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Mein Begehren – dein Begehren

Wenn Ehepartner unterschiedlich stark ausgeprägte sexuelle Lust haben, kann das die Beziehung sehr belasten. Was hilft, damit die Lust nicht zum Frust wird? Von Susanne und Marcus Mockler

„Wie oft habt ihr beide Sex?“ Als uns in einer anonymen Fragerunde bei einem Eheseminar diese Frage gestellt wurde, waren wir uns einig: Darauf geben wir keine konkrete Antwort! Garantiert keine Zahl – denn wem sollte das helfen? Anders Martin Luther, der einst frei heraus den Ratschlag gab: „In der Woche zwier, schaden weder ihm noch ihr, macht im Jahre hundertvier.“ Doch wir glauben, dass Sexualität sich nicht so verallgemeinern lässt. Es gibt kein Richtig oder Falsch in Praktiken oder Häufigkeit. Entscheidend ist, wie es beiden damit geht. Viel wichtiger als die genaue Zahl der Sexualkontakte ist die Qualität der Paarbeziehung. Allerdings bedingt sich beides oft: Paare, die in Befragungen eine hohe Beziehungszufriedenheit angeben, haben in der Regel häufiger Sex als Paare, die insgesamt unzufrieden sind.

Unzufriedenheit und Konflikte

Das Problem kennt fast jedes Paar: unterschiedliches sexuelles Verlangen und verschiedene Vorstellungen darüber, was eine angemessene Frequenz für Intimverkehr sei. Tendenziell beobachten wir mehr Interesse an Sex bei Männern. Das variiert aber von Paar zu Paar. Immer häufiger sind es auch Frauen, die sich mehr intime Aktivitäten erhoffen, während ihre Partner sich zurückziehen. Die Gründe sind vielfältig: Stress, Erschöpfung, medizinische Probleme, hormonelle Schwankungen, traumatische Vorerfahrungen, psychische Erkrankungen, häufiger Pornokonsum. Oft ist es eine Störung der Beziehungsdynamik insgesamt, Unzufriedenheit über die Qualität des gemeinsamen Lebens und mit dem gegenseitigen Umgang, die einem (oder beiden) die Lust rauben.

Die Kluft im sexuellen Begehren führt zu Unzufriedenheit und Konflikten. Schließlich ist Sexualität ein starker Motor und Teil der Identität. Wer immer wieder im Bett abgewiesen wird, entwickelt Frustgefühle und fühlt sich manchmal sogar persönlich abgewertet. Allerdings gerät auch die Person, die weniger Lust hat, unter Druck. Viele plagt ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht auf das Drängen des anderen eingehen. Sie fühlen sich möglicherweise auf ihren Körper reduziert und als Ehepartner ungenügend. Wenn dann Sex regelrecht eingefordert oder einzig aus Angst vor Ablehnung ertragen wird, hilft das der Liebe auf keiner Seite weiter.

Was sind gute Strategien, um mit diesen unterschiedlichen Bedürfnissen umzugehen?

Offen über Sex reden

Wer Probleme mit der Sexualität hat, sollte darüber reden, und zwar offen und mit der ehrlichen Absicht, die Sicht des anderen zu hören und zu verstehen. Vielen ist das Thema unangenehm und sie ziehen sich zurück oder attackieren einander auf anderen Ebenen. So halten sie den anderen auf Abstand, um sich dem eigentlichen Problem nicht mehr stellen zu müssen. Das verfestigt aber den Keil zwischen beiden.

Ein ehrliches Gespräch über unterschiedliche Wünsche, Bedürfnisse und sexuelle Gefühle hilft, einander wieder näherzukommen und möglicherweise auch die Gründe hinter der starken Lust oder Lustlosigkeit zu entdecken. Dabei ist wichtig: Man darf den anderen nicht angreifen oder Vorwürfe machen, sondern sollte ausschließlich die eigenen Gefühle und Erwartungen beschreiben. Währenddessen sollte der Partner einfühlsam und interessiert zuhören. Nicht selten führt allein schon diese offene Kommunikation dazu, dass sich etwas in der Paardynamik bewegt und sich Lösungen, mit denen beide gut leben können, finden lassen.

Forschungen weisen sogar darauf hin, dass Einfühlungsvermögen, aktives Zuhören und die Bereitschaft, auf den Partner einzugehen, sexuelles Verlangen fördern können.

Wichtig ist, dass sich das Gegenüber wertgeschätzt und geliebt fühlt: „Auch wenn du meine Sehnsüchte gerade nicht befriedigen kannst, liebe und achte ich dich.“ „Auch wenn mir deine sexuelle Energie manchmal zu heftig ist, glaube ich dir, dass du mich als Person liebst und es dir nicht nur ums Körperliche geht. Ich respektiere deine größere Lust und kann sie als Ausdruck deiner Leidenschaft für mich annehmen.“ „‚Nein, nicht heute‘ bedeutet nicht, dass ich dich nicht liebe. Es liegt nicht an deiner Attraktivität und deinem Wert.“

Zugegeben, das klingt idyllisch und manchmal ist es ein schmerzlicher Weg, bis Paare dahin kommen. Einige schaffen es nicht ohne therapeutische Hilfe. Die Moderation einer dritten Person und der neutrale, wohlwollende Blick von außen können hilfreich sein, um gute Lösungen zu finden.

Sex ist nicht alles

Wie steht es um die Paarbeziehung insgesamt? Paare, die Probleme im sexuellen Bereich haben, sollten viel Zeit in andere Aktivitäten investieren, die beiden guttun: gemeinsame Hobbys, Ausflüge, ehrenamtliches Engagement, sportliche Aktivitäten. Wer auf dem sexuellen Pfad so gar nicht weiterkommt, muss Druck rausnehmen. Es hilft nicht, wenn einer dem anderen permanent ein schlechtes Gewissen macht. Vielleicht ist es für den sehr bedürftigen Partner auch dran, Selbstbeherrschung zu lernen und sich bei der geliebten Person weniger auf den Körper als vielmehr auf die inneren Werte zu konzentrieren.

Manche Paare gehen einander regelrecht aus dem Weg, um ja nicht in die Situation zu geraten, nach Sex gefragt zu werden. Da kann es helfen, zu vereinbaren, das Thema für eine gewisse Zeit ganz ruhen zu lassen und sich stattdessen bewusst auf andere Gemeinsamkeiten zu fokussieren. Manche brauchen diese Sicherheit, um wieder vertrauen zu können.

Gott um Hilfe bitten

Einige Christen tun sich schwer, Gott in das Thema Sexualität einzubeziehen. Aber auch so eine „fleischliche Angelegenheit“ wie sexuelle Unzufriedenheit ist etwas, womit man sich direkt an den Schöpfer wenden darf. Immerhin war das seine Idee! Wer sonst wüsste am besten, welche Wege einem Paar zu mehr Freiheit und Zufriedenheit verhelfen könnten? Wer leidet, sollte Gott um Hilfe bitten. Am besten gemeinsam, laut und im Vertrauen, dass er Wege kennt, wo wir noch keinen Ausweg sehen. Aber auch das persönliche Gebet wird nicht unerhört bleiben.

Die Lust auf Sex anregen

Oft leidet der Partner mit geringerer Libido darunter und würde eigentlich dem anderen zuliebe, aber auch für sich selbst gerne mehr sexuelle Intensität entwickeln. Die Forschung sagt: Menschen, die öfter Sex haben, empfinden auch ein höheres Maß an Lust auf Sex und wollen öfter intim werden. Ist Sex eine gute Erfahrung, möchte man sie häufiger machen.

Insofern könnten Partner, die eine geringere Libido haben, versuchen, sich in Stimmung zu versetzen. Eine Frau kann sich gedanklich auf Lust programmieren, indem sie im Lauf des Tages immer wieder bewusst ihre Geschlechtsorgane wahrnimmt, den Beckenboden durch Anspannen trainiert, hübsche Unterwäsche trägt, in der sie sich schön fühlt. Angenehme erotische Anspielungen des Partners, schmeichelnde Bemerkungen und zärtliche Berührungen im Alltag können luststeigernd wirken. Manchen hilft es, Termine für Sex zu setzen. Was für manche befremdlich klingt, hilft anderen, weil sie sich kontrolliert auf diese Paarzeit vorbereiten und intensiv darauf einstellen können.

Sich auf die unterschiedlichen Empfindungen einlassen

Es klingt ein bisschen verrückt, aber tatsächlich: Der Appetit kommt mit dem Essen. Befriedigender, lustvoller und erfüllender Sex steigert die Lust auf Wiederholung. Enttäuschende Erfahrungen beim körperlichen Zusammensein haben gegenteilige Wirkung. Das heißt auch: Der Partner mit der stärkeren Lusterfahrung sollte intensiver danach fragen, wie Sex für den anderen zu einem beglückenderen Erlebnis werden könnte.

Vor allem Frauen haben oft nicht spontan Lust auf Sex, können aber durch liebevolles Werben des Partners und durch erotische Berührungen, die sie mögen, dafür gewonnen werden. Hier ist Kommunikation besonders wichtig! Viele Partner wissen nämlich gar nicht, was sich für den anderen tatsächlich gut anfühlt und was der andere erotisch findet. Auch ändert sich das im Verlauf des Zyklus einer Frau stark. Während zum Beispiel in einem Stadium die Berührung der Brustwarzen elektrisiert, kann es an anderen Tagen wehtun und abschrecken. Ein bisschen ist Sex eben wie ein Tanz: Einer fordert auf, der andere lässt sich ein, beide finden in den Rhythmus und erst nach einigen Takten ist die Harmonie hergestellt.

Kompromisse aushandeln

Wenn die Erwartungen an die Häufigkeit der sexuellen Begegnungen stark abweicht, können Paare versuchen, Kompromisse auszuhandeln. Vielleicht hätte er gerne am liebsten täglich Sex, während ihr alle zwei Wochen vollkommen ausreichen. Wie wäre es, wenn die beiden sich zum Beispiel auf einmal pro Woche einigen? Dann sind die Parameter klar und beide können sich darauf einstellen und diese Begegnungen bewusst gestalten.

Sicher wird es nicht für alle die vollkommen zufriedenstellende Lösung geben. Einige körperliche oder hormonelle Ursachen sind zwar medikamentös behandelbar, aber manchmal kommt die Medizin an ihre Grenzen. Nebenwirkungen von Medikamenten hemmen teilweise die Lust und machen es schwer bis unmöglich, sexuelle Leidenschaft zu entwickeln. Auch psychische Belastungen wie Stress oder Depressionen können nicht einfach durch einfühlsame Kommunikation überwunden werden.

Aber auch solche Paare können Wege finden, wie sie einander dennoch nah bleiben: Zärtlichkeiten müssen nicht immer im Beischlaf enden, sorgen aber für die Ausschüttung von Glücks- und Bindungshormonen und stärken damit das Wohlbefinden. Alternative Formen von Intimität ohne Penetration können helfen, dass der lustbetonte Partner trotzdem auf seine Kosten kommt.

Marcus und Susanne Mockler – er ist Journalist, sie ist Paartherapeutin mit eigener Praxis und Vorsitzende der MarriageWeek Deutschland.

Ich will mehr Sex! – So finden Paare einen gemeinsamen Weg

Wenn Liebespaare unterschiedlich stark ausgeprägte sexuelle Lust haben, kann das die Beziehung sehr belasten. Was hilft, damit die Lust nicht zum Frust wird?

„Wie oft habt ihr beide Sex?“ Als uns in einer anonymen Fragerunde bei einem Eheseminar diese Frage gestellt wurde, waren wir uns einig: Darauf geben wir keine konkrete Antwort! Garantiert keine Zahl – denn wem sollte das helfen? Anders Martin Luther, der einst frei heraus den Ratschlag gab: „In der Woche zwier, schaden weder ihm noch ihr, macht im Jahre hundertvier.“ Doch wir glauben, dass Sexualität sich nicht so verallgemeinern lässt. Es gibt kein Richtig oder Falsch in Praktiken oder Häufigkeit. Entscheidend ist, wie es beiden damit geht. Viel wichtiger als die genaue Zahl der Sexualkontakte ist die Qualität der Paarbeziehung. Allerdings bedingt sich beides oft: Paare, die in Befragungen eine hohe Beziehungszufriedenheit angeben, haben in der Regel häufiger Sex als Paare, die insgesamt unzufrieden sind.

