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„Ich vermisse unseren Sohn“

„Unser Sohn ist ausgezogen. Nun drehen sich meine Gedanken den ganzen Tag darum, was er gerade macht, vor welchen Schwierigkeiten er stehen könnte und ob ich ihm helfen sollte. Ich weiß, dass ich loslassen muss, aber es fällt mir schwer. Wie kann ich es lernen?“

Unsere Kinder in die Selbstständigkeit zu entlassen, ist ein wichtiger und oft auch schmerzhafter Prozess. Er vollzieht sich in vielen kleinen Schritten, die schon früh beginnen: Das erste Mal allein im Kindergarten, das erste Mal allein zu Fuß zur Schule gehen, das erste Mal allein zum Zahnarzt – all das sind wichtige Meilensteine. Wenn eines der wichtigsten Erziehungsziele ist, dass aus den Kindern selbstständige, verantwortungsvolle Menschen werden, die ihren Platz in der Welt finden, ist jeder dieser Schritte ein Grund zur Freude. Es ist eine wichtige Aufgabe von uns Eltern, unsere Kinder darin zu fördern und diese Dinge nicht für sie zu erledigen.

Vermeiden Sie zu häufige Telefonate!

Wenn dann der große Schritt des Auszugs nach Ausbildung oder Abitur kommt, sind die jungen Erwachsenen hoffentlich gut darauf vorbereitet, auch die nächsten Schritte zu gehen: eine passende WG aussuchen, sich in einer neuen Stadt orientieren, dafür sorgen, dass man genug zu essen im Kühlschrank hat, Menschenkenntnis in den vielen neuen Begegnungen anwenden … Wer seine Kinder darauf in den ersten 20 Jahren vorbereitet hat, hat gute Grundlagen gelegt.

Für die meisten Kinder ist der Auszug ein großes Abenteuer und eine aufregende Zeit, die sie genießen und zelebrieren. Das sollten wir ihnen gönnen und uns über die Erfolge freuen. Widerstehen Sie auf jeden Fall der Versuchung, mehr als einmal in der Woche anzurufen oder unablässig Nachrichten zu schicken. Telefone funktionieren in beide Richtungen. Wenn es unlösbare Fragen gibt, wird Ihr Sohn sich schon melden.

Loslassen ist ein Trauerprozess

Und trotzdem bleibt die innere Unruhe und Trauer. Ja, es ist wirklich ein Trauerprozess, den wir als Eltern durchlaufen. Vom Nicht-wahr-haben-Wollen („Mein Sohn kommt ja noch ganz oft nach Hause, das Kinderzimmer lassen wir so, wie es ist“) über eine gewisse Wut („Anderes ist ihm jetzt viel wichtiger als ich, obwohl ich alles für ihn getan habe“) bis zum Einrichten in die neue Situation, die ja auch Angenehmes hat. Aber zunächst muss ich loslassen. Ich konnte meine Kinder viele Jahre umsorgen und mich für sie einsetzen, aber jetzt weiß ich nicht mehr, wo sie sich Tag für Tag genau aufhalten und wie es ihnen geht.

Die Beziehung zum Kind wird nicht mehr die gleiche sein wie vorher. Allein das anzunehmen, kostet Kraft und Zeit. Mir persönlich hat es geholfen, Sorgen und Ablösungsschmerzen bei Gott abzugeben. Ihm konnte ich sowohl die Sicherheit meiner Kinder als auch meinen eigenen Schmerz anvertrauen. Kontrolle, Klammern und ständiges Nachfragen sind dagegen keine Option. Wir werden als Eltern aber auch auf uns selbst geworfen, wenn die Kinder ausziehen: Eine neue Lebensphase beginnt, in der wir viel Freiheit haben. Wie will ich diese Lücke füllen? Was kommt jetzt für mich als Vater oder Mutter? Es dauert meistens eine ganze Weile, bis man darin etwas Positives entdecken kann.

Anke Kallauch ist Referentin für Kindergottesdienst im Bund Freier evangelischer Gemeinden und Mutter von drei erwachsenen Kindern. 

Dankbar jammern

Die schwierige Frage nach dem Wohlergehen

Wenn mich jemand fragt, wie es mir oder uns geht, weiß ich oft nicht, was ich antworten soll. „Es geht uns gut. Wir sind bisher gesund geblieben, haben ein sicheres Einkommen und die Kinder kommen mit dem Homeschooling klar.“ Oder: „Es geht uns nicht so gut. Ich vermisse es, Freunde, Freundinnen und Verwandte zu treffen. Die Situation macht mir Angst. Und den Kindern fehlen ihre Freunde und ihr Sport.“

Jammern auf hohem Niveau? Ja, das ist es wohl. Die Frage ist ja: Womit vergleiche ich unsere Situation: Mit der Zeit vor Corona? Mit Menschen, die deutlich stärker durch Corona oder andere Dinge eingeschränkt werden? Oder gar mit Menschen, die nicht im reichen Europa leben und ganz andere Sorgen haben als die, wann endlich wieder Vereine und Restaurants öffnen dürfen?

