Der Junge mit der Mundharmonika

Christof Matthias bläst sich aus dem Alltag.

Es war immer wieder schön an Omas Kaffeetisch. Ab und zu holte sie bei diesen Gelegenheiten für uns Enkelkinder die Mundharmonika heraus, spielte alte Volkslieder und tanzte dabei mit uns um den Tisch. Bis heute erinnere ich mich gern an diese Momente, den besonderen Omageruch im Wohnzimmer und den einzigartigen Klang der Harmonika. 45 Jahre später fand ich unter meinen Weihnachtsgeschenken eine Mundharmonika. Meine Frau hatte gut zugehört, als ich die schönen Begebenheiten aus meiner Kindheit erzählte. Was für eine Freude! Natürlich waren die versammelte Familie und die Gäste an den kommenden Tagen dann mein Publikum und mussten sich meine ersten Versuche anhören. Inzwischen sind noch einmal einige Jahre vergangen. Allerlei Verwandte fanden die Idee gut, mir eine Mundharmonika zu schenken, und aus dem einen Exemplar ist eine Sammlung von 20 verschiedenen geworden. Für jede Dur die passende, manche mit eher klassischem Klang, andere gehen in die Blues-Richtung. Meine ersten Bemühungen waren eher laienhaft. Aber durch fleißiges Üben wurden der falsch angespielten Töne immer weniger. Irgendwann habe ich den Mut gefasst, den Setkasten zu einem unserer Seminare mitzunehmen und beim gemeinsamen Singen im Hintergrund leise zu begleiten. Glücklicherweise waren die Reaktionen fast immer sehr ermutigend! Zumindest blieb ich dran. Einmal meinte ein Teilnehmer, das Beste am Lobpreis sei die Mundharmonika gewesen. Das war natürlich ein persönliches Highlight für mich. Vielleicht hatte ich auch bei ihm eine schöne Erinnerung wachgerufen. Die Mundharmonika ist so schön klein und handlich, sie passt in jede Hosentasche und es ist nur ein Griff, um sie über die Lippen gleiten zu lassen und ein paar Töne zu erzeugen. Schon das allein reicht für mich, um meinen Alltag reicher zu machen und innerlich zur Ruhe zu kommen. In diesen Augenblicken kann ich in gutem Sinne alles andere aus den Augen verlieren und bin ganz bei mir. Im Alltag fange ich oft an zu spielen, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Verlieren kann ich mich, wenn ich über einen Onlinekanal Mundharmonikamusik laufen lasse und dann selber dazu die Luft durch die Membranen presse. „Banks of Ohio“ ist gerade mein Hit. Dann ist es weniger ruhig, eher emotional heftig, der Hammer und die Computerboxen fangen an zu klirren. Ich muss dann auch mal ins Treppenhaus gehen, damit meiner Frau das nicht entgeht. Wir Männer (zumindest für mich trifft das zu) sind manchmal eher verkopft, rational und gefühlsverarmt. Mit einer großen Welle fühle ich mich dann mitgerissen, der Ratio bleibt zurück. Es braucht danach ein wenig, um mich am Schreibtisch wieder auf die Korrespondenz einzustimmen. Ich wünschte jedem Mann, dass er seine Welle findet, von der er sich ab und zu mittragen lässt. Ich bin nach wie vor kein Virtuose, meine Mucke sehe ich eher als Hausmannskost. Aber mir tut es gut.

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.

 

Erwartungen

Elisabeth Vollmer blickt zurück und nach vorn.

