Flohmarkt

GENERVTE VÄTER GESUCHT

Katharina Hullen verhökert jede Menge Kindersachen, doch der Keller ist immer noch voll.

Katharina: Nach zehn Jahren Großfamilie sind Keller und Garage deckenhoch vollgestopft mit Kinderkleidung, Schuhen und Spielzeug. Und da die Kinder unaufhörlich wachsen, produzieren ihre Schränke nahezu wöchentlich eine neue Keller-Kiste. Es muss etwas geschehen. Wir melden uns also Anfang des Jahres bei einem Flohmarkt an. Ich nehme 17 Kisten in Angriff, um sie in drei Haufen zu zerlegen: den Sommerflohmarkt-, Winterflohmarkt- und Kleiderspendehaufen. Eigentlich gibt es da noch einen vierten, „Ichkann- mich-nicht-trennen-Korb“. Ich bemühe mich aber, ihn klein zu halten. Es gelingt mir fast. Der erste Markt, ein Late-Night-Shopping für Mütter, ist ernüchternd. Nicht nur die finanzielle Ausbeute: gerade mal etwas mehr als die Standmiete und Fahrtkosten erziele ich. Nein, es wird auch klar, nur die perfekt organisierten Stände machen hier Geschäft. Unser Tisch ist viel zu klein für all die Wäscheberge. Das ist nicht übersichtlich genug. Wo war nochmal der Schlafanzug in Größe 80? Bis ich ihn gefunden habe, ist die Kundin nicht mehr kaufwillig. Insgesamt fehlen diesem Mütter-Markt die Kinder und Väter. Fröhliche, gierige Kinder, die all die tollen Spielsachen kaufen möchten, und genervte Väter, die jede unschlüssige Kaufentscheidung der Frau beschleunigen, nur damit dieser Markt endlich für sie endet. Also rüsten wir für die nächsten zwei Märkte auf. Alle Teile werden mit Größe und Preis etikettiert. Die Kleiderstange bekommt aufwendig laminierte Größenringe verpasst. Wir laden vier statt einem Tisch als Ausstellfläche ein. Hinweisschilder werden gebastelt. Und wirklich, es funktioniert. Bestimmt zehn Prozent der Dinge sind verkauft – das heißt aber auch, neunzig Prozent des Plunders nehmen wir wieder mit nach Hause. Ganz zu schweigen von dem Kram, den unsere Kinder fröhlich und gierig erworben haben und den Dingen, die ich wiederum für die Kinder gekauft habe. Es ist zum Haare raufen. Es wird nicht weniger. Der dritte Markt läuft wie von selbst. Alles ist ja schon bestens vorbereitet. Wir lernen: Je weniger Kram auf den Tischen liegt, umso mehr kaufen die Leute einem ab. Eine ganze Kiste weniger tragen wir diesmal nach Hause. Nur noch 5 statt 7 Sommerflohmarktkisten stehen nun im Keller. Sieben Winterkisten warten noch auf die Vorbereitung. Ich stehe vor den Bergen und denke mir: Im letzten Haufen, dem Kleiderspendehaufen, liegt viel Leichtigkeit. Ich beginne zu verstehen, warum so viele Menschen lieber alles verschenken, als diesen Aufwand zu betreiben. Lebe leichter! Weniger ist mehr! Vielleicht probieren wir das dann im nächsten Jahr mal aus.

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

HOCHREGALLAGER FÜR KINDERAUSSTATTUNG

Hauke Hullen bewundert die großartige Auswahl an Babysachen im Partykeller.

Hauke: Das erste, was der Besucher beim Betreten des Areals erblickt, sind Plüschtiere. Von A wie Affe bis Z wie Zebra – hier findet jedes Kind sein Lieblingskuscheltier! Direkt daneben gibt es Kinderschuhe in allen Größen und Farben, so dass man locker einen ganzen Kindergarten einkleiden könnte. Gegenüber: Hosen. Und Kleidchen. Und Bodys soweit das Auge reicht … Nein, das ist nicht der Kinderflohmarkt der benachbarten KiTa, sondern unser Partykeller, der sich inzwischen zu einem Hochregallager für Kinderausstattung entwickelt hat. Der Bestand ist immens! Wenn ich in der Kinderabteilung eines Kaufhauses stehe, ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich verächtlich lächle angesichts der mickrigen Auswahl. „Selbst schuld!“, denken Sie vielleicht, „warum entsorgen die Hullens den ganzen Kram nicht beizeiten!?!“ Ich gebe Ihnen Recht. Doch das entscheidende Wort ist „beizeiten“. Bislang war es nämlich so: Kaum war unser jüngstes Kind aus einer Kleidergröße herausgewachsen, kündigte sich bereits der nächste Nachwuchs an. Also hoben wir alles auf, damit es nochmal getragen werden kann, und verwandelten unseren Keller in ein Warenverteilzentrum. Dazu kommen große Tüten aus dem Bekanntenkreis, wo Freunde von Freunden von Freunden uns zentnerweise Kinderkleidung überlassen. Verstehen Sie mich nicht miss, die Tüten sind großartig! Die Haushaltskasse hätte eine derartige Ausstattung niemals hergegeben – nur muss eben alles erst einmal verstaut werden. Nicht ganz so praktisch ist das Säuglingszubehör. Jede Geburt spülte eine Lawine neuer Plüschtiere, Rasseln und pädagogisch hochwertigen Holzspielzeugs ins Haus. Vieles ist derart robust, dass man spätestens beim 3. Kind mehr als genug davon hat. Ich würde das Zeug ja gerne bei nächstbester Gelegenheit im Freundes- und Bekanntenkreis weiterschenken, aber leider haben wir uns nicht gemerkt, von wem wir was erhalten haben … Bleibt also der Flohmarkt, wo wir mit abgeschlossener Familienplanung und mehreren Campingtischen aufschlagen. Neben uns der Stand einer befreundeten Familie, wo die Mutter mühsam hier ein T-Shirt und da ein Mützchen verkauft, während ihr Göttergatte derweil mit einem riesigen Playmobilschiff („20 Euro, da kann man nichts falsch machen!“) durch das Menschenmeer zu seinem Familien-Van segelt. Wir bleiben tapfer und kaufen nichts. Haben eh schon alles. Die meisten Besucher leider auch. Erkenntnisse des Tages? Etliche. Zum Beispiel, dass man nicht auf nennenswerte Einnahmen hoffen sollte. Dass die Freude am Feilschen auch bei eingeschweißter Neuware keine Grenze nach unten kennt. Dass schwangere Frauen alles kaufen, wenn es das erste Kind ist. Dass man lernt, sich über Kleinigkeiten zu freuen, wenn man ein Paar Schuhe für zwei Euro verkauft hat. Dass dieser ganze Spaß es eigentlich wert wäre, noch Geld obendrauf zu legen.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

Lebe kreativ!

