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Der unerotische Hausmann

Männer, die viel im Haushalt machen, haben weniger Sex, besagt eine Studie. Was tun? Weniger Haushalt?

Fleißige Forscher werden einfach nicht müde, die Geheimnisse der menschlichen Sexualität zu ergründen. Dabei sind sie auf eine interessante Beobachtung zwischen Mann und Frau gestoßen.

Wenn bei einem Ehepaar der Mann vermehrt im Haushalt „typisch weibliche“ Aufgaben übernimmt, hat das Paar weniger Sex als Paare, deren Mann das nicht tut. Man befragte 4500 Ehepaare, Altersdurchschnitt Mitte 40, nach deren Haushaltsaktivitäten und dem Sexualleben. Die Hausarbeit wurde aufgeteilt in traditionell weibliche Aufgaben (kochen, waschen, einkaufen) und traditionell männliche Aufgaben (Auto waschen, Gartenarbeit , Rechnungen bezahlen). Paare, bei denen die Frau alle typisch weiblichen Aufgaben erledigte, hatten 60 Prozent mehr Sex als Paare, bei denen der Mann etwa ein Fünftel der klassischen Frauenarbeiten übernahm und nur etwas mehr als die Hälte der typisch männlichen Aufgaben.

Die Forscher um den Soziologen Dr. Sabino Kornrich schlossen aus, dass dominantere Männer den Sex ihren Frauen aufdrängten, denn die Frauen mit häufigeren körperlichen Begegnungen waren nicht unzufriedener mit dem Sex als die anderen Frauen. Die Berufstätigkeit (einer oder beide), das Einkommen der Frau, Geschlechterideologie und Religionszugehörigkeit kamen anhand der Statistik als Erklärung nicht in Frage.

Stattdessen vermuten die Wissenschaftler drei mögliche Gründe:

> 1. Das Erleben des Partners in geschlechtstypischen Rollen könnte das Verlangen steigern.

> 2. Frauen, die die komplette weibliche Hausarbeit erledigen, könnten aus ihrem Rollenverständnis als gute Hausfrau heraus regelmäßigen Sex als ihre Pflicht empfinden.

> 3. Das Eheleben in den klassischen Rollen könnte zufriedener machen und deshalb haben die Paare mehr Sex.

Rollen haben sich entlang der Genetik und der Kultur entwickelt. Durch unsere Gene sind wir von Geburt an männlich oder weiblich. Die Grundlagen sind da, mit all ihren Möglichkeiten und Grenzen. Dann werden wir durch Familie und Gesellschaft an das herangeführt, was sich seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden bewährt hat für die beiden Geschlechter. Je nach Kultur unterschiedlich und natürlich mit allen eingeschlossenen Irrtümern. Früher bot es sich zum Beispiel an, dass der Mann den Büffel jagt (Kraft, Aggression, Risikobereitschaft), währenddessen die Frau auf die Kinder aufpasst und das Essen zubereitet (Geburt, Bindung, Zugewandtheit). Die Zeiten haben sich geändert. Auch die Frau kann heute das Steak im Supermarkt beschaffen. In unserer Zeit jagen die Männer dafür dem Geld hinterher, mit dem das bereits erlegte Tier bezahlt werden kann.

In einer traditionellen Rolle zu leben, ist nicht verkehrt. Sie bietet uns einen Rahmen, hilft uns, eine Identität zu entwickeln. Der Einzelne muss nicht alles für sich neu erfinden und mit der Umwelt und später dem Partner verhandeln. Das gibt Sicherheit und entspannt. Jeder füllt die Rolle dann noch entsprechend seiner Persönlichkeit. Ich fragte Frauen, was ihnen an ihrer Rolle gefällt: Freundinnen haben, Kinder bekommen, sehr viele Möglichkeiten haben, schwach sein dürfen. Die Männer guckten meist ratlos drein oder fanden positiv, dass sie sich darüber keine Gedanken machen brauchten oder ihre Rolle nicht begründen mussten.
Wenn eine Rolle für den Einzelnen subjektive Nachteile mit sich bringt, dann sind wir in unserem Land in der glücklichen Lage, Dinge zu ändern. Kein Mann wird mehr schief angeguckt, wenn er Erziehungsurlaub nimmt und keine Frau, wenn sie nicht kochen mag und ihm das überlässt. Wir dürfen die Rollen alle verändern und es ist gut, wie unkompliziert die Aufgaben heute getauscht werden. Aber wir zahlen scheinbar doch — so die Studie — einen Preis dafür.
Alte Werte auch in der Sexualität sind abgeschafft worden, aber dafür keine neuen gekommen. Die Rollen im Bett sind nicht mehr klar. Es gibt nicht mehr das Normale, das Natürliche, das Korrekte in der Sexualität. Wir müssen wählen, was wir sexuell wollen. Mit der Wahlfreiheit haben die sexuelle Unzufriedenheit und Lustlosigkeit allerdings deutlich zugenommen. Die Erotik leidet. Wählen müssen, wie man Sexualität leben möchte, bringt für das Paar mit sich, über alles zu verhandeln. Das ist anstrengend, manche überfordert es. Dann lässt man es lieber gleich.

