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„Wenn ich jetzt sterbe, höre ich nie wieder Bäume rauschen“: Till erzählt von seiner Angst vor dem Tod

Till Pfaff fürchtet sich unglaublich davor zu sterben. Jahrelang helfen nur Antidepressiva in höchster Dosis. Hier erzählt er seine Geschichte.

Ich bin Till, 40 Jahre alt. Ich habe Angst vor dem Tod.

Opa schläft

Es ist der 22. September 1985. Ich bin sechs Jahre alt und gerade eingeschult worden, ein kleiner blonder Frechdachs, aufgeweckt und sensibel. Wir wohnen seit Kurzem neben Oma und Opa im alten Schweinestall ihres stillgelegten Bauernhofes. Mein lieber Opa, der mich immer mit in den Wald nimmt, auf die Pirsch mit seinen Jagdhunden, der mir die heimische Pflanzenwelt erklärt und mich bei seinen Freunden stolz präsentiert, mich liebevoll auf den Schoß nimmt, ist im Krankenhaus, weil er operiert werden muss. Nichts Schlimmes, soweit ich weiß. Ich soll mit den anderen Enkelkindern ins Zimmer meiner Schwester kommen. Meine Mutter und meine Tante wollen uns etwas erzählen. Wir sitzen auf dem Bett und hören gespannt zu: „Opa ist eingeschlafen. Er war zu schwach und hat die Operation nicht überstanden. Er ist tot.“

Es ist 2019, Weihnachten. Fünf Monate Online-Therapie liegen hinter mir. Meine Therapeutin hilft mir, mich meiner Angst vor dem Tod zu stellen. 34 Jahre voller Fragen: Wie ist der Tod? Wie fühlt es sich an, wenn ich keinen Körper mehr habe, den ich steuern kann? Geht es Opa und den anderen inzwischen verstorbenen Menschen, die ich lieb habe, gut? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Kommt die Seele durch den Sarg, wenn ich begraben werde?

Die Brust zugeschnürt

Niemand in meiner Familie oder meinem Freundeskreis kann sich vorstellen, dass ich unter Ängsten leide. Ich bin ein geselliger Typ, der gern feiert und Quatsch macht. Humor ist meine Superkraft! Das Gefühl der Machtlosigkeit überkommt mich jedoch, wenn ich allein bin.

Ich stehe als Erster auf dem Fußballplatz, bin etwa 18 Jahre alt und wärme mich auf. Plötzlich die Frage: Was, wenn ich jetzt sterbe? Ich stoße einen leisen Schrei aus, um der plötzlichen Beengung in meinem Brustkorb ein Ende zu machen. Meine Mitspieler kommen auf den Platz. Niemand merkt etwas.

Es ist 2007. Wir haben seit August eine Tochter. Meine Frau macht mich darauf aufmerksam, dass ich im Schlaf immer mehr seufzen und „jiffeln“ würde. Sie ist der erste Mensch, mit dem ich – immerhin 22 Jahre nach Opas Tod – über meine Angst spreche. Ich suche mir einen Therapeuten, der allerdings keinen Zugang zu mir findet und mich mit Beerdigungsritualen gleich in der zweiten Sitzung überfordert. Die Angst bleibt, die Therapie liegt für die nächsten Jahre brach, da mein Vertrauen in eine solche Maßnahme erloschen ist. Immerhin: Ich bekomme nun ein Antidepressivum, das die Symptome bekämpft und in der höchsten Dosierung zu helfen scheint.

Der Angst auf der Spur

Herbst 2019: Ich halte es inzwischen mit Humboldt, der gesagt hat: „Was dir Angst macht, das erforsche.“ Anna, meine Frau, und ich sind auf dem Heimweg von einem Besuch bei Freunden. Ich fasse den Mut, ihr endlich genauer zu erzählen, was mich bedrückt und ängstigt. Das hätte ich längst tun sollen. Wir sprechen darüber, wie wir uns den Tod vorstellen, wie wir bestattet werden wollen. Ein kleiner Knoten im Geflecht meiner Angst löst sich.