Ich finde beides wichtig: Auch wenn es uns im Vergleich mit vielen anderen Menschen gut geht, dürfen wir benennen, was uns schmerzt und was uns fehlt. Es kann tröstlich sein, sich mit anderen auszutauschen, denen es ähnlich geht. Hier ist Ehrlichkeit wichtig. Wenn alle nur „Danke, gut!“ antworten, entsteht kein Austausch. Und wer nicht von seinen Herausforderungen und Problemen redet, findet auch keine Lösung dafür. Denn auch „Luxusprobleme“ können belasten und das Leben schwer machen.

Aber es ist auch wichtig, die eigene Situation in das Gesamtbild einzufügen und wahrzunehmen, wo wir stehen. Es ist hilfreich, auf das Gute zu sehen, das wir haben. Zu erkennen, womit wir gerade beschenkt sind und Gott dafür zu danken. Und sicher ist es so, dass an einem Tag eher das eine und am nächsten Tag das andere überwiegt. Lasst uns also dankbar jammern – und unsere Zuversicht auf Gott setzen!

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

 

Ein leeres Nest – Und nun?

Ja, es tut weh, wenn die Kinder ihr Zuhause verlassen und in die Welt hinausziehen. Wie Eltern gut mit diesem Schmerz umgehen können, beschreibt Sylvia Sobel.

In dem Augenblick, in dem wir uns entscheiden, ein Kind zu bekommen oder es in unserem Leben willkommen zu heißen, wählen wir häufig unbewusst ein Credo oder Motto: zum Beispiel das Sprichwort „Aller Anfang ist schwer“ oder das Hesse-Zitat: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Wir haben die Wahl, welche Weisheit wir uns zu eigen machen wollen. Welche Erkenntnis soll unser Credo, unser Wegweiser werden? Beim ersten Kind wissen wenige von uns wirklich, was auf sie zukommt. Wir haben Hoffnungen, Wünsche, Vorstellungen und vor allem: Träume! Diese Träume geben uns viel Kraft.

Trauer zulassen

Der Auszug von Kindern aus der elterlichen Wohnung ist für viele Eltern ein kritischer Moment im Leben, der – obwohl erwartet – häufig plötzlich eintritt. Robert Bor von der Uni London hat das „Leere-Nest-Syndrom“ folgendermaßen beschrieben: „Abgesehen von Geburt und Tod ist der Auszug eines Kindes die weitreichendste Veränderung, die eine Familie treffen kann. Dies sollte als besonders stressbeladene Phase anerkannt werden.“ Bor stellt ferner fest: „Was nötig ist, ist eine größere Offenheit bezüglich des ‚Leeren-Nest-Syndroms’, eine breitere Anerkennung seiner Existenz und der Schmerzen und Einsamkeit, die es verursachen kann.“ Der Auszug der Kinder bedeutet das Ende eines Lebensabschnitts. Ein wichtiger Lebensinhalt fällt weg, und Eltern erleben das Gefühl, verlassen zu werden.

Als unsere beiden Söhne drei Jahre nach ihrer großen Schwester das Nest verlassen haben, geschah dies in einem Abstand von vier Wochen, also fast gleichzeitig. Während dieser Zeit waren wir Eltern so sehr mit den Vorbereitungen und der Durchführung der beiden Umzüge beschäftigt, dass wir Gefühle der Trauer oder gar des Verlustes zunächst gar nicht wahrnahmen. Wir packten und ordneten, sortierten und diskutierten zwei Monate ohne Unterlass. Diese Aktivitäten hielten uns auf Trab und lenkten uns ab.

An dem Tag, als der jüngste Sohn auszog, um das Leben zu ergründen, empfand ich als Mutter eine tiefe Trauer und Leere, das Gefühl eines tiefgreifenden Verlustes. Diese Empfindung hielt eine Zeitlang an und kehrt selbst noch Jahre später ab und zu wieder zurück. Dann allerdings nur flüchtig und weniger intensiv. Meine Erfahrung ist aber, dass es auf längere Sicht hilfreich, ja sogar notwendig ist, Gefühle der Trauer und des Verlustes zuzulassen und zu ertragen! Anderenfalls flüchten Eltern sich in Verdrängungsmechanismen, die weder uns noch unserer Umgebung helfen, mit der Situation umzugehen und sie in den Griff zu bekommen.

Gezittert und gefeiert

Es ist doch eigentlich logisch: Eine lange und wichtige Phase unseres Lebens haben wir damit verbracht, unseren Kindern beim Aufwachsen und Erwachsenwerden zur Seite zu stehen und sie zu begleiten, wenn nötig sogar mit Rat und Tat. Wir haben uns bemüht, ihnen den richtigen Weg zu weisen, und sie auf ihrem steinigen Weg durch den Schuldschungel begleitet. Wie glücklich und befreit waren wir, als sie endlich – trotz Schule – einen qualifizierten Abschluss errungen haben. Ich sage ganz bewusst: Meine Söhne haben das Abitur abgelegt – trotz Schule! Unvergessen unzählige Elternabende und Anrufe der Lehrer, wenn wieder einmal Mitteilungsheft, Hausaufgaben, Turnbeutel etc. vergessen wurden. Bis kurz vor der Abiturprüfung wurde häufig gemeinsam diskutiert, gelernt, gezittert – und dann endlich gefeiert!