Ein Zusammenhang zwischen dem Engagement im Haushalt und der Leidenschaft im Bett ist mit diesen grundsätzlichen Überlegungen zur Funktion der Rollen noch nicht zwangsläufig hergestellt. Wie stichhaltig sind also die Erklärungsversuche der Forscher?

Hier ein paar Anmerkungen:

1. In der Tat ist es so, dass Erotik und Sexualität sehr viel von Ungleichheit und Distanz leben. Als Frau z.B. sind mir weibliche Gefühle und Gedanken vertraut. Das Männliche ist anders, immer ein bisschen fremd und damit interessant. Gleichzeitig spüre ich die Möglichkeit der Ergänzung. Das andere Geschlecht hat etwas, das ich nicht habe, das ich reizvoll finde und das mir sogar gut tun würde: sei es die Stärke, die Schwäche, das Durchsetzungsvermögen, die Beziehungsorientiertheit. Jeder darf die Stärken seines Geschlechts ausleben. Wer sich in seinem Geschlecht sicher fühlt, der wird auch im anderen Geschlecht etwas zum Schwingen bringen. Kennen Sie das Gefühl, Ihren Mann dafür zu bewundern, dass er sich im Beruf durchsetzt, am Haus beeindruckend handwerkelt oder den kaputten Wagen wieder ans Laufen bringt? Wer war nicht schon mal ganz fasziniert davon, wie toll die eigene Frau das Haus dekoriert, geduldig mit den Kindern bastelt oder einen schönen Abend mit Freunden organisiert hat? Gibt man dem Partner diese Anerkennung zu spüren, ist das sehr attraktiv, das heißt es löst Anziehung aus. (Achtung: auch wenn eine Frau eine geschickte Handwerkerin ist und ein Mann geduldig mit Kindern spielt, schließt das nicht aus, in den „typischen“ Rollen stark zu sein).

Nur um das Prinzip zu verdeutlichen, möchte ich die so genannte Womanizer erwähnen, Männer – so kann man das Wort aus dem Englischen verstehen – die „Frauen zu Frauen“ machen. Es sind Männer, in deren Gegenwart sich Frauen besonders weiblich fühlen. Noch extremer ist das Bild vom Schuft im sexuellen Sinne (auch nur als Erklärung, nicht als Empfehlung!). Was macht ihn für eine Frau interessant? Er muss nicht bemuttert werden. Er verspricht Führung und Entscheidungsstärke. Sie wäre nach dem Geschlechtsverkehr diesem Mann nichts schuldig. Bedürftige Männer, die nicht auf irgendeine Stärke zurückgreifen können, sind erotisch meistens uninteressant. Mehr Frauen, als Sie ahnen, träumen davon, heiß begehrt zu werden und davon weiche Knie zu bekommen! Ulrich Clement (Systemischer Sexualtherapeut) sagt „Anziehung passiert nicht durch Demokratie“. Und da wären wir wieder beim

Verhandeln über den Haushaltsplan …

2. Die zweite Erklärungstheorie geht davon aus, dass Frauen die gesamte Hausarbeit aus ihrem Rollenverständnis heraus tun. Also nicht, weil es zum Beispiel aus praktischen Gründen sinnvoll ist. Sie widmen sich pflichtbewusst der Sexualität so wie sie pflichtbewusst ihre Hausarbeit erledigen. Als störend kann man dabei den negativen Beigeschmack des Wortes Pflicht empfinden. Doch selbst wenn dem so wäre, dass häufiger Sex aus Pflicht stattfindet, dann wirkt sich die bewusste Entscheidung zu Geschlechtsverkehr scheinbar nicht negativ aus: laut Studie waren die befragten Ehefrauen gleich zufrieden mit ihrer Sexualität. Man könnte es auch so sehen: weil die Frau die Rolle und die Bedürfnisse des Mannes verstanden hat (und damit die Bedeutung der Sexualität für ihn und so auch für sie) schenkt sie ihm – und sich- gerne regelmäßig dieses körperliche Erleben.