Unzufriedenheit und Konflikte

Das Problem kennt fast jedes Paar: unterschiedliches sexuelles Verlangen und verschiedene Vorstellungen darüber, was eine angemessene Frequenz für Intimverkehr sei. Tendenziell beobachten wir mehr Interesse an Sex bei Männern. Das variiert aber von Paar zu Paar. Immer häufiger sind es auch Frauen, die sich mehr intime Aktivitäten erhoffen, während ihre Partner sich zurückziehen. Die Gründe sind vielfältig: Stress, Erschöpfung, medizinische Probleme, hormonelle Schwankungen, traumatische Vorerfahrungen, psychische Erkrankungen, häufiger Pornokonsum. Oft ist es eine Störung der Beziehungsdynamik insgesamt, Unzufriedenheit über die Qualität des gemeinsamen Lebens und mit dem gegenseitigen Umgang, die einem (oder beiden) die Lust rauben.

Die Kluft im sexuellen Begehren führt zu Unzufriedenheit und Konflikten. Schließlich ist Sexualität ein starker Motor und Teil der Identität. Wer immer wieder im Bett abgewiesen wird, entwickelt Frustgefühle und fühlt sich manchmal sogar persönlich abgewertet. Allerdings gerät auch die Person, die weniger Lust hat, unter Druck. Viele plagt ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht auf das Drängen des anderen eingehen. Sie fühlen sich möglicherweise auf ihren Körper reduziert und als Ehepartner ungenügend. Wenn dann Sex regelrecht eingefordert oder einzig aus Angst vor Ablehnung ertragen wird, hilft das der Liebe auf keiner Seite weiter.

Was sind gute Strategien, um mit diesen unterschiedlichen Bedürfnissen umzugehen?

Offen über Sex reden

Wer Probleme mit der Sexualität hat, sollte darüber reden, und zwar offen und mit der ehrlichen Absicht, die Sicht des anderen zu hören und zu verstehen. Vielen ist das Thema unangenehm und sie ziehen sich zurück oder attackieren einander auf anderen Ebenen. So halten sie den anderen auf Abstand, um sich dem eigentlichen Problem nicht mehr stellen zu müssen. Das verfestigt aber den Keil zwischen beiden.

Ein ehrliches Gespräch über unterschiedliche Wünsche, Bedürfnisse und sexuelle Gefühle hilft, einander wieder näherzukommen und möglicherweise auch die Gründe hinter der starken Lust oder Lustlosigkeit zu entdecken. Dabei ist wichtig: Man darf den anderen nicht angreifen oder Vorwürfe machen, sondern sollte ausschließlich die eigenen Gefühle und Erwartungen beschreiben. Währenddessen sollte der Partner einfühlsam und interessiert zuhören. Nicht selten führt allein schon diese offene Kommunikation dazu, dass sich etwas in der Paardynamik bewegt und sich Lösungen, mit denen beide gut leben können, finden lassen.

Forschungen weisen sogar darauf hin, dass Einfühlungsvermögen, aktives Zuhören und die Bereitschaft, auf den Partner einzugehen, sexuelles Verlangen fördern können.

Wichtig ist, dass sich das Gegenüber wertgeschätzt und geliebt fühlt: „Auch wenn du meine Sehnsüchte gerade nicht befriedigen kannst, liebe und achte ich dich.“ „Auch wenn mir deine sexuelle Energie manchmal zu heftig ist, glaube ich dir, dass du mich als Person liebst und es dir nicht nur ums Körperliche geht. Ich respektiere deine größere Lust und kann sie als Ausdruck deiner Leidenschaft für mich annehmen.“ „‚Nein, nicht heute‘ bedeutet nicht, dass ich dich nicht liebe. Es liegt nicht an deiner Attraktivität und deinem Wert.“

Zugegeben, das klingt idyllisch und manchmal ist es ein schmerzlicher Weg, bis Paare dahin kommen. Einige schaffen es nicht ohne therapeutische Hilfe. Die Moderation einer dritten Person und der neutrale, wohlwollende Blick von außen können hilfreich sein, um gute Lösungen zu finden.

Sex ist nicht alles

Wie steht es um die Paarbeziehung insgesamt? Paare, die Probleme im sexuellen Bereich haben, sollten viel Zeit in andere Aktivitäten investieren, die beiden guttun: gemeinsame Hobbys, Ausflüge, ehrenamtliches Engagement, sportliche Aktivitäten. Wer auf dem sexuellen Pfad so gar nicht weiterkommt, muss Druck rausnehmen. Es hilft nicht, wenn einer dem anderen permanent ein schlechtes Gewissen macht. Vielleicht ist es für den sehr bedürftigen Partner auch dran, Selbstbeherrschung zu lernen und sich bei der geliebten Person weniger auf den Körper als vielmehr auf die inneren Werte zu konzentrieren.

Manche Paare gehen einander regelrecht aus dem Weg, um ja nicht in die Situation zu geraten, nach Sex gefragt zu werden. Da kann es helfen, zu vereinbaren, das Thema für eine gewisse Zeit ganz ruhen zu lassen und sich stattdessen bewusst auf andere Gemeinsamkeiten zu fokussieren. Manche brauchen diese Sicherheit, um wieder vertrauen zu können.

Die Lust auf Sex anregen

Oft leidet der Partner mit geringerer Libido darunter und würde eigentlich dem anderen zuliebe, aber auch für sich selbst gerne mehr sexuelle Intensität entwickeln. Die Forschung sagt: Menschen, die öfter Sex haben, empfinden auch ein höheres Maß an Lust auf Sex und wollen öfter intim werden. Ist Sex eine gute Erfahrung, möchte man sie häufiger machen.

Insofern könnten Partner, die eine geringere Libido haben, versuchen, sich in Stimmung zu versetzen. Eine Frau kann sich gedanklich auf Lust programmieren, indem sie im Lauf des Tages immer wieder bewusst ihre Geschlechtsorgane wahrnimmt, den Beckenboden durch Anspannen trainiert, hübsche Unterwäsche trägt, in der sie sich schön fühlt. Angenehme erotische Anspielungen des Partners, schmeichelnde Bemerkungen und zärtliche Berührungen im Alltag können luststeigernd wirken. Manchen hilft es, Termine für Sex zu setzen. Was für manche befremdlich klingt, hilft anderen, weil sie sich kontrolliert auf diese Paarzeit vorbereiten und intensiv darauf einstellen können.

Sich auf die unterschiedlichen Empfindungen einlassen

Es klingt ein bisschen verrückt, aber tatsächlich: Der Appetit kommt mit dem Essen. Befriedigender, lustvoller und erfüllender Sex steigert die Lust auf Wiederholung. Enttäuschende Erfahrungen beim körperlichen Zusammensein haben gegenteilige Wirkung. Das heißt auch: Der Partner mit der stärkeren Lusterfahrung sollte intensiver danach fragen, wie Sex für den anderen zu einem beglückenderen Erlebnis werden könnte.

Vor allem Frauen haben oft nicht spontan Lust auf Sex, können aber durch liebevolles Werben des Partners und durch erotische Berührungen, die sie mögen, dafür gewonnen werden. Hier ist Kommunikation besonders wichtig! Viele Partner wissen nämlich gar nicht, was sich für den anderen tatsächlich gut anfühlt und was der andere erotisch findet. Auch ändert sich das im Verlauf des Zyklus einer Frau stark. Während zum Beispiel in einem Stadium die Berührung der Brustwarzen elektrisiert, kann es an anderen Tagen wehtun und abschrecken. Ein bisschen ist Sex eben wie ein Tanz: Einer fordert auf, der andere lässt sich ein, beide finden in den Rhythmus und erst nach einigen Takten ist die Harmonie hergestellt.

Kompromisse aushandeln

Wenn die Erwartungen an die Häufigkeit der sexuellen Begegnungen stark abweicht, können Paare versuchen, Kompromisse auszuhandeln. Vielleicht hätte er gerne am liebsten täglich Sex, während ihr alle zwei Wochen vollkommen ausreichen. Wie wäre es, wenn die beiden sich zum Beispiel auf einmal pro Woche einigen? Dann sind die Parameter klar und beide können sich darauf einstellen und diese Begegnungen bewusst gestalten.

Sicher wird es nicht für alle die vollkommen zufriedenstellende Lösung geben. Einige körperliche oder hormonelle Ursachen sind zwar medikamentös behandelbar, aber manchmal kommt die Medizin an ihre Grenzen. Nebenwirkungen von Medikamenten hemmen teilweise die Lust und machen es schwer bis unmöglich, sexuelle Leidenschaft zu entwickeln. Auch psychische Belastungen wie Stress oder Depressionen können nicht einfach durch einfühlsame Kommunikation überwunden werden.

Aber auch solche Paare können Wege finden, wie sie einander dennoch nah bleiben: Zärtlichkeiten müssen nicht immer im Beischlaf enden, sorgen aber für die Ausschüttung von Glücks- und Bindungshormonen und stärken damit das Wohlbefinden. Alternative Formen von Intimität ohne Penetration können helfen, dass der lustbetonte Partner trotzdem auf seine Kosten kommt.

Marcus und Susanne Mockler – er ist Journalist, sie ist Paartherapeutin mit eigener Praxis und Vorsitzende der MarriageWeek Deutschland.

Guter Sex trotz Kleinkindern? Mit diesen 10 Tipps klappt es mit der Zweisamkeit

Tagsüber Theater und Zirkus am Abend – das Leben mit Kleinkindern ist oft stressig. Wie kann trotzdem das Sexleben gelingen? Eine Paartherapeutin klärt auf

Eltern mit Kleinkindern merken schnell, dass sich in ihrer Partnerschaft und vor allem in ihrem Sexleben einiges ändert. Obwohl sie sich ein Leben ohne die süßen Kleinen nicht mehr vorstellen können, wünschen sie sich in turbulenten Zeiten insgeheim die Tage zurück, wo sie leidenschaftlich und spontan miteinander schlafen konnten. Kein Türenverschließen aus Furcht vor kleinen, ungewollten Besuchern, die fragen: „Mama, Papa, was macht ihr da?“ Kein Zeitdruck aus Furcht vor kleinen Zaungästen.

Kein ruhige Minute

„Ich fühle mich nur noch fremdgesteuert! Sexuell läuft schon seit der Geburt unseres zweiten Kindes wenig. Wie denn auch?“, fragt Kristin (Name und Umstände geändert), als sie in meine Sprechstunde kommt. Dass ihr Mann sich mehr wünscht, ist ihr sehr wohl bewusst, doch „wenn ich mal ein bisschen Lust verspüre, dann liegt eines der Kinder zwischen uns oder schreit nach mir.“ Kristin bringt auf den Punkt, was viele Eltern von Kleinkindern erleben. Sie haben ihre eigenen Bedürfnisse selbstlos hinten angestellt und sich dabei selbst aus den Augen verloren.

Das Focus Magazin veröffentlichte vor einigen Jahren einen Artikel mit dem Titel: „Wie viel Sex braucht der Mensch?“ Der Text bezog sich auf eine Studie, in der Forscher herausfinden wollten, was unsere Libido beeinflussen kann. Sehr eindeutig fiel das Ergebnis bei der Frage aus, was Stress mit der Sinnlichkeit macht: „Das Stresshormon Cortisol, das in den Nebennieren bei erhöhter körperlicher und psychischer Belastung ausgeschüttet wird, vermindert den Sextrieb. Hektik, Müdigkeit und Sorgen stören die Liebe empfindlich. Männer wie Frauen reagieren auf die Störfaktoren ähnlich.“

Stress von innen und außen

Die Kleinkindphase stellt hohe Anforderungen an die Eltern, die sich im Sexualleben der Paare bemerkbar machen. Was kann ich Kristin und anderen Müttern und Vätern raten? Zunächst legen wir den Fokus darauf, wie sie es in ihrer momentanen herausfordernden Zeit schaffen kann, zu sich selbst zu finden.