Aber spätestens nach dem Abitur oder einem anderweitigen Schul- oder Ausbildungsabschluss werden die Flügel ausgespannt, und der Radius unserer Sprösslinge erweitert sich schlagartig. Unsere Söhne zog es in die „weite Welt“ hinaus: nach Indien und nach Afrika, wo beide in sozialen Projekten tätig waren. Dies war im Grunde eine gute Hinführung auf das, was danach kam: der endgültige Auszug aus dem Elternhaus. Zunächst aber verblieben noch zahlreiche ihrer Besitztümer zu Hause, es handelte sich um einen Abschied auf Zeit.

Unser jüngster Sohn wurde selbst in Westafrika von mir, seiner Mutter, „heimgesucht“, natürlich nach Absprache und mit seinem vollsten Einverständnis. Dieser Besuch hat unserer Beziehung nicht geschadet, im Gegenteil. Ich durfte ihn dort als fürsorglichen und kompetenten Reiseführer und als voll integriert in seinen Aufgabenbereich erleben! Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Eltern-Kind-Beziehung auch nach dem Auszug andauern kann, aber auch gepflegt werden sollte, in dem Bewusstsein, dass wir nun ein erwachsenes „Kind“ vor uns haben! Dieses „Kind“ will respektiert, aber keineswegs reglementiert oder eingeengt werden.

Geborgenheit vermitteln

Ich habe nach dem Auszug des dritten Kindes begonnen, regelmäßig und intensiv für alle drei Kinder zu beten. Ich vertraue sie dem Schutz und der liebenden Allmacht Gottes an, versäume aber dennoch nicht, ab und an einige „lebensnotwendige“ Hinweise mit auf den Weg zu geben: Fahr vorsichtig, benutze Sonnenschutz, genieße dein Bier oder Wein in Maßen … Vor besonderen Anlässen beten wir mit ihnen und für sie. Wir segnen sie mit dem Zeichen des Kreuzes, wenn sie heimkommen. Dies ist unsere Art und Weise, ihnen auch in der Ferne Geborgenheit zu vermitteln.

Experten sagen, dass ein geordneter Abschied auch bedeutet, dass wir unsere Sache gut gemacht haben. Wir bereiten die Kinder schließlich kontinuierlich auf den Auszug aus dem elterlichen Nest vor, versuchen, sie zur Selbstständigkeit zu erziehen und aus ihnen gerade und selbstbewusste Menschen zu machen. Am Ende dieser Bemühungen schließlich verlassen sie dann Haus und Eltern, um ihre eigenen Wege zu suchen und zu beschreiten. Viele Eltern beklagen, dass gerade in dem Moment, wo die mitunter stressigen Phasen der Pubertät abnehmen und wir unseren Kindern auf Augenhöhe begegnen könnten, sie ihre eigenen Wege einschlagen.

Hier stellt sich die Frage: Haben wir unsere Kinder mit viel Liebe und Fürsorge großgezogen, damit sie unser Leben auf Dauer bereichern und erleichtern? Die Antwort muss hier leider „Nein“ lauten! Das Fortgehen der Kinder gehört zum normalen Kreislauf des Lebens.

Schuldgefühle loslassen

„Das größte Geschenk, das wir unseren Kindern mitgeben können, ist Unabhängigkeit, emotionale Stärke und Freiheit von Schuldgefühlen“, schreibt Shelley Bovey in ihrem Buch „Und plötzlich sind sie flügge“. Diese Freiheit von Schuldgefühlen gilt ebenso für Mütter und Väter. Viele Eltern berichten von Schuldgefühlen, die sie vor allem in der Rückschau quälen. Vor allem Mütter leiden darunter, aber die Tatsache, dass sie ihr Bestes gegeben haben, ist eigentlich schon beachtlich und oftmals auch genug. Shelley Bovey schreibt: „Es ist wichtig, dass wir nicht an einer Stelle festhaken, wo wir die Vergangenheit nicht loslassen können, weil wir überzeugt sind, wir hätten es damals besser machen können.“

Lassen Sie Ihre Gefühle zu, erzwingen Sie nichts, trauern Sie und reden Sie! Auch die Resilienzforschung kann helfen: Diese Wissenschaft beschäftigt sich mit der menschlichen Fähigkeit, auch in schwierigen Lebensphasen Kraft und Zuversicht zu entwickeln. Resiliente Menschen können Krisensituationen besser durchstehen und gestärkt daraus hervorgehen. Die Resilienzforschung hat herausgefunden, was helfen kann:

