Das letzte Jahr mit meinem Vater

Ein Elternteil in die Wohnung aufzunehmen, nachdem man viele Jahre als Familie allein gelebt hat, kann eine Herausforderung sein.

W enn meine Schwester und ich als junge Mädchen über unsere Eltern nachdachten, waren wir uns einig, dass wir zu unserer Mutter die vertrautere, bessere Beziehung hatten. Wenn wir die Wahl hätten, würden wir in ferner Zukunft lieber mit unserer Mutter zusammenleben und sie versorgen als mit unserem Vater. Aber es sollte anders kommen. Meine Mutter starb schon mit 65 Jahren, mein Vater lebte noch 26 Jahre länger. Nach ihrem Tod war er körperlich und geistig so fit, dass er noch gut in seinem Haus leben konnte. Bereits nach einem Jahr hatte er eine neue Lebensgefährtin gefunden. Wir wussten, dass er unsere Mutter geliebt hatte, und empfanden seine neue Freundin als Bereicherung für ihn. Wir waren dankbar, dass er eine Frau gefunden hatte, die sich um ihn kümmerte und sein Bedürfnis nach Nähe und Beschäftigung erfüllte. Wie vorher auch mit meiner Mutter besuchten sie uns regelmäßig, spielten mit unseren Kindern und mein Vater half uns, wo er nur konnte. Besonders beim Bau unseres Hauses setzte er sich stark ein. Es kam uns zugute, dass er handwerklich sehr geschickt war, gerne arbeitete und gerne half. Allerdings hatte er auch seine eigenen Vorstellungen, wie Arbeiten auszuführen seien, was nötig sei und was nicht. Seine großzügige Einstellung: „Das geht schon so!“ und seine Tendenz, das, was er für nötig hielt, auch durchzusetzen, kam gelegentlich in Konflikt mit unseren Wünschen und Vorstellungen. Trotzdem war klar, dass in unserem Haus immer ein Platz für ihn sein würde, wenn seine Versorgung oder Pflege zu bewältigen wäre.

BARRIEREFREI
Zwanzig Jahre später war es dann so weit: Seine Gesundheit wurde deutlich schlechter. Es war vorhersehbar, dass seine Lebensgefährtin, die mittlerweile 87 Jahre alt war, ihn nicht dauerhaft würde versorgen können. Mein Vater entwickelte eine Blutkrankheit. Er brauchte alle sechs Wochen eine Blutübertragung und wurde immer schwächer. Als er für ein Wochenende bei uns war, merkten wir, dass er sich nicht mehr orientieren konnte und die Treppen nur sehr schlecht bewältigte. Daher beschlossen wir ganz spontan, das Arbeitszimmer meines Mannes in die für meinen Vater vorgesehene Kellerwohnung zu verlegen. Damit war ein Zimmer in unserer Wohnung im Erdgeschoss frei, das wir ihm einrichten konnten. Da mein Mann gerade etwas Zeit hatte und auch unsere erwachsenen Kinder helfen konnten, hatten wir das neu möblierte Zimmer innerhalb von sechs Wochen fertig. Es war zuerst als Gästezimmer gedacht, doch es erwies sich, dass Gottes Timing genau richtig war. Eine Woche, nachdem das Zimmer fertig war, kam mein Vater ins Krankenhaus. Sein Zustand verschlechterte sich so, dass er anschließend per Krankentransport zu uns gebracht wurde. Es war alles für ihn vorbereitet. Eine behindertengerechte Dusche hatten wir ein Jahr vorher im Erdgeschoss einbauen lassen. Er bekam sofort Pflegestufe eins. Im Rückblick ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, rechtzeitig auch bauliche Vorkehrungen zu treffen, damit barrierefreies Wohnen möglich ist.

ALTE EMPFINDLICHKEITEN
Während mein Vater anfangs noch stark desorientiert war, besserte sich sein Zustand zusehends. Er konnte allein zum Tisch und zur Toilette gehen und eine Zeitlang noch mit uns zum Gottesdienst kommen. Für ihn war es selbstverständlich, dass er den ganzen Tag bei uns im Wohnzimmer auf dem Sofa saß oder lag und alles interessiert mitverfolgte, was bei uns passierte. Nur wenn wir Hauskreis in unserer Wohnung hatten, blieb er in seinem Zimmer. Wie gut, dass morgens die Mitarbeiterin der häuslichen Krankenpflege kam. Sie cremte ihn ein und half ihm beim Waschen und Anziehen. Das schützte meine und seine Intimsphäre. Ihre Gespräche brachten auch neue Impulse in seinen Alltag. Mein Vater klagte nicht. Er war lieb und freundlich und versuchte, uns keine Last zu sein. Obwohl ich ihn gern versorgte, merkte ich mehr und mehr, dass ich seine ständige Anwesenheit als Bedrohung meiner Privatsphäre empfand. Ich interpretierte sein Interesse an allem, was unser Leben betraf, als unangebrachte Neugier. Fragen wie: „Hat deine Nachbarin wieder einen Freund?“ und „Wie geht es in der Gemeinde?“ mochte ich nicht beantworten. Obwohl ich sein Bedürfnis nach Nähe und Teilhabe verstand, entdeckte ich in mir die Gefühle und Verhaltensweisen eines Teenagers, der nicht will, dass sein Vater alles weiß und sich einmischt. Ich hatte das Bedürfnis, meine innere Selbständigkeit und die Ablösung von meinem Vater zu behalten. Selbst harmlose Bemerkungen wie „Mach die Tür zu!“ und „Mach das Licht aus!“ weckten meinen Widerstand. Ich wollte Herr in meinem eigenen Haus bleiben, bestimmen, welche Musik gehört wurde und telefonieren, ohne dass mein Vater zuhörte. Ich wollte weder seine Mutter sein, die seine Bedürfnisse nach Nähe und Beschäftigung stillte, noch seine Lebenspartnerin, deren Leben sich vor allem um seine Wünsche gedreht hatte. Ich habe mich aber nie getraut, diese Gefühle meinem Vater gegenüber anzusprechen und ihn zu bitten, öfter in seinem Zimmer zu bleiben. Er würde das nicht verstehen, dachte ich.

GUT UNTERSTÜTZT
Wie gut, dass ich mit der Versorgung meines Vaters nicht alleine dastand. Mein Mann und meine Kinder unterstützten mich. Besonders die Kinder liebten ihren Opa und konnten ihm das auch zeigen. Mein Mann half in allen praktischen Dingen des Alltags. Auch meine Schwester war uns eine große Hilfe. Ich konnte alle Dinge, die meinen Vater betrafen, mit ihr besprechen – auch meine negativen Gefühle. Ich hörte keine Kritik, sondern bekam Ermutigung und Unterstützung. Als wir in den Urlaub fahren wollten, zog sie für eine Woche bei uns ein, um unseren Vater zu versorgen. Und auch manches Wochenende vertrat sie uns. Mein Vater wurde zusehends schwächer und empfand sein Leben als beschwerlich. Er hatte aber keine Schmerzen und auch keine Angst vor dem Tod.