Moor Jovanovski erlebt glückliche Stunden beim Bau eines Vogelhäuschens.

Ich bin kein Künstler oder Poet. Aber irgendwie finde ich kreative Dinge auch ansprechend. Grundsätzlich gefällt mir der Gedanke, mich einfach auszuklinken und etwas zu tun, was nicht zwingend effizient ist. Doch häufig kommt es nicht so weit, weil ich mich dann frage: „Wer hat schon Zeit für sowas?“ Oder vielleicht auch: „Was würde es denn ändern?“ Umso überraschter war ich über mich selbst, als mir aus heiterem Himmel die Idee kam, etwas zu bauen. Gerade waren mein Sohn und ich im Begriff, vom Garten zurück ins Haus zu gehen, als ich zu ihm sagte: „Lass uns ein Vogelhaus bauen!“ Er schaute mich so verwundert an, wie ich mich selbst fühlte. Dann flammte die Begeisterung in seinen Augen auf und schon machten wir uns auf den Weg. Und zwar nicht in den Baumarkt, sondern in den Wald – ausgerüstet mit einer Säge. Und fürs Protokoll: Wir haben nichts Illegales gemacht! Wir haben nur umgefallene Stämme und Äste zurechtgesägt und eingepackt. Und dann kam der große Moment: Wir haben ohne Vorlage, ohne Bauanleitung, ohne Youtube-Tutorial einfach drauflos gebaut. So wie das Vogelhaus in unserem Herzen war, haben wir es in die Realität gebaut. Alles in allem verbrachten wir drei Stunden und sind nun stolze Besitzer eines „Dreibein-Vogelhaus“. So haben wir unsere Schöpfung benannt. Es ist 1,50 hoch und hat ein Spitzdach mit Tannengrün. Und schon bald zog ein Rotkehlchen ein, das wir Robin tauften. Erst im Nachhinein wurde mir deutlich, wie sehr mich diese Aktion erfüllte. Ich konnte mich einfach ausklinken. Ich hatte Zeit mit einem Menschen, den ich sehr liebe. Es gab keine Deadline für die Fertigstellung. Wir haben etwas mit unseren Händen gemacht (analog, nicht digital). Wir konnten ein inneres Bild Wirklichkeit werden lassen! Ja, wir haben etwas erschaffen, was es noch nicht gab. Ich spürte die Kraft der Kreativität in mir und plötzlich fühlte ich mich Gott sehr nahe. Ich bin seine Schöpfung und wenn ich kreiere, dann bin ich in seiner Nähe. Ohne Gebete. Ohne Gesang. Ohne Andacht. Nur in dieser Erinnerung, dass ich sein Geschöpf bin und mit ihm verbunden bin, wenn ich etwas erschaffe. Kreatives Leben ist eine Gottesbegegnung. „Was würde es ändern?“ hatte ich mich bisher gefragt. „Mich“ habe ich mir dann gedacht.

 

 

Moor Jovanovski hat zwei Kinder und ist verheiratet mit Monica. Er arbeitet als Pastor und Gemeindegründer in Frankfurt und Wiesbaden.

„Ich habe einiges falsch gemacht“

Eltern machen Fehler. Kleine und große. Eine Auseinandersetzung damit ist unverzichtbar. Von Kathrin Koch

Neulich saß ich mit einer jungen Mutter im Gespräch zusammen. Sie offenbarte mir ihre Sorge: „Ich habe solche Angst, dass ich meinem Sohn keine gute Mutter bin. Und dass ich durch meine schwierige Vergangenheit Fehler an ihm mache.“ – „Herzlichen Glückwunsch“, war meine spontane Reaktion. „Du wirst definitiv Fehler machen, weil du und ich nicht perfekt sind. Willkommen im Club!“ Wir Eltern leben in großen, inneren Spannungsfeldern. Mit den eigenen Kindheitserlebnissen im Rücken wollen wir es bei den eigenen Kindern richtiger machen, als es geht. Für mich war es eine ernüchternde Feststellung, dass ich meine Kinder nur bedingt vor meinen Schwächen und Fehlern behüten kann. Ich bin nun mal ein Mensch und nicht Gott. Gott macht keine Fehler – ich schon.

AUS PUREM GEHORSAM
Unsere Kinder sind volljährig. Ich erlebe jetzt, wie sie als junge Erwachsene Entscheidungen treffen und in Situationen reagieren. In manchen Situationen hat mich das nachdenklich gemacht. Warum handeln sie so und nicht anders? Bei diesen Fragen kam ich nicht umhin, den Bogen auch zu mir und meinen erzieherischen Überzeugungen und Praktiken zu schlagen. Es war hart, mir einzugestehen, dass ich Fehler an meinen Kindern begangen habe, und obendrein auch noch die Auswirkungen davon in ihrem Verhalten sehe. Von meiner Ältesten habe ich im Teenageralter erwartet, dass sie an all unseren Gemeinde-Veranstaltungen teilnimmt, obwohl sie das nicht immer wollte. Sie saß also öfter aus purem Gehorsam in unseren Events. Einige der Prediger schenkten gerade den Teenagern ihre Aufmerksamkeit. Meine Tochter stand mehrmals ungewollt im Mittelpunkt. Das verletzte sie und veranlasste sie zu bestimmten Entscheidungen. Ich war in den jeweiligen Situationen nicht in der Lage, sie zu schützen. Ich war überzeugt, dass „ein bisschen Herausforderung“ gut täte. Erst Jahre später erkannte ich, dass die Verpflichtung meiner Tochter zu diesen Veranstaltungen keine guten Früchte trug. Noch schlimmer: Ich realisierte meinerseits ein Misstrauen ihr gegenüber. Ich traute ihr nicht zu, bezüglich des Glaubens gute Entscheidungen zu treffen. Und genau da begann mein Herz zu bluten. Ich war bestürzt und beschämt über meine Denk- und Handlungsweise. Es kostete eine ordentliche Portion Mut, mich dem eigenen Versagen zu stellen, der Wahrheit ins Auge zu sehen und mich für mein Verhalten angemessen zu entschuldigen.

