Schwimmen lernen

„Ich überlege, ob ich meine Tochter (3) zu einem Schwimmkurs anmelden soll. Meine Freundin meint, es sei wichtig, früh damit anzufangen. Aber ist es nicht noch zu früh?“

Grundsätzlich sind die koordinativen Fähigkeiten fürs Schwimmenlernen etwa ab dem vierten oder fünften Lebensjahr vorhanden. Als Anzeichen nimmt man den Zeitpunkt, wenn das Kind ohne Stützräder mit dem Fahrrad fahren kann. Daher ist Ihre Tochter mit drei Jahren – wie Sie richtig vermuten – wahrscheinlich zu jung, um die Techniken perfekt zu lernen. Ihre Freundin hat allerdings recht: Auch jüngere Kinder sollten ans Wasser gewöhnt werden.

ÜBERLEBENSNOTWENDIG
In speziellen Wassergewöhnungskursen stehen nicht die Schwimmtechniken, sondern der Spaß und das Gefühl für das Element Wasser im Vordergrund. Diese Kurse gibt es bereits für sehr junge Kinder. Mit lustigen Spielen und Hilfsmitteln wie Reifen, Brettern und Schwimmnudeln werden die Kinder fürs Wasser begeistert und verlieren die Furcht davor. Im Anschluss daran kann ein Schwimmkurs besucht werden. Natürlich können Eltern ihren Kindern das Schwimmen auch selbst beibringen, vielen Kindern macht es in der Gruppe allerdings mehr Spaß. Wichtig ist: Schwimmen lernen ist überlebensnotwendig! Bereits eine geringe Wassertiefe kann zur tödlichen Gefahr werden. Das Tückische dabei: Kinder ertrinken leise, das heißt, sie gehen einfach unter, ohne wild um sich zu schlagen. Grund dafür ist die Verteilung ihres Körpergewichtes. Kinder können ihren im Verhältnis zu ihrer Körpergröße schweren Kopf nicht selbst aus dem Wasser ziehen. Daher ist es empfehlenswert, Kinder bereits im Vorschulalter zu einem Schwimmkurs anzumelden. Angebote gibt es beinahe in jedem Schwimmbad.

DER RICHTIGE KURS
Worauf sollten Sie bei der Auswahl der Schwimmkurse achten? Bei Kindern im Alter Ihrer Tochter sollte es erlaubt sein, dass Eltern anwesend sind. Schwimmen lernen hat viel mit Vertrauen zu tun, daher sollte sich Ihre Tochter sicher und geborgen fühlen. Auch die Chemie zwischen Kind und Schwimmlehrer muss passen. Freiwilligkeit und Spaß dürfen im Vordergrund stehen, keinesfalls Drill und Zwang! Jedes Kind braucht unterschiedlich lange, um sich mit dem Wasser vertraut zu machen. Eltern sollten von der Kompetenz und der Unterrichtsmethode des Schwimmlehrers überzeugt sein. Kinder merken es sofort, wenn Mama oder Papa unsicher sind. Haben Sie sich nach der Schnupperstunde für einen Kurs entschieden, halten Sie sich bitte im Hintergrund. Nicht vergessen: Beaufsichtigen Sie auch nach erfolgreich absolviertem Schwimmunterricht Ihre Tochter, wenn Wasser in der Nähe ist. Kinder können bis ins Schulalter die Gefahren rund ums Wasser nicht selbst einschätzen! Außerdem ist Schwimmen ein richtiger Familiensport. Gehen Sie mit Ihrer Tochter auch neben dem Schwimmkurs gemeinsam ins Bad: Schwimmbäder gibt es fast überall, die Ausrüstung ist günstig, und das Schwimmen ist gelenkschonend und relativ verletzungsarm.

Viel Spaß im kühlen Nass!

Roswitha Wurm arbeitet als Lerntrainerin und freie Redakteurin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien.

Von der Brust zur Flasche

„Leider klappt bei uns das Stillen nicht, und ich möchte mit meiner vier Wochen alten Tochter auf die Flasche umsteigen. Was muss ich beachten?“

Vermutlich können Sie es schon nicht mehr hören: „Stillen ist das Beste für dein Kind.“ Ich mute es Ihnen trotzdem zu, weil ich weiß, dass viele Frauen durch eine fehlende, ungenügende oder frustrierende Begleitung in die Stillbeziehung hinein entmutigt werden. Sollten Sie zu diesen Frauen gehören, rate ich Ihnen – bevor Sie auf die Flasche umsteigen –, sich eine fachkundige Stillberaterin zu suchen, die Sie in Ihrem Wunsch zu stillen so unterstützt, dass es für Sie zu einem angenehmen Geschehen wird. Es kann aber auch Situationen geben, in denen das Umsteigen auf die Flasche sinnvoll ist und die familiäre Situation entspannt. Das Füttern mit der Flasche sollte genauso bindungsorientiert geschehen wie das Stillen. Nehmen Sie Ihr Kind liebevoll in den Arm, machen Sie es sich gemütlich, sprechen Sie mit ihm und schauen Sie Ihrem Kind in die Augen.

LANGSAME UMGEWÖHNUNG
Was gibt es nun zu bedenken beim Übergang von der Brust auf die Flasche? Insgesamt sollten Sie mit ca. sechs bis acht Wochen für den Wechsel rechnen, damit sich Ihre Brust und der Darm des Kindes langsam umgewöhnen können. Füttern Sie im ersten Lebensjahr grundsätzlich eine Pre-Nahrung. In Test-Zeitschriften werden die gängigen Nahrungen regelmäßig bewertet. Das hilft bei der Entscheidung für eine Marke. Wählen Sie einen schwergängigen Sauger, damit Ihr Kind auch an der Flasche „arbeiten“ muss und nicht zu schnell die Brust verweigert.