Ich bin Anfang 20, fahre allein mit dem Auto durch die Gegend, an einem Wald vorbei, in dem ich hin und wieder jogge. Aus dem Nichts kommt das beklemmende Gefühl, dass ich den Wald, wenn ich jetzt sterbe, nie wieder sehen, die Bäume bei Wind rauschen hören oder die Tannennadeln riechen könnte. Hilflosigkeit! Ich fahre an den Rand, schreie, flehe zu Gott. Mit Menschen teile ich meine Angst nicht. Ich will kein „Psycho“ sein!

Spätsommer 2008, das Telefon klingelt, der Pastor. Ich hätte doch eine besondere Verbindung zur Kirche, sagt er. Ob ich nicht Lust hätte, im Kirchenvorstand mitzuarbeiten, fragt er. Er hat ja einen ganz guten Draht „nach oben“, denke ich. Warum nicht, frage ich mich und sage zu. Der Einsatz in der Kirchengemeinde, die Gemeinschaft mit Menschen, die im Glauben verbunden sind, die vielen neuen Menschen in meinem Umfeld und vor allem die intensive Auseinandersetzung mit den Geschichten der Bibel geben mir Kraft. Die Angst ist noch da, aber auch eine neue Möglichkeit, mich ihr zu stellen. Ich kann im Laufe der Jahre die Dosierung meines Medikaments um die Hälfte reduzieren. Gott sei Dank!

Gespräch mit Oma

Mit meiner Mutter sitze ich im November 2019 an ihrem Wohnzimmertisch. Ich habe Fragen. Wie stelle ich die nur, ohne ihr das Gefühl zu geben, ihr Vorwürfe zu machen? Sie weiß, dass es um Opas Tod geht. Ich muss das aufräumen, Fragen loswerden. Meine Wahrnehmung der Situation 1985 scheint zu stimmen. Ich lerne, dass Oma nicht wollte, dass sich jemand – auch nicht die Kinder – vom toten Opa verabschiedet. Was, wenn sich das Bild des toten Opas an die Stelle der positiven lebendigen Erinnerungen gestellt hätte? Davor hatte sie Angst. Niemand hat das in Frage gestellt. Im Trauergottesdienst hatten Kinder damals nichts zu suchen. Tod – ein Tabuthema! Mein Angstthema!

Während meiner Therapie stoße ich auf kleine Texte, die mir Mut machen. In einem heißt es, dass man sich in einer fremden Stadt verloren fühlt. Aber wenn ich in dieser Stadt nur einen Menschen kenne, der mich an die Hand nimmt und mir die Stadt zeigt, dann bin ich nicht mehr verloren. So ist es auch mit dem Tod. Jesus wartet auf mich und nimmt mich an die Hand. Mir gefällt dieser Vergleich.

Sprechen hilft zu leben

Als Kind habe ich nicht viele Fragen gestellt. Ab und zu mal gefragt, wo Opa jetzt ist. „Mein lieber Opa!“, hab ich immer gesagt, gefehlt hat er mir schon, vielleicht mehr als den anderen Kindern. Auffällig ist, dass ich ansonsten eher unauffällig war. Ich habe das mit mir ausgemacht, allein. Nah am Wasser gebaut war ich während meiner gesamten Kindheit. Manchmal war ich besonders albern, habe „schwierige Situationen“ mit Humor überspielt. Das Tabu, über Angst und Tod zu sprechen, war für mich – aus heutiger Sicht – immer präsent. Endlich kann ich darüber sprechen. Ich bin erleichtert.

Charlotta ist inzwischen 12 Jahre alt. Sie verbringt auf eigenen Wunsch ein halbes Jahr in Frankreich, lernt dort nicht nur eine andere Sprache kennen. Sie ist so mutig! Ich bin stolz, dass meine Tochter so stark ist. Und wenn sie mal auf ein Problem stößt – 1.500 km von zu Hause entfernt –, dann betet sie.

Oma stirbt

Ich merke, wie ich ein Stück loslassen kann. Wenn ich jetzt von einem Bus überfahren werde, dann hinterlasse ich eine selbstbewusste Tochter, die ihren Weg durchs Leben finden wird. Das haben Anna und ich gut gemacht. Ich beschließe mit meiner Therapeutin, die Dosis meines Antidepressivums zu halbieren.