Es geht darum, kleine Auszeiten zu erkennen und einzubauen, in denen sie sich erholen kann, um gelassener mit Alltagssituationen umgehen zu können. Wir nehmen erst einmal Kristins Stresssituation in den Blick. Diese ist von den äußeren und den inneren Stressfaktoren beeinflusst oder sogar gesteuert. Um hier klarer zu sehen, erhält sie die Aufgabe, in den nächsten vierzehn Tagen aufzuschreiben, welche Situationen ihr besonders Stress bereiten. Weiterhin soll sie beobachten, welche Gedanken sie dabei wahrnimmt, welche Gefühle entstehen, welche Körpersignale sich anmelden und welches Verhalten sie zeigt.

In einem zweiten, anschließenden Schritt erforschen wir ihre inneren Stressfaktoren. Das ist zum Beispiel ihr erhöhter Perfektionismus, ihr Bedürfnis, es allen recht machen zu wollen oder ihr Anspruch, immer stark zu sein. Anhand praktischer Beispiele besprechen wir, wo ihr die inneren Stressfaktoren nützlich sind und wo sie ihr im Wege stehen. Gleichzeitig erlernt sie ein Entspannungsverfahren mit einer zusätzlichen Körperwahrnehmungsübung.

Dies soll ihr helfen, wieder entspannen zu können, ihren eigenen Körper wieder besser wahrzunehmen, damit sie Stresssignale des Körpers frühzeitig erkennt und somit entgegenwirken kann.

Zweisamkeit fördern

Man kann mit einer solchen Herangehensweise sicher nicht alle schwierigen Faktoren ausschalten. Es ist normal, sich in manchen Phasen überfordert und fremdbestimmt zu fühlen und es ist auch normal, dass darunter das Sexualleben leidet. Das muss aber nicht zu einem chronischen Zustand werden. Wichtig ist, dass Mütter und Väter sich immer wieder Freiräume schaffen, in denen sie sich selbst und einander auf entspannte Weise erleben können. Dann wird auch wieder die Lust zurückkehren und man kann das Leben insgesamt genießen. Auf der nächsten Seite gibt es einige Ideen, wie das gelingen kann:

10 Ideen für mehr Zweisamkeit

1. Euch ist wichtig, dass eure Kinder in einem liebevollen Umfeld aufwachsen. Ihr wollt auf ihre Bedürfnisse eingehen und das ist gut so! Vergesst dabei nicht, dass ihr als Eltern auch Bedürfnisse habt. Wenn ihr euch selbst oder einander verliert, haben eure Kinder nichts gewonnen. Andersherum formuliert: Wenn es den Eltern gut geht, geht es auch den Kindern gut.

2. Nehmt euch deshalb als Paar ganz bewusst hier und da Auszeiten. Vielleicht könnt ihr euch auch mal irgendwann wieder ein Wochenende zu zweit gönnen, aber selbst, wenn es nur ein paar Stunden ohne Kinder sind: Das zu tun, was euch gemeinsam Spaß macht, und euch mal wieder als Paar zu erleben, kann Wunder wirken!

3. Nehmt dafür die Unterstützung von Familie, Freunden oder anderen möglichen Babysittern in Anspruch. Eure Kinder freuen sich, wenn sie Oma und Opa einmal für sich alleine haben oder durch einen Babysitter betreut werden.

4. Macht euch klar, dass ihr immer noch ein Paar seid. Ihr habt keine Familie gegründet, weil das euer Beruf ist, sondern weil ihr euch gefunden und ineinander verliebt habt. Warum eigentlich? Was war so attraktiv? Was war so toll an ihr? Was fand sie anziehend an ihm? Was damals toll war, ist sicher auch heute noch vorhanden, ihr müsst vielleicht nur ein bisschen den Staub des Alltags wegpusten.

5. Gönnt euch gegenseitig kleine Auszeiten, damit jeder für sich einmal wieder auftanken kann. Es muss nicht immer etwas Großes sein. Ein gemütliches Bad nehmen, ohne Kind zum Friseur, zwei Stunden Sport mit Freunden – das alles kann einen den Alltagstrott für kurze Zeit vergessen lassen.

6. Planung tut gut! Spontaner Sex während der Kleinkindphase bleibt wahrscheinlich eher ein Wunschtraum. Verabredet euch zum Liebesspiel. Weshalb nicht einmal die Zeit nutzen, wenn die Kinder ihre Lieblingssendung sehen oder ihren Mittagsschlaf halten? Das gibt euch als Paar etwas Zeit füreinander. Was ihr aus der Ruhezeit macht, ist euch überlassen.

7. Das mag seltsam klingen, aber Sex hat ähnlich wie Sport oder ein Musikinstrument spielen mit Gewohnheit zu tun. Manche Paare haben es sich abgewöhnt, miteinander zu schlafen. Das war keine bewusste Entscheidung, es ist einfach so passiert. Jetzt tun sie sich umso schwerer, wieder zueinander zu finden. Paare, die beispielsweise auch während der Schwangerschaft Sex hatten, tun sich leichter, ihr Liebesleben einige Wochen nach der Geburt zu reaktivieren.

8. Gewohnheit heißt auch: Es muss nicht immer das ganz große Feuerwerk sein. Macht euch keinen Druck, wenn sich die Lust nicht wie gewünscht einstellt. Streicheln, schmusen, im Bett nebeneinander liegen und über Gott und die Welt reden – Intimität kann auch ohne Sex sehr schön sein. Manchmal stellt sich gerade dann die Lust ein, wenn man den Druck rausnimmt.

9. Freut euch darüber, dass ihr einander habt! Wie ihr Familie lebt und welche Herausforderungen ihr mit eurem Kleinkind tagtäglich meistert, das ist einzigartig. Notiert euch am Abend, was ihr am Tag so alles hingekriegt habt. Ihr werdet staunen, was ihr alles so nebenbei erledigen konntet!

10. Wenn man mittendrin steckt, kann man es nicht glauben, aber die Kleinkindphase geht auch einmal vorüber!

 

Andrea Kronester arbeitet als Heilpraktikerin für Psychotherapie und ist Therapeutische Seelsorgerin (TS) und Entspannungspädagogin im mittelfränkischen Petersaurach (praxis-kronester.de).

Unterschiedliche Wünsche beim Sex? So finden Sie eine gemeinsame Lösung!

Unser ganzes Leben prägt, was für Vorstellungen wir von Sex haben. Aber: Wir müssen nicht so bleiben, wie wir sind, sagt Sexualberaterin Dr. Ute Buth.

Tom und Lena (Namen verändert und Fall verfremdet) sind noch nicht so lange verheiratet. Für Tom ist es die zweite Ehe. Seine erste Frau ist vor wenigen Jahren gestorben. Seit der Hochzeit kreisen beide um die Frage: Wie leben wir unsere Sexualität so, dass sie für beide zufriedenstellend ist? Tom hat Sex in seiner ersten Ehe als besonders erfüllend erlebt, wenn sie dabei eine bestimmte Position einnahmen. Lena jedoch mag diese überhaupt nicht.

Anfangs traute sie sich kaum, dies zu sagen, schließlich war er doch der Erfahrenere von beiden. Auch wollte sie den Beginn ihrer gemeinsamen Sexualität nicht verkomplizieren und gleich zu Anfang rummeckern. Sie hoffte, dass sich dies mit der Zeit geben würde, spätestens wenn sie ihre Sexualität miteinander erst einmal richtig entdeckt hatten. Nach und nach jedoch wurde ihr klar, dass Tom jedes Mal darauf hinwirkte, dass er in genau jener Position zum Höhepunkt kam. Schließlich kommen sie in die Beratung: Über die sexuellen Begegnungen berichten sie von häufigen „Abstürzen“ und regelrechtem Streit. Lena fühlt sich für seinen Höhepunkt benutzt und dadurch fremdgesteuert.

Was ist die sexuelle Lerngeschichte?

Die Entstehung der sexuellen Lerngeschichte lässt sich am Beispiel einer zunächst leeren Computerfestplatte verdeutlichen. Jeder Mensch hat sie zu Beginn des Lebens mitbekommen. Tom und Lena mögen ein besonders anschaulicher Fall sein, aber man muss nicht zum zweiten Mal verheiratet sein oder Erfahrungen mit vorherigen Partnern gemacht haben, um auf die Platte zu schreiben. Jeder Mensch hat seine ganz einzigartige und persönliche sexuelle Lerngeschichte. Sie beginnt bereits, wenn wir als Babys im Mutterleib heranwachsen und setzt sich über die Kindheit und Teenager-Zeit bis ins Erwachsenenalter fort. Sie endet erst mit unserem Tod, auch wenn die aktive Sexualität für manche Menschen eventuell schon früher keine Rolle mehr spielt. Und sie besteht auch bei Menschen, die Sex gar nicht aktiv ausleben.

Sexualität ist eine besonders intensive Form der Kommunikation, die nonverbal und verbal stattfinden kann. Und die größtmögliche Nähe, die man zu einer anderen Person haben kann. Lebenslang wirken sich unzählige Faktoren auf die sexuelle Lerngeschichte aus. Alles, was nur im Entferntesten mit Sexualität oder auch Beziehungen zu tun hat, speichern wir ab und setzen es in Relation zu Vor- und Folgeerfahrungen. Wir bilden uns unsere Meinung. Wir weben gleichsam lebenslang einen hochkomplizierten individuellen Orientteppich rund um dieses Thema. Bereits im Mutterleib nehmen wir Mutter, Vater, andere Menschen und auch deren Beziehung zueinander wahr.

Als Kleinkind lernen wir, in Beziehung zu anderen Menschen zu stehen. Wir entdecken unsere Geschlechtlichkeit und die anderer Menschen. Wir erleben, wie offen oder verschlossen das Gespräch über Sexualität geführt wird. In Menschen, die uns begegnen, haben wir unfreiwillige und unbewusste Lernobjekte und Lebensmodelle. Wie wir uns im Laufe unseres Lebens positionieren, ist komplex und höchst individuell.

Mentale Festplatte lässt sich nicht löschen

Selbstverständlich gehört die Sexualaufklärung mit in dieses Webmuster unseres ureigensten Teppichs. Sogar dann, wenn sie scheinbar nicht stattgefunden hat. Denn auch das konsequente Schweigen zum Thema Sexualität spricht Kindern gegenüber eine laute und deutliche Sprache: „Darüber spricht man nicht!“ Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der Werbung und anderer visueller Reize wie Fotos und Filme.

Im Laufe der eigenen Entwicklung wird die Festplatte mit Wissenswertem, Erfahrungen und Entscheidungen beschrieben. Oder anders gesagt: Unser Gehirn speichert all dies ab und verwebt es in unzähligen neuronalen Verschaltungen. In der IT ist es gar nicht so einfach, gespeicherte Daten komplett zu löschen oder zu überschreiben. Das Formatieren der Festplatte reicht nicht. Häufig können Fachleute selbst nach einem unvorhergesehenen Crash vieles wiederherstellen. Ungleich komplexer verhält es sich mit unserer mentalen „Festplatte“. Wir können ja keine Bereiche dieses internen Speichers markieren und aus unserem Blickfeld verbannen oder gar löschen, zum Beispiel, wenn sie nicht mehr zu den eigenen Wertvorstellungen passen. Wir können nur umlernen, neue Erfahrungen abspeichern oder im Bild des Webteppichs neue Fäden einweben. Auch deshalb ist es unerlässlich, die eigene sexuelle Lerngeschichte verantwortungsvoll zu gestalten.

Neue Lerngeschichte schreiben

Tom ist frustriert. Er hat zunehmend den Eindruck, dass Lena nicht auf seine Wünsche eingehen möchte. Inzwischen funktioniert es anders aber gar nicht mehr. Besonders ist die Situation des Witwers: Für Tom ist es wichtig, die Trauer über den Tod seiner Frau und die damit erloschene Sexualität zu verarbeiten.