SCHRITT FÜR SCHRITT
Beginnen Sie eine Mahlzeit Schritt für Schritt zu ersetzen, indem Sie Ihr Kind zuerst an der Brust trinken lassen. Es sollte die Brust nicht ganz leer trinken. Bieten Sie ihm die Flasche an, nachdem der größte Hunger gestillt ist. Sollte Ihr Kind sich nicht von der Brust abnehmen lassen, können Sie auch erst die Flasche anbieten, dann die Brust. Durch dieses Vorgehen gewöhnt sich Ihre Brust langsam daran, dass weniger Milch gebraucht wird. Lassen Sie Ihr Kind immer kürzer an der Brust und dafür länger aus der Flasche trinken, bis diese Mahlzeit nur noch mit der Flasche gefüttert wird. Nach ca. einer Woche beginnen Sie mit der zweiten Mahlzeit, wobei die sich möglichst nicht direkt an die erste anschließen sollte. Bei allen anderen Mahlzeiten gehen Sie genauso vor.

HILFEN
Wenn Sie zwischendurch ein unangenehmes Spannungsgefühl auf der Brust haben, streichen Sie sie vorsichtig aus. Auch feuchte Wärme kann helfen, die überschüssige Milch abfließen zu lassen. Bitte nicht abpumpen, dadurch wird die Milchbildung angeregt. Zusätzlich können Sie die Brust kühlen und die Milchbildung durch das Trinken von Pfefferminz- oder Salbeitee reduzieren. Ein medikamentöses Abstillen sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen, da die Medikamente zu einer depressiven Verstimmung führen können. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Kind einen entspannten und kuscheligen Wechsel von der Brust zur Flasche.

Martina Parrish ist Hebamme und Stillberaterin und arbeitet in der Hebammenpraxis Fokus Leben in Berlin.

So was wie Stille

Bei Familie Diekmann geht es oft laut zu. Umso mehr sind sie bemüht, immer wieder Oasen der Ruhe für die ganze Familie zu schaffen.

Unser Tag ist laut, wild und bunt. Das macht uns als Familie aus. Jeder, der uns kennt, grinst über meine laute Art zu lachen, die schnellen Wortgefechte bei Diskussionen und den frotzeligen Ton zwischen uns. Nicht immer tut uns unser kraftfordernder Tag gut. Oft ächzen wir und sehnen uns nach einer Oase der Ruhe. Wir lieben daher Pausenzeiten – als ganze Familie. Nach jedem Mittagessen um 14 Uhr verschwinden wir alle in unseren Zimmern und ruhen eine Zeit lang. Die, die lange Schule haben oder berufliche Termine, verzichten darauf. Alle anderen atmen bewusst durch – bei einem spannenden Hörspiel, handyfrei beim Stillliegen, Schlafen oder Musikhören. Nur eine halbe Stunde später röchelt die Kaffeemaschine und wir treffen uns in der Küche. Nun werden Fragen aus der Schule oder zum weiteren Tag besprochen. Wir brauchen diesen kleinen Stopp am Tag, um zu spüren, wer wir sind. Um uns zu erinnern und zu vergewissern. Nicht selten ist das auch eine Chance, für die weiteren Schritte des Tages zu beten.

ATEMHOLEN BEI GOTT
Seit unsere Kinder im Grundschulalter sind, versuchen wir in unregelmäßigen Abständen, Neues über Gott zu entdekken. Wir sind keine Familie, die das einmal pro Woche tut. Immer wieder befinden wir uns aber an einem Punkt, wo wir fünf uns zum Kuscheln auf dem Sofa treffen. Zur Ruhe zu kommen, ist in Familien eine echte Aufgabe und auch bei uns ist es immer wieder Thema. Wir wollen uns bewusst für Gottes Kraft öffnen. Wir wollen gut über unsere Herausforderungen denken und reden, anstatt über Stress zu jammern. Immer wieder entscheiden wir uns für ein Frühstück im Schlafanzug mit Vorlesen und Rückenkraulen oder sogar ein Abendmahl als Familie. Ich vermisse dabei allerdings die „würdige Andacht“ unserer Kinder. Sie sind schnell wieder im Alltag. Ich aber sehne mich nach einem tiefen Atemholen mit ihnen bei Gott. Highlights gibt es dennoch: Als alle Kinder noch im Kindergarten- und Krabbelalter waren, haben wir als Familie gesungen. Manchmal fünf Minuten, manchmal fünfzehn. Henrik konnte sich diese Pause am frühen Abend einrichten und hat mit einem Kind auf dem Schoß Wunschlieder aus dem Family-Liederbuch gespielt. Nach einem kurzen Gebet gab es Abendbrot. Mir haben diese Zeiten bei Gott geholfen, mein aufgewühltes Ich für den Tagesendspurt ins Lot zu bringen.

BESONDERER MOMENT
Einmal haben wir eine Gebetsrunde gestartet und uns von Gott ein Wort für das neue Jahr gewünscht. Ein Experiment. Werden wir etwas hören oder spüren, wenn wir einige Minuten still sind? Können wir alle Gedanken zurückschieben, die nicht mit dem Gebet zu tun haben? Die Kinder haben sich auf das Wagnis eingelassen. Nach der Stille hat jeder einen Moment lang innegehalten und sein Wort notiert. In einer Austauschrunde hat jeder sein Wort vorgestellt. Es kamen einige Worte, die passend werden sollten in diesem Jahr. Ein Kind hatte nichts für sich entdecken können – auch über dieses Ergebnis haben wir gesprochen. Dieser kleine Moment war besonders, und wir Eltern hätten ihn gerne noch länger festgehalten. Diese Stille-Übung hat uns miteinander und mit Gott verbunden. Meine Ideale für Ruhe und Stille als Familie mit Gott loszulassen, ist bis heute schwer für mich. So sind unsere Kinder beim abendlichen Beten im Urlaub ratzfatz fertig. Da bin ich kaum mit meiner Wahrnehmung bei Gott angekommen.