10. September 2011: Oma ist tot, friedlich eingeschlafen in ihrem Geburtshaus. Sie liegt in ihrem Pflegebett, starr, mit einem Lächeln im Gesicht. In den Gottesdienst möchte Charlotta nicht mitkommen. Sie hat Uroma ja schon „Tschüs“ gesagt, als Pastor Hansen sie zu Hause ausgesegnet hat. Das war schön. Und wenn doch noch einmal die Trauer zurückkommt, lässt sie es einfach raus, stellen wir später fest. Ich bin etwas neidisch.

Kein Antidepressivum mehr

Was mir wohl geholfen hätte damals? Ein persönlicher Abschied? Der Hinweis, dass ich mich an Gott wenden darf? Die Aufmerksamkeit meiner Familie? Die Begleitung meiner Trauer durch Fachkräfte?

2020 steht vor der Tür. Seit 12 Tagen nehme ich kein Antidepressivum mehr. Verlorene Emotionen kämpfen sich – manchmal unkontrollierbar – in mein Leben zurück. Sind das Tränen? Die habe ich lange nicht auf meinen Wangen gespürt. Ich habe Menschen um mich, die mich lieben und verstehen, mir zuhören.

Ich bin Till, 40 Jahre alt. Ich bin mutig.

Was wird aus meinen Kindern, wenn …?

Dass die Eltern sterben, wenn die Kinder noch klein sind, mag sich niemand gern vorstellen. Wer aber gut vorsorgen möchte, sollte sich damit auseinandersetzen, was dann mit den Kindern passiert. Hilfreiche Tipps gibt der Rechtsanwalt Stephan Lang.

Für meine Kinder tu‘ ich alles!“ – Würde man eine Umfrage unter Eltern durchführen, kann man sich sicher sein: Fast alle Befragten würden dieser Aussage vollständig zustimmen. Warum sonst geben Eltern für den Kinderwagen der neugeborenen Tochter gut und gerne 900 Euro aus, finanzieren dem neunjährigen Sohn eine Gitarre mit Verstärker, den Gitarrenunterricht, übernehmen selbstverständlich die Fahrten zum Unterricht, außerdem zum Fußballtraining und zur Englisch-Nachhilfe und schließen für die älteste Tochter einen Bausparvertrag ab? Für die Kinder ist das Beste grade gut genug!

Deutlich schwerer fällt es Eltern jedoch, auch für unangenehme Lebenssituationen vorzusorgen. Insbesondere junge Eltern tun sich hiermit eher schwer. Die Frage: „Was wird aus meinen Kindern, wenn ich mal nicht mehr da sein sollte?“, verdrängen sie dabei meist. Immerhin tritt dieser Fall statistisch gesehen meist erst im höheren Lebensalter ein. Aber dann sind die Kinder in der Regel selbst erwachsen und unabhängig. Eltern, die „alles für ihr Kind tun“, sollten sich allerdings frühzeitig auch mit solchen unangenehmen Fragen auseinandersetzen.

Die Frage, wer sich im Falle des Todes oder anderweitiger Verhinderung der Eltern um die Kinder kümmert, ist im Familienrecht geregelt. Das Gesetz spricht vom Sorgerecht. Dieses steht meist mit der Geburt des Kindes beiden Elternteilen gemeinsam zu. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen von Geburt an nur ein Elternteil für das Kind sorgeberechtigt ist. Durch verschiedene Umstände kann das Sorgerecht eines Elternteils im Übrigen auch entfallen beziehungsweise ruhen, etwa wenn der Elternteil geschäftsunfähig ist oder das Familiengericht feststellt, dass er die elterliche Sorge nicht ausüben darf. Die Ausgangssituation (Wem steht das Sorgerecht zu dem Zeitpunkt zu, zu dem ein Elternteil ausfällt?) ist von entscheidender Bedeutung für die Fragen, wer das Sorgerecht ab diesem Zeitpunkt erhält:

FALLKONSTELLATION 1: GEMEINSAMES SORGERECHT BEIDER ELTERNTEILE

Sind beide Elternteile für ein minderjähriges Kind gemeinsam sorgeberechtigt und verstirbt einer der beiden Elternteile, so steht das Sorgerecht dem überlebenden Elternteil zu (§ 1680 Abs. 1 BGB). Dies gilt unabhängig davon, ob die Eltern zusammen oder getrennt leben beziehungsweise verheiratet oder geschieden sind. Alleine von Bedeutung ist die Tatsache, dass beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt waren.