TRAURIG UND BEFREIT
Es kam der Tag, an dem ich mir bei einem Sturz den Knöchel brach. Nur Stunden später erlitt mein Vater einen Schlaganfall. Wir lagen für eine Woche im selben Krankenhaus. Mit dem gebrochenen Knöchel wäre es mir unmöglich gewesen, ihn weiter zu Hause zu versorgen. Doch er verstarb friedlich, ehe ich ihm das sagen musste. Das empfand ich im Nachhinein als gutes Timing Gottes. Meine Schwester hatte Zeit, um ihn in den letzten Tagen zu begleiten. Wir verstanden seinen Tod mit 91 Jahren als das Ende eines guten, zuletzt aber auch beschwerlichen Lebens. Ich war traurig, fühlte mich aber auch befreit. Im Nachhinein habe ich bemerkt, dass ich mich besonders an den Eigenarten meines Vaters gerieben habe, die ich auch bei mir selbst feststelle. Daher will ich schon jetzt versuchen, meine Neugier gegenüber unseren Kindern zu zügeln oder zumindest nicht zu zeigen. Und ich will nicht immer erwarten, dass alles so läuft, wie ich es mir vorstelle. Auch ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, die Privatsphäre meiner Kinder zu respektieren und ihnen ihren Freiraum zu lassen.

SCHULDGEFÜHLE
Wenn ich heute über die letzte Zeit mit meinem Vater nachdenke, bekomme ich manchmal Schuldgefühle. Das passiert besonders, wenn ich davon lese oder höre, dass andere die letzte Zeit mit einem zu pflegenden Elternteil als Beginn einer neuen innigen Beziehung empfunden haben. Aber ich wollte nicht zu viel Nähe haben. Heute denke ich, dass ich ihm die letzte Zeit ein wenig schöner hätte machen können, etwa durch mehr herzliche Berührungen und intensivere Gespräche. Wenn ich mit meinem Mann oder meiner Schwester darüber rede, entgegnen sie mir, dass mein Vater sich bei uns wohlgefühlt hat und ich es gut gemacht habe. Aber die Schuldgefühle blieben noch lange. Irgendwann ist mir klargeworden, dass es weder sinnvoll ist, über meine Versäumnisse nachzugrübeln noch mir immer wieder die Bestätigung einzuholen, dass ich alles richtig gemacht habe. Gott kennt mein Herz und auch meine Versäumnisse. Er hat mir darüber Vergebung und Frieden geschenkt.

Die Autorin möchte anonym bleiben.

Hör auf zu träumen!

Warum ich versuche, keine Träumerin mehr zu sein. Von Stefanie Diekmann

Träume geben Kraft und sind Motor für Entwicklungen. Ich habe es in meinem Leben aber auch anders erlebt: Wie ein Schwamm sauge ich bunte Lebensbiografien und Geschichten auf. Von Menschen, die den Trott verlassen haben. In die Weite gehen, auswandern, ein Projekt starten, unbequem leben. Spuren hinterlassen. Ich höre hin und spüre das bekannte Sehnen in meinem Herzen.

SCHLECHT BEWERTET
In meinem Leben gab es fast 20 Jahre lang den Traum, anders zu leben. Irgendwie anders. Unbedingt. Ich wollte ein Freizeitheim gründen in Spanien oder Frankreich, damit Familien und Gruppen einen bezahlbaren Urlaub erleben dürfen und auftanken können. Und wenn das nicht hinhaut, wollte ich unbedingt in einer Kommune leben. Wo Menschen eine Weggemeinschaft sind. Einen Unterschied machen in einer Stadt. Eine Adresse für andere sein. Mit offenporigem Herzen saugte mein Traumschwamm Berichte von Christen auf, die Leben teilen und Ideen umsetzen. So was wäre doch zu schön! Gleichzeitig bestand mein Leben aus Fakten. Die Ideen in meinem Schwamm blieben. Und wie Bakterien in einem Küchenschwamm fingen sie an zu gären und sorgten für unschöne Reaktionen und „Gestank“. In mir war es, als spalte sich der Anspruch, anders zu sein und diesen Traum zu pflegen, ab von meinem wirklichen Alltag. Von meinem Alltag mit Kindern, Laminat-Pflege und Gemeinderoutine. Mehr und mehr habe ich mein Leben im Jetzt in unbequemen Momenten schlechter bewertet. Denn eigentlich wartet da ja noch der große Traum vom anderen Leben. Ein muffiger Geruch voller Sehnsuchtsgedanken, dass dieses Leben nicht alles sein kann. Gott hat sicher noch mehr mit mir vor …

BLICK AUF DIE FAKTEN
Mein Bericht könnte hier zu Ende sein. Ich kann nicht richtig beschreiben, was meinen Traum-Mix verändert hat. Ich denke, der Wille, meinen Alltag zu lieben, hat den Herzensschwamm durchspült. Nicht jede Faser ist „traumfrei“, aber der unangenehme Geruch klebt nicht mehr in mir fest. Das Gefühl, im falschen Leben zu stecken und auf etwas „Tolles“ zu warten, ist deutlich weniger geworden. Mir hat geholfen, meinen Traum immer wieder mit meinem Mann durchzudenken. Dabei half mir ein Blick auf die Fakten: Freizeitheim im Ausland: Bei null Sprachkenntnissen wenig realistisch. Und bei dem Druck, ein Haus effizient zu führen, bleibt die Idee, Kostengünstiges anzubieten, nur Theorie. Kommune: Nicht alles ist Zusammenhalt im Zusammenleben. Um diese Idee zu forcieren, braucht es viel Kraft, die ich nicht immer habe. Welche Menschen investieren sich mit in diesen Traum? Oder muss ich sehr lange mit Mut und Gestaltungswillen in Vorleistung gehen? Und der Faktencheck ergibt auch, dass meine Begabung nicht mit dem ausdauernden, langen Atem einer Organisation zu verknüpfen ist. Die gesammelten Träume im Schwamm könnten also eine stinkende Gefahr für mich bedeuten. Sie sind ja Träume: Immer im Sonnenschein glücklich vor einem Haus mit lachenden Menschen sitzen – unrealistisch und geträumt …