  • Optimismus bzw. eine positive Einstellung Problemen gegenüber
  • Akzeptanz: gegebene Lebensumstände zunächst annehmen
  • Lösungsorientierung: nicht bei den Hindernissen stehenbleiben
  • Ablegen der Opferrolle
  • Übernehmen von Verantwortung: Dinge in die Hand nehmen – Probleme anpacken
  • Aufbau von Netzwerken, Gleichgesinnte suchen
  • Zukunftsplanung: vorwärts denken

Diese Einstellungen zum Leben können Menschen einüben. Die Erkenntnis, dass auch aus einer Krise etwas Gutes entstehen kann, ist dabei grundlegend für die Entwicklung einer resilienten Lebenshaltung. Jeder von uns kennt diese Situationen oder Phasen im Leben, wo etwas zerbricht und wir beinahe selbst daran scheitern. Reinhard Mey, selbst Vater dreier erwachsener Kinder, singt an einer Stelle: „Und ich mach mit Liebe alles falsch, so gut ich kann.“ Und für die Zeit nach dem Fortgehen der Kinder sei noch ein Ausspruch Karl Lagerfelds zitiert: „Zukunft ist die Zeit, die übrig bleibt.“ Mögen wir sie bewusst und intensiv nutzen, für uns und ab und an auch für unsere erwachsenen Kinder.

Sylvia Sobel lebt in Berlin und arbeitet als Lehrerin, Autorin und Schulmediatorin. Sie ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und verheiratet mit Alfred Sobel, mit dem sie das Buch „Stärke fürs Leben entwickeln: So meistern Sie den Alltag mit einem behinderten Kind“ (Neufeld Verlag) geschrieben hat.

Immer nur zu Hause

„Mein Sohn geht, außer zur Schule, nie weg und ist fast immer nur zu Hause. Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt Freunde hat. Müssen wir uns Sorgen machen, dass er vereinsamt?“

Prinzipiell sind wir Menschen auf Beziehungen angelegt. Von Anfang an gehen Kinder in Kontakt mit anderen Menschen – zuerst mit den Eltern und dann mehr und mehr mit Gleichaltrigen, mit denen sie Freundschaften aufbauen. Gerade im Jugendalter, wenn sie sich von den Eltern lösen, spielen Freunde eine wichtige Rolle – sie geben Anerkennung, stiften Identität und sind Ansprechpartner bei Problemen.

INTROVERTIERTE KINDER BRAUCHEN RUHE

Vor diesem Hintergrund ist es schon berechtigt, dass Sie sich Sorgen machen, wenn Ihr Sohn außerhalb der Schule keinerlei Kontakte pflegt. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob er schon immer ein eher introvertiertes Kind war, für das Freundschaften nicht so bedeutsam sind. Solche Kinder gibt es. Es sind die Kinder, die vielleicht schon in der Kindergartenzeit weniger Lust auf Gruppenspiele und gemeinsame Aktionen hatten und lieber für sich allein herumtüftelten. Auch in der Schulzeit sind für sie weniger die anderen Kinder im Fokus, sondern das Gespräch mit den Lehrern und die spannenden Sachthemen. Sind Kinder grundlegend eher so veranlagt, sind sie mit ein, zwei Freunden glücklich und zufrieden.

Wenn Sie Ihren Sohn diesem Charaktertyp zuordnen können, er einen ausgeglichenen Eindruck macht und die Zeit zu Hause positiv gestaltet, dann können Sie gelassen sein. Vielleicht ist sein Bedürfnis nach einem anstrengenden Schultag einfach nur Ruhe. Gleichzeitig würde ich aber auch empfehlen, Ihren Sohn ohne Druck immer wieder mal zu motivieren, wenige Kontakte zu pflegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob er in der Schule wirklich gar keine Freunde hat. Fragen Sie ruhig vorsichtig nach, wenn ihr Sohn nicht viel erzählt. Außerdem wäre es sinnvoll, die Lehrer um ein Gespräch zu bitten, damit Sie eine Einschätzung bekommen, wie es ihm im Schulalltag ergeht und welche Kontakte er hat.

HAT SICH IHR KIND VERÄNDERT?

Mehr Grund zur Sorge besteht, wenn ihr Sohn sich in der letzten Zeit verändert hat. Gab es vorher Freundschaften und Aktivitäten am Nachmittag, die er aufgegeben hat? Welchen Eindruck haben Sie insgesamt von Ihrem Sohn? Wirkt er zufrieden oder könnte ihn etwas beschäftigen? Wie verbringt er die Nachmittage zu Hause? Welche Rolle spielt der Medienkonsum? Wenn aus Ihrem kontaktfreudigen und aktiven Sohn ein Stubenhocker geworden ist, der sich mehr und mehr zurückzieht, besteht tatsächlich Handlungsbedarf.