Sind beide Elternteile für ein minderjähriges Kind gemeinsam sorgeberechtigt und versterben beide Elternteile beziehungsweise wird ihnen das Sorgerecht entzogen, wird von Amts wegen, also auch ohne Antrag, durch das Familiengericht eine Person als Vormund bestellt (§ 1773 Abs. 1 BGB). Dieser hat dann sowohl das Recht als auch die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Die landläufige Auffassung, wonach in einem solchen Fall die Paten „einspringen“ und die Erziehung und Pflege übernehmen, hat im Gesetz keine Grundlage.

Die Bestellung des Vormunds erfolgt nach dem Ermessen des Familiengerichts. Hierbei muss es allerdings den mutmaßlichen Willen der Eltern, die persönlichen Bindungen des Kindes (Mündel), die Verwandtschaft oder Schwägerschaft sowie das religiöse Bekenntnis des Kindes berücksichtigen. Hierzu soll das Familiengericht Verwandte des Kindes anhören (§ 1779 Abs. 2 und 3 BGB).

Tipp: Ein schriftlich festgehaltener Wille der Eltern hinsichtlich der Frage, wer Vormund werden soll, hilft dem Familiengericht bei der Auswahl des Vormunds erheblich weiter, selbst wenn er nicht in der erforderlichen Form verfasst ist.

FALLKONSTELLATION 2: ALLEINIGES SORGERECHT EINES ELTERNTEILS

Von der ersten Konstellation zu unterscheiden ist der Fall, in dem nur einem Elternteil das Sorgerecht für das Kind zusteht, sei es, weil ein Elternteil bereits verstorben ist, oder weil das Sorgerecht schon immer nur einem Elternteil zustand. „Allein sorgeberechtigt“ ist nicht gleichbedeutend mit „alleinerziehend“. Elternteile können gleichzeitig alleinerziehend (also die tatsächliche Erziehung und Pflege des Kindes übernehmen), aber gemeinsam (mit dem getrennt lebenden Elternteil) sorgeberechtigt sein.

Stirbt der allein sorgeberechtigte Elternteil oder ist er verhindert, die elterliche Sorge auszuüben, so bestellt auch hier das Familiengericht einen Vormund. Lebt der andere, nicht sorgeberechtigte Elternteil noch, so hat das Gericht das Sorgerecht auf den überlebenden Elternteil zu übertragen (§ 1680 Abs. 2 BGB). In zwei Fällen wird das Gericht jedoch hiervon absehen: Zum einen, wenn dies dem Wohl des Kindes widerspricht, und zum anderen, wenn die sorgeberechtigte Person eine Anordnung für diesen Fall getroffen hat.

Tipp: Gerade für diesen Fall sind die Vorsorgemöglichkeiten des sorgeberechtigten Elternteils von großer Bedeutung. Sorgeberechtigte können nicht nur festlegen, wer Vormund des Kindes werden soll, sondern auch, wer als Vormund ausgeschlossen werden soll (siehe unten).

VORSORGEMÖGLICHKEITEN

In bestimmten Fällen widerspricht die gesetzliche Regelung möglicherweise dem, was für die eigene Familienkonstellation sinnvoll ist. Wie in anderen Bereichen gibt es auch hier die Möglichkeit, für den Fall der Fälle Vorkehrungen zu treffen: Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Eltern für den Fall, dass ihr Kind einen Vormund braucht, eine Person als Vormund benennen können. Eine solche Vormundbenennung (sog. Vormundverfügung gem. §§ 1776, 1777 BGB) muss allerdings in der vorgeschriebenen Form einer letztwilligen Verfügung verfasst werden (§ 1777 Abs. 3 BGB).