ENTSCHULDIGUNG!
Wer meint, in Autoritätsverhältnissen – als Mutter gegenüber meinem Kind – diese demütigenden Prozesse nicht durchlaufen zu müssen, hat sich meiner Meinung nach geirrt. Gerade hier zeigt sich charakterliche Reife, die im Heilungsprozess für mein Kind sehr wichtig sein kann. Für mich wurde es auf zwei Ebenen praktisch:

1. Selbsterkenntnis ist die beste Erkenntnis: Ich hatte versagt! Trotzdem war jetzt wichtig zu differenzieren und nicht die ganze Erziehung an meiner Tochter als miserabel zu betrachten.

2. Es galt, ein Gespräch in angemessenem Rahmen zu suchen, mich vor ihr zu erklären und sie um Verzeihung zu bitten. Ganz nebenbei war nicht ganz unwichtig, wie ich meine Entschuldigung vorgetragen habe. Hier muss ich erwähnen, dass ich über Jahre Teil einer Elterninitiative in unserer Realschule war. Mit dem Gewaltpräventionsprojekt f.ü.r. (Freunde üben Rücksicht) haben wir Schüler im Umgang mit Wut und Ärger trainiert. Ein kleiner Teil des Programms zielt darauf ab, wie man sich richtig entschuldigt. Diese Vorgehensweise setze ich – weil es so hilfreich ist – in persönlichen Konfliktklärungen um:

Aufrichtig sein: Meine Entschuldigung soll von Herzen kommen. Mir ist klar, was ich falsch gemacht habe, ohne Wenn und Aber. Außerdem ist es wichtig, dass ich fähig bin, mich in die Lage des anderen zu versetzen. Das hilft zu verstehen, was ich verursacht habe. Konkret kommunizieren: Ich muss klar ausdrücken, für was ich mich entschuldige. Das zeigt auch, dass ich mich innerlich damit auseinandergesetzt habe und Verantwortung übernehme. Von Angesicht zu Angesicht: Zeit und eine persönliche Begegnung sind unerlässlich, um respektvoll eine Entschuldigung vorzubringen. Augenkontakt und mindestens ein fester Händedruck zur Versöhnung sind Standard. Schadensersatz/Wiedergutmachung leisten: Ich muss mich in irgendeiner Form für den Schaden praktisch verantwortlich machen. Das ist nicht immer möglich. Spätestens bei seelisch zugeführten Verletzungen kommt bei uns Christen das Kreuz ins Spiel. Das Kreuz, an dem Jesus für unsere Schuld gestorben ist. Das Kreuz als der Ort, wo wir Vergebung empfangen und auch vergebungsbereit unseren Nächsten entlasten können.

DIE VERANTWORTUNG ENDET HIER
Eine wichtige Feststellung ist, dass die gebräuchliche Formulierung „Ich entschuldige mich für …“ nicht korrekt ist. Wir können uns nicht selbst entschuldigen, sondern nur um Entschuldigung bitten. Unsere Bitte um Entschuldigung annehmen, akzeptieren und vergeben, also ENTschuldigen, kann nur der Geschädigte. Und genau hier habe ich die Geschicke im Gespräch mit meiner Tochter nicht mehr in der Hand. Hier endet die elterliche Verantwortung. Wie sie mit meiner Offenbarung umgeht, kann ich nicht beeinflussen. Wird sie mich aus der Schuld entlassen? Kann sie mir vergeben? Für meine Tochter war es befreiend zu erleben, dass ihre Mutter nicht perfekt ist und Fehlverhalten einsieht. Sie hat mir von Herzen verziehen. Doch es hätte auch anders ausgehen können. Wir Eltern können dann lediglich darauf vertrauen, dass unsere Kinder sich zur Entlastung der Schuld entscheiden. Und wir können darauf vertrauen, dass die Kraft des Kreuzes auch in der nächsten Generation keine Kraft verloren hat.

 

 

Kathrin Koch leitet die Arbeit von YWAM Altensteig. Sie ist verheiratet, hat drei volljährige Kinder und liebt es, zusammen mit ihrem Mann das Tanzbein zu schwingen.