3. Zum dritten Erklärungsversuch: Selbstbewusstsein ist eine wichtige Voraussetzung für Erotik. Dazu gehört es, sich seiner Rolle als Mann oder Frau bewusst zu sein und gerne in ihr zu leben. Das heißt, ich darf meine Weiblichkeit oder Männlichkeit ausleben und brauche dem anderen Geschlecht nichts zu neiden. Ich kann zu den Vorteilen und Nachteilen meines Geschlechts stehen und muss nicht dagegen ankämpfen. Eine Frau, die gerne Frau ist und ein Mann, der gerne Mann ist, haben eine erotische Grundausstrahlung. Nicht die Glücklichen sind die Dankbaren, sondern die Dankbaren sind die Glücklichen. Allgemeine Zufriedenheit wiederum ist eine gute Basis für schöne körperliche Erfahrungen. Kein Zweifel.

Emanzipation und Intimität

Eine Beobachtung unter Sexualtherapeuten ist folgende: Frauen, die im Ehealltag großen Wert darauf legen, emanzipiert zu sein und stark dafür kämpfen (Emanzipation als Zugewinn von Gleichheit und Freiheit) , haben oft ein Problem, sich bei der Initmität „hinzugeben“. Ein Wechsel der inneren Haltung „über Tag“ (Abwehr der weiblichen Rolle) und der Haltung bei Sexualität (Annahme) ist schwer. Schon rein physiologisch ist Sexualität für Frauen eher rezeptiv, aufnehmend und damit hingebend (Scheide nimmt Penis auf). Trotzdem schließen sich Hingabe und Aktivität in keiner Weise aus!
Auch wenn man Liebe und Respekt unter den Partnern voraussetzt, kann man feststellen: Erotik und die gelebte Sexualität leiden häufig daran, dass Männer zu viel oder zu wenig aggressiv sind und das Frauen zu viel oder zu wenig hingebungsvoll sind. Das hat oft mit einem konflikthaften Rollenverständnis zu tun. Es geht nicht darum, dass Frauen allzeit bereite, graue Mäuschen werden, die unterwürfig und freudlos im Bett mitmachen. Genauso wenig ist es gut, Männer zu arroganten Mackern zu machen, damit sie ihre Macho-Allüren ausleben können. Beides ist unerotisch. Ganz im Gegenteil. Mit Selbstbewusstsein und mit Freude die eigene Rolle einnehmen, sich in ihr wertgeschätzt und akzeptiert wissen und das auch bei der körperlichen Liebe nutzen und ausleben: das macht Sexualität spannend und hält sie lebendig.

Zurück zur Studie: Der Studienleiter, Dr. Kornich stellt fest „Die Bedeutung des Geschlechts hat mit der Zeit nachgelassen, aber es hat noch immer starken Einfluss auf das individuelle Verhalten“. Er empfiehlt, die anfallenden Arbeiten gemäß der klassischen Rollenverteilung zu erledigen. Das ist eine Möglichkeit.

Wir drehen das Rad der Zeit aber nicht zurück. Hausarbeit wird heute in großen Stücken geteilt, da sehr viele Notwendigkeiten einfach nicht mehr bestehen. Die Aufgaben verändern sich definitiv; wer würde heute noch dem zustimmen, dass volle Windeln nur was für Frauen sind? Ebenfalls in Studien wird gezeigt, wie positiv sich die Mithilfe auf die Partnerschaft auswirkt. Wahrscheinlich liegt der Schlüssel darin, wie der Mann die vermeintlich weibliche Hausarbeit macht, mit welcher inneren Haltung. Er kann kochen und putzen mit dem Gefühl „jetzt bin ich wie eine Frau“. Oder er kann die Aufgaben „als Mann“ und mit Selbstbewusstsein machen. Viele Männer kochen leidenschaftlich, wobei sie überhaupt nicht weiblich rüber kommen. Tolle Werkzeuge, Maschinen und Erfindungen spielen dabei interessanterweise oft eine wichtige Rolle! (wer hat eigentlich den Staubsaugerroboter erfunden?) Ein leidenschaftlicher Kloputzer ist mir zwar noch nicht begegnet, aber auch das wird ein Mann auf seine Weise tun. Das sollte eine Frau akzeptieren, dass ihr Mann jede Hausarbeit auf seine Art erledigt.
Der Mann, der mit seiner Männlichkeit und seiner Rolle im Reinen ist und sich damit identifiziert, egal welche Aufgabe er im Haushalt übernimmt, hat sicher eine erotische, anziehende Ausstrahlung, die nicht ohne Folgen bleibt.