DER LIEBEVOLLE BLICK GOTTES
Da wir zappelig sind, können wir leichter zur Ruhe kommen, wenn wir körperlich beteiligt sind. Im Kindergartenalter haben unsere Kinder beim Beten die Tennisballmassage geliebt. Da wurde ihr Körper von Fuß über Beine, Rücken, Kopf bis zurück zum anderen Fuß mit kräftigem Druck abgerollt. Die Vorgabe war, dabei nicht zu sprechen. Einfach die leisen Tönen des Atmens zu hören. Am Ende der Ruhephase habe ich oft einen Segen gesprochen, und nicht selten ist ein Kind dabei eingenickt. Was ich gerade gerne übe, ist der liebevolle Blick Gottes. Ich habe diesen Gedanken im Gebetshaus Augsburg kennengelernt. Ich atme bewusst ein und aus. Manchmal ist mein Sohn dabei, manchmal alle. Wir stellen uns vor, welche Blicke von Menschen auf uns ruhen. Welche Erwartungen von diesem Tag drängen. Es gibt einen Punkt in meiner Vorstellung, der wie durch einen Spot hell erleuchtet ist. Dort ist nun mein Platz. Ich stelle mir vor, dass Gott mich hier liebevoll ansieht als seine Tochter. Ich lasse mich von ihm ansehen. Von ihm. Voller Liebe. Ich trete nicht schnell und zappelig wieder aus dem Licht. Ich halte es aus. Ruhe ist Raum, das Innere zu spüren. Es gibt viele Wege, wie Familien diese Stille für sich entdecken können: in die Sternennacht schauen, beim Hören einer Geschichte oder beim schaumigen Vollbad in eine Kerze blicken … Stille ist ein spannender Weg voller Entdeckungen.

family_16_6_ds-pdf-adobe-acrobat-pro-dcStefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.

Aber es ist doch mein Geld

„Eigentlich darf unser Sohn (9) frei entscheiden, was er sich von seinem Taschengeld kauft. Nun ist beim Geburtstag aber eine größere Geldsumme zusammengekommen, und er möchte sich davon ein Handy kaufen. Das wollen wir aber nicht. Können wir es ihm verbieten?“

 

Ich kann Sie gut verstehen. Sie wünschen sich, dass Ihr Sohn sein Geld sinnvoll investiert, sehen ein Handy als (noch) nicht altersgerecht an und erkennen auch die Gefahren, die mit diesem Gerät verbunden sind.

DER SINN DES TASCHENGELDES
Grundsätzlich ist die Idee, dem Kind Taschengeld zur Verfügung zu stellen, eine gute Sache: Das Kind hat die Möglichkeit, im kleinen Rahmen zu üben, wie es sein Geld ausgeben und verwalten möchte. Das Taschengeld ist vor allem dazu gedacht, das Kind im Kleinen erproben zu lassen, wie es zum Beispiel mit dem Thema Selbstbeherrschung aussieht, und das wird das Kind vermutlich nur durch Fehlkäufe lernen. Keine Lektion ist für das Kind so bitter, wie am Ende des Monats nicht mehr genug Geld übrig zu haben für ein begehrtes Spielzeug oder Comic-Heft.

RECHTLICHE REGELUNGEN
Paragraf 110 BGB, der sogenannte „Taschengeldparagraf“, regelt, dass ein Kind das ihm zur Verfügung gestellte Geld ausgeben darf, wie es möchte. Dabei ist zu beachten, dass ein Kind unter sieben Jahren als noch nicht geschäftsfähig gilt und deswegen auch noch nichts alleine kaufen darf. Im Alter zwischen sieben und achtzehn Jahren ist das Kind beschränkt geschäftsfähig. Das Taschengeld darf selbstständig ausgegeben werden, es dürfen aber zum Beispiel noch keine Handy-Verträge abgeschlossen werden. Auch für Ihren Fall, dass das Kind eine größere Geldsumme zur Verfügung hat, gibt es eine rechtliche Regelung: Gibt das Kind eine höhere Geldsumme ohne Zustimmung der Eltern aus, sind die Eltern berechtigt, das Kaufobjekt dem Händler unter Erstattung des Kaufbetrages zurückzubringen. Dabei ist die übliche Rückgabefrist zu beachten.

BEZIEHUNGSSACHE
Im Fall eines Kaufverbots liegt die Herausforderung darin, sich nicht auf einen Machtkampf einzulassen. Denn das Kind wird Ihnen wahrscheinlich übel nehmen, dass der Kauf verboten wird. Deshalb ist es ein guter Schritt, sich mit dem Kind zusammenzusetzen und es zu fragen, warum es gerne ein Handy hätte. Ist es Gruppendruck? Neugier? Danach können Sie Ihre Argumente gegen einen Kauf vorbringen. Im Gespräch können Sie dem Kind in Aussicht stellen, wann ein guter Zeitpunkt für den Kauf eines Handys wäre, zum Beispiel beim Übertritt in die weiterführende Schule oder wenn es 12 Jahre alt wird. Dies nimmt etwas Druck heraus. Es ist in Ordnung, auf den eigenen Argumenten gegen den jetzigen Kauf zu bestehen. Dabei sollten Sie aber auch die Gefühle des Kindes wahrnehmen und nachvollziehen. Teilen Sie ihrem Sohn mit, dass Sie verstehen, dass er wegen des Verbots ärgerlich oder wütend auf Sie ist. Er wird zwar erst einmal rebellieren, aber sich dennoch in den Grenzen, die Sie gesetzt haben, sicher fühlen.

