederholt wird, sondern auch der Lernstoff bearbeitet wird, den Ihr Kind nicht verstanden hat. Außerdem gilt: Nachhilfe sollte keine Dauerlösung sein! Nach einem halben Jahr sollte man überprüfen, ob die Nachhilfe erfolgreich und weiterhin nötig ist.

Stefanie Böhmann ist Grund- und Hauptschullehrerin und lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

 

Diese bösen Eltern …

Letzte Woche gab es in vielen Zeitungen und Online-Portalen mal wieder Berichte über die ach so bösen Eltern. Spiegel online titelt: „Eltern meckern trotz Einsen und Zweien. In vielen (!) Familien sorgen schlechtere Schulnoten für Streit – selbst wenn die Kinder insgesamt leistungsstark sind.“

Hintergrund ist eine Umfrage des Nachhilfe-Instituts Studienkreis, die auch Family erhalten hat. Diese Umfrage hat ergeben, dass es in zehn Prozent der Familien zu Streit aufgrund von schlechteren Noten kommt. – Aus diesen zehn Prozent macht Spiegel online „viele“. Nun gut, immerhin 41 Prozent aller Eltern, deren Kinder in der Schule Noten bekommen, haben angegeben, dass schlechtere Noten den Familienfrieden stören. Aber dass ein Kind traurig ist oder schlechte Laune hat, weil die Noten nicht so sind wie erhofft, gehört hier ja auch dazu. Und hat erst mal nichts mit Streit oder dem Verhalten der Eltern zu tun. Aber Eltern-Bashing ist ja zu schön. Das kommt immer gut an bei den Lesern …

Ähnlich falsch interpretiert ist der Verweis auf die Einser- und Zweierschüler. Ist es tatsächlich so, dass Eltern auch meckern, wenn ihre Kinder Einsen und Zweien auf dem Zeugnis haben? Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Denn in der Studie wurde danach gefragt, wie die Reaktion auf schlechtere Noten sei. Und da gibt es eben auch mal Ärger, wenn ein Kind, dass im letzten Zeugnis nur Einsen und Zweien hatte, auf einmal mit schlechteren Noten nach Hause kommt. Keine wirkliche Überraschung, oder? Und es sind gerade mal fünf Prozent der Befragten, auf die das zutrifft. „Viele“ Eltern sind das nicht.

Ich bin kein Freund von Leistungsdruck und Notenstress. Und es gibt sicher Eltern, die es hier übertreiben. Aber für mich zeigt diese Studie vor allem das: In 90 Prozent der Familien gibt es keinen Streit, wenn die Noten schlechter werden, in 59 Prozent leidet nicht mal das Familienklima. Das wird übrigens auch in der Presseinformation zur Studie erwähnt. Da wird Max Kade, pädagogischer Leiter des Studienkreises, zititert: „Die gute Nachricht ist, dass mehr als die Hälfte der Eltern bei schlechten Noten die Ruhe bewahren.“ Und er sagt weiter: „Streit um Noten muss nicht schlecht sein, wenn er dazu führt, dass sich die Eltern mit ihren Kindern über schulische Anforderungen und Ziele austauschen und zu einer gemeinsamen Position kommen.“

Diese Ergebnisse der Studie werden bestenfalls am Rande erwähnt. Für eine reißerische Überschrift sind sie eben nicht geeignet. Dass viele Eltern ihren Job ziemlich gut machen, passt manchen Journalisten anscheinend nicht ins Konzept …

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT

Angst vor Mathe: Mädchensache?

Mädchen fürchten sich vor dem Schulfach Mathe durchschnittlich doppelt so häufig wie Jungen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter Schülerinnen und Schülern im Auftrag von scoyo und der Stiftung Rechnen. Gravierend ist der Unterschied vor allem nach dem Wechsel auf weiterführende Schulen.