Auf der einen Seite kann es sein, dass ihm „nur“ die Herausforderungen der Pubertät zu schaffen machen und er deswegen viel mit sich selbst beschäftigt ist. Dann kann schon das eine oder andere vertrauensvolle Gespräch hilfreich sein. Auf der anderen Seite können aber auch schwerwiegende Probleme dahinterstehen wie Mobbing, Missbrauchserfahrungen, Streit unter Freunden oder Ähnliches. Dann braucht Ihr Sohn Hilfe. Sollte sich die Situation schon so zugespitzt haben, dass Sie als Eltern an Ihren Sohn nicht mehr herankommen, ist eine professionelle Unterstützung unbedingt ratsam.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F. www.sonja-brocksieper.de Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Selbstgespräche am Frühstückstisch

Der Auszug seiner zweiten Tochter fiel Christian Rommert besonders schwer.

„Papa, ich zieh aus!“, höre ich unsere Tochter sagen. Ich frage mich, ob ich ein Déjà-vu habe und beiße erst einmal in meinen Apfel. Vielleicht geht es ja vorbei? Doch nach einigen Augenblicken der Stille höre ich: „Papa? Schläfst du?“ Diese Situation ist also echt … Vor mir steht unsere zweite Tochter. Die Kleine. „Du möchtest in eine eigene Wohnung ziehen?“, frage ich entgeistert und schaue zu der Frau, die ich liebe. „Warum das denn?“

Für mich kommt das sehr plötzlich. Was soll das? Es kommt mir doch so vor, als wäre sie gerade erst geboren. Ich erinnere mich noch, wie ich sie in nur einer Hand tragen konnte! Na gut, inzwischen ist unsere Tochter 20. Sie studiert. Sie arbeitet. Sie ist umsichtig und organisiert. Aber warum in aller Welt ausziehen? Irgendwie fühlte sich das bei unserer Großen anders an. Wie ein natürlicher Schritt. Wie ein bisschen mehr Freiheit. Und wie nach weniger Wäsche.

Doch hier klingt es ganz falsch! Es ist doch schön so, wie es ist. Abends sitzen wir zusammen und essen gemütlich. Manchmal kommen unsere Tochter und unser Jüngster zu uns runter. Auch die Große schaut oft noch vorbei. Alles ist perfekt so. Da muss man nichts ändern! Ich liebe es, unsere Kinder am Tisch zu haben. Ich möchte weiter mit ihnen das Essen für das Wochenende planen, spontan grillen oder einen Film schauen. Nur zu dritt – das ist doch doof. Der Wäschekorb ist leer. Die Wohnung ist leer und am Frühstückstisch bin ich der Einzige, der mir beim Reden zuhört! Ja, wirklich: Katrin und der Jüngste haben es um die Uhrzeit nicht so mit Gesprächen.

SIE MEINT ES ERNST!

„Also, Papa, ich habe im Internet nach Wohnungen geschaut. Eine klingt echt super!“, höre ich sie erzählen. Sie berichtet ganz begeistert von dem Viertel, das sie schon gut kennt, von dem Balkon und dem Zuschnitt. Unsicher frage ich, zu wann die Wohnung denn frei wäre. „Ich könnte in vier Wochen einziehen!“ „Das geht doch gar nicht“, starte ich einen kläglichen Versuch, sie davon abzuhalten: „Ich bin die nächsten Wochenenden verplant und kann dir gar nicht richtig helfen!“

Doch statt einzusehen, dass sie unmöglich ausziehen kann, sagt sie mit einer unfassbaren Leichtigkeit: „Ach, Papi, das schaffen wir schon! Streichen, Schränke aufbauen und Lampen anbringen kann ich doch selber. Oder Freunde helfen mir! Und ein paar Bohrlöcher setzt du vielleicht mal zwischendurch, okay?“ Sie meint es wirklich ernst. Wie ernst, wird mir wenig später klar. Alles geht plötzlich ganz schnell! Der Mietvertrag ist nach fünf Tagen unterschrieben. „Ich fahre zu Ikea!“, verabschiedet sie sich nun fast täglich. Schließlich sehe ich mich beim Möbelschleppen und Autopacken. Sie zieht das tatsächlich durch …

OB ER NOCH DA IST?

Während ich das hier schreibe, ist der Umzug schon zwei Wochen her. Am Frühstückstisch klapperte es die letzten Tage spürbar leiser. Nur ich plappere wie ein kleines Äffchen und rede mit mir selber. „Kleine werden groß und Große werden alt. So ist das nun einmal“, sage ich mir. Und kann es selber nicht glauben. Seltsam, wie die Dinge sich ändern. Noch vor ein paar Jahren liefen sie hinter dir her und baten: „Papa, hast du Zeit zum Spielen?“ Jetzt ist man selber derjenige, der hinter ihnen hergeht und fragt: „Wann kommt ihr mal wieder vorbei?“ Erwachsen werden ist irgendwie auch keine Lösung!

Naja, wir haben sie jetzt für nächsten Sonnabend eingeladen – alle: die Große, die Kleine und ihre Freunde. Bis dahin gehe ich immer mal wieder in der Etage unseres Sohnes vorbei. Einfach nur so … Und um zu schauen, ob er noch da ist.