Stefanie Siemens lebt mit Ihrer Familie nahe Augsburg. Sie ist Fachreferentin für Familie und Erziehung und bietet Seminare und Vorträge für Eltern im Raum Bayern an: familienbildung@ web.de.

Zahlenspiele

„Mit dem Zählen hat es mein Sohn (4) nicht so. Wie kann ich ihn spielerisch an die Zahlen heranführen?“

Zahlen und Mengen sind nicht jedermanns Sache, und trotzdem müssen wir uns täglich mit ihnen beschäftigen. In der Schule wird es für die Kinder zum ersten Mal ernst, und es entsteht Druck in Verbindung mit den Zahlen. Wenn die Kinder gut gefestigte, pränumerische Kenntnisse mitbringen, können sie damit gut umgehen. Und das geht ganz spielerisch:

ZAHLENSUCHE ZU HAUSE
Die Kinder gehen auf Zahlen- beziehungsweise Ziffernsuche. Besonders schön ist es für die Kinder, wenn sie dafür einen schöne Karte haben, am besten selbst gebastelt! Aus festem Fotokarton (DinA4) wird eine Karte für jede Zahl von 1 bis 5 hergestellt. Ihr Kind darf die jeweilige Ziffer oben auf die Karte schreiben. Neben die Ziffer malt es ein Viereck, da hinein wird die passende Augenzahl des Würfels gemalt. Im Anschluss daran zeigt das Kind die Zahl mit den Fingern an, und diese werden fotografiert, ausgedruckt und auch oben auf die Karten geklebt. Nun darf Ihr Kind Fotos von der jeweiligen Menge machen. Diese Fotos werden ausgedruckt und auf die Karte für jede Ziffer geklebt. Am besten fangen Sie bei 1 an. Ihr Kind fotografiert einzelne Gegenstände für die 1er-Karte: eine Blume, eine Lampe, eine Puppe … Danach jeweils zwei Gegenstände für die 2er-Karte: ein Paar Schuhe, das Salatbesteck, zwei Kuscheltiere … Diese Karten werden dann an einem Ort aufgehängt, an dem sich Ihr Kind oft aufhält. Darüber hinaus können Sie mit Ihrem Kind eine Strichliste machen, wie viele Einsen, Zweien, Dreien etc. Sie zu Hause finden. Mit der jeweiligen Karte oder einer Tabelle, mit der man die Zahlen 1 bis 5 im Überblick hat, und einem Stift begibt sich Ihr Kind nun auf die Suche. Für jede Ziffer macht es einen Strich auf die jeweilige Karte oder in die Spalte der Tabelle.

LECKERE ZAHLEN
Wenn wir mit allen Sinnen lernen, festigt es sich am besten. Besorgen Sie sich Kekse in Zahlenform (oder backen Sie sie selbst) und ein Päckchen Schokolinsen. Dann können Sie die Kinder die Schokolinsen den Zahlen zuordnen lassen. Dieses Spiel kann man gut als „Nachtisch-Spiel“ anbieten. Später kann hiermit auch gerechnet werden. Ein weiteres „Nachtisch-Spiel“ nennt sich „Blitzblick“. Hier verwenden Sie am besten Gummibärchen: Beim ersten Mal sollten die Eltern miteinander spielen, damit das Kind versteht, wie das Spiel funktioniert. Papa nimmt drei verschiedenfarbige Gummibären in die Hand, ohne dass Mama sieht, welche, und schließt seine Hand. Mama muss jetzt gut hinschauen. Papa öffnet die Hand für ein bis zwei Sekunden und Mama sagt, wie viele Bären sie gesehen hat. Wenn sie es richtig gesehen hat, darf Mama sie essen. Jetzt ist Ihr Kind an der Reihe. Sie nehmen erst einmal nur ein Bärchen in die Hand, schließen sie und fragen Ihr Kind: „Bist du bereit?“ Dann konzentriert es sich, und Sie öffnen die Hand für etwa drei Sekunden. Wenn die Hand wieder geschlossen ist, fragen Sie Ihr Kind, wie viele Bärchen es gesehen hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es das eine benennen können. Somit hat es ein Erfolgserlebnis und freut sich auf die nächste Runde. Gehen Sie hierbei nicht über die Anzahl von drei Bären hinaus, und achten Sie darauf, dass das Spiel für das Kind erfolgreich endet. Wenn Ihr Kind die Anzahl 3 sicher erkennt, geht es weiter mit der 4. Wenn es diese sicher erkennt, geht es weiter mit der 5.

Anika Sohn ist Erzieherin und bietet Bewegungs-Kurse für Eltern und Kinder an: familie-bewegt.de. Sie lebt in Neuhofen (Pfalz).

Zu Hause geboren

Lina Soboll* wollte sich sicher fühlen. Deshalb hat sie sich für eine Hausgeburt entschieden.

Die Geburt unseres zweiten Sohnes begann um kurz nach zwei Uhr in der Nacht. Obwohl ich aus der Erfahrung mit unserem ersten Kind mit einer schnellen Geburt rechnete, wollte ich meinen Mann noch nicht wecken und schlich in die Küche. Die Wehen kamen nur alle zehn Minuten und waren gut auszuhalten. Also rief ich die Hebamme an und wir vereinbarten, dass sie kommen solle, sich aber erst mal ins Gästezimmer zurückziehen würde. Unsere Hebamme Nicole* hatten wir nach langem Suchen kennengelernt. Sie hatte außer den drei Ultraschall- Terminen alle Vorsorgen übernommen. Sie bestimmte die Herztöne und Lage des Kindes und meinen Blutdruck, führte Urin- und Bluttests sowie notwendige Abstriche durch. Von Beginn an hatten wir ein sehr gutes Verhältnis zu Nicole. Einer der Gründe für eine Hausgeburt war: Ich brauchte, um mich sicher zu fühlen, eine Hebamme, die unser Kind, mich und meine Schwangerschaft seit Monaten kennt und die gesamte Geburtszeit anwesend sein würde. Die Tatsache, dass wir die ganze Zeit in unserem Zuhause sein würden, uns frei bewegen könnten und die Geburt völlig selbstbestimmt verlaufen könnte, waren für mich weitere Beweggründe, eine Hausgeburt zu planen.