Kaum ein Fach ist so wichtig für das Leben wie Mathematik. Alltäglich sind wir im Beruf und in der Freizeit gefordert, zu addieren, zu subtrahieren, zu multiplizieren oder zu dividieren. Gleichzeitig sorgt kaum ein anderes Fach für so viel Angstschweiß bei Kindern und Eltern – das beobachtet die Stiftung Rechnen seit Jahren. Eine FACT-Umfrage unter 544 Kindern der Klassen 1 bis 7 im Auftrag des Online-Lernspezialisten scoyo und der Stiftung Rechnen hat nun ergeben: Nahezu jedes zehnte Kind fürchtet sich vor dem Schulfach – Mädchen durchschnittlich doppelt so häufig wie Jungen. Am stärksten ausgeprägt ist die Sorge bei Schülerinnen in der fünften Klasse, also in der Regel direkt nach dem Übergang auf eine weiterführende Schule: Ein Drittel der 11- bis 13-jährigen Mädchen gab an, bei dem Gedanken an Mathe Angst zu verspüren.

Positives Ergebnis der Umfrage: Fast die Hälfte der teilnehmenden Mädchen und Jungen haben Spaß am Rechnen – und viele wissen zudem, wie man den noch steigern könnte: Mehr als jedes dritte der befragten Kinder (34 Prozent) würde Aufgaben mit Zahlen lieber spielerisch lösen. Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler wünscht sich mehr Bezug zum normalen Leben.

Haltung der Eltern prägend für Kinder

Welche Einstellung ein Kind zur Mathematik hat, das beeinflussen auch die Eltern und deren Haltung zu dem Schulfach: Reagieren die Erwachsenen selbst eher ablehnend auf Prozentrechnung und Co., so steigt die Abneigung auch bei den Kleinen – und darunter leiden die Noten. Das zeigt das Ergebnis einer Studie der Psychologin Erin A. Maloney von der Universität Chicago.

Auch Claudia Abjörnson von der Stiftung Rechnen betont den Einfluss der Väter und Mütter: „Eltern sollten versuchen, ihre Kinder trotz eventueller eigener Vorbehalte für das Rechnen zu motivieren und zu begeistern. Nur so können Mädchen und Jungen ein positives Verhältnis zu Mathe entwickeln und später zu guten Rechnern im privaten und beruflichen Alltag werden.“ 

Geschlechterstereotype sind mitverantwortlich für die Mathe-Angst

Neben der Einstellung der Eltern spielen auch Geschlechterstereotype eine Rolle: Die Bildungsforscherin Prof. Madeleine Bieg von der Universität Konstanz hat herausgefunden, dass Mädchen Mathematik noch immer als “Jungsfach“ erleben. Mehr als ihre Mitschüler neigen sie dazu, sich selbst grundsätzlich ängstlicher einzuschätzen, als sie wirklich sind. Aktuelle Studien aus den USA zeigen, dass sich dieser Geschlechterunterschied aufheben wird, wenn sich nach und nach die Rollenvorbilder ändern – erste Entwicklungen dahin sind bereits nachweisbar. Auf dem Weg dahin wird es vor allem wichtig sein, die Angst abzubauen. Denn Angst beim Lernen führt zu Blockaden, Frustration und Widerstand.

„Mathe muss zum Anfassen sein!“

Daniel Bialecki, Geschäftsführer von scoyo, hat ein Gegenrezept: „Mathe macht dann keinen Spaß, wenn es nur aus dem Schieben von Zahlen besteht. Kinder lernen am erfolgreichsten, wenn sie neugierig und motiviert sind. Unsere Umfrage zeigt, was die Kinder sich dazu wünschen: Matheaufgaben, die aus ihrem Lebensalltag stammen und die sie spielerisch lösen können. Das in Kombination mit einer offenen Haltung verhindert das Entstehen von Angst.“

 

Veranstaltungshinweis:

Keine Angst vor Mathe! Was Eltern tun können, damit Kinder Spaß am Rechnen haben. ­– Online-Elternabend von scoyo in Kooperation mit der Stiftung Rechnen am 24. Januar 2017, 20 bis 21 Uhr

Der Online-Lernspezialist scoyo und die Stiftung Rechnen laden Mütter und Väter ein, gemeinsam beim siebten Elternabend im Netz mit Expertinnen und Experten über das Angstfach Nummer eins zu sprechen: Mathe. Dabei geht es um die Nöte der Kinder und Fragen der Eltern: Wie kann ich meinem Kind die Angst nehmen? Welche Möglichkeiten gibt es, Mathe mit Spaß und Freude zu lernen? Wann spricht man von einer Dyskalkulie und wer bietet Hilfe?

