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Soziale Netzwerke – gehören Kinderbilder auf Insta und Co?

Soziale Netzwerke laden dazu ein, das eigene Leben mit dem Rest der Welt zu teilen. Dabei stehen Eltern oft vor der Frage: Kann ich ein Bild von meinem Kind posten? Mediencoach Iren Schulz rät zur Vorsicht.

Das Familienleben hält jede Menge aufregende, lustige und besondere Momente bereit. Und weil Eltern sich gern daran erinnern und stolz auf ihre Kinder sind, werden die Erlebnisse mit der Smartphone-Kamera festgehalten und in privaten oder eben auch öffentlichen Communities geteilt. Insbesondere soziale Netzwerke bieten eine Plattform. Auch wenn Eltern positive Gedanken dabei haben, übersehen sie leider, dass solches Bildmaterial im Prinzip für jede(n) zugänglich ist und in falsche Hände geraten kann.

Grundsätzlich muss man sagen, dass digitale Medien wie das Smartphone heute selbstverständlicher Bestandteil des Familienalltags sind und nicht nur bei der Organisation helfen, sondern auch eine Art Erinnerungskiste, Verbindungsschnur und Sammelalbum darstellen. Gleichzeitig ist aber die Kindheit eine besonders schützenswerte Lebensphase. Wir als Erwachsene tragen die juristische und erzieherische Verantwortung dafür, dass Kinder sicher und gut aufwachsen können.

Das Recht am eigenen Bild

Juristisch gesehen ist das zum Beispiel darüber geregelt, dass auch Heranwachsende ein Recht am eigenen Bild haben. Weil sie aber noch nicht selbst über die Veröffentlichung entscheiden können, sind Eltern gefragt, hier besonders sensibel und sorgsam zu entscheiden. Denn sicher ist, dass Kinderfotos im Netz das Risiko für unerwünschte Kontakte oder eine problematische Weiterverwendung bergen. Deshalb sollten sich Eltern gut überlegen, ob und auf welche Art und Weise sie Kinderfotos im Netz und in sozialen Netzwerken verbreiten.

Öffentlich zugängliche Profile, Portale und Programme sind dafür nicht geeignet. Wenn Bilder veröffentlicht werden, sollten Kinder auf diesen Fotos nicht direkt erkennbar sein, sondern beispielsweise nur im Anschnitt, von hinten oder mit Sonnenbrille. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Fotos keine Kontextinformationen wie personenbezogene Daten zum Kind, Standortdaten oder Ähnliches enthalten. Zudem sollten Eltern regelmäßig die Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in ihren Social-Media-Profilen überprüfen. Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen sind absolut tabu!

Gute Routinen und Regeln

Mit dem Älterwerden sollten Heranwachsende in die Entscheidung einbezogen und gefragt werden, ob sie einverstanden sind, dass ein Foto von ihnen erstellt und geteilt wird. Kinder haben nicht nur ein gutes Bauchgefühl, sondern eben auch ein Recht darauf und lernen so, bewusst und souverän mit den Möglichkeiten digitaler Medien umzugehen. Hierbei ist auch noch einmal die Vorbildrolle von uns Erwachsenen angesprochen. Wenn wir uns verantwortungsvoll mit und in digitalen Medien bewegen, gute Routinen und Regeln in der Familie etablieren und auch mal ohne Smartphone zum Ausflug antreten, wird es eher gelingen, diese Handlungsweisen an unsere Kinder weiterzugeben. Und mal ehrlich: Ist nicht jeder Ausflug und jedes Erlebnis schöner, wenn die Familie mit allen Sinnen – und nicht mit allen Bildschirmen – dabei ist?

Dr. Iren Schulz ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“

Soziale Netzwerke – gehören Kinderbilder auf Insta und Co?

Soziale Netzwerke laden dazu ein, das eigene Leben mit dem Rest der Welt zu teilen. Dabei stehen Eltern oft vor der Frage: Kann ich ein Bild von meinem Kind posten? Mediencoach Iren Schulz rät zur Vorsicht.

Das Familienleben hält jede Menge aufregende, lustige und besondere Momente bereit. Und weil Eltern sich gern daran erinnern und stolz auf ihre Kinder sind, werden die Erlebnisse mit der Smartphone-Kamera festgehalten und in privaten oder eben auch öffentlichen Communities geteilt. Insbesondere soziale Netzwerke bieten eine Plattform. Auch wenn Eltern positive Gedanken dabei haben, übersehen sie leider, dass solches Bildmaterial im Prinzip für jede(n) zugänglich ist und in falsche Hände geraten kann.