Doch Tom und Lena müssen nicht bei alten Erfahrungen stehen bleiben. Sie haben die Chance, eine neue gemeinsame Lerngeschichte zu schreiben. Die partnerschaftliche Sexualität trägt das Potenzial in sich, dass sie im Laufe der Zeit erfüllender wird. Doch nur wenn es beiden ein Anliegen ist und sie bereit sind, auf ihr Gegenüber einzugehen.

Wenn verlassene Trassen zuwachsen

Sobald Frauen und Männer die Grundprinzipien der sexuellen Lerngeschichte verstanden haben, können sich Türen in neue Lebens- und Lernbereiche hinein öffnen. Das Paar ist dem Erlebten nicht mehr hilflos ausgeliefert. Dabei ist es ratsam, nicht zu verurteilen, sondern zu verstehen. Auf Basis dieser Erkenntnisse können die Partner schauen, welches Verhalten sie langsam und schrittweise neu prägen möchten.

Vielleicht könnte Lena dann feststellen, dass sie es gerne hat, wenn sie an bestimmten Stellen sanft von Tom berührt wird. Vielleicht würde dann Tom spüren, dass es ihn selbst erregt, wenn er merkt, dass Lena Gefallen an seinen Berührungen findet. Wenn Tom nicht darauf fixiert bleibt, auf eine bestimmte Weise Sex zu erleben, dann können Bereiche, die nicht mehr bedient werden, im Laufe der Zeit gleich einer verlassenen Bahntrasse mitunter zuwachsen. Die Prägung an sich aber bleibt im Gehirn angelegt. Wichtig ist, nicht frustriert aufzustecken, falls sich manche Prägungen als stark oder unveränderbar herausstellen. Stattdessen gilt es, den eigenen Handlungsspielraum wahrzunehmen und in dem Bereich gestalterisch voran zu gehen, wo eine Entwicklung möglich ist.

Neue Strecken anlegen

Vielleicht gibt es in einer bestimmten Lebensphase gute Gründe, nicht mehr so viel Zeit aufs Vorspiel zu verwenden, weil jederzeit ein Kind um die Ecke biegen könnte. Die vormals gebahnte Trasse beginnt schmaler zu werden. Irgendwann besteht die Gefahr aber nicht mehr, doch wenn das Paar die neuen Freiräume nicht auszuloten beginnt, wird es noch auf der eingefahrenen bisherigen Trasse unterwegs sein.

Neue Strecken wollen und können angelegt werden. Das gilt für Paare, die noch wenig Erfahrungen miteinander gemacht haben, aber genauso auch für Paare, die schon lange miteinander unterwegs sind. Tom lernt in der Beratung, seine Trauergefühle zu verarbeiten. Für Lena ist es hilfreich, die vorhandenen Muster zu durchschauen. Beide sammeln jetzt neue Erfahrungen miteinander. Tom erfährt, dass auch andere Berührungen lustvolle Gefühle in ihm hervorrufen. Lena lernt, dass sie nicht für Toms Gefühle verantwortlich ist. Sie darf sich an ihren eigenen lustvollen Gefühlen freuen und diese erstmals bewusst beachten und ausloten. Tom wiederum lernt, sich ein wenig zurückzunehmen und sich an Lenas neuen Impulsen zu erfreuen, die auch für ihn frischen Wind in die gemeinsame Intimität bringen.

Lena muss sich nicht länger anstrengen, um Tom aus der Reserve zu locken und sie muss keine Angst mehr haben, dass ihre Grenzen überschritten werden. Sie sind auf einem guten Weg, ihre gemeinsame sexuelle Lerngeschichte positiv weiterzuschreiben.

Keine Scheu vor Hilfe!

In dem Verstehen der eigenen geprägten Geschichte, können wir ab heute neue Weichen stellen, hin zu einer sinnerfüllten Sexualität. Es sollte uns nicht belasten oder beschämen, wenn wir Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aufsuchen, die uns in diesem Prozess helfen. Große Schiffe brauchen auch mitunter einen Lotsen. Wer sein Ziel nicht kennt, erreicht es nicht. Wer sein Ziel kennt, es aber nicht erreicht, steht letztlich vor dem gleichen Ergebnis.

Daher sollten wir die Scheu ablegen und uns aufmachen, das gute Land einzunehmen, das uns mit der Sexualität gegeben ist.

5 Fragen für Paare, die ihre Sexualität weiterentwickeln möchten:

  • Sprechen Sie über eure individuellen Lerngeschichten. Wie wurde über Sex in Ihrer jeweiligen Herkunftsfamilie (nicht) gesprochen? Welche Schlüsse haben Sie als Kind und Jugendliche daraus gezogen?
  • An welches Mal miteinander können Sie sich noch besonders gut erinnern? Warum ist Ihnen gerade dieses Mal in Erinnerung geblieben?
  • Was empfinden Sie nach wie vor als besonders schön? Wo würden Sie sich gerne von Gewohntem trennen oder entfernen?
  • Was würden Sie gerne (erneut) ausprobieren? Wo könnten Sie neue Bahntrassen anlegen, wo alte reaktivieren?
  • Gibt es negative oder schwierige sexuelle Erfahrungen aus der Vergangenheit, die Ihre Partnerschaft belasten? Bleiben Sie nicht allein damit, sondern suchen Sie sich qualifizierte Hilfe.

Dr. med. Ute Buth ist Fachärztin für Frauenheilkunde, zertifizierte Sexualberaterin und Weißes Kreuz Fachberaterin. Die Buchautorin u. a. von „Frau sein – Sexualität mit Leib und Seele“ leitet die Beratungsstelle „herzenskunst“ in Bochum.

Zwischen Geborgenheit und Abenteuer

Was ist überhaupt aufregender Sex? Christa und Dr. med. Wilf Gasser machen Paaren Mut, diese Frage für sich zu klären. Denn nur wenn beide wissen, was sie suchen, haben sie auch die Chance, fündig zu werden.

Sex mag uns als eine körperliche Angelegenheit erscheinen, aber entscheidend ist das, was sich im Kopf abspielt. Erfahrungsgemäß reden Paare zu wenig darüber, was hier abgeht – obwohl schon das offene Gespräch über Sex in der Paarbeziehung erotische Spannung aufbauen könnte. Doch was wünsche ich mir eigentlich? Mancher Austausch scheitert schon daran, dass die Ehepartner das selbst nicht so genau wissen. Vielleicht wussten sie es einmal, aber die Beziehung hat sich verändert und das Leben findet unter anderen Bedingungen statt. Deshalb hier ein paar gedankliche Leitplanken, die helfen, den eigenen Wünschen und Sehnsüchten auf die Spur zu kommen.

DAS SEXUELLE VERLANGEN ZWISCHEN „HOME“ UND „ABENTEUER“

Das sexuelle Verlangen umfasst zwei fast widersprüchliche Pole. Auf der einen Seite suchen wir Vertrautheit, Verlässlichkeit, Sicherheit, Annahme und Bindung. Auf der anderen Seite wollen wir Aufregung, Kick, Gewagtes und Neues. Bei vielen Menschen liegt das sexuelle Verlangen eher auf der einen oder anderen Seite, oder es kippt im Verlauf der Zeit auf eine der beiden Seiten. Und sicher spielt in dieser Frage auch unser Geschlecht eine Rolle sowie Veränderungen, die sich mit zunehmendem Alter ergeben.

Wir Männer haben vielleicht testosteron-bedingt eher den Wunsch nach einem intensiven, raschen Erregungsaufbau und einem ausgeprägten Kick. Der Abenteuer-Pol liegt uns naturgemäß recht nahe. In unseren Träumen spielen oft auch sexuelle Spielarten wie Oralsex und diverse Stellungen eine Rolle, und bereits die Gedanken daran können Erregungsgefühle auslösen. Unser Verlangen ist stark auf den Orgasmus ausgerichtet. Eine sexuelle Begegnung ohne Höhepunkt ist für die meisten Männer undenkbar. Was aber keinesfalls heißt, dass der „Home“-Aspekt für uns nicht auch für eine langfristig erfüllende sexuelle Beziehung wichtig wäre.

Wir Frauen verbinden Sex gerne mit „Home“ – einem Ort, an dem wir uns wohl und sicher fühlen. Wir können es genießen, wenn die sexuelle Begegnung zu einer Wellness-Erfahrung wird. Vertrautheit, Zuwendung und Liebe öffnen uns für die Möglichkeit einer sexuellen Begegnung. Vielleicht sogar für die Möglichkeit von Abenteuer. Aber nicht selten sind unsere Männer irritiert, weil wir Frauen nicht mit gleicher Begeisterung Abenteuer-Ideen einbringen oder weil es für uns nicht immer so einfach ist, uns auf ihre Wünsche einzulassen.

SEX MAL ANDERS ODER GANZ VERTRAUT

In den Träumen von Abenteuern hat alles Platz, was auf dem Boden einer vertrauensvollen Beziehung entsteht, und unter Wahrung von Würde und Achtung des Gegenübers ausgelebt oder humorvoll auch als untaugliche Idee verworfen werden kann. Ein erotisches Gespräch zum Beispiel oder das gemeinsame spielerische Entdecken von Dingen, die bisher nicht zum Repertoire gehörten. Statt Sex immer zum Abschluss des Tages kurz vor Mitternacht, warum nicht mal zu ganz anderen Zeiten? Oder mal ein Ortswechsel vom Bett auf das Sofa oder auf den Küchentisch? Oder mal ein Schäferstündchen in der Natur?

„Home“ heißt dagegen: Wir pflegen Vertrautes, wir schaffen eine Atmosphäre, in der sich beide wohl und sicher fühlen. Wir geben dem Raum, was uns guttut und uns zueinander bringt.

Erotische Spannung braucht langfristig unbedingt beide Pole: Home und Abenteuer. Es muss nicht immer ein Gleichgewicht herrschen, aber wenn wir auf der einen oder anderen Seite ein andauerndes Übergewicht haben und das Thema immer auch mit realen oder vielleicht nur vermeintlichen Vorwürfen verbunden ist, führt dies meist bald zum Verlust des Interesses an sexuellen Begegnungen. Zumindest bei demjenigen Partner, dessen Bedürfnisse zu wenig Beachtung finden …

Deshalb unser Tipp: Sprecht als Paar über die Illustration unten. Zuerst über den großen Bogen, in welchen langfristig gelingende Sexualität eingebettet ist. Hier sind die Stichworte dazu:

Verbindlichkeit: Maximale Intimität braucht maximale Verbindlichkeit
Exklusivität/Treue: Was sind eure Vorstellungen und Maßstäbe?
Balance von Geben und Nehmen, Schenken und Empfangen
Wie geht es unserem „Wir-Gefühl“? Wie erlebe ich Verbundenheit in der Sexualität?
Lasst euch dann auf das Spannungsfeld von Home und Abenteuer ein. Dabei ist es hilfreich, wenn beide zunächst mal für sich überlegen: Welche Punkte in der Illustration sind mir besonders wichtig? Man kann die Stichwörter auch auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten.

Dass diese Auseinandersetzung mit euren Erwartungen und Enttäuschungen euch möglicherweise auch sehr persönlich in Frage stellt, ist völlig normal! Sie ist aber die Voraussetzung für eine wachsende Intimität.

DAS PROBLEM MIT DEM TRÄUMEN

Es ist toll, wenn ihr über eure Wünsche und Träume ins Gespräch kommt. Gleichzeitig möchten wir euch davor warnen, sie zum Nonplusultra zu machen. Träume sind schön und sehr oft die Triebfeder für menschliches Handeln und für großartige Leistungen. Der Mensch ist ein mit Vorstellungskraft und Fantasie begabtes Wesen, und dies kommt nirgends so zum Tragen wie in der Sexualität. Schwierig wird es allerdings, wenn eure Träume und Vorstellungen gewissermaßen zum einzigen Maßstab werden. Was ihr in der Realität erlebt, ist dann nie wirklich gut genug. Wenn ihr zum Beispiel den gemeinsamen Orgasmus als das ultimative Beispiel von gutem Sex betrachtet, seid ihr jedes Mal enttäuscht, wenn ihr es wieder nicht schafft, obwohl ihr eigentlich für so vieles dankbar sein könntet.