 

Es diskutieren und antworten auf Fragen der Eltern:

  • Dr. Silke Ladel: Fachdidaktik Mathematik Primarstufe und Initiative KLEE (Kreativ Lernen, Erfolg Erleben)
  • Alexandra v. Plüskow: Lehrerin und Bildungskoordinatorin (und Family-Autorin!)
  • Petra Naumann-Kipper: Geschäftsführerin des Instituts Dyskalkulie-Saar

Interessierte können vor und während des Elternabends ihre Fragen stellen, via:

 

Link zum scoyo Elternabend:

http://www-de.scoyo.com/eltern/scoyo-elternabend

 

 

Länger, weiter, teurer? Warum ich als Lehrerin den Klassenfahrts-Irrsinn nicht mehr mitmache

Ein Gastbeitrag von Martina Hagemann

„Frau Hagemann, können wir heute mal über die Klassenfahrt sprechen?“

Es dauert keine fünf Sekunden und meine 11.-Klässler sind hellwach! Urlaubsplanung statt Nullstellenberechnung? Das weckt die letzten Kräfte. Und meien Schüler haben auch schon sehr konkrete Vorstellungen, wo es hingehen soll:

„Die c fliegt nach Sorrent, zehn Tage lang.“ – „Der Biokurs aus dem letzten Jahr ist nach Spanien geflogen, und da gab es sogar einen Tauchkurs. Können wir das auch machen?“ – „Nee, ich will lieber auf eine Insel, Teneriffa vielleicht!“

Früher wanderte man an Wandertagen

Als ich Schülerin war, gab es so etwas wie „Wir sprechen über die Klassenfahrt“ gar nicht. Da bestimmten die Lehrer Ziel, Begleitperson, Programmpunkte und Zeitraum einer Fahrt. Oder es hieß – berechtigt oder nicht – gleich zu Beginn des Schuljahres: „Mit euch fahre ich nicht, ihr seid zu undiszipliniert.“ Aber das war auch zu der Zeit, als an Wandertagen noch gewandert wurde. Mittlerweile erwarten die Schüler an Wandertagen Events. Unter „Geocaching“, „Teambuilding“ oder „Adventurecamp“ läuft da gar nichts. Unter 30 Euro pro Kind im Übrigen auch nicht.

Bei einer Klassenfahrt wünschen sich Schüler solche Events sieben Tage am Stück. Reiseveranstalter haben sich darauf schon lange eingestellt und bieten Reisen ins In- und Ausland. Die Themenschwerpunkte reichen von „Abenteuer“ über „Klettern“ und „Skifahren“ bis hin zu „Surfen und Tauchen“. Die Lehrer, ach nein, falsch, die Schüler natürlich, können sich unter einer Vielzahl von Bausteinen ihre Wunschreise zusammenstellen. Der Lehrer übernimmt dabei vor allem das Marketing auf dem Elternabend.

Einige Schulklassen verkaufen jahrelang im Voraus auf dem Schulhof Kuchen, weil das von der Schule festgelegte Budget nicht reicht.

Geht’s vielleicht auch eine Nummer kleiner?

Nach einigen solchen Klassenreisen habe ich keine Lust mehr, den Eltern teure Fahrten schmackhaft zu machen, die mehr und mehr Urlaubs- statt Bildungsreisen entsprechen. Dabei sind Sinn und Zweck der Klassenfahrten in den Richtlinien der Länder festgelegt: Schulfahrten sollen der Begegnung mit Kultur, Natur und Umwelt dienen und das Zusammenleben und gegenseitige Verständnis aller am Schulleben Beteiligten fördern. Mir leuchtet nicht ein, warum diese Ziele nur weit weg und mit viel Geld erreicht werden können. Einige Schulklassen verkaufen jahrelang im Voraus auf dem Schulhof Kuchen, weil das von der Schule festgelegte Budget nicht reicht. Grundsätzlich freue ich mich immer, wenn ich mir meine Pausenaufsichten versüßen kann, aber welchen Sinn macht dann noch der Finanzrahmen?