AUF DEM WEG
Ich legte mich in die Badewanne, „wehte“ Stunde um Stunde vor mich hin und döste in den Wehenpausen immer wieder ein. Gegen sechs Uhr rief ich das erste Mal Nicole per Handy zu mir, damit sie nach den Herztönen hören konnte. Sie legte den Schallkopf des wasserfesten Herztongerätes auf meinen Bauch, und wir lauschten gemeinsam dem regelmäßigen Herzpochen meines Babys. Es war alles in bester Ordnung! Nicole lächelte, drückte meine Hand und ging in unser Gästezimmer, um noch ein wenig Schlaf zu finden. Meine Männer wachten um kurz vor sieben auf und kamen ins Badezimmer. Unser zweijähriger Sohn fragte erstaunt, was ich da in der Wanne mache und ob das Baby jetzt raus wolle? „Ja, es hat sich auf den Weg gemacht“, antwortete ich. Während der Wehen veratmete ich leise auf „ha-oa-oa“ und Luca* machte vergnügt mit. In diesem Moment begriff ich, dass mein kleiner Junge nun bald der Große sein würde. Und mein Herz schmerzte ein wenig bei dem Gedanken. Nach einer Weile gingen meine beiden Männer zum Frühstücken in die Küche. Ich hörte, wie sie Nicole begrüßten und fragte mich, warum ich alleine in der Badewanne rumdümpelte, wenn das ganze Leben in unserer Wohnküche stattfand. Also raus aus der Wanne, angezogen und hoppla: Die Wehen ließen sich im Stehen ja viel besser veratmen als im warmen Wasser liegend. Als ich in die Küche kam, musste ich mich schon für die nächste Wehe auf einen unserer Küchenstühle stützen. Jetzt ging es doch schneller voran, als mir lieb war. Ich verzog mich ins Wohnzimmer. Nicole folgte unauffällig und hielt mir während der Wehen ein heißes Kirschkernkissen ans Kreuzbein.

NOCH NICHT BEREIT
Um halb zehn klingelte es an der Tür. Meine Schwägerin kam, um unseren Sohn abzuholen. Ich begrüßte sie kurz, verabschiedete mich von Luca und hieß gleich die nächste kräftige Wehe willkommen. Doch dann wehrte sich etwas in mir. Ich hatte keine Lust auf Geburt. Nicole versuchte, mich zu ermutigen, doch ich war trotzig wie eine Dreijährige: Wie sollte sie mir denn helfen? Dieses Kind musste ich auf die Welt bringen. Ich ganz alleine. Und ich wusste: Der Geburtsschmerz wird mich an meine Grenzen bringen. Angst vor möglichen Komplikationen hatte ich dagegen nicht. Ich war überzeugt, dass keine Hebamme ein erhöhtes Risiko tragen wollte, falls es dieses bei Hausgeburten gäbe. Nachdem ich mich ausführlich informiert hatte, war mir klar, dass alle Zahlen für eine Hausgeburt sprachen: Die Anzahl der Komplikationen, die Kinder- und Müttersterblichkeit sowie andere Notfälle sind verschwindend gering und auch bedeutend niedriger als bei klinischen Geburten. Sicherlich liegt das auch daran, dass Hausgeburten nur bei einer unauffälligen Schwangerschaft und mit fitten Kindern durchgeführt werden. Für mich persönlich waren die möglichen äußeren Eingriffe durch das Klinikpersonal wie Wehentropf, Medikamente oder Dammschnitt beunruhigender. Mit einer gut begonnenen Hausgeburt, die im Zweifels- oder Notfall immer noch ins Krankenhaus verlegt werden konnte, fühlte ich mich wohler. Nach wenigen weiteren Wehen ließ ich mich vor unserem Sofa nieder. Rollte eine Wehe heran, stützte ich mich auf unser Sofa; in den Pausen legte ich mich auf einen Kissenberg ab, den Nicole und mein Mann neben mir aufgetürmt hatten. In einer dieser ersten Wehenpausen, die ich dort am Boden verbrachte, wurde mir plötzlich fühlbar klar, dass unser Kind nun wirklich auf die Welt kommen würde. Jetzt musste ich es loslassen. Endlich war ich bereit für die Geburt. Den Trotz legte ich beiseite und konzentrierte mich nun auf die Wehenarbeit. Nicole hörte immer wieder nach den Herztönen, die gleichbleibend super waren. Nach einer längeren Wehenpause überfiel mich schon die erste Presswehe. Ich fühlte diese unheimliche Kraft meines Körpers und die Angst davor, welche ich in den vergangenen Wehen erfolgreich verdrängt hatte, flammte nun noch größer in mir auf. Ich flehte Gott an: „Bitte nur noch drei Wehen – sonst schaffe ich das nicht!“

„ALLES GUT!“
Mit der nächsten Wehe gab es einen hörbaren „Plopp“ und das Fruchtwasser ergoss sich zu meinen Füßen. Nicole informierte mich: „Es ist ganz klar. Alles gut!“ Ich atmete noch einmal tief durch. Eine weitere Wehe baute sich auf und schob unser Baby durch mein Becken. Mit der dritten, sehr langen und letzten Wehe wurde es komplett geboren. Es war 10:56 Uhr. Nicole fing unser Baby auf und legte es mir zwischen die Beine. Ich brauchte zwei Atemzüge, um mich von der Geburtskraft zu erholen, und mein Mann sagte freudig aufgeregt: „Hebst du ihn auf?“ „Ihn?“, fragte ich und nahm unseren quakenden, nass-warmen Sohn zu mir hoch: „Bist du unser Noah?“ Unser kleiner Junge beruhigte sich in meinen Armen sofort, und wir kletterten aufs Sofa, um die erste Kennenlern- und Kuschelzeit zu genießen. Ich konnte es kaum glauben: Unser Baby war da! Wir hatten es geschafft. Wie gut, dass ich ihn losgelassen hatte und er mich nun mit seinen großen Augen anblicken konnte. Was für ein Wunder!