Beim Thema Sex träumen manche lieber von der unerreichbaren sprichwörtlichen Taube auf dem Dach, statt die weniger spektakuläre Realität zu genießen. Die Enttäuschung ist damit vorprogrammiert. Und daraus entsteht dann leicht eine Schuldzuweisung an den Partner oder die Partnerin. Man klagt an oder fühlt sich angeklagt. Beides ist ein Lustkiller!

GOTT ALS COACH?

Versucht euer Gespräch über Home und Abenteuer damit abzuschließen, dass ihr je einen Punkt für mögliches Wachstum definiert. Und falls ihr mit Jesus bekannt seid und das gemeinsame Gebet möglich ist, dann empfehlen wir euch analog zum christlichen Tischgebet ein regelmäßiges „Bett-Gebet“. In unseren schwierigen Lern-Jahren (wohl nicht ganz zufällig auch die Kleinkind-Jahre …) haben wir recht treu vor intimen Begegnungen gebetet und Gott als Coach in unser Schlafzimmer eingeladen. Zugegeben, es war gewöhnungsbedürftig, ihn zum Thema „aufregender Sex“ so persönlich ins Spiel zu bringen!

Ich (Wilf) erlebte es als befreiend, im Gebet um eine leidenschaftliche und eine die Herzen verbindende sexuelle Begegnung zu bitten. Ich empfand als Mann auch eine gewisse Furcht vor der egoistischen und gierigen Seite der Sexualität. Unser „Bett-Gebet“ hat mir geholfen, mich mit meiner männlichen Triebkraft und hormonbedingten Leidenschaft zu versöhnen.

WOHER DIE „AUFREGUNG“?

Wenn ihr nachhaltig aufregenden Sex sucht, spielt es eine Rolle, aus welcher Quelle sich eure Träume nähren. Generell können wir Menschen uns darauf konditionieren, Erregung durch Reize wie zum Beispiel pornografische Bilder, Fetische oder bestimmte Handlungen zu suchen. Diese Reize sind zwar wirksam und führen zumindest einseitig zu einer gewissen Erregung. Aber sie sind ohne jeglichen Bezug zu einer realen Person, beziehungsweise die andere Person ist austauschbar.

Die gute Nachricht ist, dass wir lernen können, unseren Träumen eine Ausrichtung auf einen anderen liebevollen Menschen zu geben. Wir können uns angewöhnen und können es einüben, unsere „sexuelle Aufregung“ aus einer realen Beziehung heraus zu suchen. Wir können lernen, uns ohne Lust und ohne jegliche Erregung auf eine sexuelle Begegnung einzulassen. Und müssen dann aber wissen – beziehungsweise müssen es vielleicht auch erst lernen –, wie wir erotische Brücken bauen und so Erregung aufbauen können. Eine kleine Übung kann dabei helfen (siehe Tipp).

Wir laden euch ein, miteinander im Gespräch zu bleiben und euch einander unvoreingenommen zu begegnen. Selbst wenn das manchmal nicht ganz einfach ist – langfristig könnt ihr nur gewinnen!

 

TIPP: NACKTHEITS-ÜBUNG

Eine kleine und beliebig wiederholbare Übung kann euch helfen, euch auf eine partnerschaftliche Sexualität auszurichten. Sie kann aber auch eine Einstiegshilfe sein, wenn ihr euch für eine sexuelle Begegnung entschieden habt, aber noch keine Spur von erotischen Gefühlen vorhanden ist. Diese unscheinbare und auf den ersten Blick wenig aufregende Übung kann sich wie ein kleiner Spatz in der Hand zur Taube wandeln. Probiert die Übung doch mal aus und sprecht darüber, wie es euch dabei ergeht. Und sollte euch die Übung fast zu einfach scheinen, probiert es trotzdem! Ihr könnt nur gewinnen.

1. Schritt: Nackt nebeneinander liegen: Was macht das mit mir?
Beide Partner ziehen sich im warmen Zimmer nackt aus und machen es sich nebeneinander bequem, ohne sich zu berühren. Nun schließt eure Augen und entspannt euch. Nehmt euch für diesen ersten Schritt mindestens 10 Minuten Zeit. Beide horchen in sich hinein. Was macht das mit mir? Wie fühle ich mich? Wie fühlt sich die eigene Nacktheit an? Fühle ich mich wohl in meiner Haut? Wie fühlt sich die Nacktheit des Partners, der Partnerin an? Welche Gefühle löst dies bei mir aus?

2. Schritt: Einander berühren
Legt Arme und/oder Beine über- oder ineinander, aber ohne, dass ihr euch aktiv streichelt oder stimuliert. Nehmt euch dafür wieder 5-10 Minuten Zeit. Was macht dies mit mir? Wie fühlt es sich an? Fühle ich mich wohl dabei?
Austausch: Was habe ich am meisten genossen? Was war schwierig?

 

Christa und Dr. med. Wilf Gasser sind seit 1983 verheiratet. Sie haben drei erwachsene Kinder und acht Enkel und wohnen in einer kleinen Gemeinschaft in der Nähe Berns. Sie arbeiten als Sexualtherapeuten und bieten Seminare für Paare an: www.wachsende-intimität.ch. Der Artikel basiert auf einem Kapitel aus ihrem Buch „Der Traum vom guten Sex – Druck und Freiheit in der sexuellen Begegnung“.

Seismograph der Ehe

Kann eine Partnerschaft florieren, wenn im Bett nicht mehr viel geht? Oder umgekehrt: Kann Sex eine bröckelnde Ehe zusammenhalten? Und was können Paare tun, wenn der Wunsch nach Sex bei einem weniger ausgeprägt ist als beim anderen? Christof Klenk bat den Therapeuten Dr. Michael Hübner um Antworten.

Es kann eine Ehe beflügeln, wenn es im Bett gut läuft. Umgekehrt profitiert das eheliche Sexleben davon, wenn die Ehepartner gut miteinander unterwegs sind. Würdest du dem zustimmen?
Grundsätzlich ja. Beziehung und Sex gehören zusammen. Man kann sogar sagen, dass die Zufriedenheit in der sexuellen Beziehung seismographisch die Ehe widerspiegelt. Anders ausgedrückt: Wo Paare gut miteinander kommunizieren und diese Ebene für beide schön ist, werden beide in der Regel auch guten Sex haben. Ausnahmen sind allerdings beispielsweise körperlich-medizinische Störungen, die das Sexualleben beeinflussen können, oder auch Missbrauchserfahrungen.

Gegenseitig zur Masturbation ermutigen

Gleichzeitig scheint Sex durchaus auch in guten Ehen ein heikles Thema zu sein. Woran könnte das liegen?
Häufig ist es ein Problem, dass er öfter Sex möchte als sie oder umgekehrt. Man hat festgestellt, dass der Höhepunkt der Libido im männlichen Lebenszyklus bei etwa zwanzig Jahren liegt, der der Frau erst etwa bei vierzig Lebensjahren. Danach geht sie ganz langsam zurück. Als Theologe glaube ich, dass Gott den Sex zur Lust, zum Spaß für beide geschaffen hat. Ich rate, Sex eher zu gestalten als zu problematisieren.

Und wie könnte das Gestalten aussehen, wenn ein Teil häufiger will als der andere? Zurückweisen, weil man keine Lust hat, ist nicht schön. Vom anderen zurückgewiesen werden, ist auch nicht schön.
Das ist durchaus eine typische Situation bei vielen Paaren. Wie so oft, gilt auch hier: Die beiden sollten offen miteinander darüber reden. Manche lernen es in der Sexualberatung. Sie können ihre sexuelle Begegnung unterschiedlich gestalten, wenn sie sich gegenseitig liebevoll beschenken wollen. Kreative Möglichkeiten gibt es genug: Sie können sich gegenseitig zur Masturbation ermutigen – freilich ohne Porno, wie heute oft üblich –, oder sie befriedigen sich gegenseitig und führen sich so zum Orgasmus. Auch wenn zum Beispiel die Frau einmal gar nicht zum Orgasmus kommen möchte – es ist ihr vielleicht im Moment „zu aufwendig“ –, so kann sie sich doch körperlich ihrem Mann zum Glied-Scheide-Verkehr hingeben. Oder beide versprechen sich am nächsten Tag zu einem gemeinsamen Date, einem Fest, das vorbereitet ist.

Anders anziehend

Nach zehn oder zwanzig Jahren Ehe kennt man die Vorlieben des anderen und ist vertraut miteinander. Das ist sicher ein Vorteil, aber eine gewisse Routine kann auch langweilig werden.
Geht man von zwei sexuellen Begegnungen pro Woche aus, dann hat ein Paar in zwanzig Jahren ungefähr zweitausend Mal Sex miteinander. Da kann schon mal eine gewisse Routine einkehren, die beide eher als langweilig empfinden.

Ist das das Schicksal von langjährigen Ehen oder kann man dem entgegenwirken?
Liebe und Lust zeigen sich nach Jahrzehnten anders als am Anfang. Das Empfinden für körperliche Attraktivität tritt vielleicht zurück. An ihrer Stelle werden andere Qualitäten des Partners, der Partnerin sexuell anziehend: Vertrautheit und Wärme, Genussfähigkeit, Sinnlichkeit, Zeit zum Spiel, Verwöhnaktionen … Für sie mag es nicht mehr nur seine Sportlichkeit oder der knackige Hintern sein. Sie mag beispielsweise empfinden: Wenn ich ihn mit Abstand reden höre, seine entschlossenen Entscheidungen und den liebevollen Umgang mit den Kindern und seine Zärtlichkeit sehe, dann will ich seine Nähe. Für ihn spielt nicht mehr die Form des Busens eine große Rolle, dafür macht es ihn vielleicht an, ihre geschmeidigen Bewegungen auf dem Fahrrad zu sehen, während er hinter ihr fährt, oder wie sie musiziert … Kreativität im sexuellen Spiel ist angesagt. Manchmal kommt in dieser Zeit der „Appetit auch erst beim Essen“: Ein schöner Sexabend kann wie ein kleines Fest gestaltet werden. Schöne Musik, ein Gläschen Wein, Bodylotion, Duftkerze und angenehmes Licht – das alles ist nicht wie „Fastfood“ und die Vorfreude und Erregung kann steigen.

Sex nicht totschweigen

Wenn das alles nicht mehr hilft, ziehen manche Paare einen Schlussstrich unter das Thema. Nach dem Motto: Bei uns läuft nicht mehr viel, aber es gibt Wichtigeres.
Überarbeitung, Burnout, aber auch ungeklärte Themen und Ablenkungen können die sexuelle Erregungskurve stören und beispielsweise die männliche Erektion beeinflussen. Selbstverständlich sind dies schambehaftete, heikle Themen. Warum? Nicht jeder kann über sexuelle Themen frei reden. Manchmal auch deshalb, weil gerade auch in guten Ehen einer den anderen oder auch sich selbst schonen möchte und das Gegebene hinnimmt. Dies alles kann sich aber früher oder später auf die Beziehungsqualität legen. Paare sollten das aber nicht ignorieren und das Thema Sex nicht unterschätzen. Die Schamschwelle zu überwinden und qualifizierte Hilfe zu suchen, ist jetzt angesagt. Es gibt sehr gute Seelsorger, christliche Berater, Therapeuten oder auch Ärzte und hilfreiche Medikamente, und die Prognose ist in dem Bereich gut.

Es gibt Paare, die keinen Sex miteinander haben, aber nach eigenen Angaben glücklich miteinander sind, vielleicht sogar glücklicher, weil das Feld der Sexualität immer mit Konflikten verbunden war.
Das kann ich mir kaum vorstellen. Wenn sie es aber beide ehrlich sagen: wieso nicht? Dann sollte niemand ein Problem daraus machen.