St. Peter Ording statt Teneriffa

„Frau Hagemann, was ist denn jetzt, stimmen wir nun ab?“

Ich habe gar nicht bemerkt, dass meine Schüler bereits ihre Wunschziele an die Tafel geschrieben haben (bei solchen Dingen können meine 11.-Klässler ungemein selbstständig sein). Ich wische die Liste wieder weg und male stattdessen zwei winzige Punkte an die Tafel:

„Ich habe mir bereits einige Gedanken über eure Kursfahrt gemacht. Und ihr dürft auch auswählen zwischen zwei Zielen.“

Neugierige Stille. Nun schreibe ich an die beiden Punkte „St. Peter Ording“ und „Westerhever“.

„Wo ist das denn?“ – „Das sind irgendwelche Orte an der Nordsee.“ – „Och nö, ich war schon als Kind immer in Büsum.“

Ich stelle der Klasse kurz die beiden Ziele vor, Hauptunterschied: Die eine Unterkunft ist abgelegen, die andere Unterkunft ist ganz abgelegen. Zunächst muss ich den Schülern unser Programm noch schmackhaft machen: Wattwanderung, Vögel beobachten, Exkursion in die Salzwiese, am Deich sitzen … Doch dann scheint bei den ersten ein wenig Interesse aufzukeimen. Sie überlegen, was sie kochen wollen (es ist eine Selbstversorgerunterkunft), ob man im September noch in der Nordsee schwimmen kann und nur wenige reden noch von Tauchkursen im Mittelmeer.

Und siehe da: Vor der Tür ist es auch ganz erlebnisreich!

Im Rückblick erinnere ich mich noch gut an die Fahrt, auch wenn sie inzwischen Jahre her ist. Tagsüber sind wir durch Priele gewandert, haben Fritz aus dem Matsch gezogen und gewettet, ob Jana, Michel und Jakob wirklich bei 12 °C Außentemperatur in der Nordsee schwimmen (ja!). Dass ein Schüler auch einen Wattwurm gegessen hat, hielt ich so lange für eine Legende, bis mir ein Schüler ein Video als Beleg zeigte. Abends haben wir gemeinsam gekocht (irgendwie habe ich mich bei der Einteilung der Gruppen wohl übersehen, aber einer muss ja auch den Überblick haben), gegessen, versucht, den Kamin in Gang zu kriegen, Tee statt heimlich Alkohol getrunken und gespielt.

Die pädagogischen und inhaltlichen Ziele einer Klassenfahrt haben wir im heimatlichen Bundesland für wenig Geld mehr als erreicht. Und ich hatte noch nie ein solches Urlaubsgefühl und so viel Spaß wie auf dieser Studienreise (mal abgesehen davon, dass ich fast jede Spielerunde verloren habe). Die fünf Tage fühlten sich, nicht nur aufgrund der kurzen Anreise, sondern auch aufgrund der Intensität der Erlebnisse, an wie zehn Tage.

Bald steht mal wieder eine Planung mit der 10. Klasse an. Wie wär’s mit Halligen Hooge und Langeness?

Martina Hagemann ist Lehrerin und Mutter von zwei Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in Lübeck.

„Schreib ordentlich!“

„Mein Sohn hat eine unordentliche Schrift. Wie unterstütze ich ihn dabei, ordentlicher zu schreiben?“

Immer mehr Grundschulkindern fällt es schwer, eine ordentliche und formklare Handschrift zu entwickeln. Doch darauf sind sie im Schulalltag angewiesen. Im Rahmen von Diktaten etwa kann es sein, dass ein Buchstabe, der von der Lehrkraft nicht entziffert werden kann, als Fehler gezählt wird.