Bevor alles erledigt ist…

… darf man sich durchaus Schönes gönnen. Von Elisabeth Vollmer

„Nehmt euch Zeit für die Dinge, die euch glücklich machen“, steht jetzt seit 30 Tagen auf unserem Familienplaner. Und bevor sich das Kalenderblatt wendet, schaue ich noch einmal bewusst auf die Termine dieses Monats. Ich finde viel Alltag, ein paar herausfordernde Schwierigkeiten und – einige echte Glücksmomente. Mittendrin in diesem Monat steht eine Konzertlesung von 2Flügel. Jürgen hat mir diesen Abend zu Weihnachten geschenkt, und spontan haben wir an einem ganz normalen Samstag beim Frühstück beschlossen, nicht nachts die 140 km wieder nach Hause zu fahren, sondern uns in einem kleinen Landgasthof vor Ort einzuquartieren. Es war ein wunderschöner Abend, und als ich morgens neben meinem Mann aufgewacht bin, habe ich das Glück mit jeder Faser meines Körpers und meiner Seele wahrgenommen und genossen. Es ist ein Geschenk, so genießen zu können und der Abend war natürlich auch etwas Besonderes. Aber ich finde auch alltäglichere Glücksmomente wie eine Verabredung mit meiner Tochter: Wir haben ein gemeinsames Projekt gestartet, von dem noch nicht klar ist, ob es was werden wird. Aber allein die Tatsache, dass wir gemeinsam daran denken und träumen, macht mich glücklich. Mit meinen Geschwistern (fünf an der Zahl) und meinen Eltern habe ich mich getroffen, und wir verbrachten einen wunderschönen Nachmittag und Abend. Was für ein Glück, dass ich zu dieser Familie gehöre! Aus der Zugehörigkeit zu dieser Familie kommt aber auch ein weniger glücklicher Satz: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, war und ist die Maxime meiner fleißigen Eltern, der mir bis heute immer mal wieder in den Ohren klingt … Seit ein paar Jahren halte ich ihm aber frech und zunehmend gelassener einen anderen Satz entgegen: „Spaßmenschen dürfen sich zuerst Schönes gönnen und schöpfen daraus die Kraft für den schnöden Alltag mit seinen ungeliebten Aufgaben, den sie dann trotzdem erledigen.“ Ich zähle mich zu der Spezies dieser „Spaßmenschen“ und bin Ute Passarge dankbar für den (inzwischen fast zehn Jahre alten) Joyce-Artikel dazu, der mir seitdem die Erlaubnis gibt, mir Schönes zu gönnen, bevor alles erledigt ist. Dass auch noch ein Professor Günter Bauer das (hoffentlich seriös, ich hinterfrage das lieber nicht) wissenschaftlich untermauert, was ich schon lange fühle, lässt mich gelassener werden. Er findet, Spaß sei eine Überlebenshilfe, schaffe Freiräume und bringe Elan, Kraft und Kreativität in einer Weise ins Leben, die wir uns mit aller Anstrengungsbereitschaft nicht erkämpfen könnten. Was für eine wunderbare Erlaubnis! Denn es sind nicht nur und nicht einmal vor allem die Glücksmomente, die als Termin in meinem Kalender stehen, die ich immer mehr entdecken und genießen möchte. Es sind die kleinen Dinge des Alltags: die Wärmflasche, die mir mein Mann ins Bett gelegt hat, als ich spät abends nach Hause komme, spontane gute Gespräche am Familientisch oder die nette WhatsApp, die mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Ich brauche nicht nur Zeit für die Dinge, die mich glücklich machen, sondern vor allem einen wachen Blick dafür und die Freiheit, sie zu genießen. Sonst kann es nämlich passieren, dass all diese schönen Dinge mit „Glückspotenzial“ im Alltagsgrau unsichtbar werden, anstatt mich glücklich zu machen.

 

 

Elisabeth Vollmer ist Religionspädagogin und lebt mit ihrer Familie in Merzhausen bei Freiburg.

Ein Platz zum Schlafen

„Ich feiere demnächst Geburtstag und möchte dazu meine drei erwachsenen Kinder mit ihren Partnern einladen. Allerdings habe ich nicht die Möglichkeit, alle in meiner Wohnung übernachten zu lassen. Was wäre eine gute Lösung?“

Wenn die Kinder flügge werden, fliegen sie auch mal weiter weg und lassen sich an anderen Orten nieder. Durch Partner wird die Familie größer. Das macht sich bei Ihren Familienfest stark bemerkbar: Plötzlich reicht der Platz nicht mehr aus, vor allem, wenn die erwachsenen Kinder Übernachtungsmöglichkeiten brauchen. Jetzt sind kreative Lösungsmöglichkeiten gefragt. Aber Sie sind nicht alleine verantwortlich für eine Lösung. Denn Ihre Kinder wissen ja, wie viel Platz Sie haben. Gehen Sie im Vorfeld mit allen Kindern offen ins Gespräch.

ÜBERNACHTUNGSIDEEN

Schlafsofa kaufen: Schon weit im Vorfeld können Sie bei der Umgestaltung der alten Kinderzimmer oder beim Neukauf von Möbeln solche Situationen mit in den Blick nehmen und deshalb zum Beispiel nicht nur ein Sofa, sondern ein Schlafsofa kaufen.

Übernachtung gegen Bezahlung: Eine bequeme, allerdings mit zusätzlichen Kosten verbundene Möglichkeit ist es, einfach mal Tourist in der eigenen Stadt zu sein und ein Hotel, eine Pension oder Ferienwohnung zu buchen. Achten Sie auf räumliche Nähe, damit nicht noch lange Strecken bewältigt werden müssen. Der Vorteil: Jeder hat einen Rückzugsraum. Vielleicht werden Ihre Kinder auch mit einem Frühstück versorgt, dies minimiert Ihren Aufwand als Gastgeber. Wer trägt die Kosten? Solche Fragen klärt man am besten, wenn man offen miteinander ins Gespräch kommt.

Couchsurfing: Über die Internetplattform couchsurfing.com bieten Menschen einen (Sofa-)Platz kostenfrei zum Übernachten an. Freunde: Wenn Ihre Kinder noch Freunde am Ort haben, können sie vielleicht dort unterkommen. Vor allem, wenn Kinder weiter weg wohnen, ist es ja oft so, dass sie gerne ein paar Tage länger bleiben, um auch die Freunde von früher zu besuchen.

Nachbarschaft und Gemeinde: Vielleicht haben Sie in der Nachbarschaft oder in der Gemeinde gastfreundliche Menschen, die gerne bereit sind, ihren Kindern Obdach zu geben. Haben Sie den Mut zu fragen.

Doch zu Hause: Vielleicht ist bei Ihnen doch mehr Platz, als man auf den ersten Blick meint. Im Sommer kann vielleicht im Garten gezeltet werden. Oder man leiht für ein paar Tage einen Wohnwagen oder ein Wohnmobil aus.

Ganz woanders: Und wenn das alles nicht funktioniert, können Sie als Familie überlegen, Familientreffen woanders stattfinden zu lassen. Bei Familienfeiern geht es nicht nur um das Feiern eines Jubiläums, sondern immer auch um gemeinsam und unbeschwert verbrachte Zeit. So könnten Sie zum Beispiel gemeinsam ein Wochenende in einer Ferienanlage oder einem Freizeitheim verbringen.