Grundsätzlich muss man sagen, dass digitale Medien wie das Smartphone heute selbstverständlicher Bestandteil des Familienalltags sind und nicht nur bei der Organisation helfen, sondern auch eine Art Erinnerungskiste, Verbindungsschnur und Sammelalbum darstellen. Gleichzeitig ist aber die Kindheit eine besonders schützenswerte Lebensphase. Wir als Erwachsene tragen die juristische und erzieherische Verantwortung dafür, dass Kinder sicher und gut aufwachsen können.

Das Recht am eigenen Bild

Juristisch gesehen ist das zum Beispiel darüber geregelt, dass auch Heranwachsende ein Recht am eigenen Bild haben. Weil sie aber noch nicht selbst über die Veröffentlichung entscheiden können, sind Eltern gefragt, hier besonders sensibel und sorgsam zu entscheiden. Denn sicher ist, dass Kinderfotos im Netz das Risiko für unerwünschte Kontakte oder eine problematische Weiterverwendung bergen. Deshalb sollten sich Eltern gut überlegen, ob und auf welche Art und Weise sie Kinderfotos im Netz und in sozialen Netzwerken verbreiten.

Öffentlich zugängliche Profile, Portale und Programme sind dafür nicht geeignet. Wenn Bilder veröffentlicht werden, sollten Kinder auf diesen Fotos nicht direkt erkennbar sein, sondern beispielsweise nur im Anschnitt, von hinten oder mit Sonnenbrille. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Fotos keine Kontextinformationen wie personenbezogene Daten zum Kind, Standortdaten oder Ähnliches enthalten. Zudem sollten Eltern regelmäßig die Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in ihren Social-Media-Profilen überprüfen. Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen sind absolut tabu!

Gute Routinen und Regeln

Mit dem Älterwerden sollten Heranwachsende in die Entscheidung einbezogen und gefragt werden, ob sie einverstanden sind, dass ein Foto von ihnen erstellt und geteilt wird. Kinder haben nicht nur ein gutes Bauchgefühl, sondern eben auch ein Recht darauf und lernen so, bewusst und souverän mit den Möglichkeiten digitaler Medien umzugehen. Hierbei ist auch noch einmal die Vorbildrolle von uns Erwachsenen angesprochen. Wenn wir uns verantwortungsvoll mit und in digitalen Medien bewegen, gute Routinen und Regeln in der Familie etablieren und auch mal ohne Smartphone zum Ausflug antreten, wird es eher gelingen, diese Handlungsweisen an unsere Kinder weiterzugeben. Und mal ehrlich: Ist nicht jeder Ausflug und jedes Erlebnis schöner, wenn die Familie mit allen Sinnen – und nicht mit allen Bildschirmen – dabei ist?

Dr. Iren Schulz ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“

Ohne Body Shaming und Beziehungsängste: Wie Jugendliche einen gesunden Umgang mit digitalen Medien lernen

Digitale Medien können die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schädigen. Der Psychologe und Psychotherapeut Johannes Hepp gibt Anregungen, wie Eltern zu einem gesunden Umgang helfen können.

Sorgt die Digitalisierung für mehr psychische Erkrankungen?
Wirkliche Studien und Erhebungen gibt es dazu nicht, soweit ich weiß. Das sind auch immer fließende Übergänge. Ab wann reden Sie von einer psychischen Erkrankung? Das ist nicht so leicht zu bestimmen. Aber ich habe den Eindruck, dass die psychischen Belastungen mannigfacher und stärker geworden sind.

Und was sind dabei die größten Belastungen?
Bei Kindern und Jugendlichen stark verbreitet ist eine Abhängigkeit vom Smartphone und von Social Media. Hier gibt es Körperbild-Verzerrungen und Body Shaming. Und wir haben weniger reale Begegnungen. Die zwischenmenschliche Kommunikation und Dinge, die früher selbstverständlich waren im Umgang miteinander, führen immer häufiger zu Problemen bis hin zu Beziehungsängsten, weil vieles nur noch virtuell erlebt wird und im realen Alltag nicht trägt.