Tipp: Form der „letztwilligen Verfügung“ bedeutet, dass die für ein Testament erforderliche Form eingehalten werden muss: Das Dokument muss handschriftlich verfasst und unterschrieben sein (§ 2247 BGB) oder vor einem Notar verfasst werden (§ 2232 BGB). Bei gemeinsamen letztwilligen Verfügungen durch Ehegatten genügt es, wenn ein Ehegatte das Dokument handschriftlich aufsetzt und der andere Ehegatte unterschreibt (§ 2267). Um Fehler zu vermeiden, lohnt es, sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Notar beraten zu lassen.

Möglich ist, dass Eltern gemeinsam für mehrere Kinder einen gemeinsamen Vormund oder auch ein Ehepaar als Vormünder bestellen (§ 1775 BGB). Sollten beide Elternteile verschiedene Personen benennen, ist die zuletzt genannte Person maßgeblich (§ 1776 Abs. 2 BGB).

Das Familiengericht ist an eine Benennung durch die Eltern auch grundsätzlich gebunden und kann nur in Ausnahmefällen die benannte Person übergehen. Dies ist insbesondere nur möglich, wenn die Person als Vormund nicht geeignet ist, weil sie minderjährig oder geschäftsunfähig ist oder durch die Benennung das Kindeswohl gefährdet würde (§§ 1778 ff. BGB). Hat das Gericht eine Person als Vormund bestellt, kann diese wiederum nur in Ausnahmefällen die Übernahme der Vormundschaft ablehnen (§ 1785 ff. BGB).

ALLEINE SORGEBERECHTIGTER ELTERNTEIL

Alleine Sorgeberechtigte haben unter Umständen ein Interesse daran, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil im Fall der Fälle nicht Vormund des gemeinsamen Kindes wird. Durch eine Vormundverfügung kann auch für diesen Fall der nicht sorgeberechtigte Elternteil als Vormund ausgeschlossen werden (§ 1782 BGB).

Tipp: Um dem Gericht diese Entscheidung leicht zu machen, empfiehlt es sich, ausführlich und nachweisbar zu begründen, warum der andere Elternteil als Vormund nicht geeignet ist, etwa weil durch die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn das Wohl des Kindes gefährdet würde.

GEMEINSAM SORGEBERECHTIGTE, GETRENNT LEBENDE ELTERN

Eltern, die gemeinsam sorgeberechtigt sind, jedoch getrennt leben oder geschieden sind, können nicht verhindern, dass der überlebende Elternteil das Sorgerecht für das Kind erhält, sollte der andere sterben oder verhindert sein, die elterliche Sorge auszuüben. Ein Ausschluss des anderen Elternteils, wie bei alleine sorgeberechtigten Elternteilen, ist nicht möglich.

Tipp: Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern können jedoch in ihrem jeweiligen Testament festlegen, dass der Nachlass, welcher der verstorbene Elternteil dem minderjährigen Kind hinterlässt, nicht der Vermögenssorge durch den überlebenden Elternteil unterliegt (§ 1638 BGB). Das hat zwar nicht zur Folge, dass dem überlebenden Elternteil die Personensorge für das gemeinsame Kind entzogen wird, allerdings hat dieser dann keinen Zugriff auf das dem Kind hinterlassene Vermögen.

Stephan Lang ist Fachanwalt für Familienrecht in Mittelhessen. Er ist seit 21 Jahren glücklich verheiratet und hat fünf Kinder.

Ein Monster unterm Bett

„Unser Sohn (4) kommt nachts immer in unser Bett, weil ein Monster unter seinem Bett ist. Wie gehen wir richtig mit seiner Angst um, und wie können wir ihm helfen?“

Zuerst einmal ist es wichtig, die Angst ernst zu nehmen, auch wenn Sie sich nicht erklären können, wo sie herkommt. Dann sollte Ursachenforschung betrieben werden, um mit der Angst umzugehen. Fragen Sie Ihr Kind am Tag danach, ob es das Monster beschreiben und vielleicht auch malen kann. So ist die Angst nicht mehr abstrakt. Zeigen Sie ihm aber auf keinen Fall Bilder von Monstern, das schürt die Angst nur unnötig!