EINE ZU GUTE TRÄUMERIN
Hilfreich war für mich auch, meinen Herzensschwamm genau anzusehen. Was sauge ich so eifrig auf? Was nährt meinen Traum? Was bringt mich beim Träumen zum nächsten passenden Schritt für mein Leben? Wie reinigende Spülungen habe ich entdeckt, dass nicht mein Beruf falsch ist, meine Fähigkeiten falsch sind, mein Mann und seine Berufung falsch sind. In meinem Herzen ist mein Traum zu einem freundlichen bunten Bild geworden, aber es überlagert mit seinem Drängen nicht mehr mein Heute. Durch meine Träume habe ich die Themen meines Lebens besser kennengelernt: Ich sehne mich nach Beziehungen, nach kreativem Lebensraum voller Weite. Dazu brauche ich kein Freizeitheim und keine Kommune. Ich bin gefordert, diese Sehnsucht mit meiner Familie, meinen Kollegen und meiner Kirchengemeinde zu leben. Dieses Ausdrücken alter Träume aus meinem Schwamm macht mich bereit, Neues aufzunehmen. Ich höre heute schneller auf zu träumen, weil es mich nicht im Hier bereichert, sondern mich wegtreibt. Ich bin keine gute Träumerin, weil ich eine zu gute Träumerin bin. Es macht mich heute traurig zu sehen, wenn eine junge Frau ihrem Berufswunsch als Traum so viel Raum gibt, ohne den Mut zu haben, den ersten Schritt zur Verwirklichung auch zu tun. Oder wenn Ehepaare sich in einen Traum aus Familie flüchten, der sehr unterschiedlich und in beiden Fällen unreal ist. Ich spüre eine Gefahr, wenn das geschenkte Jetzt weniger wert ist als die Vergangenheit oder die Zukunft. Ich spüre es, weil es meine Gefahr war und ist. Für Gott bleibe ich Berufene, Beauftragte: Ich erkenne, dass unser Haus Heimat für Menschen wird, dass Wegbegleitung auch ohne feste Formen möglich ist. Ich stelle fest, dass mein Traum auch dann Realität wird, wenn das Traumbild nicht deckungsgleich hergestellt wird. Ich übe mich im Leben. Ja, davon träume ich heute. Das Leben zu füllen mit dem, was Gott für mich erdacht hat.

Stefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.

Quelle oder Quartier?

Moor Jovanovski räumt seinen MP3-Player auf und landet bei ganz grundsätzlichen Lebensfragen.

Es wird wieder Zeit für eine neue Playlist. Mein kleiner Mp3-Player ist gerade an meinem PC angeschlossen und ich durchforste meine digitalen Musikalben. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, beim Joggen eine besondere Auswahl an geistlichen Liedern zu hören, die mein Herz erreichen. So fungiert meine Zeit des Sports auch zum Aufbau meiner geistlichen Fitness. Dass es mal wieder Zeit für eine neue Liste war, fiel mir daran auf, dass mich die Lieder anfingen zu langweilen. Das musste ich zugeben: Auch geistliche Aussagen können mich irgendwann langweilen. Aber halb so wild meine ich, denn Langeweile ist auch ein Hinweis darauf, dass es weitergehen darf. Denn was ich verinnerlicht habe, kann mir zur Quelle werden, aus der ich dann schöpfe. Es wird logischerweise Zeit für Neues, damit mein Herz nicht zu einem Quartier für fromme Binsenweisheiten wird. Denn das hätte dann weder etwas mit Fortschritt noch mit Fitness zu tun. Während ich also eine neue Auswahl von Liedern auf meinen Player verschiebe, kommen mir die Worte aus Sprüche 4,23 in den Sinn: „Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“ Das ist schon eine große Aufgabe. Ich pflege viele Dinge in meinem Leben und ich sehe meistens auch, wann es wieder an der Zeit ist, das zu tun. Ich stelle aber fest, dass ich mit meinem Herzen doch etwas zu nachlässig bin. Da kann es schon mal sein, dass sich hier „alte Listen“ wiederfinden, die ich nicht mehr hören will (oder die auch kein anderer hören sollte). Manchmal weiß ich genau, dass es wieder Zeit für etwas Neues wäre. Aber so unbrauchbar die alten Listen manches Mal sind, so sehr habe ich mich auch an sie gewöhnt. Und da liegt die Herausforderung: Zu erkennen, dass nicht alles Vertraute auch Fortschritt oder Fundament bedeutet. Mein Herz bedarf der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Ich stelle mir die Frage, was sich im Laufe der letzten Wochen so alles in meinem Herzen aufgelistet hat. Welche Songs laufen gerade? Klagelieder? Trauerlieder? Freudenlieder? Welche „Alben“ habe ich kreiert? Ärger? Neid? Ängste? Verletzungen? Es wäre schön, wenn sich manches in meinem Herzen so einfach neu aufsetzen ließe wie eine Playlist. Aber ich bin sicher, dass es Gott möglich ist. Wenn ich mit ihm diese Listen und Alben durchgehe, dann kann er sicher das ein oder andere umgehend löschen. Mancher Song muss umbenannt oder behutsam umgeschrieben werden. Auch da bin ich sicher, dass Gott das kann. Ich will ihm die Listen meines Herzens nicht vorenthalten, damit mein Herz eine Quelle ist und bleibt und damit ich meine Fitness bewahre.

Moor Jovanovski hat zwei Kinder und ist verheiratet mit Monica. Er arbeitet als Pastor und Gemeindegründer in Frankfurt und Wiesbaden.

Beten und arbeiten?

Elisabeth Vollmer reibt sich an einem bekannten Luther-Zitat.

Es gibt Sprüche, die begleiten mich durchs Leben. Einen davon fand ich lange gut und habe ihn dann und wann auch zitiert und weitergegeben. Jetzt habe ich mich von ihm verabschiedet und merke, wie entlastend und wohltuend das für mich ist. Ich rede von Martin Luthers Satz: „Bete, als ob alles Arbeiten nichts nützt, und arbeite, als ob alles Beten nichts nützt.“ Eigentlich soll dieser Satz ja motivieren – zu Gebet und Arbeit gleichermaßen. Aber für mich liest er sich, je länger desto mehr, wie das Lebenskonzept einer frommen schwäbischen Hausfrau auf dem direkten Weg in den Burnout. Er überfordert mich und ist ein Antreiber, dem ich gekündigt habe. Stattdessen möchte ich beten im Bewusstsein, dass ich als Christin in dieser Welt eine Aufgabe habe, die ich ausfüllen kann und darf. Dass ich ausgestattet bin mit Begabungen, die wichtig und es wert sind, gelebt zu werden. Und ich möchte arbeiten im Bewusstsein, dass ich das Meine, andere das Ihre und Gott das Seine tun kann und wird. So wie Paulus es im 1. Brief an die Korinther schreibt: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen.“ Im Zusammenspiel mit Gott möchte ich meine Verantwortung in dieser Welt wahrnehmen. Arbeit und Gebet möchte ich nicht als getrennte Bereiche sehen oder gar gegeneinander aufrechnen. Stattdessen möchte ich leben (und das beinhaltet auch Arbeit und Gebet) in der Gelassenheit und Zuversicht, dass ich es nicht bin, die die Welt retten muss. Und das ist noch ein Punkt, weshalb ich mich an besagtem Zitat gerade so reibe: Es fordert mich doch quasi dazu auf, nicht zu leben, was ich glaube – nämlich, dass mein Gebet und/oder meine Arbeit fruchtbar sein kann. Neben dem Antreiber zur Höchstleistung, den ich dabei im Nacken spüre, ist es vor allem auch die innere Haltung, die mich verkrümmt, wenn ich sie einnehme. Wie schrecklich wäre es doch, wenn ich in der Überzeugung leben und beten müsste, als wäre all mein Arbeiten wirkungs- und wertlos? Und wie unfassbar anstrengend, wenn ich so arbeiten müsste, als hinge von meinem Einsatz alles ab? Ich bin wirklich froh, dass beides nicht der Fall ist! Stattdessen möchte ich im Vertrauen leben, was ich glaube und wovon ich überzeugt bin. Klingt ja so banal und gelingt mir doch immer wieder im Alltag so wenig … Ich bin davon überzeugt, dass der Sonntag ein Ruhetag ist, an dem es gut ist, nicht zu arbeiten, sondern aus der Ruhe heraus in die neue Woche zu starten. Aber dann war da neulich wieder einmal so viel los und ich habe mir überlegt, dass ein paar Stunden am Sonntagnachmittag den Arbeitsberg der Woche so weit abbauen könnten, dass ich dann eine ruhigere Woche habe. Und schon war sie dahin, meine Überzeugung, und ich drehte das Hamsterrad auch noch über den Sonntag hinaus. Keine gute Idee. Ich habe es direkt gespürt und meine Umgebung leider auch … Oder die Sache mit der Sorge um meine Kinder. Die buchstabiere ich seit Jahren durch. Immer wieder und wieder. Ich bin sozusagen Meisterin im Sorgenmachen. Denn: ja, ich glaube, dass Gott als guter Hirte meine Lämmchen im Blick hat und ihnen nachgeht. Aber dann lebe ich es so wenig. Wälze mich stattdessen in unruhigen Nächten hin und her und kreiere Horrorszenarien. Bis ich es dann wieder merke und mir eingestehe, dass ich ja nur das Mutterschaf und nicht der gute Hirte bin. Dass ich meines tun kann, aber nicht der Hirte sein kann und muss. Und das entlastet so ungemein. Irgendwie bin ich Luther doch dankbar für das Zitat, an dem ich mich die letzten Wochen so gerieben habe. Ich weiß jetzt besser, was ich glaube. Jetzt muss es mir nur noch gelingen, das zu leben.