Aber war es in der harten Pandemiezeit nicht auch gut für die seelische Gesundheit gerade von Kindern und Jugendlichen, dass sie digitale Möglichkeiten hatten, um Kontakt mit Freunden zu halten?
Das war extrem wichtig. In den Lockdowns wären die psychischen Belastungen ohne die Möglichkeit, wenigstens digital miteinander zu kommunizieren, viel größer gewesen. Aber meine Patienten haben im Lockdown auch erkannt, wie irrsinnig es war, sich nicht mehr wirklich zu begegnen, als man es noch konnte. Nur stelle ich jetzt wieder einen schnellen Rückgang zur Norm, also zu dem Zustand vor der Pandemie fest. Und ich sehe ein weiteres Fortschreiten der Virtualisierung.

Was wäre denn Ihrer Meinung nach eine gute Strategie, mit digitalen Geräten umzugehen?
Das ist je nach Altersgruppe unterschiedlich zu betrachten. Bei Kindern und Jugendlichen geht es um die Begrenzung der Zeit, die sie sich in virtuellen Welten bewegen im Verhältnis zu dem, was sie real erleben und selbst erkunden. Der virtuelle Anteil ist ja auch gut. Kinder lernen viel online und haben da neue Möglichkeiten, aber es sollte nur ein kleiner Teil der Wachzeit sein. Sonst beeinträchtigt das die gesunde Entwicklung unserer Kinder. Aber das muss man schon sehr differenziert betrachten. Ich sehe das eine nicht nur als gut und das andere nicht nur als schlecht.

Haben Sie konkrete Tipps für Eltern?
Es braucht die intensive inhaltliche Auseinandersetzung der Eltern mit den Themen. Nicht alles ist schlecht und belastend. Instagram zum Beispiel ist für Töchter eine gefährliche Geschichte. Dass sie nicht ein Body Shaming, sondern ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Es gibt ja auch andere Möglichkeiten, virtuell zu kommunizieren, die nicht so bildhaft, nicht so körperorientiert sind. Die Eltern kommen heutzutage nicht mehr durch, indem sie sagen, du darfst nur zwei Stunden ins Internet. Auch zwei Stunden können zu viel sein, wenn ich auf den falschen Seiten bin. Deswegen braucht es eine Begleitung unserer Kinder und Jugendlichen durch Eltern, die die Unterschiede verstehen und auch die Mechanismen dahinter. Das war auch das Anliegen meines Buches, das Hintergrundwissen zu vermitteln, um differenzieren zu können: Was ist gut, was ist schlecht? Die Offenheit der Kinder und Jugendlichen ist viel größer, wenn sie das Gefühl haben, die Eltern können auch inhaltlich mitdiskutieren. Kinder müssen zum Beispiel wissen, welche Videospiele sie sich runterladen dürfen und welche nicht. Da kommen Sie mit reiner Altersbeschränkung nicht weiter. Ich musste mich auch inhaltlich damit beschäftigen. Ich habe bei meinen Jungs – 9 und 10 Jahre alt – festgestellt: Wenn das ein Spiel ist, wo es kein wirkliches Ende gibt, also nicht eine Runde, die man fährt und dann ist sie vorbei, sondern wenn das eine Level-Struktur hat, dann fällt es ihnen schier unmöglich schwer, aufzuhören. Am Ende hilft es nur, wenn unsere Kinder und Jugendlichen kompetent werden. Wenn Eltern selbst die ganze Zeit am Handy hängen, dann verhallt sowieso alles, was sie sagen. Zuerst müssen die Eltern das Thema für sich klären, dann können sie es verkörpern. Und es funktioniert längerfristig nur, wenn irgendwann die Jugendlichen das verinnerlicht und verstanden haben und anwenden können. Als Eltern können Sie denen ja nicht die ganze Zeit über die Schultern schauen und sehen, was sie mit ihrem Smartphone machen.

In Ihrem Buch verweisen Sie auch auf das Perfektionismus-Problem und den Wettstreit auf Social Media unter Eltern. Wie können sie gut damit umgehen, ohne sich von allem komplett auszuschalten?
Eltern müssen ihren eigenen Stil finden. Darin sehe ich das Hauptproblem an diesen Erziehungsforen und dem Austausch online. Da wird sehr viel behauptet, und man kann es nicht überprüfen. Wenn Sie das alles glauben, dann können Sie sich natürlich sehr verrückt machen. Wir müssen weniger vergleichen und vor allem weniger online vergleichen – Jugendliche beispielsweise in puncto Figur und Eltern in puncto Erziehungsperfektionismus.