Zwischen Weihnachten und Neujahr lese ich immer meine Tagebücher. Diese Tradition ist mein persönlicher Jahresrückblick und hat sich bewährt. Auf wenige Tage konzentriert durchlebe ich noch einmal lesend mein Jahr – Höhen, Tiefen, Banalitäten, der ganz normale Wahnsinn. Ich stelle fest, dass sich Themen wiederholen (Warum muss ich diese Felder immer wieder beackern?) und Fettnäpfchen von mir auch mehrfach ausgelatscht werden (Bin ich so lernresistent?). Aber ich lese auch wunderbare Kleinigkeiten, die mein Leben bereichert haben (und die ich längst vergessen hatte). Und die wirklich guten Dinge und Begegnungen nehme ich mit großer Dankbarkeit noch einmal wahr. „Unerwartet“ ist ein Wort, das dabei öfter fällt und mir zum Schlüssel wird – im Guten wie im Schlechten. Beispiel gefällig? Ich erwarte nichts zum Muttertag, denke ich im Mai. Das ganze geschäftsmäßige Gedöns ist mir auch zuwider. Nicht nur einen Tag, sondern das ganze Jahr möchte ich schließlich als Mutter gesehen und geschätzt werden! Als der Muttertag kommt, ist es ein ganz gewöhnlicher Sonntag. Keiner in der Familie bedenkt mich mit liebevollen Gesten oder Worten. Ich bin beleidigt. Wie blöd ist das denn? Da mache ich Sprüche und belächle milde die Frauen, denen der Muttertag wichtig ist, und merke beschämt, dass ich auch nicht so wirklich darüberstehe. Also wenigstens so ein kleines bisschen wollte ich dann doch bedacht werden … Nur habe ich nicht mal mir selbst eingestanden, dass ich solche Erwartungen habe. Ent-Täuschung tut weh. Ein Gegenbeispiel: Es ist Anfang Dezember, ein freier Samstag, ich habe Zeit und beschließe, Plätzchen zu backen. Kaum begonnen, kommt Jonas dazu: „Oh, Plätzchen! Ich mach mit!“ Kurz darauf klinkt sich auch Tabea ein. Wir werkeln, unterhalten uns und lachen. Eine Idylle wie im Bilderbuch. Einen Moment stehe ich in der Tür, nehme diese geschenkte Zeit in ihrer ganzen Schönheit wahr. Es kommen mir die Tränen vor Dankbarkeit. Völlig unerwartet werde ich beschenkt mit dieser Zeit mit meinen Teens. Im Rückblick auf mein Jahr merke ich, dass ich oft gerade dann beschenkt werde, wenn ich frei von Erwartungen bin. Wenn ich nichts er-warte, warte ich nicht auf das, was ich mir vorstelle, sondern bin frei, das wertschätzend wahrzunehmen, was mir begegnet. (Der Muttertags-Sonntag war nämlich eigentlich kein schlechter Tag, bis ich ihn mit grummeliger Miene vermiest habe …) Und ich merke, dass meine Erwartungen schnell zur Falle werden – besonders dann, wenn sie unausgesprochen sind. In diese Falle will ich im nächsten Jahr nicht mehr ganz so oft tappen. Am Valentinstag ist mir das schon mal gut gelungen. Es war ein ganz normaler, guter Tag in einer vollgepackten Zeit. Nichts Besonderes und völlig okay. Ich möchte lernen, mir meine Erwartungen einzugestehen und selbst zu entscheiden, ob diese Erwartung angemessen und wichtig für mich ist (und dann muss ich sie kommunizieren!), oder ob ich diese Erwartung auch loslassen kann. Bewusst und vielleicht mit ein bisschen Wehmut. Der Rückblick wird zeigen, wie mir das gelungen ist.

Elisabeth Vollmer ist Religionspädagogin und lebt mit ihrer Familie in Merzhausen bei Freiburg.

Party statt Schule

„Meine Tochter (17) will nur noch Party machen. Sie hält sich an keine Absprachen, kommt und geht, wann sie will. Schule ist ihr egal. Was kann ich tun?“

 

Zunächst einmal ein kleiner Trost: Es ist nichts Neues, dass Jugendliche auf Regeln pfeifen und nicht auf ihre Eltern hören: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Dieser Satz wird dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschrieben, der von 470 – 399 v. Chr. lebte. Schon er hatte mit dem provokanten Verhalten der Jugend zu kämpfen.

SOUVERÄN BLEIBEN
Wenn Jugendliche sich über Grenzen hinwegsetzen, ist es wichtig, dass die Eltern souverän bleiben und sich nicht provozieren lassen. Natürlich ist es schwer, einfach zu Hause abzuwarten, ob das Kind tatsächlich wieder pünktlich und heil von der Party zurückkommt. Dieses Loslassen ist für alle Eltern ein Lernprozess. Je schwerer er uns fällt, umso mehr rebelliert unser Kind und hält die vorgegebenen Zeiten erst recht nicht ein. Deshalb ist es wichtig, eine eigene Souveränität zu erlangen. Gebet ist dabei eine wesentliche Hilfe. Trotzdem müssen sich die Kinder natürlich daran halten, zu den vereinbarten Zeiten wieder zu Hause zu sein.

GESETZLICHE AUSGEHREGELN
Der deutsche Gesetzgeber hilft hier, denn er gibt sehr genau vor, wie lange Heranwachsende in welchem Alter wegbleiben dürfen (in der Schweiz gibt es leider keine einheitliche Regelung). 16- bis 18-jährige dürfen bis 24 Uhr in einer Disco oder Gaststätte bleiben. Reden Sie mit Ihrer 17-Jährigen und sagen Sie ihr, dass Sie sich Sorgen machen, wenn sie sich nicht an Absprachen hält. Weisen Sie Ihr Kind unaufgeregt und sachlich auf die Konsequenzen hin, die dieses Verhalten nach sich zieht. Sollte sie sich nicht an die Regeln halten, wird der Ausgang ganz gestrichen, oder Sie überlegen sich eine andere Konsequenz.