Ich hätte die Befürchtung, dass dann doch mal irgendjemand kommt, der das Bedürfnis nach Intimität bei einem von beiden weckt.
Da gebe ich dir Recht. Ich würde diesem Paar deshalb ans Herz legen, dass sie über dieses Thema offen und kontinuierlich im Gespräch bleiben. Auch darüber, ob sie ihre sexuellen Bedürfnisse auf andere Weise befriedigen. Manchmal besteht ein ausgesprochener oder unausgesprochener Kontrakt, mit dem sie sich gegenseitig die Freiheit dazu geben. Sich aber beispielsweise anhand von Pornos zu befriedigen, ist keine gute Lösung. Keinen Sex miteinander haben sollte nicht heißen: Wir reden nicht mehr drüber.

Körperlichkeit alleine reicht nicht

Mal von der anderen Seite: Eine Frau schrieb uns, dass ihre Ehe in einem schlechten Zustand war, weil sie sich in einen anderen Mann verliebt hatte. Auf körperlicher Ebene lief es aber trotzdem noch gut mit ihrem Mann. Das habe sie sogar ein Stück weit zusammengehalten. Ist das für dich nachvollziehbar?
Da möchte ich korrigieren: Sie hatte sich in einen anderen verliebt, weil ihre Ehe in einem schlechten Zustand war. Denn wer verliebt ist, verliebt sich nicht anderweitig. Und die Frage ist eigentlich: Warum liebte sie ihren Mann nicht mehr und was hatte sie dafür getan, ihn zu lieben? Dass nur die Körperlichkeit noch zusammenhält, das gibt es tatsächlich, ist aber keine Lösung. Ihr hat anscheinend der andere Mann etwas gegeben, was sie bei ihrem nicht bekommen konnte. Darüber hätte ich mit ihnen in meiner Praxis gerne geredet. Sie befinden sich in einer notvollen fürchterlichen Sackgasse, die sich in der Regel bald psychisch negativ auswirkt.

Kann Sex zusammenhalten, was eigentlich auseinanderdriftet?
Das mag bei manchen Paaren so sein. Die amerikanische Soziologin Judith Wallerstein beschreibt Ehetypen so: Neben der traditionell geführten und der partnerschaftlichen Ehe gibt es die Ehe als Zuflucht, aber eben auch die „leidenschaftliche Ehe“, um die es hier geht. In ihr spielt die sexuelle Lust von beiden Seiten eine sehr große Rolle. Das birgt natürlich auch Gefahren. Wenn einzig sexuelle Lust zwischen beiden der Kitt ist, der sie zusammenhält, kann dies beispielsweise dann zur Gefahr für die Beziehung werden, wenn mindestens einer von beiden – aus welchen Gründen und wie lange auch immer – Sex nicht möchte oder nicht haben kann.

Wöchentliches Ehemeeting

Erotische Anziehung scheint davon zu leben, dass der Partner/die Partnerin anders ist als ich. Ist zu viel Harmonie und Seelenverwandtschaft vielleicht gar nicht so förderlich?
Ja, das Fremde ist das Attraktive. Wenn wir das Fremde im Gewohnten immer wieder zu entdecken versuchen – unser Gegenüber verändert sich ja auch immer wieder –, bleibt die Beziehung spannender. Im Gewusel des Alltags fallen uns die Veränderungs- und Entwicklungsprozesse oft gar nicht so auf. Meine Frau und ich – wir machen Paaren Mut zu einem wöchentlichen „Ehemeeting“. Das ist ein wichtiger Punkt in unserem Buch. Bei so einem Meeting kann es dann auch darum gehen, über Sexualität zu reden. Wichtig ist, miteinander im Gespräch zu bleiben – und das besonders in bestimmten Lebensphasen, wenn die gemeinsame Zeit knapp bemessen ist, weil die familiäre Situation oder der Beruf sehr viel abverlangt.

Dr. (theol.) Michael Hübner ist Gründer und Dozent der Stiftung Therapeutische Seelsorge und leitet eine Therapiepraxis in Neuendettelsau. Mit seiner Frau Utina hat er das Buch „Der Kick für die Partnerschaft – Vitaminkur für das Ehegespräch“ geschrieben.

Mehr Spaß am Sex? Mit diesen fünf Spielen heizen Sie Ihr Liebesleben an

Erotik muss nicht ernst sein. Sexualtherapeutin Dr. Cordula Kehlenbach hat fünf Ideen, wie Sie Spannung in Ihr Liebesleben bringen.

Spielend leicht gefällt uns unser Liebesspiel wohl am besten. Da können wir ausgelassen sein, Sorgen vergessen, uns aneinander freuen. Es gibt zum Glück kein Argument, warum Sexualität eine ernste Sache sein sollte und nicht etwas Spielerisches sein darf. Wer spielt, der lacht meist auch. Lachen entspannt ungemein und fördert damit Sexualität auf seelischer, partnerschaftlicher und körperlicher Ebene. Denken Sie einmal daran, wie Kinder spielen: Einen festen Plan haben sie nicht, es wird laufend improvisiert, „Fehler“ gibt es nicht. Über Unerwartetes lachen Kinder und sie bauen es ins Spiel ein.
Folgende Spielarten dürfen Ihre Neugier wecken:

1. Den Körper entdecken mit Bodypainting

Man muss kein Künstler sein, um Spaß zu haben beim Bemalen oder Beschriften des Partners. Mit der Farbe dürfen die ohnehin schönen Stellen noch schöner gemacht werden. Narben, Flecken und ähnliches können verziert oder in ein schönes Bild integriert werden. Eine Krampfader kann zum Fluss einer Landschaft oder zu einer Blumenranke werden. Ein Fleck wird das Auge eines Smileys. Und die Einzigartigkeit der Liebenden wird hervorgehoben. Es gibt spezielle Bodypaint-Stifte oder Flüssigkeiten in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen, Lebensmittel oder Cremes aus dem Haushalt eignen sich aber genauso. Es ist schön, dass beim Bodypainting einer ganz aktiv ist. Der andere gibt sich dem Malenden ganz hin und ist gespannt auf das Ergebnis.

2. Nähe spüren beim Spiegel-Spiel

Gleichzeitige Aktivität ist beim Spiegel-Spiel angesagt. Beide sind nackt, sitzen sich zum Beispiel im Bett gegenüber. Einer ist der „Anführer“, er berührt oder küsst oder leckt den anderen an einer beliebigen Stelle, wie er es mag und so oft er mag. Der andere macht danach genau das Gleiche spiegelbildlich beim „Anführer“. Nach einer Weile werden die Rollen gewechselt. So kann man seinem Lieblingsmenschen gut zeigen, welche Stelle oder welche Art der Berührung man besonders gerne mag.

3. Spaß mit Strip-Poker oder Strip-Würfeln

Ein beliebiges Spiel mit mehreren kurzen Runden kann genutzt werden. Oder ein Würfel, bei dem eine bestimmte Zahl ausgewählt wird. Jeweils der Verlierer einer Runde oder der Würfler besagter Zahl zieht ein Kleidungsstück aus. Albern sein ist strengstens erlaubt. Man darf vorher in den Spielregeln festlegen, was passieren kann, wenn der erste nackt ist. Zieht euch warm an! Dann habt ihr länger was davon.

4. Zwei Wahrheiten, eine Lüge

Ein weiteres Spiel hat mit erotischen Fantasien zu tun. Veronika Schmidt schreibt zu Fantasien in ihrem Buch „Liebeslust“ (S. 115) Folgendes: „Damit ist nicht gemeint, dass wir uns andere Personen oder Paare in ihrer Intimität vorstellen, sondern vielmehr, dass wir eine erotische Fantasie und Vorstellung von uns selbst und unserem Partner entwickeln. Das sexuelle Begehren in der Partnerschaft erfordert es, dass sich Mann und Frau selbst und gegenseitig erotisieren, sich also Fantasien und erotische Gedanken erlauben.“

Jeder schreibt zwei Fantasien auf, die er wirklich reizvoll fände, und eine, die er nicht erotisch findet. Die Ideen dürfen durchaus verrückt oder lustig sein. Keine dieser Fantasien müsst ihr je ausgelebt haben oder wirklich durchführen wollen, zum Beispiel Sex auf dem Eiffelturm oder Liebe in einer einsamen Berghütte bei Gewitter. Abwechselnd liest man eine Fantasie vor und versucht zu erraten, ob es eine Wahrheit oder die Lüge ist. Das Ausdenken und das Erraten können sowohl Spaß als auch Lust machen. Das gemeinsame Spiel mit Fantasien erhält die Sexualität aufregend.

5. Vibratoren sind nicht schmuddelig

Interessante Erfahrungen können auch Vibratoren bringen. Manch einem mögen sie nicht geheuer sein, wie aus der „Schmuddelecke“ kommend. Dabei sind es lediglich technische Instrumente, die das (Sexual-)Leben schöner und angenehmer machen können (so wie eine Waschmaschine es auch tut). Es gibt viele Modelle, die ganz speziell für das gemeinsame Liebesspiel gedacht sind, indem sie beiden direkt oder indirekt (über die Freude am anderen) schöne Gefühle und Erregung bereiten. Unterschiedlichste Vibratoren können Penis, Hoden, Klitoris, G-Punkt und weitere erogene Zonen anregen. Entspannter Austausch darüber, wie man sich die gemeinsame Nutzung und die Vibration wünscht, gehören zum Spiel dazu. Seid immer offen für Improvisation und für Pannen.

Auf der Suche nach weiteren Spielarten stieß ich auf noch mehr Ideen, die an die Leichtigkeit der spielenden Kinder erinnern. Verstecken: An der Haustür (zur Ankunftszeit des Partners) seine Kleidung liegen lassen mit der Notiz, man habe sich nackt in der Wohnung versteckt. Eine Kissenschlacht im Bett veranstalten. Herausfinden, was zwei nackte Menschen alles mit einem langen Schal machen können? Sich gegenseitig mit viel Öl einreiben und das neue Berührungsgefühl entdecken (nach guter Präparation des Bettes!). Sich verkleiden und die entsprechende Rolle spielen, es reichen schon Andeutungen. Allein unsere Bewertung und unser Umgang mit den verschiedenen Spielarten und Ideen entscheiden darüber, wie wir uns dabei fühlen. Schmutzig und lächerlich? Oder eben spielerisch, leicht, humorvoll, aufregend, sexy, erotisch.

Dr. med. Cordula Kehlenbach ist Sexualtherapeutin in eigener Praxis in Krefeld.

Erektionsstörung: So überstanden Cathrin und Daniel gemeinsam die Krankheit

Als Daniels Prostata entfernt wird, stürzen seine Frau Cathrin und er in ein Tief. Dr. Ute Buth erzählt, wie die beiden ihre Sexualität dadurch neu entdeckten.

Cathrin und Daniel empfanden ihre Sexualität anfangs als aufregend und zugleich auch als herausfordernd. Nicht alles lief, wie sie es sich vorgestellt hatten. Manch eine Prägung aus ihren sexuellen Lerngeschichten* fuhr ihnen in die Parade, musste eingeordnet und verstanden werden. Trotz mancher Irrfahrten blieben sie auf Kurs: Gemeinsam entwickelten sie ihre Sexualität in Höhen und Tiefen, manchmal auch mit Unterstützung in einer Fachberatung.

Mit der Zeit genossen und schätzten sie ihr intimes Miteinander immer mehr. Daniel beschreibt es so: „Diese besondere intime Nähe, diese Vertrautheit, die teilten nur wir zwei. Wir haben erst lernen müssen, über Sex zu reden, das war in unseren Familien so gar nicht selbstverständlich.“ Doch von der Sprachfähigkeit profitierte die Zweisamkeit, denn sie begannen, „uns immer mehr unsere gegenseitigen Vorlieben anzuvertrauen. Und das hat Früchte getragen.“ So konnten sie ihre Sexualität miteinander genießen und feiern.

Wolke 7 trifft auf Alltag

Doch selbst eine gelingende, aufregende partnerschaftliche Sexualität ist kein permanentes Schweben auf Wolke 7. Sie findet live statt und will auf dem Boden alltäglicher Rahmenbedingungen gelebt werden. Sexualität lebt davon, dass beide Partner sich kennen, sich vertrauen und dass sie Wege finden, mit den alltäglichen ungeschminkten Herausforderungen des Lebens weise umzugehen.