Zunächst sollten Sie gesundheitliche Defizite etwa im Bereich des Sehens oder des Hörens und auch im Bereich der Motorik ausschließen können. Bewegt sich Ihr Kind hier im grünen Bereich, sollten Sie gemeinsam eine Strategie entwickeln, um es bei der Entwicklung einer ordentlicheren Schrift zu unterstützen.

RICHTIGE KÖRPERHALTUNG
Sorgen Sie zunächst für gute Rahmenbedingungen. Beispielsweise sollten Sie gemeinsam auf eine richtige Körperhaltung beim Schreiben achten. Die Füße Ihres Kindes sollten auf dem Boden aufgesetzt sein, der Rücken gerade sein und das Heft vor dem Kind auf dem Tisch liegen. Beim Schreiben sind die Schultern locker und die Unterarme liegen auf der Schreibplatte auf. Die Schreibhand ruht seitlich auf dem kleinen Finger. Achten Sie auch beizeiten auf eine richtige Stifthaltung.

Ärgert sich Ihr Kind über Tintenkleckse und Co., so ist es mancherorts möglich, anstatt eines Füllers etwa einen Tintenschreiber, Fineliner oder Bleistift zum Schreiben zu verwenden. Sollte Ihr Kind Schwierigkeiten beim Verbinden der Buchstaben haben, sollten Sie Kontakt zu der Lehrkraft aufnehmen, damit Ihr Kind vielleicht in der erlernten Druckschrift schreiben kann. Dies ist in vielen Fällen auch bei großen Problemen im Bereich der Feinmotorik möglich. In diesen Fällen können Sie zusätzlich bei einem Lerntherapeuten eine Förderung in diesem Bereich in Anspruch nehmen.

KALLIGRAFIE
Beachten Sie auch die durchschnittliche Konzentrationsspanne Ihres Grundschulkindes, die zwischen zehn und zwanzig Minuten am Stück liegt. Besprechen Sie, dass Sie von Ihrem Kind innerhalb dieser Spanne erwarten, dass es sich intensiv um eine ordentliche Schrift bemüht. Sind Sie unzufrieden mit einem Schriftstück Ihres Kindes, sollten Sie es auffordern, die Aufgabe nach einer ausreichenden Pause noch einmal und konzentriert auszuführen.

Und noch ein Tipp: Mancherorts werden Kalligrafie- Kurse für Kinder angeboten. Diese machen sowohl Mädchen als auch Jungen Spaß und motivieren dauerhaft, ordentlicher zu schreiben. Auf eigene Faust können Sie kalligrafische Übungen etwa mit dem folgenden Buch gemeinsam mit Ihrem Kind zu Hause umsetzen: Claudia Dzengel. Kalligrafie und kreatives Schreiben für Kinder (G&G Verlagsgesellschaft).

Alexandra von Plüskow ist Grundschullehrerin und Bildungskoordinatorin im Landkreis Heidekreis.

Besorgte Eltern

Zwei Klassenpflegschaftssitzungen innerhalb einer Woche liegen hinter mir. So schlimm, wie sie gern in Blogs und Kolumnen beschrieben werden, waren sie nicht. Im Gegenteil. Ich habe engagierte Lehrer und nette Eltern erlebt. Aber ich habe auch viele besorgte Eltern erlebt. Eltern, die sich Sorgen machen, dass ihr Kind den Anschluss verliert. Dass es vielleicht erst gar nicht in der Schule ankommt, weil es nun mit dem Bus fahren muss. Oder dass es trotz Inklusion nicht genug Förderung bekommt.

„Eltern haben keine Sorgen, sie machen sich welche“ – diesen Satz habe ich vor kurzem aufgeschnappt. Natürlich stimmt er so nicht. Denn viele Eltern haben in der Tat ernsthafte Sorgen. Aber es stimmt schon, dass wir Eltern manchmal dazu neigen, uns Sorgen zu machen, wo es gar nicht nötig wäre.