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Süddeutschland.
* Alle Namen wurden auf Wunsch der Autorinnen geändert.

In der Family 6/16 finden Sie weitere Informationen zum Thema und den Erfahrungsberichte „Meine 90-Prozent-Hausgeburt“.

Schimmer im Scherbenhaufen

Eine Mutter stirbt bei der Geburt. Solche Schicksale hinterlassen oft große Fragezeichen – auch im Umfeld der Betroffenen. Stefanie Diekmann erzählt vom Zerbrechen, Verarbeiten und einer neuen Hoffnung.

Zu meiner Arbeit als Pädagogin gehört auch die Gestaltung einer Eltern-Kind-Oase in unserer Gemeinde. Es ist ein wilder, fröhlicher Haufen von Kindern zwischen null und sechs Jahren, ihren Geschwistern und Eltern. Diese Nachmittage sind Zeiten, in denen die Eltern mit unserer Fürsorge und einem guten Kaffee verwöhnt werden, während die Kinder beim Toben, Singen und Basteln auf ihre Kosten kommen. In der letzten Zeit haben wir als Oase immer wieder Kinder und ihre Mütter in die nächste Lebensphase verabschiedet. Besonders aber haben wir neue Schwangerschaften gefeiert und mit den Eltern mitgefiebert. Ein Geburtstermin nach dem anderen stand an. Inzwischen schleppten sich nur noch zwei Mütter in die Oase. Eine davon war Anett*. An einem Nachmittag wirkte sie angeschlagen und ich überredete sie, mit mir an den Büchertisch der Gemeinde zu gehen. Zu Beginn ihrer Zeit in der Oase hatte Anett nicht viel mit dem „Religiösen“ anfangen können. Für ihren Sohn Tom hatte sie nach Abendgebeten gefragt, da ihr hierfür die Worte fehlten. Nun, zwei Jahre später, stöberte sie durch das Angebot des Büchertisches: „So wie ihr kann ich es nicht. So viele Worte um meinen Glauben finden. Das ist mehr etwas für mich persönlich.“ Mit dem Bauch voller Hoffnungen stand sie vor mir. Ich verabschiedete sie an diesem Tag mit einem Gebet.

VOM SCHICKSAL ÜBERRANNT
Dann hörten mein Team und ich nichts mehr von Anett. Gar nichts. Ich konnte die aufkeimenden Sorgen nicht wegscheuchen und wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich versuchte, mich selbst zu ermutigen: Wie gut, dass sie als Heilerzieherin ein Profi ist! Sie wird sicher klarkommen. Doch meine Sorgen wollten sich nicht vertreiben lassen. Ist etwas mit dem Baby? Dann bekam ich einen Anruf von Anetts Mann: „Hallo … Ist da die Steffi von der Spiel-Oase? Ich wollte Bescheid sagen, dass Ida geboren ist.“ Wie aus der Pistole geschossen fragte ich: „Und … ihr habt Sorgen?“ „Ja. Ich muss dir sagen … Anett ist gestorben.“ Vor meinem inneren Auge erschien in diesem Moment ein schreiend großes „SIEHST DU!“ Mein Bauchgefühl hatte mich nicht betrogen. Es stimmte etwas nicht. Alles stimmte nicht. Obwohl mein Kreislauf wegzusacken drohte, schaffte ich es, dem Vater zuzuhören. Er beschrieb mir, dass Anett zu viel Blut verloren hatte und operiert werden musste. Nach einem Herzstillstand konnte sie nicht wiederbelebt werden. Trotzdem schaffte es der Vater, von seiner kleinen Ida zu schwärmen und begeisterte mich mit.

GEMEINSAM DEM SCHMERZ BEGEGNEN
In den nächsten Wochen rangen alle Mütter aus der Spiel- Oase darum, einen Weg des Trauerns zu finden. Nach der ersten Welle voller Fragen kamen wir in der bitteren Realität an. Einer Realität ohne Anett. Wenn der klassische Lebensverlauf unterbrochen wird und vor unseren Augen das Bild einer heilen Welt zerfällt, löst das in uns Schmerz und Trauer aus. Wir Mütter reagierten in dieser Situation sehr verschieden: Einige bezogen Anetts Schicksal auf das eigene Leben und wollten auf keinen Fall noch einmal schwanger werden. Andere suchten die Schuld beim Arzt. Die Mütter mit den Neugeborenen konnten es kaum aushalten, ihren Säugling zu wiegen und zu stillen, ohne an Ida zu denken und Anett zu vermissen. Wir versuchten gemeinsam, für die großen Geschwisterkinder der Gruppe, die zwischen fünf und elf Jahre alt sind, Worte zu finden. In einer der Familien war der Family- Kalender eine Hilfe. Im Monat Dezember ist dort ein Zitat von Friedrich von Bodelschwingh zu finden: „Advent und Weihnachten ist wie ein Schlüsselloch, durch das auf unsren dunklen Erdenweg ein Schein aus der Heimat fällt.“ Dieses Bild half dabei, der kleinen Frida zu erklären, dass Anett Heimat gefunden hat. Das Mädchen konnte das Bild gut aufnehmen, stellte viele Fragen und konnte trotz aller Trauer verstehen, dass es gut ist, bei Jesus zu sein. Ein anderes Mädchen wollte gerne mit zur Trauerfeier, um Anett zu verabschieden.