Am Ende müssen wir alles glaubhaft verkörpern können und auch im eigenen Leben realisieren und vorleben lernen. Und die Außenwirkung weniger wichtig nehmen. Es geht nicht darum, wie toll andere meine Erziehung und meine Kinder finden, sondern darum, wie es allen geht.

Haben Sie jenseits des digitalen Themas Anregungen, was Eltern tun können, damit ihre Kinder und Jugendlichen seelisch gesund aufwachsen?
Jedes Kind braucht etwas anderes, deswegen kann ich diese Frage nicht allgemein beantworten. Der eine braucht einfühlende Förderung, dem anderen müssen stärker Grenzen gesetzt werden und so weiter. Darum sollte es den Eltern gehen. Also nicht: Was macht man und was sagt man in Chats und Foren, sondern: Was braucht mein Kind?

Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Bettina Wendland

Johannes Hepp ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in München. Er ist Autor des Buches: Die Psyche des Homo Digitalis (Kösel)

Was tun? Plötzlich benutzt Sohn (13) Beleidigungen seines Lieblings-YouTubers

Influencer beeinflussen Jugendliche ganz natürlich. Aber was tun, wenn sie sich auch schlechte Angewohnheiten abschauen?

„Mein Sohn (13) nutzt häufig Redewendungen, die er sich scheinbar von seinen Lieblings-YouTubern abgehört hat. Das sind zum Teil aber Formulierungen, die ich nicht okay finde, weil sie zum Beispiel abwertend sind. Wie kann ich da passend reagieren?“

Ich kann gut verstehen, dass Sie die eine oder andere kopierte Formulierung Ihres Sohnes als abwertend oder verletzend wahrnehmen. Und dass Sie sich wünschen, dass Ihr Sohn so nicht mit Ihnen oder anderen Menschen redet. Ich finde allerdings als ersten Schritt wichtig zu verstehen, dass er das vermutlich nicht macht, um jemanden bewusst abzuwerten, sondern um so zu sein wie sein Vorbild.

Kinder brauchen Vorbilder

Vorbilder sind für Teenager extrem wichtig, um eigene Positionen entwickeln zu können. Neben uns Eltern, die wir automatisch als Vorbild für unsere Kinder dienen, suchen sich Kinder spätestens mit dem Schulstart weitere Vorbilder. Das ist normal, gut und wichtig. Bei der Auswahl eines Vorbildes spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: eine wahrgenommene Ähnlichkeit, der wahrgenommene Erfolg des Vorbildes und die Überzeugung, dem Vorbild nacheifern zu können. Natürlich werden auch Sätze und Verhaltensweisen und häufig auch der Kleidungsstil und das Styling des Vorbildes kopiert.

Gleichzeitig lernen Teenager auch, sich mit ihrer eigenen Meinung gegen andere, wie auch ihre Vorbilder, abzugrenzen. Diese Fähigkeit, eine eigene Meinung zu haben, diese zu äußern und das eigene Verhalten zu reflektieren, muss sich Stück für Stück entwickeln. Dabei können Eltern ihre Kinder unterstützen, aber bitte nicht mit der Brechstange oder mit Verboten, sondern liebevoll und geduldig.

Gemeinsam Videos schauen

Eine Möglichkeit, mit Ihrem Sohn ins Gespräch zu kommen, wäre es, mit ihm gemeinsam ein Video seines Lieblings-YouTubers zu schauen. So zeigen Sie Interesse an dem, was Ihrem Sohn wichtig ist. Und Sie können herausfinden, in welchem Zusammenhang die Formulierungen im Original verwendet werden. Nach dem gemeinsamen Anschauen könnte folgende Frage ein Gespräch eröffnen: „Was fasziniert dich so an [Name vom Lieblings-YouTuber]?“ Jetzt gilt es, zuzuhören und die Meinung Ihres Kindes stehen zu lassen. Schätzen Sie wert, was Ihnen selbst imponiert hat.

Im Anschluss könnten Sie fragen: „Gibt es auch irgendwas, was du an [Name] oder an seinen Videos blöd oder komisch findest?“ Diese Frage führt dazu, dass Ihr Sohn die Videos seines Vorbildes bewusst reflektiert. Und selbst wenn er keine Antwort darauf hat oder alles gut findet, stößt es einen wichtigen Reflexionsprozess an. Anschließend können Sie selbst sagen, was Sie an dem Video irritiert hat, wie zum Beispiel die abwertenden Formulierungen.