Christian Rommert ist Autor, Redner und Berater und Fan des VfL Bochum. Er ist verheiratet mit Katrin und Vater von drei erwachsenen Kindern. Regelmäßig spricht er das Wort zum Sonntag in der ARD.
Foto: Wolfgang Wedel

Kontakt abgebrochen

„Unser Sohn (22) ist vor einem Jahr ausgezogen. Nun hat er uns sehr deutlich gemacht, dass er erst einmal keinen persönlichen Kontakt zu uns möchte. Er müsse sich abgrenzen. Das verletzt uns sehr. Wie können wir damit umgehen?“

In der Bibel lesen wir in 1. Mose 2,24: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen.“ Die Ablösung von den Eltern ist – seit jeher ein Thema. Für Sie als Eltern ist es allerdings sehr hart, wenn Ihr Sohn diese Ablösung so drastisch vollzieht, dass er gar keinen persönlichen Kontakt mehr wünscht.

„Familien kann man sich nicht aussuchen“, heißt es und bedeutet, dass Familienbande auch dann bestehen bleiben, wenn es mal „nicht so gut läuft“. Doch das ist nicht immer so. Denn erwachsene Kinder haben nach ihrer Volljährigkeit die Möglichkeit, ihr Verhältnis zu den Eltern neu zu gestalten, bis hin zur radikalen Trennung.

VERLASSENE ELTERN

Für Sie als Eltern ist es sehr schwierig, mit diesem Schmerz umzugehen. Da ist es ein schwacher Trost, dass es rund 100.000 Familien in Deutschland und der Schweiz gibt, denen es ähnlich ergeht. In Berlin haben sich Betroffene zu einer Selbsthilfegruppe zusammengeschlossen: www.verlassene-eltern-berlin.de.

Betroffene erzählen, dass es den Schmerz lindert, wenn man Briefe an das eigene Kind schreibt. Das können handgeschriebene Briefe sein, E-Mails oder Grußkarten. Das kann Ihnen guttun, und vielleicht sind die Briefe irgendwann wieder eine Brücke zu Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter. Eine betroffene Mutter, Angelika Kindt, formuliert ihre Briefe als Blogartikel und stellt sie ins Netz: www.wenn-kinder-den-kontakt-abbrechen.de. Zudem hat sie über ihre Erfahrungen ein gleichnamiges Buch geschrieben.

SCHMERZ FÜHLT SICH WIE TRAUER AN

Verlassene Eltern empfinden dieselbe Trauer, als wäre das eigene Kind gestorben. Vielleicht sogar noch mehr, denn sie können nicht zu ihm, obwohl das Kind lebt. Sie wissen auch nicht, ob der Sohn oder die Tochter den Kontakt jemals wieder aufnehmen wird, oder ob lebenslange Funkstille herrscht. Das ist eine sehr belastende Situation.

In vielen Fällen benötigt Ihr Kind einfach nur Abstand auf Zeit. Vielleicht ist es für Ihren Sohn lediglich wichtig, eigene Erfahrungen zu machen, ohne auf Belehrungen oder Kommentare der Eltern Rücksicht nehmen zu müssen. Wenn er seine eigenen Erfahrungen gemacht hat oder wenn er selbst eine Familie gründen will, kommt er möglicherweise wieder auf die Herkunftsfamilie zu.

Wichtig ist in jedem Fall, dass Sie selbst Ihr eigenes Leben weiterleben. Versuchen Sie, Ihre Wut zu überwinden und Ihrem Sohn, trotz allem, den Kontaktabbruch zu vergeben. So bleibt die Tür für ihn offen, So bleibt die Tür für Ihren Sohn offen, und der Kontakt kann dann wieder aufleben, wenn Ihr Sohn dazu bereit ist.

Ingrid Neufeld ist Erzieherin und Mutter von drei erwachsenen Töchtern. Sie lebt in Schlüsselfeld in Oberfranken.

 

 

Eine dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir

Auch in einer eigentlich glücklichen Ehe kann es Einsamkeitsgefühle geben. Von Manuela Rein-Ziegler

Mein größter Wunsch als junges Mädchen war es, eines Tages zu heiraten. Vor meinem inneren Auge sah ich bereits meine Traumhochzeit mit dem passenden Prinzen an meiner Seite, der mir alle Wünsche von meinen Augen ablesen würde. Und tatsächlich: Mit 26 Jahren bekam ich einen Heiratsantrag. Bei der Verlobung dachte ich erleichtert: „Mein Traum wird endlich wahr. Ich werde mich nie mehr einsam fühlen, und ich werde rundum glücklich sein.“ Ein Jahr später heirateten Daniel und ich mit Schloss und weißer Kutsche. So wurde meine Traumhochzeit samt „Prinz Charming“ Wirklichkeit.