Als es in der 8. Klasse darum ging, dass im Rahmen der Berufswahlvorbereitung eine Potenzialanalyse mit den Kindern durchgeführt werden soll, spürte ich, wie manche Eltern fast erschraken: „Mein Kind wird getestet. Was, wenn es nicht gut genug ist?“ Dabei handelte es sich ja nicht um einen Einstellungstest, sondern lediglich darum festzustellen, in welchen Bereichen das Kind gute Fähigkeiten und ausbaufähiges Potenzial hat. Da kommen möglicherweise Aspekte zu Tage, die Eltern bisher nicht im Blick hatten. Vielleicht hat das Lehrerkind gute Voraussetzungen für einen handwerklichen Beruf? Oder der Künstlersohn eher das Potenzial zum Ingenieur?

Manchen Eltern machte es aber offensichtlich Angst, dass ihr Kind „getestet“ werden sollte. Fürchteten Sie in der Bewertung Ihres Kindes auch eine Bewertung ihrer eigenen „Leistung“? Machen wir Eltern unser Selbstwertgefühl vielleicht manchmal zu sehr vom „Wohlgeratensein“ unserer Kinder abhängig?

In der 5. Klasse ging es stärker darum, wie die Eltern nachvollziehen können, was die Kinder in der Schule gerade lernen. In unserer Schule gibt es keine Hausaufgaben. Und es wird großer Wert gelegt auf selbstständiges Arbeiten. Gerade für Fünftklässler eine große Herausforderung. Aber offensichtlich auch für ihre Eltern. Eine Mutter meinte, ob es nicht besser sei, dass die Kinder übers Wochenende Hausaufgaben bekämen, damit die Eltern wüssten, was sie gerade durchnehmen.

Ich fühlte mich einen Moment schlecht. Denn ich bin so froh, dass wir diese leidigen Hausaufgaben am Wochenende los sind, die uns in der Grundschulzeit so manche Nerven geraubt haben. Aber Moment mal: Kann es sein, dass man die sehr durchdachte Arbeitsstruktur der Schüler ändert und ihnen ihr freies Wochenende verdirbt, nur damit die Eltern wissen, ob sie gerade Bruchrechnen oder Statistik machen?

Ich verstehe, dass Eltern sich sorgen, dass ihr Kind mit dem selbstständigen Lernen nicht klar kommen könnte. Und es dann irgendwann in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist. Leider gibt es ja auch genug Eltern, die sich viel zu wenig dafür interessieren, was ihr Kind den ganzen Tag so macht. Aber ich würde mir an dieser Stelle mehr Vertrauen wünschen. Vertrauen in das eigene Kind, dass es seinen Weg machen wird. Vertrauen in die Lehrer, die oft mit viel Herzblut ihren Job machen. Und nicht zuletzt auch Vertrauen in Gott, dem wir unsere Kinder anvertrauen können.

Gerade heute bekam ich eine Pressemeldung von einer Firma, die verschiedene technische Geräte für Familien anbietet. Zum Beispiel eine WLAN-Monitoring Kamera fürs Baby, die gleichzeitig auch die Temperatur misst (allerdings nur die Raumtemperatur, nicht die Körpertemperatur des Babys – da ist noch Luft nach oben). Oder einen Luftbefeuchter fürs Kinderzimmer, den man mit dem Smartphone steuern kann (wieder was für die Kategorie „Dinge, die die Welt nicht braucht“). Außerdem bietet die Firma ein Gerät für Grundschulkinder an, das dem Kind vermittelt, ein Smartphone light zu sein – es kann damit übers Internet Musik hören und Videos schauen. Eigentlich handelt es sich aber um ein Überwachungsgerät: Die Eltern können nicht nur ständig  kontrollieren, welche Inhalte ihr Kind nutzt, sondern auch, wo es sich gerade aufhält.

Aber wie sollen unsere Kinder zu selbstständigen und selbstbewussten Erwachsenen werden, wenn wir sie krampfhaft festhalten – und sei es auch „nur“ digital? Richtet so ein Überwachen nicht mehr Schaden an als eine verpatze Mathearbeit? Loslassen fängt nicht erst an, wenn die Kinder aus dem Haus gehen. Es ist ein langer Prozess. Der ist für uns Eltern oft schwer. Aber für uns und vor allem unsere Kinder notwendig.

Bettina Wendland

Family-Redakteurin