Greifen Sie aber nicht das Vorbild Ihres Sohnes an, sondern helfen Sie Ihrem Sohn, seine eigene Meinung zu bilden und sein Verhalten zu reflektieren. Das ist sicherlich ein langsamerer Weg, als bestimmte Aussagen zu verbieten, aber gleichzeitig eine große Hilfe für Ihren Sohn, sich zu einer eigenständigen und selbstbewussten Person zu entwickeln.

Johannes Krupinski ist Referent für Teenager in einem Gemeindeverband. 

Medienkonsum: „Handys wegnehmen funktioniert heute nicht mehr“, sagt der Social-Media-Papa

Tobias Bücklein ist Vater des bekannten YouTubers Oskar (@dieseroskar). Im Interview berichtet der Pädagoge und Social-Media-Experte, wie Eltern ihre Kinder in den sozialen Netzwerken begleiten können.

Sie haben einen Ratgeber zum Umgang mit TikTok, Snapchat und Co. geschrieben. Warum meinen Sie, braucht es so etwas?
Ich glaube, es braucht einen Ratgeber, weil die Entwicklung dieser Plattformen so schnell gegangen ist, dass so etwas wie ein Erziehungsvakuum entstanden ist. Die Mittel, die meine Eltern bei mir und auch ich noch bei meinem älteren Kind angewandt haben, um den Medienkonsum zu regulieren, sind durch die Erfindung des Smartphones innerhalb kürzester Zeit stumpf geworden. Meine Eltern haben früher einfach den Fernseher ausgemacht, oder ich habe das Handy weggenommen. Das funktioniert heute nicht mehr.

Von Pornos bis Tötungsszenen ist alles zugänglich

Wieso nicht?
Früher war das Handy nur zum Telefonieren da. Heute vereint es viel mehr Möglichkeiten! Es findet ein Großteil unserer Kommunikation darüber statt. Wir benutzen es, um herauszufinden, wann der Bus fährt, um Nachrichten zu lesen, uns Wissen anzueignen. Man kann auf allen möglichen Kanälen jede Menge lernen und hat die Möglichkeit, sich auszudrücken und auch Resonanz dafür zu bekommen.

Es gibt aber auch Gefahren. Welche sind das Ihrer Meinung nach?
Eine völlig unterschätzte Gefahr ist, dass viele Apps die Funktionsweisen unseres Gehirns ausnutzen: Sie analysieren, was wir gern mögen, und bieten uns exakt das immer wieder an. Das Prinzip ist, dass man so lange wie möglich auf dieser Plattform bleibt, die dafür wiederum Geld bekommt. Eine weitere Gefahr ist, dass heute alle möglichen Inhalte frei zugänglich sind: von den besten Tötungsszenen bis hin zu Pornos.

Die drittgrößte Gefahr ist die einseitige Wahrnehmung. Wenn man auf Instagram unterwegs ist, bekommt man den Eindruck, dass die Wirklichkeit nur aus gutaussehenden, perfekten Menschen besteht, die immer Erfolg und gute Laune, aber nie Stress haben. Die Gefahr ist, dass man anderen dabei zuguckt, wie sie ein perfektes Leben führen, und dabei selbst sein eigenes Leben vergisst oder als minderwertig betrachtet. Hinzu kommen Gefahren wie Kosten oder Urheberrechts-Fallen.

Eltern sollten Bescheid wissen

Wie können Eltern ihre Kinder vor diesen Gefahren schützen?
Das größte Problem ist, dass Eltern oftmals keine Ahnung haben. Entweder erlauben sie den Kindern alles oder aber sie verbieten alles, weil es ihnen gefährlich erscheint. Die sozialen Medien sind wie eine Großstadt: Da gibt es Kindergärten, Schulen, Parks, Spielplätze, schöne Geschäfte. Es gibt aber auch Puffs, Drogendealer und Gewalt. Sie können das Kind weder einsperren und ihm verbieten, sein Viertel zu verlassen, noch es nachts allein rausschicken. Sie sind dafür zuständig, Ihrem Kind den Weg durch die Großstadt zu zeigen! Dafür müssen Sie es aber auch kennen.