Michaela Schnabel ist Mutter von drei erwachsenen Töchtern. Sie arbeitet als Sozialpädagogin und lebt in Witten.

Rauchverbot?

„Unser Sohn (17) raucht seit einiger Zeit. Wir könnten es ihm ja verbieten, aber ist das sinnvoll? Er würde es dann doch wahrscheinlich heimlich machen.“

Bei einem 17-Jährigen mit erzieherischen Maßnahmen eine Verhaltensänderung herbeiführen zu wollen, ist in der Regel wenig zielführend. Im späten Jugendalter sollte der größte Teil der Erziehungsarbeit abgeschlossen sein und die Entscheidungsfreiheit des jungen Menschen im Vordergrund stehen. Verbote sind jetzt einfach nur noch sehr bedingt möglich und treiben meistens in die Heimlichkeit.

NICHT WEGSEHEN!
Das heißt aber nicht, dass Sie als Eltern hier einfach nur wegsehen und ihren Sohn sich selbst überlassen sollten. Es ist durchaus angemessen, wenn Sie Ihre Bedenken zum Thema Rauchen äußern. Fakt ist, dass laut Jugendschutzgesetz Jugendliche unter 18 Jahren weder Zigaretten kaufen, noch in der Öffentlichkeit rauchen dürfen. Das gilt auch für EZigaretten und E-Shishas. Darauf können Sie sich als Eltern berufen und klar aussprechen, dass Sie nicht möchten, dass Ihr Kind raucht. Reden Sie mit Ihrem Sohn sachlich und ruhig über dieses Thema und fragen Sie ihn nach seinen Beweggründen, ohne dabei Druck aufzubauen. Natürlich kann es dann trotzdem sein, dass Ihr Sohn weiterraucht. Aber es macht einen Unterschied, ob er das mit Ihrem Wohlwollen tut oder nicht. Sicherlich ist Ihre Sorge darin begründet, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist und ein Suchtpotential mitbringt. Und diese Sorge ist nachvollziehbar. Aber wie bei so vielen Themen liegt die Verantwortung mehr und mehr bei Ihrem Sohn selbst. Es ist sein Körper und sein Leben. Diese Spannung müssen Eltern aushalten.

KLARE REGELN
Auch wenn es keinen Sinn macht, Ihrem Sohn das Rauchen an sich zu verbieten, ist es trotzdem absolut angemessen, dass es in Ihrem Haus Regeln gibt, die Sie bestimmen und an die er sich halten muss. Sogar dann, wenn Ihr Sohn schon 18 ist. Wenn Sie nicht möchten, dass er im Haus oder in seinem Zimmer raucht, sollten Sie darauf bestehen und dies klar kommunizieren. Gerade wenn jüngere Geschwister mit im Haus leben, ist das wichtig, damit diese erleben, dass Regeln nicht willkürlich sind. Hält sich Ihr Sohn nicht an die Absprache, können auch Konsequenzen angemessen sein. Das ist auch im realen Leben nicht anders. Am Arbeitsplatz oder im Restaurant darf zum Beispiel auch nicht geraucht werden. Und hält sich ein Arbeitnehmer nicht an das Rauchverbot, kann es zu einer Abmahnung kommen. Genauso brauchen sich Eltern nicht zu scheuen, klar zu sein und Konsequenzen einzusetzen. Wen sich ihr Sohn nicht an die Regeln hält, muss er damit rechnen, dass er das eine oder andere Privileg verliert. Das kann aber nur funktionieren, wenn grundsätzlich eine gute Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Sohn besteht. Je besser die Beziehung zu Ihrem Sohn ist, desto leichter wird er auch diese Regel akzeptieren können. Ist die Beziehung allerdings grundlegend belastet, kann das Thema Rauchen zum zentralen Kampfthema werden. Dann ist es ratsam, in erster Linie in die Beziehung zu investieren, vielleicht sogar mit professioneller Hilfe.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin, arbeitet in der Redaktion von SevenEleven und ist Mitarbeiterin von Team.F. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid. www.sonja-brocksieper.de

Eine dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir

Auch in einer eigentlich glücklichen Ehe kann es Einsamkeitsgefühle geben. Von Manuela Rein-Ziegler

Mein größter Wunsch als junges Mädchen war es, eines Tages zu heiraten. Vor meinem inneren Auge sah ich bereits meine Traumhochzeit mit dem passenden Prinzen an meiner Seite, der mir alle Wünsche von meinen Augen ablesen würde. Und tatsächlich: Mit 26 Jahren bekam ich einen Heiratsantrag. Bei der Verlobung dachte ich erleichtert: „Mein Traum wird endlich wahr. Ich werde mich nie mehr einsam fühlen, und ich werde rundum glücklich sein.“ Ein Jahr später heirateten Daniel und ich mit Schloss und weißer Kutsche. So wurde meine Traumhochzeit samt „Prinz Charming“ Wirklichkeit.

ROTER FADEN Das Gefühl „Ich bin allein“ zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Kann oder muss eine Ehe dieses Gefühl der Einsamkeit wettmachen? Jeder bringt sein Päckchen an Vergangenheit mit in die Ehe. Mein Päckchen war eher ein Paket: Verletzungen, alte Wunden und ein recht ausgelassenes Jugendleben wirkten sich nicht positiv auf unsere Beziehung aus. Auch die Vorstellungen über unser neues gemeinsames Leben variierten bei uns am Anfang sehr stark. Mein Mann liegt neben mir, für ihn ist die Welt in Ordnung. Aber für mich ist nichts in Ordnung. Ich fühle mich nicht beachtet und ungeliebt. Ein flüchtiger Kuss oder eine Umarmung ab und zu nehmen mir nicht das Gefühl von Einsamkeit. Was mir fehlt, sind Hingabe für unsere Ehe, Initiative seitens meines Mannes und das Wissen, das Daniel mich von Herzen begehrt und wertschätzt. Ich kämpfe gegen Gefühle wie Kälte, Passivität und Distanz an. Konkret empfinde ich, dass ich allein gelassen werde. Ich sehe eine hohe, dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir. So sieht es manchmal in meinem Herzen aus: Es ist ein tiefes, schwarzes Loch. Ich fühle mich zurückgelassen mit unerfüllten Wünschen und unbefriedigten Bedürfnissen. Mein Mann liebt mich, und in meinem Kopf weiß ich das auch. Aber mein Herz macht mir immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Wenn Alltag und Pflichten überhandnehmen und die Zweisamkeit fehlt, überkommt mich diese Leere. Ich fühle mich wie gelähmt und funktioniere nur noch.