„In den unterschiedlichen Lebensphasen“, so Cathrin, „haben wir gelernt, in den zahlreichen Wetterlagen des Alltags unsere sexuelle Nische lebendig zu halten. Das war besonders in der Kleinkindphase unserer beiden Kinder nicht immer einfach.“ Beide schmunzeln. Cathrin ergänzt: „Manchmal haben wir uns einen Babysitter geholt und sind für einen langen Abend ins Hotel gefahren. Anfangs fuhr dann einer wieder nach Hause, um den Babysitter abzulösen. Der andere konnte im Hotel in Ruhe ausschlafen. Unsere Flexibilität und Kreativität hat uns später in der Krise sehr geholfen.“

Daniel kämpft mit Erektionsstörungen

Auslöser dieser Krise war eine Krebserkrankung. Mit Anfang 40 ging Daniel zum Urologen, „weil ich Probleme beim Wasserlassen hatte. Der Urologe entdeckte eine auffällige Prostatavergrößerung. Meine Prostata musste radikal entfernt werden.“ Die Operation verlief gut, der Tumor hatte nicht gestreut. Doch auf die Erleichterung folgte auch eine gewisse Ernüchterung, denn „sexuell lief danach gar nichts mehr“. Daniel hatte nach dem Eingriff mit Erektionsproblemen zu kämpfen. „Damit konnte ich als Mann nicht umgehen. Anfangs zog ich mich deshalb zurück.“

Auch Cathrin war mit der Situation überfordert. Sie wünschte sich ihre gemeinsame Sexualität zurück. Und zugleich war ihr klar, dass das so nicht möglich war. Vor allem aber vermisste sie die intime Nähe, die sie geteilt und genossen hatten. Sie wäre glücklich gewesen, mit Daniel zu kuscheln, sich an ihn zu schmiegen und ihm so ihre Liebe zu zeigen. Doch sie wollte ihn nicht bedrängen, stand hilflos vor der Situation und schwieg.

Daniel machte sich Sorgen. Was, wenn sich die Problematik nicht zurückbilden würde? Er sehnte sich nach Intimität mit Cathrin. Dass sie das Gespräch nicht suchte, verstand er als Enttäuschung und Rückzug. War er nun für sie nicht mehr „gut genug“?

Was hilft bei sexuellen Problemen?

Es ist normal, dass ein solcher Einschnitt beide Partner gewaltig erdet und zutiefst verunsichert. Sie verlieren einen Schatz, den sie sicher zu haben wähnten. An bewährte Strategien können sie nicht mehr anknüpfen, und zur Tagesordnung können sie auch nicht übergehen. In einer solchen Situation ist vor allem Mitgefühl gefragt. Mit sich selbst und mit seinem Gegenüber. Und möglichst auch der baldige Austausch darüber, wie es beiden geht. Denn nonverbal stellen sich, wie auch im Fall von Cathrin und Daniel, rasch Missverständnisse und Fehldeutungen ein.

Beim Urologen erfuhr Daniel, dass das Problem mit der Gliedsteife bis zu neun Monate andauern könne. In manchen Fällen würde es auch danach nicht besser. Daniels Verunsicherung war dadurch nicht weg. Die Tabletten, die ihm der Arzt verordnete, verbannte Daniel zunächst in eine Schublade.

Eines Abends ergab sich ein erstes zaghaftes Gespräch mit Cathrin über die aktuelle Situation, zuerst ganz allgemein, wie es beiden geht, aber auch, was all das mit ihnen als Paar gemacht hatte. Beide merkten, dass sie auf dem Weg Federn gelassen hatten, und wie sehr Missverständnisse ihr Verhalten beeinflussten. Doch sie erinnerten sich auch daran, dass sie sich früher in Herausforderungen ihrer Ehe und sexuellen Fragen in der Beratung Hilfe gesucht hatten. So entschieden sie, sich auch in diesem Fall Rat zu holen.

Eine Paarberatung kann helfen

In der Beratung sprachen sie erstmals ohne Bewertung vom anderen darüber, wie es ihnen tatsächlich geht und welche Fragen und Sorgen, aber auch welche Bedürfnisse und Ideen da sind. Überrascht stellten sie fest, dass sie beide weiter ein starkes Nähe-Bedürfnis hatten, dieses aber durch ihren jeweiligen Rückzug nicht geäußert hatten.

Nach und nach stellten sie sich dem akuten Schmerz des Verlustes und auch der Möglichkeit, dass dieser endgültig sein könnte. Sie trauerten über das, was sie eingebüßt hatten, und übten sich dann darin, ihren Blick auf das zu richten, was ihnen an Ressourcen und Möglichkeiten geblieben war.

Intimität jenseits von Geschlechtsverkehr

Überraschend war für Daniel, dass Cathrin zunächst vor allem seine intime Nähe spüren wollte. Ohne Anspruch auf Sex. „Ich war perplex, traurig und freudig überrascht zugleich. Genau das hatte ich mir ja auch gewünscht und mich doch nicht getraut, danach zu fragen. Weil ich meinte, meinen Mann nicht stehen/ nicht liefern zu können.“ Gemeinsam entschieden sie, die Tabletten für später aufzuheben und sich erst einmal langsam wieder anzunähern. Sie belebten anfangs zaghaft, dann immer mutiger längst verschollene Möglichkeiten aus den Anfängen ihrer Partnerschaft: Kuscheln, Streicheln, Küssen, Petting, eine erotische Massage und auch die Stimulation mit der Hand. Vor allem aber genossen sie ihre Zeit zu zweit. Cathrin beschreibt es so: „Endlich war die Eiszeit zwischen uns vorbei. Unsere ganze Beziehung, vor allem aber die Vertrautheit und Nähe tauten auf.“

Viele Paare unterschätzen die Möglichkeiten, Intimität jenseits von Geschlechtsverkehr zu erleben, oder haben sie schlichtweg nie eingeübt. Dabei lässt sich hier viel Land einnehmen und kreativ gestalten. Oftmals kommt erst in der Beratung zur Sprache, wie sehr sich ein Partner Intimität über den Penis-Scheide-Verkehr hinaus wünscht. Fehlt beiden die Sprachebene, ist es sehr herausfordernd, diesen Wunsch einzubringen. Das kann dazu führen, dass man Körperkontakt meidet. Nach dem Motto: Besser nicht kuscheln, sonst versteht das der andere direkt als Einladung zum Sex. Hier helfen klare Absprachen. Wann gehen wir auf Sex zu, wann genießen wir uns bewusst anders und loten unsere Möglichkeiten aus?

Die Erektion: Ein willkommener Gast

Mit den Tipps aus der Beratung entdeckten Cathrin und Daniel ihre gegenseitigen „Körperlandkarten“ und erotischen Zonen neu. Es waren wenige orientierende Sitzungen, bis sie ihren Weg gemeinsam gehen und stärken konnten. Sie tasteten sich langsam vorwärts, lernten Sexualität mit den neuen Randbedingungen zu gestalten und waren überrascht, wie sie nach und nach ganz neu aufregende sexuelle Begegnungen miteinander erleben konnten. Wenn es dabei zu einer Erektion kam, hießen sie diese als Gast willkommen, doch sie suchten bewusst auch Wege, ihre Intimität und Sexualität auch ohne diesen Gast zu genießen und zu feiern.

Was bleibt

Als sich die Erektion Monate später wieder mehr oder weniger regelmäßig einstellte, feierten Daniel und Cathrin auch das. Doch bis dahin hatte sich ihre Sexualität schon deutlich verändert. Ihre neue sexuelle Wirklichkeit wollten sie nicht mehr missen. Ihr Fazit: „Diese Höhen und Tiefen haben uns noch mehr zusammengeschweißt. Wir hätten anfangs nie gedacht, dass gerade diese krasse Erfahrung unsere Sexualität am Ende bereichern würde.“

Daniel und Cathrin haben sich vorgenommen, in Zukunft frühzeitiger Hilfe zu holen und immer nach Auswegen zu suchen. Sie wollen den Einschränkungen nicht den Sieg überlassen und bereit sein, notfalls verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Dr. med. Ute Buth ist Fachärztin für Frauenheilkunde, Weißes Kreuz Fachberaterin und zertifizierte Sexualberaterin und leitet die Beratungsstelle „herzenskunst“ (herzenskunst-beratung.de) in Bochum.

*Zum Begriff „Sexuelle Lerngeschichte“: Unabhängig davon, ob Sex aktiv gelebt wird, hat jeder Mensch seine sexuelle Lerngeschichte. Im Laufe unseres Lebens erhalten wir zahlreiche Informationen zum Thema Sexualität: Erlebnisse, Sachinformationen, Emotionen, Positives und auch Negatives. All diese Informationen verknüpft unser Gehirn wie in einem aufwendigen Orientteppich mit ganz individuellen Mustern. Unliebsame Bereiche kann man nicht wie beim Computer einfach markieren und löschen. Wir müssen umlernen, oder um im Bild des Teppichs zu bleiben: neue Fäden einweben und schauen, ob wir alte Fäden auslaufen lassen können.

Jahrelang hat Lisa Schmerzen beim Sex. Dann gibt ihr die Frauenärztin einen Tipp

Immer, wenn Lisa* mit ihrem Mann schläft, hat sie Schmerzen. Dann wendet sie sich an ihre Ärztin. Und erlebt bald ihren ersten vaginalen Orgasmus.

Als wir in den Flitterwochen unsere Hochzeitsnacht nachholten, hatte ich etwas Angst, dass es beim ersten Mal wehtun könnte, doch mein Mann war so zärtlich, dass es mir nicht schwerfiel, mich fallen zu lassen. Aber wir stießen auf Hindernisse. Miteinander zu verschmelzen war nicht so leicht, wie wir erwartet hatten, und es tat weh. Wir probierten in dieser Woche auf den Kanaren so manches, doch im Nachhinein hatten wir es uns wohl beide anders vorgestellt. Ich erlebte zwar viele schöne Höhepunkte – aber nicht, wenn er in mir war, sondern nur durch äußere Stimulation mit den Händen. Als wir wieder zu Hause waren, holte uns schnell der Alltag ein. Die Probleme beim Sex hielten an und ich stellte fest, dass wir längst nicht so oft miteinander schliefen, wie ich es erwartet hatte.

Es geht nur noch um den Kinderwunsch

Nachdem wir zwei Jahre verheiratet waren, fühlten wir uns bereit für Kinder. So setzte ich die Pille ab und hoffte, dass der gemeinsame Kinderwunsch neuen Schwung in unser Sexleben bringen würde. Nach wie vor tat es oft weh. Doch meine Erwartungen in Sachen Häufigkeit wurden enttäuscht und schwanger wurde ich auch nicht. Auch eine Behandlung im Kinderwunschzentrum brachte keinen Erfolg. Im Gegenteil. In unserem Sexualleben fühlten wir uns in diesen Monaten sehr unter Druck gesetzt. Besonders mein Mann litt darunter, dass es scheinbar nur noch um den Kinderwunsch ging.

Erst als wir diesen ein Stück weit loslassen konnten, ließ der Druck nach und es entstand wieder mehr Raum in unserer Beziehung – auch in sexueller Hinsicht. Fünf Monate nach unserer letzten Behandlung im Kinderwunschzentrum wurde ich dann tatsächlich schwanger. Im darauffolgenden Sommer kam unser Sohn zur Welt.

Immer noch Schmerzen

Während der Schwangerschaft schlief unser Sexleben leider wieder ein. Es dauerte schließlich über eineinhalb Jahre, bis wir nach der Geburt unser Sexleben wiederbelebten. Es war schön, doch unsere Probleme hatten sich nicht geändert. Intimität konnten wir genießen, aber sobald wir „richtig“ miteinander schliefen, bereitete es mir Schmerzen.

Ich fasste schließlich den Mut, mit meiner Frauenärztin darüber zu sprechen. Sie empfahl mir zunächst eine Behandlung durch Elektrostimulation. Für manche Frauen ist das wohl eine hilfreiche Therapie, bei mir änderte sich leider nichts.