Eltern sollten sich unbedingt damit auseinandersetzen und eine Haltung dazu haben: Was für Werte will ich meinem Kind vermitteln? Und inwieweit wird es durch die Anwendungen unterstützt oder gefährdet? Kommen Sie darüber auch mit Ihren Kindern ins Gespräch, fragen Sie, warum sie welche Anwendung gern nutzen und scheuen Sie sich nicht, mit ihnen zusammen Neues auszuprobieren.

Interview: Ruth Korte

Ist das wahr oder ein Fake?

In Sozialen Netzwerken kursieren viele „Fake News“, also bewusste Falschmeldungen. Erst kürzlich erreichte ein vermeintliches Zitat der Bundeskanzlerin Zehntausende Menschen. Angela Merkel soll gesagt haben, dass Geflüchtete bei der Essensausgabe an Bedürftige zu bevorzugen seien. Die verbreitete Aussage war bewusst gefälscht, um Hass auf Geflüchtete zu befeuern. Die Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ empfiehlt Eltern, ihren Kindern frühzeitig zu erklären, wie sie Fake News erkennen können.

Während Kinder sich als „Surfanfänger“ vor allem für spielerische Inhalte interessieren, nutzen sie das Internet mit zunehmenden Alter, um mehr über aktuelle Ereignisse zu erfahren. Laut JIM-Studie 2017 informieren sich mehr als die Hälfte der 12- und 13-Jährigen täglich oder zumindest mehrfach pro Woche bei YouTube. 68 Prozent googlen ebenso häufig nach News. Heutzutage dienen auch Soziale Netzwerke als Informationsquelle. Gerade hier ist das Risiko im Vergleich zu klassischen Medien höher, auf Falschmeldungen zu treffen. Fake News sind manipulierte Nachrichten, erfundene Geschichten oder aus dem Kontext gerissene Meldungen. Sie können das Weltbild langfristig negativ beeinflussen.

Mehrere Quellen vergleichen
„Es zeigt sich immer wieder, dass auch viele Erwachsene Meldungen glauben, ohne die Quellen zu prüfen“, sagt SCHAU HIN!-Mediencoach Kristin Langer. „Umso wichtiger ist es, möglichst frühzeitig entsprechende Kompetenzen zu vermitteln.“ Nur weil eine Nachricht in Sozialen Netzwerken oft geteilt wurde, heißt das nicht, dass die Informationen auch wahr sind. Am besten prüfen Eltern mit ihrem Kind gemeinsam anhand eines Beispiels: Ist der Beitrag besonders reißerisch geschrieben, indem er bewusst gegen andere Stimmung macht? Werden vor allem Emotionen geweckt oder drastische Bilder verwendet? Gibt es andere Quellen, die Zitate oder Informationen bestätigen?

Oft haben schon andere Nutzer den Beitrag als „Fake“ entlarvt und warnen davor. „Es ist gut, wenn Eltern ihr Kind ermutigen, kritisch zu sein“, sagt Kristin Langer. „Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, hilft es, andere Meldungen zum Thema zu lesen und zu vergleichen.“ Eltern können Kinder zu Nachrichtenportalen wie logo.de führen, die zuverlässig geprüfte Nachrichten veröffentlichen.

Nicht immer drehen sich Fake News um politische Ereignisse oder ähnliche gesellschaftliche Entwicklungen. Populär sind auch gefälschte Gewinnspiele, die nur dem Datensammeln dienen. Oder absurde Meldungen zu beliebten Sozialen Netzwerken und Apps wie Facebook und WhatsApp, etwa über zukünftige Nutzungskosten. Die Seite www.mimikama.at informiert darüber, welche Fake News gerade kursieren und was dahintersteckt.

Ausführliche Tipps gibt es bei SCHAU HIN! auf www.schau-hin.info/informieren/medien/surfen/wissenswertes/fake-news.html . Anlaufstellen sind auch klicksafe.de, Hass im Netz und sogehtmedien.de.

„SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der beiden öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF sowie der Programmzeitschrift TV SPIELFILM. Der Medienratgeber für Familien unterstützt seit 2003 Eltern und Erziehende dabei, Kinder im Umgang mit Medien zu stärken.