PARTYS STATT REGELN
Wenn Ihrer Tochter die Schule egal ist, gibt es unterschiedliche Gründe dafür. Finden Sie heraus, ob der Grund für die schlechten Noten im fehlenden Interesse für die Schule oder in einer zunehmenden Überforderung liegt. Im ersten Fall hat es Sinn, die Prioritäten – eventuell mit Hilfe von Lehrergesprächen – wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen. Im zweiten Fall sollten Sie gemeinsam mit Ihrer Tochter nach Alternativen Ausschau halten, wie eine andere Schulart oder eine Ausbildung. Manchmal hilft es auch, einfach die Klasse zu wiederholen. Überforderung kann durchaus ein Grund dafür sein, dass Ihr Kind mehr Sinn daran sieht, Partys zu machen, als sich um die Schule zu kümmern. Wenn Ihre Tochter Sie nicht mehr in ihr Leben hineinlässt, dann müssen Sie das akzeptieren. Sie wird erwachsen und will sich abgrenzen. Sie müssen es allerdings nicht akzeptieren, wenn Ihre Tochter Ihre Regeln nicht mehr einhält. Machen Sie Ihr klar, dass sie ihre eigenen Erfahrungen machen darf, dass sie sich aber trotzdem an die Regeln zu halten hat, die Sie ihr vorgeben.

 

Ingrid Neufeld ist Erzieherin und Mutter von drei inzwischen erwachsenen Töchtern. Sie lebt in Mittelfranken.

Reife Entscheidung

„Unsere Tochter (23) ist erst seit einem halben Jahr mit ihrem Freund zusammen. Jetzt sprechen sie schon vom Heiraten. Wir meinen, dass sie sich noch Zeit lassen sollten. Wie können wir es ihr oder ihnen vermitteln?“

Als mein 16-jähriger Neffe im Brustton der Überzeugung verkündete, er habe die Frau seines Lebens gefunden, musste ich innerlich schmunzeln. Wer würde nicht skeptisch reagieren, wenn junge Menschen in der Phase des Verliebtseins ans Heiraten denken? Insofern kann ich Ihre Sorge gut verstehen. Ganz egal, ob die Kinder noch in der Pubertät stecken oder mit 23 Jahren eigentlich im besten Alter sind, einen Partner zu finden. J a, es stimmt: D ie Liebe braucht Zeit und muss sich im Alltag bewähren. Allerdings – in meiner Praxis als Therapeutin erlebe ich es oft genau umgekehrt: Junge Menschen haben große Selbstzweifel, ob sie je in der Lage sein werden, sich zu binden. Sie haben die Ausbildung mit Bravour abgeschlossen, machen Karriere und fragen sich ernsthaft, ob sie mit Mitte dreißig überhaupt schon die nötige Reife besitzen, sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Insofern freue ich mich, wenn junge Menschen damit offensichtlich kein Problem haben und beizeiten mit dem Partner an einer gemeinsamen Zukunft bauen.

UNERFÜLLTE WÜNSCHE?
Natürlich sollte eine Eheschließung gut überlegt sein. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt den Kern Ihrer Zweifel ausmacht. Sie wünschen sich für Ihre Tochter, dass sie in dieser Frage eine reife Entscheidung trifft. Eine Entscheidung, die nicht durch den Filter der rosaroten Brille gefällt wird. Diesen Aspekt können Sie ohne Probleme in einem offenen Gespräch zu bedenken geben. Aber dann sind Sie gut beraten, sich mit Ratschlägen zurückzuhalten. Aber bevor wir als Eltern irgendwelche Bedenken zum Ausdruck bringen, sollten wir uns erst einmal fragen, was uns so skeptisch macht. Sind es die Vorstellungen für das Leben unserer Kinder, die wir in Gefahr sehen? Oder die eigenen unerfüllten Wünsche, die uns umtreiben? Haben wir selbst das Gefühl, uns zu früh oder zu schnell gebunden zu haben? Wie zufrieden sind wir mit der Wahl des Partners? Oder haben wir die Sorge, dass die eigenen Kinder noch nicht die nötige Reife besitzen, eine derart existenzielle Entscheidung zu treffen?

AUF AUGENHÖHE
Gehen Sie offen in das Gespräch und zeigen Sie Interesse. Lassen Sie ihre Tochter erzählen: Was gefällt ihr an ihrem Partner? Wie stellen sie sich die gemeinsame Zukunft vor? Was macht Ihre Tochter so sicher, dass er der Richtige ist? Und auf was müssten beide verzichten, wenn sie sich noch ein bisschen Zeit lassen? Schön, wenn unsere Kinder als Erwachsene, unseren Rat suchen, aber halten Sie sich mit Ratschlägen zurück. Stellen Sie offene Fragen und bleiben Sie mit dem jungen Paar auf Augenhöhe. Und übrigens: Ich war 23 Jahre alt, als ich meinen Mann geheiratet habe. Das war vor 31 Jahren. Der Gedanke, Friedhelm könnte der Mann fürs Leben sein, ist auch bei mir nach kurzer Zeit gereift. Und was soll ich sagen: Es hat funktioniert!

 

Christina Rosemann ist systemische Familientherapeutin und Supervisorin in eigener Praxis und lebt in Lüdenscheid. www.christina-rosemann.de

Willkommen in der Familie!