NICHT VOM EHEMANN ABHÄNGIG Es war ein langer und steiniger Weg, zu erkennen, dass ich mein Glück samt all meinen Gefühlen nicht von meiner Ehe und noch weniger von meinem Ehemann abhängig machen darf. Doch immer wieder tappe ich in diese Falle. Sind alle Umstände gut, dann fühle ich mich geliebt. Ein fataler Fehler! Denn meine Umstände werden nie ganz perfekt sein. Ich sage gerne zu meinem Mann: „Und wenn du 24 Stunden mit mir zusammen wärst, würde es mir nicht ausreichen.“ Warum fühle ich mich überhaupt immer so einsam im Herzen? Wie kann ich mich trotz dieser verzwickten Lage geliebt und angenommen fühlen? Diese Fragen muss ich mir immer wieder selbst stellen, um aus diesem Teufelskreis der Lügen über Alleinsein und Ungeliebtsein ausbrechen zu können. Ich habe einen Ausweg aus diesem gedanklichen Teufelskreis gefunden, indem ich mich auf Gott fokussiere. Ich bin überzeugt: Gott liebt mich so, wie ich bin. Er kann das Riesenloch in meinem Herzen mit seiner Liebe füllen. Hier ein paar Gedanken, die mir helfen, das im Alltag immer wieder neu zu verstehen:

1. BEDINGUNGSLOSE LIEBE Ich darf wissen, dass ich in Gottes Augen wertvoll bin und er mich bedingungslos liebt.
Umsetzung: Es ist ein täglicher Prozess zu erkennen, dass Gott mich liebt und ich bei keinem anderen diese Bestätigung suchen muss. Dabei hilft es mir, in der Bibel zu lesen. Dadurch wird mir vor Augen geführt, wer Gott wirklich ist und wie unsagbar groß seine Liebe zu mir ist.

2. GESCHENKE UND ANSPRÜCHE Ich muss erkennen, dass alles, was ich bin und habe, ein Geschenk Gottes ist. Außerdem muss ich leider oft bitter erkennen, dass ich keine Ansprüche in dieser Welt habe.
Umsetzung: Dies ist vielleicht die härteste Lektion, die ich jeden Tag neu lernen muss. Früher dachte ich, es sei mein Recht zu heiraten, glücklich zu sein oder ein schönes Haus zu haben. Schließlich bin ich ein ziemlich guter Mensch! Ich hatte hier eine völlig falsche Perspektive und musste diese drastisch verändern. Eine dieser Lektionen war zu erkennen, dass es ein Geschenk Gottes ist, dass ich heiraten durfte und dass es nicht selbstverständlich ist. Durch diese Erkenntnis kann ich viel dankbarer sein für meine Ehe. Das hilft mir wiederum, meinen Ehemann und meine Familie viel mehr zu schätzen.

3. KOMMUNIKATION Der Schlüssel zum Frieden ist die Kommunikation. Umsetzung: Wir haben schon einige gute Eheseminare besucht und eines der Themen, die jedes dieser Seminare beinhaltete, war die Kommunikation. Viele Missverständnisse zwischen uns sind aufgrund von schlechter oder gar keiner Kommunikation entstanden. Es ist so ein einfacher Tipp: „Redet doch offen und ehrlich miteinander!“ Doch das ist oft schwierig umzusetzen. Wir müssen lernen zu sagen, was wir wirklich fühlen. Wir beide haben uns auf einem Schiff kennengelernt und ich verwende gern folgendes Bild: zwei Boote, die nebeneinander segeln, statt immer mehr auseinanderzudriften. Mut und Demut sind nötig, um auf seinen Partner zuzugehen. Wichtig sind auch Ich-Botschaften, damit Liebe und Respekt im Zentrum unserer Ehe bleiben.

4. SICH HELFEN LASSEN Es ist keine Schande, wenn man sich (professionelle) Hilfe sucht. Umsetzung: Ob man sich ein Ehepaar sucht, mit dem man sich ab und zu gemeinsam zum Austausch und Gebet trifft oder ob man sich ganz professionell Eheberatung sucht, ist egal. Hauptsache, man bleibt am Ball und lässt sich helfen. Ein Dritter sieht die Dinge oft ganz anders. Uns haben diese Eheberatungsgespräche schon oft sehr geholfen und gestärkt.

5. ZWEISAMKEIT UND LACHEN Wir als Ehepaar haben für uns herausgefunden, dass Wochenenden ohne Kinder sehr hilfreich für unsere Beziehung sind. Umsetzung: Wir dürfen die Kinder bei Oma und Opa lassen. Ob zu zweit zu Hause oder mit Tapetenwechsel, wir wollen uns Zeit als Paar nehmen. Zusammen lachen tut so gut und ist so wichtig. Neben den vielen Pflichten vergisst man schnell, dass es auch Zeiten braucht, in denen man sich fallen lassen darf. Auch die Intimität, das Eingehen aufeinander kann das Gefühl des Alleinseins zum Schmelzen bringen. Wir schreiben uns fixe Termine in den Kalender, wo Zweisamkeit stattfinden kann.

