11 bis 15 – Gefährliche TikTok-Challenges
Elternfrage: „Ich habe gelesen, dass ein 15-Jähriger nach einer Challenge gestorben ist, die er auf TikTok gesehen und nachgemacht hat. Auch meine Kinder nutzen diese Plattform. Wie kann ich sie schützen?“
TikTok-Challenges kann man als moderne Mutproben bezeichnen. Es geht darum, sich etwas zu trauen oder etwas Außergewöhnliches zu machen und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Bei TikTok finden wir ein ganzes Spektrum an Challenges – von kreativen bis gefährlichen. Es gibt Activity-Challenges, also sportliche Herausforderungen, oder Spaß-Challenges, wo man sich zum Beispiel Witze erzählt. Sehr bekannt sind auch Beauty-Challenges. Da wird es schon schwierig, wenn junge Frauen sich beispielsweise die Oberlippe mit Sekundenkleber ein Stück nach oben kleben, um breitere Lippen zu haben. Richtig gefährlich wird es, wenn in Waschmittelpods gebissen, aus einem springenden Fahrzeug gesprungen oder sich gegenseitig gewürgt wird.
Was finden Teenager daran nachahmenswert?
Im Kindheits- und Jugendalter ist die Frage „Was traue ich mich?“ und „Was trauen sich die anderen?“ sehr zentral. Es geht auch um die Fragen: „Wie weit soll ich gehen? Was schaffe ich?“, also darum, Grenzen zu testen. Das ist zunächst einmal nichts Schlechtes, sondern auch richtig und wichtig in dieser Entwicklungsphase. Aber wenn es gefährlich wird aufgrund dessen, was man tut und wo dann der Content verbreitet wird, sind Grenzen zu setzen.
Gespräche und Aufklärung über TikTok
Wie sollten Eltern mit ihren Kindern über die Gefahren sprechen?
Es ist wichtig zu wissen, was das Kind beschäftigt und begeistert, sich das auch mal gemeinsam anzuschauen und zusammen zu überlegen: Springt da gerade wirklich jemand aus einem fahrenden Auto oder aus dem zehnten Stock in einen Pool? Schauen Sie hinter die Kulissen und reflektieren Sie gemeinsam. Wir reden hier ja häufig von Kindern, die unter 13 Jahre alt sind, also eigentlich noch gar nicht auf TikTok sein sollten. In diesem Alter sind sie schon rein kognitiv noch gar nicht so weit, diese Videos zu durchschauen und zu reflektieren, ob das wahr ist, was sie da sehen und ob sie da mitmachen sollten.
Neben der Aufklärung geht es auch um Sicherheit. Man kann inzwischen bei TikTok allerhand eingeschränkte Modi nutzen, sodass die Gefahren erst gar nicht auf das Kind zukommen.
Als dritten Punkt finde ich wichtig, dem Kind Selbstbewusstsein zu vermitteln: „Auch, wenn alle deine Kumpels das cool finden, kannst du trotzdem sagen, dass du da nicht mitmachst. Damit zeigst du keine Schwäche, sondern Stärke.“
Ein vierter Punkt ist: Vorbild sein. Wenn wir als Erwachsene uferlos auf Social Media unterwegs sind, uns dort beeinflussen lassen und möglicherweise auch bei Challenges mitmachen, fällt es den Kindern, die sich an uns orientieren, schwerer, sich zu distanzieren.
Möglichkeiten zur Reflexion
Sollten Eltern ihren Kindern Strafverbote fürs Handy erteilen?
Wenn das Kind immer wieder vorher besprochene Regeln bricht, kann es sinnvoll sein, einen klaren Schnitt zu machen. Dann kann das Kind Abstand gewinnen und hat Zeit zu reflektieren und sich neu zu sammeln, um dann wieder neu zu starten. Aber ich würde davon abraten, es als grundsätzliches Erziehungsmittel einzusetzen. „Räum dein Zimmer auf! Mach die Hausaufgaben! Putz die Zähne – sonst ist dein Handy weg“, macht es sehr beliebig und steigert auch die Begeisterung, die das Digitale bei Kindern eh schon hat.
Iren Schulz ist Kommunikationswissenschaftlerin, Medienpädagogin und Mediencoach bei der Initiative SCHAU HIN! (irenschulz.de).
Interview: Ruth Korte