„Unser Sohn (17) hat zum ersten Mal eine feste Beziehung. Wir sind etwas unsicher, ob wir seine Freundin eher wie einen Gast oder wie ein neues Familienmitglied behandeln sollen. Diese Frage stellt sich vor allem bezüglich des Urlaubs oder diverser Familienfeiern.“

Sie als Eltern können viel machen, damit Ihre heranwachsenden Kinder den Start in das Beziehungsleben positiv erleben. Vertrauen und Selbstbestimmtheit sind die Voraussetzung, um Verantwortung für sich und den Partner oder die Partnerin zu übernehmen. Das bedeutet aber nicht, dem Jugendlichen das Gefühl zu geben, dass es den Eltern egal sei, was er tut. Alle Freiräume zuzugestehen, wird häufig als Gleichgültigkeit empfunden und nicht als Vertrauensbeweis verstanden. Sie machen es Ihrem Sohn am leichtesten, wenn Sie seiner Freundin aufgeschlossen gegenübertreten und sie in der Familie willkommen heißen. Sie sollten den Gast als Freundin des eigenen Kindes ernstnehmen und dies auch im Miteinander spüren lassen, ihr jedoch Zeit lassen, in der Familie anzukommen. Jugendliche mögen es nicht, wenn man sie überfällt. Neugierige Fragen sind nicht angebracht und verschrecken eher. Gemeinsames Kochen oder ein „Spieleabend“ laden dazu ein, die neue Freundin zu integrieren. Bei Einladungen zu Familienfeiern und zu gemeinsamen Aktivitäten wie Urlauben ist es gut, sich und der Freundin des Kindes Zeit zu lassen. Am besten ist es, die Einladung frühzeitig mit Ihrem Sohn und seiner Freundin zu themat i s ieren und gemeinsam zu überlegen, ob die neue Partnerin sich wohlfühlen würde. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, das Tempo der Beziehung die Kinder selbst bestimmen zu lassen. Und abgewartet, bis die Beziehung sich so gefestigt hatte, dass dieser Schritt denkbar und machbar war.

 

Ute Wegend ist verheiratet und Mutter von vier bereits ausgeflogenen und zum Teil verheirateten Kindern. Sie ist Multiplikatorin des Glaubenskurses „Stufen des Lebens“ in Berlin und Brandenburg.

 

So was wie Stille

Bei Familie Diekmann geht es oft laut zu. Umso mehr sind sie bemüht, immer wieder Oasen der Ruhe für die ganze Familie zu schaffen.

Unser Tag ist laut, wild und bunt. Das macht uns als Familie aus. Jeder, der uns kennt, grinst über meine laute Art zu lachen, die schnellen Wortgefechte bei Diskussionen und den frotzeligen Ton zwischen uns. Nicht immer tut uns unser kraftfordernder Tag gut. Oft ächzen wir und sehnen uns nach einer Oase der Ruhe. Wir lieben daher Pausenzeiten – als ganze Familie. Nach jedem Mittagessen um 14 Uhr verschwinden wir alle in unseren Zimmern und ruhen eine Zeit lang. Die, die lange Schule haben oder berufliche Termine, verzichten darauf. Alle anderen atmen bewusst durch – bei einem spannenden Hörspiel, handyfrei beim Stillliegen, Schlafen oder Musikhören. Nur eine halbe Stunde später röchelt die Kaffeemaschine und wir treffen uns in der Küche. Nun werden Fragen aus der Schule oder zum weiteren Tag besprochen. Wir brauchen diesen kleinen Stopp am Tag, um zu spüren, wer wir sind. Um uns zu erinnern und zu vergewissern. Nicht selten ist das auch eine Chance, für die weiteren Schritte des Tages zu beten.

ATEMHOLEN BEI GOTT
Seit unsere Kinder im Grundschulalter sind, versuchen wir in unregelmäßigen Abständen, Neues über Gott zu entdekken. Wir sind keine Familie, die das einmal pro Woche tut. Immer wieder befinden wir uns aber an einem Punkt, wo wir fünf uns zum Kuscheln auf dem Sofa treffen. Zur Ruhe zu kommen, ist in Familien eine echte Aufgabe und auch bei uns ist es immer wieder Thema. Wir wollen uns bewusst für Gottes Kraft öffnen. Wir wollen gut über unsere Herausforderungen denken und reden, anstatt über Stress zu jammern. Immer wieder entscheiden wir uns für ein Frühstück im Schlafanzug mit Vorlesen und Rückenkraulen oder sogar ein Abendmahl als Familie. Ich vermisse dabei allerdings die „würdige Andacht“ unserer Kinder. Sie sind schnell wieder im Alltag. Ich aber sehne mich nach einem tiefen Atemholen mit ihnen bei Gott. Highlights gibt es dennoch: Als alle Kinder noch im Kindergarten- und Krabbelalter waren, haben wir als Familie gesungen. Manchmal fünf Minuten, manchmal fünfzehn. Henrik konnte sich diese Pause am frühen Abend einrichten und hat mit einem Kind auf dem Schoß Wunschlieder aus dem Family-Liederbuch gespielt. Nach einem kurzen Gebet gab es Abendbrot. Mir haben diese Zeiten bei Gott geholfen, mein aufgewühltes Ich für den Tagesendspurt ins Lot zu bringen.