DAS MONSTER VERJAGEN

Vielleicht wird hierbei schon klar, woher die Angst kommt. Wenn nicht, fragen sie nach: Wo kommt es her? Was will es von dir? Und die wichtigste aller Fragen: Wie können wir es bekämpfen oder verschwinden lassen? Wovor hat das Monster Angst? Was mag es gar nicht? Wenn sich Ihr Kind damit auseinandersetzt, lernt es Lösungswege kennen, die ihm auch in anderen Situationen helfen können. Wenn das Gespräch Ihr Kind zu sehr aufwühlt, machen Sie eine Pause, lassen Sie es spielen und greifen das Thema später wieder auf. Fragen Sie auch im Kindergarten nach, vielleicht können die Erzieherinnen oder andere Eltern Ihnen beim Forschen helfen.

Besprechen Sie beim Abendessen, was Ihrem Kind helfen kann, die Nacht in seinem Bett zu verbringen. Und was helfen kann, das Monster zu verjagen oder zu verhindern, dass es kommt. Gehen Sie auf die Vorschläge ein und setzen Sie diese mit Ihrem Kind zusammen um. Falls es selbst keine Vorschläge bringt, schlagen Sie einiges vor: die Tür öffnen, das Licht anlassen oder eine schützende Höhle bauen. Wenn nichts hilft, geben Sie ihm als letzten Ausweg die Möglichkeit, dass es Sie rufen kann und Sie dann bei ihm im Zimmer schlafen. So wird die Routine, ins Elternbett zu kommen, durchbrochen und Sie zeigen ihm andere Wege auf, mit der Situation umzugehen.

MEHR NÄHE?

Wenn Sie einen Lösungsweg besprochen haben, machen Sie daraus ein Ritual für die Bettgehzeit. Führen Sie das neue Ritual jeden Abend für mindestens drei Wochen durch. Wenn Ihr Sohn es dann noch nicht schafft, allein in seinem Bett zu bleiben, oder wenn ständig neue Monster auftauchen, sollten Sie noch einmal das Gespräch mit ihm suchen. Es kann sein, dass er einfach bei Ihnen sein möchte. Vielleicht macht er gerade einen Entwicklungsschritt und braucht dabei mehr Nähe als sonst.

Ihr Bedürfnis nach erholsamen Schlaf dürfen Sie hierbei aber nicht außer Acht lassen! Vielleicht können Sie vereinbaren, dass er an bestimmten Tagen oder erst ab einer gewissen Uhrzeit zu Ihnen ins Bett kommen darf. Eventuell müssen Sie auch darüber nachdenken, wie Sie Ihren Alltag etwas entschleunigen können, um entspannt, konstant und mit voller Aufmerksamkeit Zeit mit Ihrem Kind verbringen zu können.

Anika Sohn ist Erzieherin aus Eggenstein bei Karlsruhe und Autorin des Buches „Kleine Räume – großer Spaß“.

 

Ein bisschen Helikopter …

… sind wir Eltern doch alle, oder? Ich denke, jede Mutter, jeder Vater hat so seine Bereiche, wo er oder sie mehr als andere das Kind kontrolliert, beobachtet oder zu sehr unterstützt. Aber dabei darf man sich bloß nicht erwischen lassen. Helikoptereltern-Bashing ist nämlich sehr beliebt. Zum Schulstart gab es in allen Medien Artikel und Berichte über Eltern-Taxis. Und dabei wird gern pauschal geurteilt. Ja, ich finde auch, dass mehr Kinder zu Fuß zur Schule gehen sollten. Ja, auch bei Regen! Aber für manche Kinder und Eltern ist es eben nicht machbar. Das interessiert aber keinen. Schnell sind es „die Eltern von heute“, die ihre Kinder nicht loslassen können, die ihrer Selbstständigkeit im Weg stehen und sich nur von Angst leiten lassen.

Bei Facebook kursieren Posts, in denen romantisch verklärt von der tollen Kindheit „damals“ die Rede ist, als die Kinder noch auf der Straße spielen durften. Wenn ich auf unsere – zugegebenermaßen verkehrsberuhigte – Straße blicke, sehe ich dort mehr Kinder als „damals“ bei uns. Ängstliche Mütter gab es immer schon …

Ich denke, es ist gut und sinnvoll, sich immer mal wieder zu hinterfragen: Gibt es Bereiche, in denen ich mein Kind überbehüte? Wo müsste es eigentlich selbstständiger sein? Wie kann ich es darin noch mehr unterstützen? Und es ist gut, sich der eigenen Ängste immer mal wieder bewusst zu werden.