WO IST GOTT?
Und Gott? Wie gestaltet sich Nähe zu Gott in diesem Scherbenhaufen? Am Tag ihres Sterbens hatten wir unsere Oasen- Gruppenstunde gehabt, und ich hatte einen Impuls vorbereitet. Dabei ging es um das perfekte Bild, das wir so oft vom Leben haben. So rund und makellos wie eine schöne Glaskugel. Unsere Hoffnungen sind dann vielleicht: Mein Mann könnte und sollte … Ich wünsche mir von meinen Kindern mehr dies und das … Wenn es Sommer wird, dann renovieren wir erst hier, dann dort … Doch manchmal wird aus dem rundherum Perfekten ein Scherbenhaufen. Vorstellungen zerplatzen und ich erkenne, dass mein Mann als Vater doch nicht so entspannt ist, wie ich dachte. Mein Kind braucht vielleicht mehr Nähe, als ich geben kann. Oder mein Gehalt reicht nur zu einem Topf Farbe. Gott ist dabei kein Spaßverderber. Er will uns nicht innerlich zerbröseln. Er kann aus den Scherben meiner Vorstellungen Glimmer machen, indem er die Scherben so fein zerreibt, dass sie dem Leben einen neuen glitzernden Schimmer geben. Diese Gedanken gelten auch im Abschiednehmen von dieser fröhlichen jungen Frau: Gott bleibt gleich, auch wenn der Schmerz groß ist. Die Mütter in unserer Oase formulierten ihren Schmerz und kamen sich auf diese Weise näher. Sie forderten sich in einer WhatsApp-Gruppe gegenseitig auf zu beten, sich bewusst über den Tag zu freuen und den Glimmer Gottes wahrzunehmen. Wir alle sind gewiss und sehr neugierig darauf, wie dieser Segensglitter im Leben von Tom und Ida deutlich wird. Noch fällt es schwer, sich das auszumalen. Doch Gottes Geheimnisse sind sehr oft unvorstellbar für uns.

*Alle Namen wurden geändert.

family_16_6_ds-pdf-adobe-acrobat-pro-dcStefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.

Zweisprachig Erziehen?

„Meine Muttersprache ist Deutsch, die meines Mannes Spanisch. Wir möchten unseren Sohn (fünf Monate) zweisprachig erziehen. Wie machen wir das am besten? Was sind die Vor- und Nachteile einer bilingualen Erziehung? Worauf müssen wir achten?“

Die Erfahrung für ein Kind mit zwei verschiedensprachigen Eltern aufzuwachsen, ist in jedem Fall etwas Schönes und Positives. Ihr Sohn lernt von Anfang an zwei Sprachkulturen kennen. Eine wertvolle, unbezahlbare Chance! Besonders in Ihrem Fall, da Spanisch ja zu den meistgesprochenen Sprachen der Welt gehört. Es liegt auf der Hand, dass jeder Elternteil sich mit seinen Kindern auch in seiner eigenen Muttersprache unterhalten möchte. Das ist besonders für den Partner, der nicht in seiner Sprachheimat lebt, wichtig. So können die Kinder auch mit ihren fremdsprachigen Großeltern und Verwandten eine Beziehung aufbauen. So geht für das Kind nicht eine der beiden Kulturen, aus denen es stammt, verloren.

JEDER EINE SPRACHE
Kleinkinder haben erfahrungsgemäß meist keine Probleme mit dem gleichzeitigen Erwerb mehrerer Sprachen. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass jeder Elternteil konsequent für seine Sprache zuständig ist und mit dem Kind nahezu ausschließlich in dieser kommuniziert. Eltern, die stets die Sprachen mischen, tun ihrem Kind nichts Gutes. Ebenso Eltern, die Kinder in einer Sprache unterweisen wollen, die sie selbst nicht ausreichend beherrschen. Diese klaren Sprachtrennungsregeln erleichtern dem Kind den Spracherwerb. Zu Beginn kann es zu Sprachmischungen beim Kind kommen. Das ist nicht weiter schlimm. Bleiben Sie einfach konsequent bei „Ihrer“ Sprache. Dann geben sich diese Sprachmischungen von selbst. Familienspaltend könnte Zweisprachigkeit nur dann wirken, wenn der andere Elternteil die Sprache nicht versteht oder die Kultur und Sprache des anderen Partners vor dem Kind „schlecht“ macht. Sprache sollte niemals zum gegenseitigen Ausspielen des jeweilig anderen Partners, Elternteils oder Großelternteils verwendet werden.

DIE GROSSFAMILIE EINBINDEN
Binden Sie auch die Großeltern in den Sprachförderprozess mit ein. Das nimmt ihnen die Ängste vor dem Fremden und Ungewohnten. Vielleicht macht es ja der ganzen Großfamilie Spaß, auch ein bisschen Spanisch zu lernen und in die Kultur Spaniens einzutauchen. Im Gegenzug kann die spanische Verwandtschaft in deutsche Gepflogenheiten und die deutsche Sprache eingeführt werden. Das Kind sollte die Möglichkeit haben, die Sprache, die nicht in seinem Heimatland gesprochen wird, praktisch anzuwenden: im Urlaub, bei Verwandtenbesuchen, mit Filmen, Büchern, CDs und Spielgruppen. Suchen Sie Kontakt zu anderen spanisch-deutschsprachigen Familien. So fühlen Sie und Ihre Familie sich ein bisschen weniger „exotisch“. Kinder benötigen mitunter „Schicksalsgenossen“, um an der zweiten Sprache nicht die Freude zu verlieren. Nehmen Sie sich viel Zeit, mit dem Kind zu reden, zu spielen und Bücher in der jeweiligen Sprache vorzulesen. Je mehr Freude Sie selbst an Ihrer Sprache haben, umso mehr wird auch Ihr Kind Sprache als etwas Wertvolles, Schönes und Spannendes erleben. Die meisten bilingual erzogenen Kinder sind ihren Eltern später sehr dankbar für die Chance, zwei Sprachen annähernd gleichwertig zu beherrschen.