 

Elisabeth Vollmer ist Religionspädagogin und lebt mit ihrer Familie in Merzhausen bei Freiburg.

„Müssen wir das Studium finanzieren?“

„Unsere Tochter studiert und wohnt in einem Studentenwohnheim. Sie erwartet, dass wir ihre Miete übernehmen und den Lebensunterhalt finanzieren. Das bringt uns finanziell an unsere Grenzen. Ist es nicht normal, dass Studenten sich zum Teil selbst finanzieren durch entsprechende Jobs?“

Die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber Kindern in der Ausbildung hat der Gesetzgeber in Deutschland und der Schweiz sehr genau geregelt. Denn der Staat hat ein Interesse daran, dass junge Bürger eine qualifizierte Ausbildung erhalten. Deshalb sind Eltern auch für volljährige Kinder unterhaltspflichtig, bis eine erste Ausbildung abgeschlossen ist. Ab dann ist das Kind in der Lage, sich selbst zu ernähren, und die Unterhaltspflicht ist beendet. Ab dem 18. Lebensjahr sind Eltern in Deutschland sogar zum Barunterhalt verpflichtet. Das heißt: Studierenden, die einen eigenen Haushalt haben, stehen monatlich 735,- Euro zu, davon sind 300,- Euro für die Warmmiete einkalkuliert. Gebühren für die Krankenversicherung und Studiengebühren sind noch nicht eingeschlossen. Der Gesetzgeber gibt auch vor, wie viel Geld Eltern als Eigenbedarf verbleiben muss. Orientierung bietet hier die sogenannte Düsseldorfer Tabelle (siehe Infokasten).

ZÜGIG STUDIEREN
Im Gegenzug verlangt der Gesetzgeber von den Studierenden, dass sie zügig und zielorientiert studieren. Außerdem sind sie den Eltern gegenüber zu Informationen und Nachweisen über den Fortgang des Studiums verpflichtet. Sollte das Einkommen der Eltern nicht ausreichen, können Studierende staatliche Unterstützung (D: BaföG, CH: kantonale Stipendien) beantragen. Ebenfalls kann sich die Recherche zu Stipendien diverser Stiftungen oder Organisationen lohnen! Nicht immer entscheiden nur die Noten. Sich um diese Informationen zu kümmern, liegt allerdings in der Verantwortung der Studierenden, nicht der Eltern.

DAZUVERDIENEN?
Viele Studierende verdienen etwas Geld dazu. Aber je nach Studiengang sind die Belastungen unterschiedlich. Bei manchen Studiengängen ist es gut machbar, nebenher zu arbeiten. Bei anderen ist man mit den Veranstaltungen und dem Lernpensum komplett ausgelastet. Geld ist ein sensibles Thema. Und Unterstützung schafft eine – mehr oder weniger spürbare – Abhängigkeit in einer Lebensphase, in der es gleichzeitig der Wunsch ist, sich hin zu einer gleichberechtigten Beziehung auf Augenhöhe zu entwickeln. Wie bei vielen anderen Themen auch, wird hier ein offenes und ehrliches Gespräch die Beziehung stärken und Sie einer einvernehmlichen Lösung näher bringen.

Michaela Schnabel ist Mutter von drei erwachsenen Töchtern. Sie arbeitet als Sozialpädagogin und lebt in Witten.

 

Filmabend

MÖRDERISCHER FLASCHENÖFFNER

Katharina Hullen übersteht den gemeinsamen Kinoabend nur mit geschlossenen Augen.

Katharina: Kino – laufen da schon Filme in Farbe? Gefühlt so lange sind wir nicht mehr zu zweit dort gewesen. Doch wenn man schon mal zwei Kinofreikarten kriegt … Wir organisieren also kurzfristig den Babysitter. Während ich die Kinder zur Übergabe fertig mache, verschafft sich Hauke im Internet schnell einen Überblick über das aktuelle Programm. So können wir auf der Fahrt besprechen, was wir uns ansehen wollen. Drei Filme stehen zur Auswahl: eine Gauner-Komödie, ein Action-Roadmovie und ein Agentenfilm. Hauke gibt mir zu jedem der drei einige Stichworte zum Inhalt und meint, ihm persönlich hätte ja der Agentenfilm am meisten zugesagt, da nicht vorhersehbar und komplexere Geschichte und so … Ok, nehmen wir den. Ich nicke wie ein Wackeldackel, weil ich es hier ohnehin nicht besser weiß. So plumpsen wir in gemütliche Sessel und müssen uns erst wieder an die riesige Leinwand gewöhnen. Endlich – es geht los. Mit jeder Filmvorschau, die nun folgt, wird mir allerdings klarer, was für eine Art Film Hauke da ausgesucht hat. Superhelden zermalmen teuflische Riesenmonster, andere Helden verwandeln sich in ebensolche. Da wird geschossen, geflogen, gemetzelt und geschrieen, was die Monsterlunge hergibt. Ein kurzer verstörter Blick zu meinem Göttergatten – da sitzt er mit leuchtenden Augen und ist ganz fasziniert! Am liebsten würde er sich all diese Filme ansehen, besonders gern den mit dem grünen Riesenmonster, vielleicht weil es ihm in diesem Licht ein bisschen ähnlich sieht? Ich könnte eigentlich schon gehen, aber naja, ein Agentenfilm – vielleicht wird er ja doch gut. Nein, wird er nicht! Was folgt, sind 100 Minuten Mord und Totschlag, jede Menge Blut, eine verworrene Geschichte. Mord durch Schuhabsatz, Mord durch Flaschenöffner, Mord durch Gartenschlauch … Ich sitze den Großteil des Films mit geschlossenen Augen im Kino und warte ab, bis alle Leute dieser Szene wohl tot sind und es weiter gehen kann zum nächsten Tatort. Nach dem Film möchte Hauke gern noch was essen gehen. Echt jetzt? Appetit zählt gerade nicht zu meinen Neigungen. Ich möchte gern nach Hause – und duschen vielleicht. „Lass uns lieber mal der Oma die Kinder wieder abnehmen.“ Wir schlendern zum Auto und reflektieren, was wir gesehen haben. Also vor allem mein zufriedener Mann. Er analysiert ganz klar, was er richtig gut und was er nicht so gelungen fand. In meinem Kopf schreit es wie aus einem dieser Riesenmonster: DER FILM WAR SCH …! Aber das will ich lieber nicht laut sagen. Ich weiß auch nicht so richtig, was ich fühlen soll. Bin ich wütend, dass wir diese kostbaren Karten so vergeudet haben? Oder freue ich mich für meinen Mann, weil er einen tollen Abend hatte, und für mich, weil es Freikarten waren und wir immerhin nichts für dieses Blutbad bezahlen mussten? Eins weiß ich genau – dass ich Stoff habe für die Family-Kolumne!