BESONDERER MOMENT
Einmal haben wir eine Gebetsrunde gestartet und uns von Gott ein Wort für das neue Jahr gewünscht. Ein Experiment. Werden wir etwas hören oder spüren, wenn wir einige Minuten still sind? Können wir alle Gedanken zurückschieben, die nicht mit dem Gebet zu tun haben? Die Kinder haben sich auf das Wagnis eingelassen. Nach der Stille hat jeder einen Moment lang innegehalten und sein Wort notiert. In einer Austauschrunde hat jeder sein Wort vorgestellt. Es kamen einige Worte, die passend werden sollten in diesem Jahr. Ein Kind hatte nichts für sich entdecken können – auch über dieses Ergebnis haben wir gesprochen. Dieser kleine Moment war besonders, und wir Eltern hätten ihn gerne noch länger festgehalten. Diese Stille-Übung hat uns miteinander und mit Gott verbunden. Meine Ideale für Ruhe und Stille als Familie mit Gott loszulassen, ist bis heute schwer für mich. So sind unsere Kinder beim abendlichen Beten im Urlaub ratzfatz fertig. Da bin ich kaum mit meiner Wahrnehmung bei Gott angekommen.

DER LIEBEVOLLE BLICK GOTTES
Da wir zappelig sind, können wir leichter zur Ruhe kommen, wenn wir körperlich beteiligt sind. Im Kindergartenalter haben unsere Kinder beim Beten die Tennisballmassage geliebt. Da wurde ihr Körper von Fuß über Beine, Rücken, Kopf bis zurück zum anderen Fuß mit kräftigem Druck abgerollt. Die Vorgabe war, dabei nicht zu sprechen. Einfach die leisen Tönen des Atmens zu hören. Am Ende der Ruhephase habe ich oft einen Segen gesprochen, und nicht selten ist ein Kind dabei eingenickt. Was ich gerade gerne übe, ist der liebevolle Blick Gottes. Ich habe diesen Gedanken im Gebetshaus Augsburg kennengelernt. Ich atme bewusst ein und aus. Manchmal ist mein Sohn dabei, manchmal alle. Wir stellen uns vor, welche Blicke von Menschen auf uns ruhen. Welche Erwartungen von diesem Tag drängen. Es gibt einen Punkt in meiner Vorstellung, der wie durch einen Spot hell erleuchtet ist. Dort ist nun mein Platz. Ich stelle mir vor, dass Gott mich hier liebevoll ansieht als seine Tochter. Ich lasse mich von ihm ansehen. Von ihm. Voller Liebe. Ich trete nicht schnell und zappelig wieder aus dem Licht. Ich halte es aus. Ruhe ist Raum, das Innere zu spüren. Es gibt viele Wege, wie Familien diese Stille für sich entdecken können: in die Sternennacht schauen, beim Hören einer Geschichte oder beim schaumigen Vollbad in eine Kerze blicken … Stille ist ein spannender Weg voller Entdeckungen.

family_16_6_ds-pdf-adobe-acrobat-pro-dcStefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.

„Wir können nicht in ihr Herz sehen“

Sie haben sich nicht vom Glauben losgesagt, sich aber auch nicht bewusst dafür entschieden. Die Söhne unserer Autorin scheinen schlichtweg kein Interesse am Glauben zu haben.

 

Mein Mann und ich haben zwei Söhne, die jetzt Mitte zwanzig sind. Vom Beginn ihres Lebens an haben wir sie in unseren Glauben mit hineingenommen – wie es unsere Eltern mit uns auch gemacht hatten. Das, was uns wichtig ist, haben wir versucht, unseren Kindern zu vermitteln: Dass Gott uns persönlich kennt und liebt und wir deshalb fröhlich und geborgen leben können. Dass wir mit ihm reden und ihm vertrauen können. Dass wir einander mit der gleichen Liebe, Wertschätzung und Ehrlichkeit begegnen wollen, mit der Jesus uns begegnet. Dass wir Fehler machen und Vergebung erfahren dürfen. Der sonntägliche Kindergottesdienst in der Freikirche, zu der wir gehören, war unseren Söhnen ebenso vertraut wie das Vorlesen und Erzählen biblischer Geschichten und das Beten vor dem Einschlafen.