„Ich werde YouTube-Star“

Immer mehr Teens nennen als Traumberuf „YouTube-Star“. Das Video-Portal und mit ihm andere soziale Netzwerke wie Instagram spielen eine zentrale Rolle im Leben von Kindern und Jugendlichen. Was macht die Faszination aus? Family-Redakteurin Bettina Wendland hat sich auf den Videos Days in Köln, einem Festival der YouTube-Stars, umgeschaut und umgehört.

Noch ist die Halle der Lanxess Arena leer. Die Techniker checken die Light-Show. Im Pressebereich spricht „YouTube-Dino“ Christoph Krachten über die Geschichte und die Entwicklung der Video Days. Gestartet als Treffen einiger weniger YouTuber und ihrer Fans 2010 im Rahmen der Spielemesse Gamescom haben sich die VideoDays zum eigenständigen Event und zu Europas größtem YouTuber-Festival entwickelt. Das hängt natürlich mit der wachsenden Bedeutung zusammen, die YouTube hat – vor allem für Teens.

Und so bevölkern bei den VideoDays überwiegend Teenager die Halle. Ein paar jüngere Kids sind auch dabei, damit auch nicht wenige Eltern. Aber sonst ist kaum jemand über 20. Auch auf der Bühne nicht. Wenn doch, meint er, sich dafür entschuldigen und selbst als „YouTube-Opa“ bezeichnen zu müssen.

Die Vielfalt von YouTube kommt bei den VideoDays nicht wirklich zum Tragen. So ist das Bühnenprogramm am Donnerstag geprägt von Music-Acts. Dabei ist bei der künstlerischen Qualität eine größere Bandbreite zu verzeichnen als beim Musikstil. Vieles klingt mainstreamig, nur weniges unverwechselbar. Und die Begeisterung der überwiegend weiblichen Fans hängt kaum mit der Qualität der Performance zusammen. Sänger, die durch eine starke Stimme auffallen, bekommen weniger Bühnenzeit und Jubel als so mancher Headliner, dessen Stimme durch Hall und sonstige Effekte so unterstützt wird, das gewisse Schwächen nicht so ins Gewicht fallen.

Aber in welcher Generation spielte die musikalische Qualität schon eine Rolle für Fans im Teenager-Alter? Manche YouTuber haben es immerhin auch schon ins klassische Musikbusiness geschafft, haben Plattenverträge und machen Konzerte. Sie inszenieren sich aber immer noch gern als YouTube-Stars.

Warum ist das Konzept YouTube so erfolgreich? Ich denke, es liegt an der gefühlten Nähe zu den Fans. Viele YouTuber sind eigentlich der Junge oder das Mädchen von nebenan, das durch kreative Videos, geschicktes Marketing und sicher auch so manchen Zufall erfolgreich wurde. Auf YouTube und andere sozialen Kanälen kann man direkt mit den Stars in Kontakt treten. Sie retweeten oder teilen die Posts und Fotos ihrer Fans und geben ihnen damit eine stärkere Bedeutung als das im klassischen Musikgeschäft möglich ist. Der Übergang vom „normalen“ Teenie, der seine laienhaften Videos hochlädt, zum bekannten und gefeierten YouTube-Star ist fließend. Und damit in scheinbar greifbarer Nähe.

Das stellt manche Eltern vor die Frage, was sie erlauben sollen. Keine Mutter, kein Vater möchte die Kreativität seines Kindes beschränken. Aber kann man erlauben, dass eine 12-Jährige Videos aus ihrem Kinderzimmer in den unergründlichen Weiten des Internet veröffentlicht? Hut ab vor allen Eltern, die sich hier mit ihren Kindern produktiv und mit viel Interesse auseinandersetzen.

Überhaupt muss ich ein fettes Lob an die Mamas und Papas aussprechen, die ihre zumeist jüngeren Teens und Kids zu den VideoDays begleitet haben. Mal abgesehen von den Kosten fürs Ticket haben sie sich nicht gescheut, sich unter kreischende Teens zu mischen, allzeit bereit, ein Foto ihres Kindes mit einem YouTube-Star zu machen, dessen Namen sie möglicherweise noch nie gehört haben. Sie haben manchen mittelmäßigen Auftritt ertragen, aber immerhin auch ein paar musikalische Highlights erlebt. Und sie haben vor allem etwas gemeinsam mit ihren Kids oder Teens erlebt! Und auch wenn die das nicht immer so deutlich ausdrücken – ich bin sicher, dass sie dafür dankbar sind.

Bettina Wendland, Redakteurin Family/FamilyNEXT