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das
Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

ACTION FÜR DEN EHEABEND

Hauke Hullen freut sich über gut gemachte Unterhaltung.

Hauke: Heutzutage preisen die großen Schriftzüge auf der Oberbekleidung die finanziellen Möglichkeiten des Eigentümers an. Zu meiner Schulzeit ging es dagegen noch um wahre Liebe: Man(n) zeigte mit seinen T-Shirts der Umgebung demonstrativ, welcher Band man sein Ohr schenkte. Durch die (Schul-)Bank waren überall martialische Cover und verzerrte Schriftzüge zu sehen, selbstredend auf schwarzgefärbter Baumwolle. Es war die Hoch-Zeit des Heavy-Metals. Wir waren fasziniert von harten Gitarrenriffs und malträtierten Trommelfellen, die sowohl auf der Bühne als auch im Publikum schwer zu leiden hatten. Neben dem Musikgeschmack verkündete man mit seinem Shirt auch immer eine zweite Botschaft: Ich bin hart! Ein ganzer Kerl! Ein richtiger Mann! Kuschelrock- CDs hörte man nur heimlich; und für all die schmachtenden Boygroups hatten wir nur Verachtung übrig, erst recht weil es uns wurmte, dass die Mädchen der Klasse an diesen Retortenbands mehr Gefallen fanden als an ehrlicher Rockmusik und damit auch irgendwie an uns. Warum erzähl ich das? Nun, jüngst katapultierten uns zwei Freikarten spontan zu einem Eheabend ins Kino. Eheabende sind wie Joggen – eigentlich will man nach einem langen, anstrengendem Tag lieber auf der Couch versacken, aber wenn man sich dann aufraffen kann, tut es schließlich doch ganz gut. Da es dauerte, bis das letzte Kind („Ich will auch mit!“) im Bett verstaut war, blieben nur noch drei Filme zur Auswahl. Doch wir hatten Glück: Wir setzten uns in einen ehrlichen Actionfilm – durchaus hart und heftig, dafür aber realistisch (soweit dies einem Actionfilm möglich ist). Zu Jugendzeiten reichten noch Arnies Muskeln, Jean-Claudes Kampfkunst oder Explosionen in Zeitlupe, um von hohlen Dialogen und Logiklöchern abzulenken, doch inzwischen stelle ich höhere Ansprüche. Umso erfreuter war ich also, dass die Hauptfigur nach artistischen Kampfeinlagen erkennbar erschöpft ist und dass der Ausgang der Geschichte nicht schon nach den ersten 20 Minuten vorhersehbar war. Ebenso erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass sich die beste Ehefrau von allen während des Films romantisch an mich kuschelte, meine Hand halten wollte und manchmal sogar ihren Kopf mit selig geschlossenen Augen an meine Schulter lehnte … Um den bis hierhin bereits gelungenen Abend perfekt zu machen, schlug ich nach dem Film noch ein Candle-Light-Dinner im Steakhouse vor. Es folgte: ein Fiasko. Hart und heftig, in seinem Ausgang für mich nicht vorhersehbar. Nach artistischen Argumentationseinlagen kam ich erkennbar erschöpft zu Hause an. Ich fürchte, die nächsten Kinokarten werden einer romantischen Komödie geopfert werden müssen, wo am Ende jeder jeden kriegt. Das wäre dann immerhin einem Eheabend angemessen!

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

 

Wenn die Kinder an einem vorbeiziehen

Papa fährt voran – so geht es lange Jahre. Doch plötzlich werden die Söhne immer schneller … Von Joachim Bosch

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Söhne kleine Babys waren und ich der große Papa. Und das änderte sich auch lange, lange Zeit nicht. Sie schauten zu mir auf, versuchten nachzumachen, was ich so trieb, wollten auch groß sein und das können, was ich kann. Mann, tat das gut! Dann wurden die Jungs größer und wollten auch mit dem Fahrrad unterwegs sein. Sie wollten auch mit Werkzeug hantieren, auch einen Computer haben und natürlich auch an ihm herumschrauben – eben alles das, was ich so mache. Und wieder fühlte ich mich als das große Vorbild, als derjenige, an dem sie sich orientieren. Und das tat immer noch sooo gut!

GUTES GEFÜHL
Es kam die Schulzeit. Meine Söhne waren nun immer mehr davon überzeugt, dass sie auch etwas können, das ich nicht kann. Es kam zu ersten Diskussionen über Dinge, über die wir Erwachsenen schmunzeln konnten. Aus diesen Diskussionen ging ich mit wenigen Argumenten als Sieger hervor. Und ich merkte, dass sie immer noch zu mir aufschauten. Jetzt war ich nicht nur der Große und Starke, jetzt war ich auch noch der Schlaue, der so viel weiß. Und ich fühlte mich immer noch sehr gut! Der Wechsel von der Grundschule auf das Gymnasium stand an. Und natürlich war der Wunsch groß, auch mit dem Fahrrad die vier Kilometer in die Schule fahren zu dürfen – so wie es eben Papa seit Jahren vormachte. Nach langem Überlegen entschlossen wir uns, es zu wagen. Aber ich musste dabei sein. Es ging immerhin über zwei Kreuzungen, die nicht ganz ohne sind. Der erste Schultag kam und ich „durfte“ dem Großen zeigen, an welchen Stellen er aufpassen musste, wo es ungefährlich war und wo man die Fahrt so richtig genießen konnte. Das war super, das war cool und ich war der Größte. Ich fühlte mich gut! Zwei Jahre später wechselte unser zweiter Sohn ebenfalls auf die weiterführende Schule, wollte auch mit dem Fahrrad fahren, gleiche Prozedur, gleiches Gefühl!