KEIN INTERESSE
Die weitere Entwicklung unserer Kinder verlief, was den Glauben angeht, allerdings anders als unsere eigene. Sie waren in ihrer Teenagerzeit keine begeisterten Freizeit-Teilnehmer und Jugendkreis-Besucher. Sie „bekehrten“ sich nicht öffentlich und äußerten nie den Wunsch, sich taufen zu lassen. Sie wurden aber auch keine Rebellen, die den Glauben in hitzigen Diskussionen zerpflückt oder einen extremen Lebensstil gewählt haben. Stattdessen haben sie sich, irgendwann im Alter zwischen 14 und 18, still und unauffällig von der Gemeinde – vielleicht auch von Gott? – verabschiedet. Sie wollten nicht mehr regelmäßig mitkommen in den Gottesdienst, und der Glaube war (und ist bis heute) kein Thema mehr für sie. Offene Gespräche über Glaubensfragen sind schwierig, weil unsere Söhne einfach kein Interesse daran haben. Unsere gelegentlichen Gesprächsangebote werden höflich abgeblockt, was wir respektieren. Natürlich fragen wir uns: Warum wollen sie von Gott und der Gemeinde nichts wissen? Mein Mann und ich tragen unseren Glauben nicht so auf der Zunge wie manche andere, für uns ist unsere Beziehung zu Jesus etwas sehr Persönliches. Es mag sein, dass diese Eigenschaft in der Erziehung zum Glauben hinderlich war. Wir wollen uns aber nicht zu sehr mit Selbstvorwürfen und der Frage quälen, was wir hätten anders machen müssen. Wir sind überzeugt, dass Glaube ein Geschenk ist, keine automatische Folge eines bestimmten Erziehungsstils. Welches Ereignis, welche Erfahrung auch immer den Anstoß gibt, dass jemand anfängt, persönlich an Jesus zu glauben: Wir können das nicht durch Willenskraft oder „Missionierungsversuche“ herbeiführen.

VERTRAUEN UND BETEN
Heute gehen unsere beiden Söhne an Heiligabend mit in den Gottesdienst und senken beim Tischgebet den Kopf. Es gibt aber keine für uns offensichtlichen Anzeichen, dass der Glaube an Gott ihnen persönlich etwas bedeutet oder dass sie sich überhaupt damit beschäftigen. Sie lassen uns unseren Lebensstil – und leben ihren eigenen. Wie wir als Eltern damit klarkommen? Nicht immer gleich gut. Natürlich wünschen wir ihnen den Halt und die Geborgenheit, die wir selbst in unserem Glauben erfahren. Sicher bereitet uns die Vorstellung, unsere eigenen Kinder könnten in der Ewigkeit „verlorengehen“, manchmal Schmerz und Sorgen. Auf der anderen Seite halten wir uns daran fest, dass das letzte Wort darüber längst nicht gesprochen ist. Wir können nicht in ihr Herz sehen. Vielleicht haben sie sehr wohl eine Beziehung zu Gott, von der wir nur nichts wissen. Und wenn das im Moment nicht der Fall ist, kann es an einem Punkt in der Zukunft ja noch passieren. Menschen können sich, so lange sie leben, verändern – oder verändert werden. Wir können nur darauf vertrauen und dafür beten, dass Gott einen Weg findet, unseren Söhnen persönlich zu begegnen. Es würde uns glücklich machen, das mitzuerleben.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Nordrhein-Westfalen.

 

*In der Ausgabe 1/17 schreibt Dieter Martschinke einen weiteren Artikel zum Thema „Wenn die Kinder anders Glauben“

Abschied von den Zugvögeln

Bianka Bleier blickt den flügge gewordenen Kindern hinterher.

 

Durchwachsenes Sommerwetter haben wir dieses Jahr. Wolkenberge jagen am Himmel entlang und färben die Landschaft in Molltönen. Gerade noch haben Amseln und Nachtigallen ihre Frühlingsduette geschmettert, nun plündern bereits Starenwolken die Weinberge, die Störche werden unruhig und halten ihre Flügel in den Wind. Ihre Jungen sind groß geworden und flugfähig, bald werden sie sich auf die große Reise machen. Fasziniert beobachte ich Jahr für Jahr den Wandel der Zugvögel. Auch unsere Kinder sind flügge geworden und in die große weite Welt ausgeflogen. Anfangs war mir das Herz schwer. Ich bin ja nicht blind hineingestolpert in das große Loslassen, ich habe es sehenden Auges getan, aber das hat mir nichts genutzt, das Leben will gelebt werden. Unsere drei Nestflüchter haben ihr Nest alle im selben Jahr verlassen. Ich habe die Zeit vor ihrem Auszug bis auf den letzten Tropfen genossen, gleichzeitig gestöhnt über die Vielschichtigkeit der Herausforderungen, die häusliche Enge, die lebhafte Präsenz der jungen Erwachsenen, die vor allem mit sich selbst beschäftigt waren, die dichte Verantwortung für die letzte Phase vor dem Abflug, die Zerrissenheit zwischen mir, den Kindern und meinem Mann, der völlig anders mit dem abschiedlichen Leben umging. Wir sind zur Seite gestanden bei Liebeskummer, haben bei Schulabschlüssen und Berufsfindung gecoacht, haben geholfen, unvergessliche Hochzeitsfeiern und Abschiedsfeste zu zelebrieren und unsere Zugvögel zum Kontinentwechsel bis ans Gate chauffiert. Dann waren sie weg.