ROTER FADEN Das Gefühl „Ich bin allein“ zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Kann oder muss eine Ehe dieses Gefühl der Einsamkeit wettmachen? Jeder bringt sein Päckchen an Vergangenheit mit in die Ehe. Mein Päckchen war eher ein Paket: Verletzungen, alte Wunden und ein recht ausgelassenes Jugendleben wirkten sich nicht positiv auf unsere Beziehung aus. Auch die Vorstellungen über unser neues gemeinsames Leben variierten bei uns am Anfang sehr stark. Mein Mann liegt neben mir, für ihn ist die Welt in Ordnung. Aber für mich ist nichts in Ordnung. Ich fühle mich nicht beachtet und ungeliebt. Ein flüchtiger Kuss oder eine Umarmung ab und zu nehmen mir nicht das Gefühl von Einsamkeit. Was mir fehlt, sind Hingabe für unsere Ehe, Initiative seitens meines Mannes und das Wissen, das Daniel mich von Herzen begehrt und wertschätzt. Ich kämpfe gegen Gefühle wie Kälte, Passivität und Distanz an. Konkret empfinde ich, dass ich allein gelassen werde. Ich sehe eine hohe, dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir. So sieht es manchmal in meinem Herzen aus: Es ist ein tiefes, schwarzes Loch. Ich fühle mich zurückgelassen mit unerfüllten Wünschen und unbefriedigten Bedürfnissen. Mein Mann liebt mich, und in meinem Kopf weiß ich das auch. Aber mein Herz macht mir immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Wenn Alltag und Pflichten überhandnehmen und die Zweisamkeit fehlt, überkommt mich diese Leere. Ich fühle mich wie gelähmt und funktioniere nur noch.

NICHT VOM EHEMANN ABHÄNGIG Es war ein langer und steiniger Weg, zu erkennen, dass ich mein Glück samt all meinen Gefühlen nicht von meiner Ehe und noch weniger von meinem Ehemann abhängig machen darf. Doch immer wieder tappe ich in diese Falle. Sind alle Umstände gut, dann fühle ich mich geliebt. Ein fataler Fehler! Denn meine Umstände werden nie ganz perfekt sein. Ich sage gerne zu meinem Mann: „Und wenn du 24 Stunden mit mir zusammen wärst, würde es mir nicht ausreichen.“ Warum fühle ich mich überhaupt immer so einsam im Herzen? Wie kann ich mich trotz dieser verzwickten Lage geliebt und angenommen fühlen? Diese Fragen muss ich mir immer wieder selbst stellen, um aus diesem Teufelskreis der Lügen über Alleinsein und Ungeliebtsein ausbrechen zu können. Ich habe einen Ausweg aus diesem gedanklichen Teufelskreis gefunden, indem ich mich auf Gott fokussiere. Ich bin überzeugt: Gott liebt mich so, wie ich bin. Er kann das Riesenloch in meinem Herzen mit seiner Liebe füllen. Hier ein paar Gedanken, die mir helfen, das im Alltag immer wieder neu zu verstehen:

1. BEDINGUNGSLOSE LIEBE Ich darf wissen, dass ich in Gottes Augen wertvoll bin und er mich bedingungslos liebt.
Umsetzung: Es ist ein täglicher Prozess zu erkennen, dass Gott mich liebt und ich bei keinem anderen diese Bestätigung suchen muss. Dabei hilft es mir, in der Bibel zu lesen. Dadurch wird mir vor Augen geführt, wer Gott wirklich ist und wie unsagbar groß seine Liebe zu mir ist.

2. GESCHENKE UND ANSPRÜCHE Ich muss erkennen, dass alles, was ich bin und habe, ein Geschenk Gottes ist. Außerdem muss ich leider oft bitter erkennen, dass ich keine Ansprüche in dieser Welt habe.
Umsetzung: Dies ist vielleicht die härteste Lektion, die ich jeden Tag neu lernen muss. Früher dachte ich, es sei mein Recht zu heiraten, glücklich zu sein oder ein schönes Haus zu haben. Schließlich bin ich ein ziemlich guter Mensch! Ich hatte hier eine völlig falsche Perspektive und musste diese drastisch verändern. Eine dieser Lektionen war zu erkennen, dass es ein Geschenk Gottes ist, dass ich heiraten durfte und dass es nicht selbstverständlich ist. Durch diese Erkenntnis kann ich viel dankbarer sein für meine Ehe. Das hilft mir wiederum, meinen Ehemann und meine Familie viel mehr zu schätzen.

3. KOMMUNIKATION Der Schlüssel zum Frieden ist die Kommunikation. Umsetzung: Wir haben schon einige gute Eheseminare besucht und eines der Themen, die jedes dieser Seminare beinhaltete, war die Kommunikation. Viele Missverständnisse zwischen uns sind aufgrund von schlechter oder gar keiner Kommunikation entstanden. Es ist so ein einfacher Tipp: „Redet doch offen und ehrlich miteinander!“ Doch das ist oft schwierig umzusetzen. Wir müssen lernen zu sagen, was wir wirklich fühlen. Wir beide haben uns auf einem Schiff kennengelernt und ich verwende gern folgendes Bild: zwei Boote, die nebeneinander segeln, statt immer mehr auseinanderzudriften. Mut und Demut sind nötig, um auf seinen Partner zuzugehen. Wichtig sind auch Ich-Botschaften, damit Liebe und Respekt im Zentrum unserer Ehe bleiben.