DAVONGEFAHREN
Die Jahre gingen ins Land. Ab und zu fuhr ich noch mit den Jungs morgens in die Schule. Aber es hatte sich etwas geändert: Hatte ich am Anfang immer wieder auf sie warten müssen, musste ich jetzt immer häufiger schauen, dass ich Schritt halten konnte. Konnte das sein? Wahrscheinlich hatte ich einen schlechten Tag oder meine Tasche war schwerer als ihre – Ausreden waren schnell zur Hand. Aber ich fühlte ich mich an diesen Tagen nicht mehr so gut. Und es wurde langsam zur Regel, dass zumindest unser Ältester mir mit dem Fahrrad davonfuhr. Das tat weh. Das kratzte gewaltig an meinem Selbstbewusstsein und an meinem Ehrgeiz, besser zu sein als die Jungen – schließlich war ich ja sportlich und trainiert (aber eben auch schon über 40). Ich wurde unsicher, frustriert, fühlte mich gedemütigt und alt und nicht mehr gut. Es dauerte sehr lange, bis ich damit klarkam. Und es gab so manchen Rückschlag auf dem Weg zur Gelassenheit und Dankbarkeit. Immer wieder kam es zu Rückschlägen, die gewaltig schmerzten. Es blieb auch nicht aus, dass die absurdesten Entschuldigungen sich in meinem Gehirn breitmachten: „Die Reifen sind nicht richtig aufgepumpt …“ Das Verdrängen – eine Spezialität von uns Männern – drohte zu verhindern, dass ich mich mit den Veränderungen des Älterwerdens auseinandersetzte. So blieb letztendlich das Gefühl, wirklich alt geworden zu sein, nicht mehr leistungsfähig und damit minderwertig zu sein.

MEIN TEMPO
Zum Glück gibt es Freunde im gleichen Alter. Auch sie mussten sich mit diesem Problem auseinandersetzen. Irgendwann kam es zur Sprache. Und jeder von uns merkte, dass wir alt werden. Es tat mir gut zu hören, dass ich nicht allein bin mit meinem Problem. Parallel dazu kamen in den Gesprächen mit meiner Frau meine Minderwertigkeitsgefühle zur Sprache. Sie „wusch“ mir den Kopf. Das Ganze gipfelte in dem Satz: „Wie ich bin, bin ich genug.“ Bei dem Versuch, es mit dem Fahrrad auch mal gemütlich anzugehen, gab es allerdings immer wieder Momente, die wehtaten: Da wurden die Überholer immer jünger. Und die zum Scheitern verurteilten Versuche mitzuhalten wieder häufiger. Schließlich kam ein älterer Schüler unserer Schule, den ich Jahre zuvor noch locker überholen konnte. Er ließ mich einfach stehen. Das war der entscheidende Moment! Die deutliche Niederlage rüttelte mich wach und machte mir spürbar klar, dass es einfach eine Entwicklung der Alterung gibt – und zwar bei allen. Seitdem fahre ich jeden Tag mein Tempo: mal langsam, mal schneller, mal auf der Jagd nach Traktoren oder E-Bikes, mal gemütlich hinter anderen her. Und seitdem fühlt sich das wieder gut an.

Joachim Bosch ist Realschullehrer, seit 25 Jahren verheiratet mit Susanne und hat zwei erwachsene Söhne. Er wohnt in Satteldorf, Kreis Schwäbisch Hall und fährt jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schule.

„Wie geht’s weiter?“

„Unsere Tochter Caya hat die Prüfung nach der 10. Klasse nicht bestanden. Wie sollen wir damit umgehen?“

Das ist hart: Trotz aller Vorarbeit und Unterstützung hat Ihre Tochter diese wichtige Prüfung nicht bestanden. Ich kann mir vorstellen, dass sich ein Gefühl von Ohnmacht in Ihnen ausbreitet. Und dass Sie sich viele Fragen stellen: Wie konnte das passieren? Hat Caya nicht genug gelernt? Oder ist sie zu dumm? Was denken die Leute? Und Caya? Sie ist wahrscheinlich sehr verunsichert und fragt sich: „Was mache ich denn jetzt?“

GRENZERFAHRUNG
Eltern und Jugendliche verarbeiten so ein Scheitern unterschiedlich. Während Eltern oft die nächsten 20 bis 30 Jahre vor Augen haben, schmilzt im Kern des Jugendlichen der eigene Wert zusammen. Wieso schaffen es alle anderen? Bin ich unfähig? Oder sind doch die Lehrer schuld? In solchen Situationen sind Eltern oft am Limit. Weil sie ihr Kind lieben, wünschen sie ihm ein gelingendes Leben: einen guten Schulabschluss, eine qualifizierte Ausbildung, private und berufliche Erfolge … Je nach Beziehungstyp können Eltern auf Distanz gehen – „Dein Problem, Kind!“ – oder auch zu viel Verantwortung übernehmen und den Jugendlichen entmündigen – „Wie konnten wir nur durch die Prüfung fallen?“. Die Bibel bietet am Beispiel des verlorenen Sohnes nicht nur einen Hinweis, wie Gott als Vater reagiert, sondern auch, wie wohltuend es ist, zurückkommen zu dürfen. Scheitern zu dürfen. Neu anfangen zu dürfen.

FRAGEN UND ERMUTIGEN
Sie als Eltern stehen vor der Herausforderung, Ihre Tochter zunächst mal an ihren „Kern“, ihre Persönlichkeit zu erinnern. Verzichten Sie auf Vorwürfe und Anklagen. Es geht um eine tiefe Erfahrung von Annahme und Gnade. Ihre Tochter soll spüren, dass sie auch ohne Zertifikat geliebt wird. Weinen Sie zusammen mit Ihrer Tochter, aber lachen Sie auch zusammen. Ihre Rolle als Eltern ist es, Mitdenkende, Fragende und Ermutiger zu sein. Aus dieser an sich negativen Erfahrung kann Ihre Tochter etwas Wertvolles ziehen, wenn sie sich mit Fragen wie diesen auseinandersetzt: Was kann ich über mich in der Vorbereitung der Prüfung sagen? Was brauche ich jetzt? Neben dem Blick zurück ist der Blick in die Zukunft wegweisend: Welche Berufsperspektiven passen zu Caya? Wie kann sie Schritte auf dem Weg dahin gehen? Hier hilft eine fachliche Orientierung durch einen Berufsberater oder ein Gespräch an der Schule. Hilfreich ist es auch, wenn Sie für und – wenn Caya dazu bereit ist – auch mit Ihrer Tochter beten. Das macht Ihnen und Ihrer Tochter bewusst: Auch wenn wir nicht alles in der Hand haben – wir können uns und unsere Kinder in Gottes Hände legen.

Stefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.

Erben und weitergeben

Manche Werte „vererben“ sich von Generation zu Generation. Manchmal muss man sich aber bewusst für oder gegen einen Wert entscheiden, der in der Herkunftsfamilie wichtig war.