AUS DER SCHOCKSTARRE ERWACHT
Gerade noch das wilde Leben und plötzlich wieder zu zweit. Zuerst weinten wir. Dann verstummten wir. Das Vakuum, das sie hinterließen, war enorm. Aber als Werner eines Tages monierte, er käme sich vor wie im Altersheim, erwachte ich empört aus der Schockstarre. Wir schüttelten unsere Felle, sahen uns um und begannen, vorsichtig auf Entdeckungsreise zu gehen. Und siehe da: Das Vakuum war gar keine bedrohliche Leere, sondern freier Raum! Ein Land voll Möglichkeiten. Kraft war noch da. Lebenserfahrung hatte sich angesammelt, Lebensspuren sich gebildet, Netzwerke waren entstanden. Es gab Ressourcen und Potenziale, die wir zwanzig intensive Familienjahre lang für nichts nutzen konnten außerhalb der großen, geliebten, selbst gewählten Aufgabe. Aber jetzt war Raum und Zeit für etwas, das auch in uns war, sich entfalten wollte und durfte. Das klingt glatter, als es war. Mir half gute Lektüre und seelsorgerliche Begleitung zu vielen Themen die in der Lebensmitte aufbrechen. Aber keinem hätte ich geglaubt, der mir gesagt hätte, welche Überraschungen das Leben noch für mich bereit hielt nach dem Abflug der Kinder.

ALTER LEBENSTRAUM
Ich liebe mein Leben, so wie es ist. Ich habe es geliebt, mit den Kindern unter einem Dach zu leben, Familienleben aufzubauen, Verantwortung zu tragen, ihre Entwicklung mitzuerleben, sie zu lieben und ihre Liebe zu tanken. Und, ja, alles hat seine Zeit. Kaum ein anderer Satz aus der Bibel kommt mir so oft in den Sinn. Nach dem Verlassen dieses intensiven Lebensraumes begann etwas erstaunlich Neues. In der Ruhe, die einkehrte, stieg ein alter Lebenstraum in uns hoch, der die Chance barg, Wirklichkeit zu werden, weil nun die Zeit reif dafür war. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, fragte Werner und ich lernte den Pionier an meiner Seite noch einmal von einer neuen Seite kennen – und er mich. Wohl wissend, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind und unsere Zeit in Gottes Hand steht, begannen wir gemeinsam mit Freunden ein Projekt, das zu einem neuen Lebensschwerpunkt wurde. Ich liebe es, wenn unsere Zugvögel ihr Nest aufsuchen und wir weiterhin, punktueller nun, Leben teilen. Aber ich liebe auch meine alte neue Freiheit mit den Möglichkeiten eines Lebens mit geringerer Verantwortung.

Bianka Bleier betreibt zusammen mit Freundinnen das Ladencafé Sellawie und lebt mit ihrem Mann in Forst/Baden.

„Besuch uns doch mal!“

„Unsere Tochter (20) ist vor kurzem ausgezogen und wohnt in der Nachbarstadt. Wir sind unsicher, ob wir sie nun aktiv und regelmäßig einladen oder lieber warten sollen, dass sie von allein bei uns vorbeikommt.“

Sie haben Ihre Tochter bis zu diesem wichtigen Schritt in die Selbständigkeit begleitet. Nun wird sie neuen Herausforderungen begegnen, die sie ohne die direkte elterliche Hilfe meistern muss. Hier dürfen Sie Ihrer Erziehung zutiefst vertrauen. Aber es werden auch für Sie Veränderungen anstehen, die von vielen Fragen begleitet sind. Eine davon haben Sie formuliert. Ich möchte Ihnen dazu drei Gedanken mit auf den Weg geben.

1. EIN NEUES ZUHAUSE VERBINDET NEUE VERANTWORTUNG MIT NEUER FREIHEIT
Mit dem Auszug hat Ihre Tochter eine wichtige Entscheidung getroffen. Weitere Entscheidungen werden folgen. Sie sollten die Entscheidungsfähigkeit Ihrer Tochter fördern, indem Sie sich zurückhalten und diese Entscheidungen akzeptieren. Bieten Sie Hilfe an, aber übernehmen Sie keine Entscheidungen. Ihre Tochter wird sich neben dem neuen Wohnumfeld auch einen neuen eigenen Wirkungskreis suchen. Das braucht Zeit. Soziale Kontakte, Freundschaften und Freizeitgestaltung bedürfen eines „inneren Angekommenseins“. Gönnen Sie Ihrer Tochter diese Zeit ohne Eifersucht und halten Sie Kontakt durch ein Telefonat.

2. HEIMAT BLEIBT HEIMAT UND RIECHT WIE DAS ALTE ZUHAUSE
Seien Sie sicher, dass Ihre Tochter ein gutes Gespür dafür hat, was ihr Heimat bedeutet. Wer die Heimat besucht, kennt die Straßen und Orte, die Gerüche und Farben. Ein Besuch bei den Eltern weckt alte Erinnerungen. Die Gegebenheiten sind vertraut und die Abläufe klar. Das macht die Heimat so angenehm. Deshalb dürfen Sie getrost davon ausgehen, dass Ihre Tochter gern und aus eigenen Stücken zu Besuch kommt. Halten Sie das Haus offen und ein Bett bereit. Das muss aber nicht das alte Kinderbett, sondern kann durchaus das Gästebett sein.