Roswitha Wurm lebt mit ihrer Familie in Wien. Die Autorinund Pädagogin unterrichtet Kinder mit Lese- und Rechenschwäche sowie Jugendliche in Deutsch als Fremdsprache.

„Du bist wie deine Mutter“

Wir ähneln unseren Eltern, ob wir es wollen oder nicht. Sechs Autorinnen und Autoren haben dem nachgespürt, was sie von ihren Müttern und Vätern geerbt und übernommen haben.

WEGWERFEN? UNDENKBAR!

Was ich von meinem Vater gelernt habe, lässt sich an einem alten Tannenbaumständer beschreiben. Jahr für Jahr war dieser Ständer wackelig und brauchte immer neue Keile, um den Baum zu halten. Aber mein Vater hatte die Devise: „Was nicht passt, wird passend gemacht!“ Dabei ging es nicht um „stylish“, sondern um praktisch und vor allem darum, Geld zu sparen. Schon früh habe ich den Umgang mit Werkzeugen gelernt und zusammen mit meinem Vater überlegt, wie alte Schrauben zu lösen sind oder ein Blumentopf mit neuer Farbe lackiert werden kann. Dinge wegzuwerfen oder schnell durch Neues zu ersetzen, war undenkbar. Ich bin ihm heute dankbar dafür, so kann ich vieles selbst bauen und herstellen, wofür andere teure Handwerker brauchen. Ob ich das meinen Kindern so weitergeben kann, weiß ich allerdings nicht … Vaters Werkstatt war eine übersichtlich geordnete Schar an aufgehängten Dingen. Für alles und nichts wurde ein Nagel oder Haken in die Wand geschlagen und Seile, Schraubzwingen, Keile und Maulschlüssel wurden fein säuberlich aufgereiht. Der Tannenbaumständer hat so jedenfalls fast 20 Jahre mit stetigen Reparaturen überlebt, bis er so hässlich war, dass er den Weg in den Sperrmüll fand. Auch da erlebe ich heute meine Grenze: Räder zu pflegen und zu reparieren, Regale umzubauen – das hat Sinn. Aber Dinge totzupflegen aus dem Unwillen (oder sagen wir ruhig Geiz), Neues zu investieren – da greift meine Familie ein.

Der Autor lebt mit seiner Familie im Südwesten Deutschlands.

 

KRANKE PSYCHE

Irgendwann in meiner Jugend begriff ich, dass meine Mutter nicht gesund ist. Ihre Psyche ist erkrankt. Die Stimmungsschwankungen forderten uns als Familie täglich heraus. Manchmal war es so schlimm, dass sie in eine selbstzerstörerische Phase rutschte. Besonders in den Nächten war sie unruhig, oft betrunken und hin und her gerissen zwischen Hass auf irgendjemanden oder Todessehnsucht. Ich dachte als Kind: So sind Erwachsene nun mal. Es hat mir später als Erwachsene jahrelang wehgetan zu verstehen, dass meine Familie gelitten hat, weil meine Mutter sich keine Hilfe suchen wollte und mein Vater schwieg. Schuld waren in Mutters Augen doch sowieso die anderen, die sie alle falsch behandelten, beleidigten und missachteten. Es gab in meinem Leben keinen Urlaub oder kein Familienfest mit der Anspannung: Wie geht es meiner Mutter? Als ich selbst Mutter wurde, entdeckte ich ähnliche Spannungen in mir. Die Angst, ebenso unberechenbar zornig zu werden, wurde immer größer. Schließlich saß ich bei einem Facharzt, um die Frage zu stellen: „Ist die psychische Erkrankung meiner Mutter erblich?“ Mir hat es gutgetan, die Hintergründe der Krankheit erklärt zu bekommen und auch die Strukturen einer schlechten Phase. Ich habe verstanden, dass meine sehr empfindsame Wahrnehmung als Schutz vor der Unberechenbarkeit meiner Mutter entstanden ist und ich deshalb auch viel schneller erschöpft bin als andere. Besonders wichtig wurde dieses Erbe meiner Familie, als eines meiner Kinder mit meiner Mutter Ähnlichkeit bekam. Nicht nur die Hände meines Kindes sind so feingliedrig wie ihre, sondern auch sein finsterer Blick bei Unverständnis erinnerte mich schaudernd an die Krisen meiner Kindheit. Gebe ich dieses Erbe nun weiter? Es braucht bis heute, dass ich bewusst die Fachinformationen in mein Wissen rufe: Dieses Erbe ist keine genetische Erkrankung. Ich habe aus den seelischen Unsicherheiten und Schmerzen meiner Kindheit meine feinfühlige Kompetenz für Menschen gewonnen und kann das mittlerweile als Gutes erkennen. Um mein Kind sorge ich mich immer noch manchmal … Wird es sich ausdrücken können, oder bleiben Emotionen ohne angemessene Ausdrucksform? Bis heute umfängt mich eine Welle von Trauer zwischendurch, dass meine Familiengeschichte durch die Erkrankung eines Menschen so geprägt wurde. Es bleibt trotz aller inneren Wege eine Wunde.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Rheinland-Pfalz.

In Family 6/16 finden Sie weitere Statements zu diesem Thema.