6. BETEN Unser Verlobungsvers steht in Prediger 4: „Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell.“ Das durften wir in unseren neun Ehejahren schon oft erleben. Wenn Gott in unserer Mitte ist, dann ist unsere Ehe stark, und jeder fühlt sich geliebt und respektiert. Gott als unsere dritte Schnur, die uns beide zusammenhält und vor allem mir hilft, mich nicht alleine zu fühlen. Umsetzung: Wir suchen uns ganz konkrete Zeiten, um füreinander zu beten. Wir nennen Gott unsere Wünsche und Träume und lassen Gott an unserem Partner arbeiten. Dies hilft mir, nicht andauernd Forderungen zu stellen und meinen Mann selbst ändern zu wollen. Mein Gebet fängt so an: „Lieber Herr Jesus, mach mich zu einer Ehefrau, die ihrem Ehemann gut tut, bei der er sich wohl fühlt und angenommen weiß. Hilf mir, meinen Ehemann so zu lieben und zu respektieren, wie du es vorgesehen hast. Fülle du meine Leere mit deiner Liebe aus, damit ich dankbar und zufrieden sein darf …“ Diese Liste ist bestimmt noch nicht ausgeschöpft und bei dem einen oder anderen kann sie ganz unterschiedlich aussehen. Doch eine Zuversicht will ich hier noch weitergeben: „Wir alle sind gewollt, geliebt und wertvoll in den Augen Gottes!“ Diese Gewissheit der Liebe Gottes wünsche ich mir und allen, die sich auch immer einmal allein in der Ehe fühlen.

Manuela Rein-Ziegler lebt mit ihrer Familie in Hessen.

„Er kommt nur, wenn er etwas braucht“

„Seit unser Sohn in seiner eigenen Wohnung lebt, beschleicht uns als Eltern das Gefühl, nur noch gefragt zu sein, wenn er sich selbst etwas nicht leisten kann oder will. Er leiht sich regelmäßig unser Auto und andere Dinge aus. Sicher teilen wir gerne mit ihm, aber es stört uns, dass er sich ausschließlich bei uns meldet, wenn er was braucht.“

Zwanzig Jahre oder länger hat Ihr Sohn mit Ihnen in einem Haushalt gelebt und ist dabei mit allem Materiellen versorgt worden. Nach dem Auszug merkt er in vollem Ausmaß, wie vieles man im Alltagsleben braucht und wie teuer manche Anschaffungen sind. Viele junge Menschen mit eigenem Einkommen empfinden es als normal, dass ihre Eltern und deren Besitz ihnen weiter zur Verfügung stehen, wie zu der Zeit, als alle im gleichen Haus wohnten. Der Schritt in die materielle Selbstständigkeit ist dann noch nicht abgeschlossen, während die innere Unabhängigkeit im Denken und Lebensstil schon vollzogen wurde.

FEHLENDE GEGENSEITIGKEIT
Grundsätzlich ist es eine sehr gute Idee, sich mit Gegenständen auszuhelfen, die nicht ständig gebraucht werden. Vieles spricht für Car Sharing und die gemeinsame Nutzung eines Grills oder teurer Werkzeuge. Sie haben dies alles bereits angeschafft – warum es nicht verleihen, wenn Sie es gerade nicht nutzen? Auch Nachbarn und Freunde helfen sich auf diese Weise gegenseitig. Und hier scheint Ihr Problem zu liegen: Die Gegenseitigkeit fehlt. Sie haben das Empfinden, nur den Service leisten zu müssen, ohne selbst irgendeinen Gegenwert zu bekommen. Mit Gegenwert meine ich nicht unbedingt die gleiche Form – vermutlich kommen Sie gar nicht in die Lage, sich einen Haushaltsgegenstand von ihm leihen zu müssen. Sie erwarten etwas anderes: eine Geste der Dankbarkeit, Interesse an Ihrem Leben oder auch mal praktische Hilfe an anderer Stelle. Wenn das fehlt, kann das Gefühl, ausgenutzt zu werden, die Beziehung verkümmern lassen.

KLARE KOMMUNIKATION
Durch das Leben in getrennten Haushalten ist eine neue Form des Miteinanders auf Augenhöhe gefragt. Ein Anfang könnte sein, offen auf Ihren Sohn zuzugehen und ihm zu sagen, wie Sie sich Ihre Beziehung jetzt vorstellen können. Gestalten Sie die Kommunikation klar, aber bleiben Sie dabei zugewandt und vermeiden Sie Vorwürfe. Vielleicht ist ihm gar nicht aufgefallen, dass er sich nur dann an Sie wendet, wenn er Hilfe braucht. Muten Sie ihm zu, sich mit Ihren Erwartungen auseinanderzusetzen. Sie können ausdrücken, dass Sie sich gegenseitige Anteilnahme am Leben des anderen wünschen und nicht nur „Dienstleister“ sein wollen. Allerdings können Sie das nicht einfordern. Gesten der Zuneigung können nur freiwillig gegeben werden. Die Einsicht und Umsetzung ist sein Part, den er erfüllen wird oder auch nicht. Es ist aber in jedem Fall förderlicher für die Beziehung, Ihr Empfinden zu äußern, als im Stillen vor sich hin zu grollen.

Reinhild Mayer ist Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und arbeitet in der Redaktion von Family und FamilyNEXT.

Den Sorgen nicht zu viel Raum geben

„Unser Sohn (16) ist am Wochenende abends lange unterwegs und wir machen uns Sorgen. Wie können wir gute Regelungen finden?“

Diskussionen um das abendliche Ausgehen gehören sicher zu den häufigsten Konfliktpunkten zwischen Jugendlichen und Eltern. Wichtig erscheint mir zunächst eine offene und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre. Sicher werden Sie längst über mögliche Gefahren wie Alkohol, Drogen oder Gewalt geredet haben. Es ist gut, wenn dies in einem ruhigen, sachlichen Rahmen geschehen ist. Sehen Sie es positiv, dass Ihr Sohn Freunde hat, mit denen er abendliche Unternehmungen plant. Seien Sie interessiert, wenn er von seinen Vorhaben erzählt. Sie dürfen auch Fragen stellen, aber vermeiden Sie es, allzu kontrollierend aufzutreten. Überlegen Sie lieber gemeinsam: Muss es wirklich die Spätvorstellung im Kino sein? Was gäbe es für Alternativen? Wie sieht es mit dem Heimweg aus? Machen Sie bei allen Fragen deutlich, dass Sie Ihrem Sohn von Herzen seine Freizeit gönnen!