3. AUSZUG BEDINGT EINE NEUE QUALITÄT DER ELTERN-BEZIEHUNG
Wenn die Kinder das Haus verlassen, braucht es ein Umlernen und Neusortieren zwischen den „verlassenen“ Eltern. Es wächst eine neue Qualität der Beziehung und des Gesprächs jenseits der Themen Kindererziehung und Co. Ähnlich den Veränderungen, die ein Kind mit sich bringt, wenn es in die Zweierbeziehung tritt, muss auch der Prozess des „Verlassens“ gestaltet werden. So ermutige ich Sie, auf den Besuch Ihrer Tochter fröhlich zu warten, aber über dem Warten nicht die eigene neue Entwicklung zu versäumen. Und Sie dürfen auch gern über Ihre Besuchskultur nachdenken. Der Sehnsucht nach einer Begegnung mit Ihrer Tochter kann man auch mit einem eigenen Besuch begegnen. Ihre Tochter freut sich sicher über einen Besuch von Ihnen, bei dem Sie gern auch die obengenannte Frage besprechen können. Sie zeigt Ihnen stolz die neu eingerichtete Wohnung, entdeckt mit Ihnen gern die umliegenden Cafés oder Spazierwege. Dabei wünscht sich Ihre Tochter sicher ein väterliches Lob und eine mütterliche Anerkennung. Wenn Sie die Welt Ihrer Tochter kennenlernen, wird sich ein Gefühl von Stolz und Dankbarkeit einstellen. Also liebevoll warten und fröhlich starten.

Gottfried Muntschick ist Geschäftsführer der CVJM Familienarbeit Mitteldeutschland e.V. und Vater von sechs Kindern, von denen vier bereits ausgezogen sind.

Die grosse Party

„Unser Sohn möchte seinen 18. Geburtstag gern mit einer großen Party in unserm Haus feiern. Was sollten wir vorher mit ihm absprechen, damit es keine bösen Überraschungen gibt?“

Zunächst erst einmal herzlichen Glückwunsch – Sie haben gemeinsam mit Ihrem Sohn eine wichtige Wegstrecke gemeistert und können zu Recht sagen: Das muss gefeiert werden! Ihr Sohn wird jetzt mehr und mehr Verantwortung für sein eigenes Leben übernehmen und will damit sofort anfangen. Das sei ihm zugestanden. 18 werden bedeutet, neue Freiheiten zu genießen und das Leben zu feiern. Dass Ihr Sohn „sein Fest“ in Ihren vier Wänden feiern möchte, ehrt Sie.

VERHANDLUNGSSACHE
Nach allem Positiven, das hinter dieser Party-Idee steckt, müssen nun aber auch ein paar klare Gedanken folgen. Also heißt es aushandeln und nachfragen:

  • Wie genau stellst du dir dein Fest vor?
  • Wen willst du einladen? Das musst du uns nicht erzählen, aber ist es dir selbst klar?
  • Willst du Essen und Trinken frei für alle spendieren? Dann stellt sich die Frage: Wovon? Oder könntest du dir auch vorstellen, eine Mitbringparty zu veranstalten?
  • Was wollt ihr trinken? Das musst du uns auch nicht erzählen, aber dir sollte es klar sein. Was passiert, wenn zu viel des Guten dazu führt, dass einige Leute stark angetrunken sein werden? Müsstest du vorsorgen? Wie kann das aussehen?
  • Welche Räume willst du nutzen? Wohnzimmer, Küche, Bad? Oder gibt es Alternativen, zum Beispiel die ausgeräumte Garage oder einen Partyraum?
  • Wie kommen die Gäste nach Hause? Müssen Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden?
  • Wer räumt mit auf? Wir wünschen dir nicht, dass du nach deinem Fest damit alleine dastehst. Kannst du das vorher klären und wenn ja, mit wem?
  • Musik – da musst du dich selbst kümmern oder jemanden beauftragen. Da wir auch nach der Party noch ein harmonisches Miteinander mit unseren Nachbarn pflegen wollen, fänden wir es gut, wenn du sie kurz über deine Party informierst.
  • Einige deiner Freunde sind noch unter 18? Dann solltest du nochmal nachlesen, wie sich das mit Jugendschutz, Alkohol usw. verhält: www.kenn-deinlimit. info/gesetzliche-regelungen.html
  • Wo bleiben wir Eltern? Wäre es für dich okay, wenn wir am Anfang kurz Hallo sagen und uns dann einen gemütlichen Abend mit Freunden machen? Gegen 24 Uhr wären wir spätestens wieder da, länger halten wir nicht durch …

Solch ein Gespräch sollte in einer möglichst ruhigen und entspannten Atmosphäre stattfinden. Beide Seiten nutzen die Chance, ihre Fragen und Sorgen ehrlich loszuwerden und zu einer konstruktiven Lösung beizutragen. Niemand hat etwas davon, wenn es um so einen großartigen Tag Stress miteinander gibt.

Antje Rein ist Mutter von drei inzwischen erwachsenen über 18-Jährigen, die keine Lust auf große Partys im eigenen Haus hatten. Glück gehabt, oder? Unter www.lebens-nah.de findet man alles, was die Autorin sonst noch macht.