Aber die meisten Eltern machen ihren Job gut. Meiner Beobachtung nach sind „echte“ Helikoptereltern eindeutig in der Minderheit. Wie letztens beim Schul-Staffel-Lauf im Rahmen eines Halbmarathons. Viele hundert Kinder haben hier mitgemacht. Mein Sohn auch. Ja, ich hatte vorher die Sorge, dass er zu schnell losrennt und dann seine Teilstrecke nicht schafft. Aber ich habe ihn fröhlich loslaufen lassen und war stolz, als er nach einer halben Stunde wieder am Wechselpunkt ankam. Umso erschrockener war ich, als ich einen Vater sah, der neben seinem 11-jährigen Sohn herlief. Nicht ein kleines Stück, um ihn zu motivieren. Nein, er ist die ganze Strecke neben ihm hergelaufen. Wie schade! Damit hat er seinem Sohn die Erfahrung genommen, es allein geschafft zu haben.

Nun könnte man wieder losschimpfen: Diese Helikoptereltern! Aber es war nur ein Vater von mehreren hundert Eltern. Alle anderen haben ihre Kinder angefeuert. Und sie laufen lassen. Das ist es, was zählt!

Bettina Wendland

Redakteurin Family und FamilyNEXT

Keine Angst vorm Arztbesuch

„Ich selbst habe große Angst vor Arztbesuchen. Wie kann ich meine Kinder gut auf den Termin beim Doc vorbereiten, ohne meine eigene Angst weiterzugeben?“

Nervosität oder ein leichtes Unbehagen vor dem Arztbesuch sind völlig okay. Wirkliche Ängste bekommen Sie vielleicht in den Griff, wenn Sie sich einen guten Hausarzt suchen, mit dem Sie offen reden können. Nehmen Sie alle Routineuntersuchungen w ahr, b is d iese e twas A lltägliches f ür S ie werden. Suchen Sie das Gespräch mit einer Freundin, die zum Beispiel in einer Praxis oder im Krankenhaus arbeitet. Oft hilft es schon, die Dinge einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Scheuen Sie sich nicht, notfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Kein Kind, ob gesund oder krank, sollte unnötige Ängste entwickeln. Zudem werden mit einem entspannten Kind Arzttermine für alle Beteiligten angenehmer und effektiver. Reden Sie deshalb in der Familie durchweg positiv über Medizinisches. Wenn Sie selbstverständlich und voller Vertrauen eine Arztpraxis betreten, haben Sie schon sehr viel für Ihr Kind getan! Wie wichtig Vorsorgeuntersuchungen und Kontrollen sind, können Sie Ihrem Kind an einem Beispiel erklären: Unser Auto muss regelmäßig zum TÜV und zur Inspektion. Die Mechaniker überprüfen Motor und Getriebe und reparieren vielleicht eine Kleinigkeit. Genauso selbstverständlich sollten wir ab und zu unseren Körper beim Arzt durchchecken lassen.

KEIN PROBLEM!
Machen Sie im Vorfeld keine große Sache aus einem Arztbesuch. Wenn Sie von vornherein Belohnungen versprechen, wird das Kind dem Termin vielleicht mit Argwohn entgegensehen. Den Untersuchungstag können Sie dann so angenehm wie möglich gestalten. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, damit Sie nicht hetzen müssen. Wählen Sie unkomplizierte Kleidung, die Sie Ihrem Kind leicht aus- und wieder anziehen können. Vielleicht gehen Sie danach noch zusammen ein Eis essen und reden mit Ihrem Kind über das Erlebte. Loben Sie es, wenn es gut mitgemacht hat. Bleiben Sie möglichst gelassen und fröhlich, auch wenn es nicht ganz so toll gelaufen ist. Vielleicht hatte Ihr Kind auch eine schmerzhafte Untersuchung oder Impfung. Dann ist es wichtig, dass Sie ihm erklären, warum der Arzt ihm wehtun musste und wie gut man einen kleinen Schmerz auch einmal aushalten kann.