Hilfe suchen ist keine Schande

Daraufhin empfahl mir meine Frauenärztin ein Gerät namens Epi-No. Es hilft, die Beckenboden- und Vaginalmuskulatur zu dehnen. Nach einigen Wochen Training schliefen wir miteinander und ich erlebte eine Überraschung: Es tat überhaupt nicht weh! Kurze Zeit danach erlebte ich tatsächlich meinen ersten Orgasmus, während mein Mann in mir war, indem ich dabei bewusst die Beckenbodenmuskulatur anspannte.

Inzwischen wünsche ich mir, ich hätte viel eher den Mut gefasst, mir Hilfe zu suchen. Ich habe gelernt, dass das keine Schande ist. Als Christin glaube ich, dass Gott gerade im Bereich der Sexualität so viel Schönes für uns bereithält, von dem uns falsche Scham oder prüdes Denken abhalten können.

*Name von der Redaktion geändert. Die Autorin möchte anonym bleiben.

Psychotherapeut zeigt: So unterschiedlich sind introvertierte und extravertierte Partner

Schüchterne Menschen leben und lieben anders als gesellige. Wie unterschiedlich sie Urlaub, Job und Sex verstehen, zeigt Experte Jörg Berger mit einem Wörterbuch.

Wer ist eigentlich merkwürdiger? Menschen, die im größten Trubel auftanken und entspannen können? Oder Menschen, die unausstehlich werden, wenn man sie von ihren Rückzugsmöglichkeiten abschneidet? Bereits Ihre Antwort auf diese Frage verrät Ihnen, ob Sie eher introvertiert oder extravertiert sind. Nur selten finden in der Liebe zwei sehr introvertierte Menschen zusammen, auch zwei sehr extravertierte Persönlichkeiten gehen nicht oft eine Paarbeziehung ein. Denn stille Menschen schätzen die Tatkraft und Lebendigkeit extravertierter Persönlichkeiten. Umgekehrt reizt diese die Ruhe und Empfindungstiefe introvertierter Partner. Viele Paare haben daher ein Aha-Erlebnis, wenn sie dem Gegensatz auf die Spur kommen, wie Menschen die Welt erleben.

Gesellig oder unabhängig?

Die Persönlichkeitspsychologie wird auch Psychologie der Unterschiede genannt (Differenzielle Psychologie). Sie befasst sich also vor allem mit der Frage, in welcher Hinsicht sich Menschen unterscheiden. Zu den wenigen wissenschaftlich gesicherten Eigenschaften, die Menschen voneinander unterscheiden, gehört die Dimension Introversion – Extraversion. Als extravertiert (wörtlich: außengerichtet) gelten Menschen, die in Fragebögen angeben, dass sie gesellig, gesprächig, aktiv und beziehungsorientiert sind. Introvertierte (wörtlich: Innengerichtete) kreuzen dagegen an, dass sie gegenüber anderen Menschen zurückhaltend sind, ihre Unabhängigkeit lieben und Aktivitäten auch gerne alleine durchführen.

Extraversion und Introversion sind dabei nicht als zwei Schubladen zu verstehen, in die man die Menschheit sauber einteilen könnte. Es sind vielmehr zwei Pole, und Persönlichkeiten befinden sich irgendwo zwischen diesen Polen, manche also auch in der Mitte. Ob sich ein Mensch eher introvertiert oder extravertiert entwickelt, ist weitgehend angeboren, auch wenn natürlich die Lebenserfahrungen bestimmen, wie sich diese Neigung entfaltet. Wer aus seinem zurückhaltenden Partner einen Partylöwen machen will, wird aber genauso auf Grenzen stoßen, wie der, der einen erlebnishungrigen Partner für ein beschauliches Leben gewinnen will.

Menschen lieben unterschiedlich

Der Persönlichkeitsunterschied in diesem Bereich reicht jedoch noch tiefer als bei unterschiedlichen Vorlieben. Extravertierte haben ein starkes Stimulationsbedürfnis und können intensive Sinneseindrücke gut verkraften. Sie fühlen sich daher wohl, wenn etwas los ist. Wenn sie nur schwache Reize erleben, fühlen sie sich schnell leer, gelangweilt und unruhig. Introvertierte dagegen reagieren stark auf Sinneseindrücke, ihnen genügen schwächere Reize, um sich angeregt und berührt zu fühlen. Deshalb brauchen sie Zeiten allein, um die Eindrücke zu verarbeiten und ihren Sinnen eine Pause zu gönnen. Dass introvertierte Menschen als weniger beziehungsorientiert gelten, halte ich für ein Missverständnis. Sie brauchen nur eine andere Dosis in ihren Beziehungen. Wo extravertierte Menschen ihre Liebe durch viele gemeinsame Aktivitäten und intensiven Austausch ausdrücken, zeigt sich die introvertierte Liebe durch eine Empfindungstiefe und eine starke innere Verbundenheit.

Ob Menschen eher introvertiert oder extravertiert sind, beeinflusst auch in der Liebe, wie sie Situationen erleben und was sie brauchen, um sich wohl zu fühlen. Das gleiche Wort kann etwas völlig anderes bedeuten, je nachdem ob Sie introvertiert oder extravertiert sind. Deshalb habe ich für Sie ein kleines Wörterbuch erstellt, das Ihnen Übersetzungshilfen für einige Schlüsselbegriffe der Liebe gibt.

Freizeit – runterkommen oder hochfahren?

Entspannung, die
introvertiert: Angenehme Abschirmung von Reizen; Möglichkeit, Erlebnisse im eigenen Inneren nachklingen zu lassen und auszukosten
extravertiert: Energiespendende Stimulation durch Begegnungen mit anderen Menschen und schöne Erlebnisse

Urlaub, der
introvertiert: Regeneration und Baumeln lassen der Seele an einem Ort sanfter Schönheit
extravertiert: Erlebnissteigerung durch neue, fremdartige Eindrücke und Aktivitäten

Freunde, die
introvertiert: Seelenverwandte, mit denen Gespräche in die Tiefe gehen; Menschen, die inspirieren, die eigene Entfaltung anregen und helfen, das Leben zu bewältigen
extravertiert: Interessante Persönlichkeiten, die Spaß an den gleichen Aktivitäten haben; Gefährten, die einander tatkräftig unterstützen und voranbringen.

Manche Paare fordert es heraus, in der Freizeitgestaltung auf einen Nenner zu kommen. Die Bedürfnisse des anderen können sich geradezu bedrohlich anfühlen: Der Erlebnishunger des einen kann beim anderen die Angst vor Überforderung und Überreizung wecken. Das Ruhebedürfnis des introvertierten Partners kann sich für den anderen wie eine Verurteilung zu Langeweile und einem verpassten Leben anfühlen. Diskussionen, welcher Lebensstil nun „normal“ oder „gut“ ist, bringen natürlich nicht weiter. Es bleibt nichts, als eine Wertschätzung dafür aufzubringen, wie der andere die Welt erlebt. Ein kleiner Trost: Das, was Sie am anderen schon immer lieben, hat auch mit ihrer/seiner Extraversion beziehungsweise Introversion zu tun. Wenn ich Paare berate, dann erlebe ich immer wieder: Wo Wertschätzung ist, finden sich auch Kompromisse. Warum soll der introvertierte Partner zum Beispiel nicht einfach später zur Party dazustoßen, damit jeder ein passendes Maß an Geselligkeit findet?

Nähe – Berührung oder Umarmung?

Gespräch, gutes
introvertiert: respektvolles Erkunden der inneren Welt des anderen; Anvertrauen von Gedanken und Gefühlen, die nicht viele erfahren
extravertiert: unzensierte Öffnung der eigenen Gedanken und Gefühle; fröhliches Eintreten in den inneren Raum des anderen

Medien, soziale
introvertiert: Möglichkeit, mit anderen verbunden zu sein, ohne dass es gleich intensiv und verpflichtend wird (Emoticons: in besonderen Momenten)
extravertiert: Möglichkeit, mit vielen Menschen gleichzeitig im Austausch zu sein (Emoticons: mehr davon!)

Sex, der
introvertiert: sanfte, wohlige Verschmelzung mit dem geliebten Menschen; Eintauchen in intensive Sinneseindrücke, gerne mit geschlossenen Augen
extravertiert: Fortsetzung der Kommunikation mit körperlichen Mitteln; Ort höchster Erlebnissteigerung mit intensivem Austausch und gemeinsamen Experimenten

Auch was Nähe angeht, kann es zu negativen Urteilen kommen: Der extravertierte Partner kann in seiner Direktheit und Intensität auf den anderen grob wirken. Die Vorsicht des introvertierten Partners kann dem anderen gehemmt vorkommen. Solche Urteile können Sie ablegen, wenn Sie nun die Gründe für die Unterschiede kennen. Das macht es leichter, sich in der Mitte zu treffen. Introvertierte Partner lernen dann, Bedingungen zu schaffen, unter denen sie auch eine leichte Überreizung verkraften: Für ein Gespräch könnte das zum Beispiel eine Verabredung zu Hause sein, die hilft, sich auf die Begegnung einzustimmen, unnötige Reize (wie elektronische Medien) abzustellen und sich vielleicht auch mit sanften Reizen wie ruhiger Musik zu umgeben.

Eine ähnliche Einstimmung kann auch beim Sex helfen, sich auf intensivere Reize einzulassen und zum Beispiel den Blickkontakt zu halten oder im erotischen Gespräch zu bleiben. Umgekehrt kann der extravertierte Partner lernen, dass auch er Reize intensiver wahrnimmt, wenn er vorher zur Ruhe und bei sich ankommt. Dann kann auch eine behutsame Annäherung im Gespräch oder beim Sex herrlich intensiv sein.

Aufgaben – Tiefgang oder Tempo?

Job, guter
introvertiert: Möglichkeit, die eigenen Gaben und das eigene Wesen zu entfalten und etwas Gutes beizutragen; ausgewogene Mischung von Teamarbeit und Arbeit alleine
extravertiert: abwechslungsreiche Herausforderung, sich selbst, andere und Projekte in Bewegung zu setzen

Job, schlechter
introvertiert: aufreibende Überreizung; der Aggression anderer ausgesetzt sein, ohne fliehen zu können
extravertiert: lähmende Eintönigkeit und krank machende Freiheitsbeschneidung

Kinder, die
introvertiert: empfindsame Gegenüber, denen man Respekt entgegenbringt und die man gemäß ihrer einzigartigen Persönlichkeit erzieht
extravertiert: fröhliche Wesen, die man anregen, in Bewegung und manchmal auf Kurs bringen muss

In der Aufgabenteilung können sich introvertierte und extravertierte Partner zu einem unschlagbaren Team verbinden. Die Weisheit und das Feingefühl des einen Partners machen die Dynamik und Tatkraft des anderen treffsicherer. Dabei sollte der introvertierte Partner darauf achten, den anderen mit seiner Empfindsamkeit nicht auszubremsen. Der extravertierte Partner dagegen sollte lernen, vor jeder Aktion einen Seitenblick auf den anderen zu werfen und zu spüren, welche Auswirkungen die Aktion wohl auf den anderen hat. Oft genügt eine kleine Rückfrage oder Anpassung, um die Einheit mit dem introvertierten Partner zu wahren.

Vielleicht atmen Sie am Ende dieses Artikels auf, weil Ihre Unterschiede nicht so groß sind. Sie finden leicht Kompromisse, wie intensiv Sie Ihre Kommunikation und Erlebnisse gestalten. Dann helfen Ihnen die Gedanken vielleicht, in manchen Bereichen noch Feinabstimmungen vorzunehmen. Vor allem aber werden Sie andere Paare verstehen, die größere Gegensätze überbrücken müssen. Vielleicht seufzen Sie aber auch und fragen sich, warum die Liebe so kompliziert ist. Doch wenn Kompromisse Sie viel Energie und Kreativität kosten, gewinnen Sie als Paar etwas Wertvolles: eine Einheit, die sehr unterschiedliche Gaben umfasst und sehr unterschiedlichen Menschen Freundschaft bieten kann.

Jörg Berger arbeitet als Psychotherapeut in eigener Praxis in Heidelberg.