Es gibt wohl kein wertvolleres Geschenk, als der nächsten Generation gute Werte mitzugeben. In der Kindheit vermittelte Werte prägen den Menschen ein Leben lang. Besonders als Eltern haben wir einen sehr großen Einfluss auf das Werteempfinden unserer Kinder. Andererseits sind wir selbst von den Werten in unserer Herkunftsfamilie geprägt. Das w irft für mich Fragen auf: Welche Werte habe ich aus meiner Herkunftsfamilie mitbekommen? Welche Werte haben mein Leben bisher geprägt? Und gibt es Werte, die ich ablehne? Als Christin ist es mir wichtig, unseren Kindern nicht irgendwelche Werte zu vermitteln, sondern solche, die aus Gottes Sicht gut sind. Wenn ich das Wertefundament meiner eigenen Herkunftsfamilie genauer unter die Lupe nehme und daraufhin prüfe, stelle ich fest: Ich habe sowohl gute christliche Werte erfahren als auch solche, die gesellschaftlich nicht als schlecht gelten, aus Gottes Sicht aber nicht in Ordnung sind. Es gibt Werte, die ich bewusst oder unbewusst übernommen habe. Aber es gibt auch welche, die ich ganz bewusst nicht übernehmen möchte. Werte, die ich ablehne und auf die ich schon bei kleinsten Bemerkungen, die manchmal im Familienleben fallen, extrem allergisch reagiere.

VERGEBEN UND VERZEIHEN
Wenn ich zum Beispiel an Situationen zurückdenke, in denen „kleine“ Notlügen innerhalb der Familie in Ordnung waren, sträuben sich mir heute noch die Haare. Ich habe für mich entschieden, dass in unserer Familie diese Art von gesellschaftlich akzeptierten Notlügen keinen Platz hat. Ich lehne es rigoros ab, weil es für Gott keine kleinen, großen, guten oder bösen Lügen gibt. Ich weiß, dass der eigentliche Grund dahinter oft Angst, Bequemlichkeit oder Stolz ist. Und genau deshalb wollen wir in unserer Familie absolute Ehrlichkeit leben, in dem Wissen, dass wir gnädig miteinander umgehen, wenn wir uns gegenseitig Fehler eingestehen. Das hat einen weiteren Wert zur Folge: Vergeben und Verzeihen. Wie oft habe ich als Kind darunter gelitten, wenn es Streit in der Familie gab, eine Person sich beleidigt zurückzog und stundenlang wortlos in meiner Nähe war. Solche Situationen waren f ür m ich u nerträglich. Fast immer habe ich den ersten Schritt zur Versöhnung gemacht. Wie sehr wünschte ich mir, dass einmal der andere diesen ersten Schritt wagen würde. Diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass ich mir in meiner eigenen Familie eine aktive Versöhnungskultur wünsche. Kein Familienmitglied darf durch sein Beleidigt- Sein Macht auf den anderen ausüben. Jeder sollte seinen eigenen Stolz erkennen und überwinden lernen, um sich beim Gegenüber zu entschuldigen. Natürlich darf das nicht als Floskel und ohne jegliches Mitgefühl oder Schuldeingeständnis geschehen. Die Situation muss offen und ehrlich besprochen werden. Es kostet zwar immer wieder Kraft, in solchen Situationen den Kindern zu erklären, warum Versöhnung wichtig ist. Bei kleineren Kindern hilft es, eine passende Geschichte zu erzählen oder vorzulesen und darüber ins Gespräch zu kommen. Vor einiger Zeit bin ich auf das sehr hilfreiche Buch „Werte für Kinder“ von Bärbel Löffel-Schröder (Gerth Medien) gestoßen, auf das ich in gegebenen Situationen zurückgreifen kann. Zum Weiterdenken Welche Werte waren in meiner Herkunftsfamilie wichtig? Welche Werte habe ich übernommen? Welche Werte sind mir nicht so wichtig? Welche Werte sind mir wichtig, die in meiner Herkunftsfamilie keine Rolle spielten?

GUTES ÜBERNEHMEN
Natürlich wurden in meiner Herkunftsfamilie nicht nur Werte gelebt, die ich heute ablehne, sondern auch gute Werte, die ich gerne weitergeben möchte wie Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit. Gerade in unserer schnelllebigen digitalen Zeit beobachte ich, dass die Verbindlichkeit immer mehr abnimmt. Wie schnell ist per WhatsApp ein Treffen abgesagt, das Kind vom Training entschuldigt oder eine Verspätung angekündigt, weil spontan etwas dazwischengekommen ist. In meiner Kindheit wurden Termine, Trainingszeiten, Verabredungen eingehalten, auch wenn man manchmal lieber eine andere Option gewählt hätte. Dadurch habe ich gelernt, dass Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit wichtig sind, um Vertrauen zu stärken und dem anderen Respekt entgegenzubringen. Und ich erwarte diese Verbindlichkeit auch von meinen Mitmenschen, weil sie die Basis für ein gutes Miteinander ist. Unseren Kindern leben wir diesen Wert bestmöglich vor und erinnern sie immer mal daran. Die Gastfreundschaft ist ein weiterer Wert, der in meiner Herkunftsfamilie über mehrere Generationen hochgehalten wurde. Jederzeit konnten unverhofft Gäste kommen – ob zum Essen oder Übernachten. Ich habe die Anwesenheit von Gästen immer als wertvoll und bereichernd empfunden. Deshalb möchten auch wir als Familie offen und herzlich Gäste begrüßen, ohne dass es für uns in Stress ausartet. Die Gäste sollen sich wie zu Hause fühlen und nicht den unbehaglichen Eindruck haben, dass wir ihretwegen unseren Familienalltag, das Haus oder die Essensplanungen auf den Kopf stellen. Das verstehe ich unter wertvoller Gastfreundschaft. Dabei beobachte ich, dass unsere Kinder sich außerordentlich freuen und wissbegierig alles aufsaugen, was sie in dieser Zeit von den Gästen hören und sehen.

MEGA-WERT
Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, gute Werte zu leben und an die nächste Generation weiterzugeben. Jedoch können sämtliche Werte nichts bewirken und keinen positiven Einfluss auf unser Umfeld und unsere Familie haben, wenn nicht über allem ein Mega-Wert liegt. Und zwar der Mega-Wert schlechthin, der nur in Gott in seiner vollkommenen Ausprägung zu finden ist: die Liebe.

Carolin Schmitt arbeitet als Wirtschaftsingenieurin und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Karlsdorf/Baden. Sie veröffentlicht von Zeit zu Zeit ihre Gedanken auf dem Blog www.morethanpretty.net.

 

 

Zum Weiterdenken
– Welche Werte waren in meiner Herkunftsfamilie wichtig?
– Welche Werte habe ich übernommen?
– Welche Werte sind mir nicht so wichtig?
– Welche Werte sind mir wichtig, die in meiner
– Herkunftsfamilie keine Rolle spielten?

Keine Angst vor Verbindlichkeit

Ein wunderschönes Brautkleid, zu Tränen gerührte Gäste, Blumenmädchen und eine Bilderbuchehe bis der Tod uns scheidet. Das waren meine Vorstellungen von Hochzeit und Ehe, bevor es mit dem Heiraten konkret wurde. Wie diese Entscheidung nach Außen wirkte, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.

Als es dann soweit war, war ich 22 Jahre alt und wollte einfach nur meinen David heiraten. Für mich war wichtig, eine Verbindlichkeit für das gemeinsame Leben mit dem Mann einzugehen, den ich liebe.