ROLLENSPIEL
Ein Arztkoffer sowie Tupfer, Mullbinden und Einmalspritzen aus der Apotheke eignen sich bestens, um Puppen und Stofftiere zu verarzten. Außerdem gibt es gute Bilderbücher zum Thema Kinderarzt und Untersuchungen. In fast allen größeren Städten existieren mittlerweile „Teddykliniken“. Regelmäßig bauen hier Medizinstudierende eine richtige Ambulanz auf, in die Kinder mit ihren kranken Kuscheltieren kommen können. Die Kinder erleben so eine Arzt-Patienten-Situation, ohne selbst betroffen zu sein. Die angehenden jungen Ärzte untersuchen, impfen, röntgen und verbinden die Kuscheltiere auf eine spielerische und liebevolle Art und Weise. Eine super Möglichkeit, Kindern nicht nur die Angst vor dem Arzt zu nehmen, sondern auch Interesse und Vertrauen zu wecken.

Astrid Zuche ist Apothekerin und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Mit ihrem Mann lebt sie in Saarburg.

Sehnsucht nach Sicherheit

„Endlich kann ich in Ruhe und Sicherheit leben.“ Dieser Satz einer iranischen Christin, die vor einem Jahr nach Deutschland kam, hallt in mir nach. Ja, Deutschland ist ein sicheres Land für Christen und auch für Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen. Immer noch! Auch nach dem Anschlag von Berlin.

Aber Sicherheit bedeutet nicht 100-prozentige Sicherheit. Die gab es noch nie. Auch wenn wir sie uns so wünschen! Gerade als Eltern. Wir investieren viel in die Sicherheit unserer Kinder. Kaufen Helme und Kindersitze mit Prüfsiegel. Stehen unter dem Klettergerüst, die Arme zum Ausbreiten bereit. Schließen Versicherungen ab. Kochen mit Biogemüse. Bitten Gott um Bewahrung.

Das ist alles gut und richtig. Aber es darf uns nicht die Augen davor verschließen, dass es 100-prozentige Sicherheit nicht gibt. Es passieren Unfälle, die wir nicht verhindern können und die auch Gott nicht verhindert – für uns oft kaum zu ertragen. Und es passieren schreckliche Gewalttaten – seien es nun terroristisch motivierte Anschläge oder kriminelle Taten.

Gerade sitzen wir an der Planung des Dossiers der übernächsten Family und FamilyNEXT. „Riskant oder sicher leben?“ lautet unser Arbeitstitel. Eigentlich geht es dabei mehr um die Frage der Lebensgestaltung: Kündige ich den sicheren Job? Kaufen wir ein Haus trotz unsicherer Finanzierung? Wagen wir uns an das Abenteuer „Pflegekind“? Riskieren wir ein zweites Kind, obwohl die erste Schwangerschaft komplikationsreich war? Gehen wir als Missionare ins Ausland?

Wir überlegen noch, ob und wie wir auch die andere Seite des Themas aufgreifen: Wie gehe ich damit um, wenn ich mich in meiner Heimat nicht mehr sicher fühle? Wenn ich Angst habe, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, zum Kirchentag nach Berlin zu fahren oder ein Fußballspiel zu besuchen? Wie halte ich es aus, dass meine Sehnsucht nach Sicherheit für meine Kinder nur begrenzt erfüllt werden kann?

Für mich persönlich ist ein Vers in der Bibel hilfreich angesichts solcher Fragen: „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1,17). Mit dieser Haltung will ich meiner Angst und Sorge begegnen: mit Kraft, mit Liebe und mit Besonnenheit.

Ich habe die Kraft, diese Gesellschaft mitzugestalten. Wenn auch vieles nicht in meiner Macht steht. Das was ich tun kann, will ich tun.

Ich will anderen Menschen mit Liebe begegnen. Ganz besonders meinen Kindern – denn Liebe ist für Kinder noch wichtiger als Sicherheit.

Und ich will mich bemühen, besonnen zu reagieren auf Ereignisse wie in Berlin. Will die Situation nicht überdramatisieren und trotzdem auf den Weihnachtsmarkt gehen. Und zum Kirchentag fahren. Wenn auch mit einem leicht mulmigen Gefühl …

Bettina Wendland

Redakteurin bei Family und FamilyNEXT

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