ALKOHOL NICHT VERBIETEN
Gut ist es, wenn Sie die Freunde Ihres Sohnes kennen. Bieten Sie beispielsweise an, dass die Jugendlichen sich am Beginn eines Abends bei Ihnen zu Hause treffen. Bitten Sie darum, dass später niemand den Heimweg allein antreten muss. Vielleicht schläft Ihr Sohn bei einem Freund? Oder einer der Freunde kann bei Ihnen übernachten? Schlagen Sie vor, dass Sie den Heimfahrdienst übernehmen. Machen Sie den Heranwachsenden auch deutlich, dass Sie innerhalb der Gruppe aufeinander schauen sollten, insbesondere wenn Alkohol im Spiel ist. Alkohol grundsätzlich zu verbieten, ist sicher nicht sinnvoll. Wahrscheinlich würde ein solches Verbot umgangen. Geben Sie Tipps für den vernünftigen Umgang mit Alkohol, aber bleiben Sie möglichst cool, wenn doch einmal zu viel getrunken wurde. Beim nächsten Mal kann Ihr Kind sein Limit bestimmt besser einschätzen.

EHER GROSSZÜGIG
Es macht sicher Sinn, eine Uhrzeit zu verabreden, an der ein Sechzehnjähriger zu Hause sein sollte. Seien Sie hier eher großzügig! Zu enge Regeln werden als Gängelei empfunden und nicht eingehalten. Kommt Ihr Sohn viel zu spät nach Hause, machen Sie zunächst keine große Szene. Reden Sie später in Ruhe darüber, hören Sie sich an, wie es zu der Verspätung kam. Sie dürfen aber auch deutlich sagen, dass Sie sich Sorgen gemacht haben. Abschließend empfehle ich Ihnen, den Sorgen um die Jugendlichen nicht zu viel Raum zu geben. Sie haben Ihr Kind sechzehn Jahre lang gut erzogen, Sie haben über alles gesprochen. Ihr Kind weiß, dass es Sie jederzeit anrufen kann, wenn es ein Problem gibt. Nun dürfen Sie Ihrem Sohn einen schönen Abend wünschen und loslassen. Schauen Sie nicht ständig aufs Handy oder auf die Uhr. Stellen Sie sich lieber vor, dass Ihr Sohn gerade eine gute Zeit hat und an diesem Abend einen weiteren Schritt geht in Richtung des reifen jungen Mannes, der er bald sein wird. Darauf dürfen Sie mit Gottes Hilfe vertrauen.

Astrid Zuche ist Apothekerin und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie lebt mit ihrem Mann in Saarburg.

Gute Ideen im Praxistest

Stefan Gerber stellt fest, dass die Auftanktipps von anderen nicht immer hilfreich sind.

Als junger Vater habe ich mit Begeisterung – es müsste in der Family gewesen sein – von der Idee des Papi-Gutscheins gelesen. Es geht darum, dass Väter und Mütter Qualitätszeit mit dem Kind erleben. Das hörte sich prima an! Meine Frau und ich, wir sahen uns schon bei beziehungsstärkenden Aktivitäten mit unseren Kindern. Die Umsetzung erschien uns einfach: In einem Monat würde unsere Tochter einen Papi-Gutschein erhalten und der Sohn einen Mami-Gutschein. Im Folgemonat umgekehrt. Die Gutscheinempfänger sind dazu berechtigt, einen Ausflugswunsch mit dem entsprechenden Elternteil einzubringen. Sie können da ihrer Fantasie freien Lauf lassen – so lange es vom Zeit- und Finanzbudget her im Rahmen bleibt. Vom gemeinsamen Spielnachmittag, dem Fahrradausflug an den See über die Rollhockey-Partie oder einer Runde Minigolf bis zum Besuch im Hochseilgarten oder im Fußballstadion ist vieles denkbar. Leider wurde die tolle Idee nicht zu unserer Familien- Tankstelle! Euphorisch dachten wir, die Wunschlisten unserer Kinder würden sich sofort füllen und es gäbe ganz viel, was sie mit uns unternehmen wollten. Doch trotz mehrerer Anläufe – es klappte nicht. Besonders unserer Tochter entsprach dieses Vorgehen nicht. Sie hatte große Mühe, überhaupt etwas auf ihre Wunschliste zu bekommen. Was nicht bedeutet, dass sie keine Zeit mit ihren Eltern verbringen will, aber der „Zwang“ eines monatlichen Papi-/Mami-Gutscheins schreckte sie eher ab. Was ein gutes Ritual sein kann, passte nicht zu uns als Familie. Wir mussten lernen, uns von guten Ideen inspirieren, aber nicht einengen zu lassen. Ich kämpfe immer mal wieder mit fixen Vorstellungen – von der Familienandacht bis zur Regelung des Medienkonsums; aber immer wieder erlebe ich, dass meine Vorstellung, wie es wohl sein sollte, eher in eine Sackgasse führt, als dass sie unserer Familie dienen würde.Daher versuchen wir unsere ganz eigene Familien-DNA zu leben. Inspiration von außen – super. Doch zum Gesetz wollen wir uns nicht machen, was bei anderen funktioniert, aber möglicherweise zu uns nicht passt. Umso mehr genieße ich es, wenn dann doch solche Inseln im Alltag entstehen und ich mit einem unserer Kinder etwas erleben kann: Manchmal geplant wie der Ausflug zum Spengler-Cup (Eishockey-Turnier) in Davos zum zehnten Geburtstag unseres Sohnes oder ganz spontan wie in den Herbstferien, als unsere Tochter und ich einen anderen Wanderweg wählten. Ganz viel bedeutet es mir auch, wenn mich eines meiner Kinder zum Skifahren auf den Steilhang meiner Lieblingsskipiste begleitet. Das sind dann jeweils richtig wohltuende Tankstellen für mich – und für meine Kinder.

Stefan Gerber, Geschäftsführer Willow Creek Schweiz, ist Leiter der Netzwerk- Kirche „gms – gospel movement seeland“ und freiberuflich als Autor („Glück finden – hier und jetzt“), Referent und Coach tätig. Er ist verheiratet mit Brigitte Gerber- Urfer und Vater von Joy Nina (14 J.) und Janosch Noah (11 J.).