Doch so klar und einfach diese Entscheidung für uns war, war sie nicht für alle Menschen in unserem Umfeld. Ich studierte zu diesem Zeitpunkt noch und bei meinen Kommilitonen warf diese Entscheidung viele Fragen auf. Ganz vorne dabei waren zwei Fragen: „Wie alt seit ihr denn?“ und „Woher nehmt ihr das Geld?“. Scheinbar war für viele die Heiratsfrage eine Frage des Alters und des Geldes. In Gesprächen mit Altersgenossen wurde oft zum Ausdruck gebracht, dass man mit Anfang 20 so eine Entscheidung gar nicht treffe könne, weil das Leben doch jetzt gerade erst anfinge. Wer weiß schon, wo man in 10 Jahren steht? Natürlich kann man nicht in die Zukunft sehen, aber mit 30 weiß ich genauso wenig wie sich meine Zukunft entwickelt. Den Rest seines Lebens mit einem Partner zu verbringen, scheint für die meisten jungen Leute wenig attraktiv zu sein. Eine Ehe wird eher als Hindernis für die persönliche Entfaltung gesehen. Ich kann für mich nur sagen, dass ich mich in meiner Persönlichkeit noch nie so gut entfalten konnte, wie mit meinem Mann an der Seite, der mich in jeder Herausforderung des Lebens begleitet und bestärkt. Der mir Ideen gibt, wenn ich keine mehr habe und der oft eine andere Sichtweise auf die Dinge hat. Zu zweit ist jede Herausforderung nur noch halb so groß.

Eine Frage des Geldes?

Dann war da ja noch die Sache mit dem Geld. Ja, eine Hochzeit kostet Geld. Doch obwohl ich mich im Studium befand, hat es hingehauen. Schlussendlich geht es doch darum, die Liebe zueinander zu feiern. Ob in einem Schloss oder im Gemeindehaus von nebenan, spielt dabei eigentlich keine Rolle. Für uns war einfach wichtig, im Kreis unserer Familien und Freunde „Ja“ zu einem gemeinsamen Leben zu sage und dieses „Ja“ unter Gottes Segen zu stellen. Dafür brauchte es nicht viel Geld und keiner der Gäste hat sich je beschwert, dass es keine Stuhl-Hussen gab, dass die Deko ein wenig zusammengewürfelt war oder dass der ein oder andere Gast Kuchen mitbringen musste.

Hand in Hand durch stürmische Zeiten

Dass eine Ehe zu führen nicht immer einfach ist und dass man nicht jeden Tag gut miteinander auskommt, scheint für die meisten jungen Leute nicht in der Vorstellung von Ehe enthalten zu sein. Die wichtigen Dinge des Lebens, wie Zusammenhalt, Loyalität, Kompromissbereitschaft, Vergebung und Empathie habe ich noch nie so intensiv erlebt, wie in den vergangenen drei Ehejahren. Mein Mann und ich führen keine perfekte Beziehung, wir verstehen uns auch nicht jeden Tag gleich gut, aber wir sind durch das Band der Ehe fest verbunden. Ich kann darauf vertrauen, dass wir zueinander halten, auch wenn wir uns ab und zu mal streiten. Wir haben eine gemeinsame Basis, von der alle Entscheidungen ausgehen. Dieses Fundament lässt sich nicht so einfach durch Streit oder Unstimmigkeiten zerschlagen, weil wir wissen, dass der Partner sich entschieden hat, für ein gemeinsames Leben, so wie wir sind.

So hart das vielleicht klingt, ich weiß nicht, ob mein Mann und ich noch zusammen wären, wenn wir nicht geheiratet hätten. Vielleicht hätte ich in Krisenzeiten einfach aufgegeben und den leichteren Weg der Trennung gewählt, wenn es die gemeinsame Basis nicht gegeben hätte. Umso schöner ist es doch zu sehen, das man viele Krisen oder Streits auch als Ehepaar überwinden kann.

Doch dieses Verständnis von Ehe ist, meiner Erfahrung nach, in unserer Gesellschaft verloren gegangen. Der Drang nach Perfektion und Vollkommenheit in allen Lebensbereichen ist groß, sodass die Entscheidung für eine verbindliche Partnerschaft schwer fällt. Ständig muss alles abgewogen und bewertet werden, damit man den perfekten Zeitpunkt oder das perfekte Alter nicht verpasst. Doch die Menschen sind nicht vollkommen. Ist es nicht viel einfacher nicht perfekt sein zu müssen? Die Gewissheit, dass man nicht alles richtig machen muss, um geliebt zu werden. Das Gott mir jemanden an die Seite stellt, mit dem ich mein Leben leben darf, so wie es eben kommt. Das ist für mich Ehe.

Eine richtige Entscheidung

Zum Glück standen unsere Familien immer voll hinter uns und freuten sich mit uns über die Entscheidung zu heiraten. Wir waren beide 23 Jahre alt und die Hochzeit war der schönste Tag unseres Lebens, weil wir unsere Liebe zueinander feierten. Ich glaube es wäre ganz egal gewesen, wie dieser Tag verlaufen wäre. Es war etwas ganz besonderes „Ja“ zueinander zu sagen. Auch wenn es den ganzen Tag geregnet hat (und das im Hochsommer), die Eisbombe schon halb geschmolzen war und der Standesbeamte mich mit Daniel anstatt David verheiraten wollte. Wenn ich mich an meine Hochzeit erinnere, dann habe ich immer ein Gefühl von Geborgenheit. Wir müssen unser Leben jetzt nicht mehr alleine bewältigen, wir haben jemanden zur Seite gestellt bekommen, mit dem wir durch Leben gehen dürfen.

Doch auch nach diesem Fest muss ich mich noch oft rechtfertigen. Die Frage nach meinem Alter ist allgegenwärtig, noch viel häufiger seit unsere Tochter auf der Welt ist. Fast niemand, der uns als Paar oder als Familie sieht, geht davon aus, dass wir verheiratet sind. Am häufigsten tauchen  die Fragen in meinem beruflichen Umfeld auf. Oft finde ich diese ganzen Erklärungen lästig, manchmal macht es mich aber auch stolz diesen Weg gegangen zu sein.

Insgesamt bin ich froh in jungen Jahren das Leben von dieser spannenden Seite kennenlernen zu dürfen. Wenn ich 10 Jahre lang darüber nachgedacht hätte, ob Heiraten die richtige Entscheidung ist oder ob David wirklich der richtige Mann ist, ich hätte vermutlich die eigentliche Bedeutung von Ehe aus den Augen verloren. Ich habe letztlich auf mein Gefühl gehört und hatte keine Angst vor falschen Entscheidungen, denn ich lebe in dem Vertrauen, dass mein Leben nicht allein in meiner Hand liegt, sondern dass es einen Gott gibt, der am Ende alles gut werden lässt. Auch eine Ehe, die mit Anfang 20 beginnt.

 

Annabell Meyer ist seit 3 Jahren verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Essen.

 

Weitere Beiträge zu diesem Thema sind in der Family 1/2018 zu lesen.