4. SICH HELFEN LASSEN Es ist keine Schande, wenn man sich (professionelle) Hilfe sucht. Umsetzung: Ob man sich ein Ehepaar sucht, mit dem man sich ab und zu gemeinsam zum Austausch und Gebet trifft oder ob man sich ganz professionell Eheberatung sucht, ist egal. Hauptsache, man bleibt am Ball und lässt sich helfen. Ein Dritter sieht die Dinge oft ganz anders. Uns haben diese Eheberatungsgespräche schon oft sehr geholfen und gestärkt.

5. ZWEISAMKEIT UND LACHEN Wir als Ehepaar haben für uns herausgefunden, dass Wochenenden ohne Kinder sehr hilfreich für unsere Beziehung sind. Umsetzung: Wir dürfen die Kinder bei Oma und Opa lassen. Ob zu zweit zu Hause oder mit Tapetenwechsel, wir wollen uns Zeit als Paar nehmen. Zusammen lachen tut so gut und ist so wichtig. Neben den vielen Pflichten vergisst man schnell, dass es auch Zeiten braucht, in denen man sich fallen lassen darf. Auch die Intimität, das Eingehen aufeinander kann das Gefühl des Alleinseins zum Schmelzen bringen. Wir schreiben uns fixe Termine in den Kalender, wo Zweisamkeit stattfinden kann.

6. BETEN Unser Verlobungsvers steht in Prediger 4: „Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell.“ Das durften wir in unseren neun Ehejahren schon oft erleben. Wenn Gott in unserer Mitte ist, dann ist unsere Ehe stark, und jeder fühlt sich geliebt und respektiert. Gott als unsere dritte Schnur, die uns beide zusammenhält und vor allem mir hilft, mich nicht alleine zu fühlen. Umsetzung: Wir suchen uns ganz konkrete Zeiten, um füreinander zu beten. Wir nennen Gott unsere Wünsche und Träume und lassen Gott an unserem Partner arbeiten. Dies hilft mir, nicht andauernd Forderungen zu stellen und meinen Mann selbst ändern zu wollen. Mein Gebet fängt so an: „Lieber Herr Jesus, mach mich zu einer Ehefrau, die ihrem Ehemann gut tut, bei der er sich wohl fühlt und angenommen weiß. Hilf mir, meinen Ehemann so zu lieben und zu respektieren, wie du es vorgesehen hast. Fülle du meine Leere mit deiner Liebe aus, damit ich dankbar und zufrieden sein darf …“ Diese Liste ist bestimmt noch nicht ausgeschöpft und bei dem einen oder anderen kann sie ganz unterschiedlich aussehen. Doch eine Zuversicht will ich hier noch weitergeben: „Wir alle sind gewollt, geliebt und wertvoll in den Augen Gottes!“ Diese Gewissheit der Liebe Gottes wünsche ich mir und allen, die sich auch immer einmal allein in der Ehe fühlen.

Manuela Rein-Ziegler lebt mit ihrer Familie in Hessen.

„Allein auf weiter Flur“

Julia Strobel hat sich dafür entschieden, Vollzeit-Mama zu sein. Und fühlt sich damit ziemlich einsam.

Vor eineinhalb Jahren saß ich bei einem Kindergeburtstag mit anderen Müttern am Kaffeetisch zusammen, als mich plötzlich ein „Sag mal, bist du wieder schwanger?“ eiskalt erwischte. Nun saß ich da, ziemlich angeschlagen, mit einem Bauch, der nach dem zweiten Kind nicht mehr so recht weichen wollte, und einem Herzen, das sich nach einem weiteren kleinen Menschen in eben diesem sehnte.

Eben saß ich noch entspannt mit einem Stück Maulwurftorte auf dem Teller mitten in dem ganzen Trubel – und im nächsten Moment versuchte ich, die Fassade meines bröckelnden Selbstbilds aufrecht zu erhalten. Die beiden anderen Mütter am Tisch waren überzeugte Ein- Kind-Mamas, die mein erschüttert-knappes Nein mit Erleichterung aufnahmen und gleich mal alle „Vorzüge“ des Mutterseins aufzählten: schlaflose Nächte, fremdbestimmt sein, abends das Haus nicht mehr ohne großen organisatorischen und/oder finanziellen Aufwand verlassen können, Urlaube antreten, die mit dem eigentlichen Sinn (nämlich Erholung) nichts mehr zu tun haben … Die beiden redeten sich geradezu in Rage, und ich fühlte mich mal wieder fehl am Platz. Ich kannte das schon: Ich habe meine beiden Kinder erst zu ihrem dritten Geburtstag in den Kindergarten eingewöhnt, sie besuchen die Einrichtung nur halbtags, mein Mann und ich wünschen uns ein drittes Kind … Gesellschaftlicher Mainstream sieht anders aus.