Dr. Cordula Kehlenbach ist Sexualtherapeutin in Krefeld.

Anregungen für das Paargespräch:

Was magst du an deinem Mannsein / Frausein besonders gerne?
Wie erlebst du mich in meiner Rolle?
Wie wirkt sich unser Rollenverhalten auf unsere Sexualität aus?

„Jetzt bin ich mal dran!“

Wenn Ehepartner einen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen finden, sind sie glücklicher. Das muss aber erst einmal gelingen …

Bestimmt passiert das in Ihrer Ehe nicht: Unter Stress geraten meine Frau und ich ins Aufrechnen. In verantwortungsschweren Worten schildere ich meinen Einsatz für die Steuererklärung, das Auto, Reparaturen und PC-Probleme. Myriam kontert mit ihrem größeren Anteil an der Hausarbeit, dem Besorgen von Kinderkleidung, Geschenken und Schulsachen.

Nach dieser Eröffnung werfen wir die Vorteile in den Ring, die sich aus unseren unterschiedlichen Begabungen ergeben. Ich bin etwas effektiver, wofür ich schnell Beispiele finde, von denen Myriam profitiert. Daran knüpfen sich allerdings Situationen, die mir Myriams größere Ausdauer vor Augen führen. Wenn diese Runde ausgekämpft ist, legen wir harte Bandagen an, die auf das Gewissen des anderen zielen.

Dann beschreibe ich Tätigkeiten, die mich frustrieren, und Situationen, in denen ich für die Familie zurückstelle, was für mich schön und wichtig ist. Aber auch Myriam kann leistungsmasochistische Verdienste für sich in Anspruch nehmen. Schlauer sind wir nach solchen Auseinandersetzungen nicht. Sie laufen eigentlich immer nach demselben Schema ab. Sie zeigen aber, wie wichtig uns Gerechtigkeit in unserer Beziehung ist.

Es gibt wohl keinen Blick auf die Liebe, der nüchterner ist als der sozialpsychologischer Paarforscher. Liebe – so die Theorie des sozialen Austauschs – bedeutet einen Austausch von Ressourcen: Informationen, Status, Zuneigung, Dienstleistungen, Güter und Geld. Muss man sich in einen solchen Ansatz vertiefen? Man müsste es nicht, würden Liebesbeziehungen nicht sehr sensibel auf Ungerechtigkeit reagieren. Gerechtigkeit zeigt sich Paarforschern als wichtiger Baustein einer tragfähigen Paarbeziehung.

Glücksformel Ausgewogenheit

Ausgewogenheit in Paarbeziehungen wird mit einem einfachen Ansatz erforscht. In einem ersten Schritt werden Paare nach dem Geben und Nehmen in ihrer Beziehung befragt. Manche Studien fragen nach dem Gesamteindruck, andere durchleuchten bis zu 24 verschiedene Bereiche der Beziehung, in denen Geben und Nehmen eine Rolle spielt.

In einem zweiten Schritt suchen die Paarforscher nach Größen, auf die Ausgewogenheit oder Unausgewogenheit einen Einfluss haben könnten: die Zufriedenheit mit der Partnerschaft, das Gefühlsleben, die Sexualität und die Trennungsrate. Tatsächlich finden sich viele Zusammenhänge: Paare, die ihre Beziehung als ausgewogen erleben, sind zufriedener mit ihrer Partnerschaft, erleben mehr positive Gefühle und weniger Ärger.

Sogar auf die Sexualität wirkt sich Ausgewogenheit aus, die erleben Paare im Schnitt als erfüllter, wenn ihr Geben und Nehmen sich ausgleicht. Überraschenderweise ist auch der Partner unzufrieden mit der Beziehung, der von sich sagt, dass er mehr nimmt, als er gibt. Das mag daran liegen, dass Geben genauso zum Glück beiträgt wie Nehmen, außerdem können sich an der Unausgewogenheit Konflikte entzünden.

Schließlich kann Unausgewogenheit auch zur Gefahr für die Liebe werden. Paare, die ihre Beziehung unausgewogen finden, blicken weniger optimistisch in die gemeinsame Zukunft und trennen sich häufiger. In unausgewogenen Beziehungen gehen Partner häufiger fremd und zwar meist diejenigen, die mehr geben als nehmen.

Offenbar sind Menschen von Natur aus mit einem Gespür für Gerechtigkeit ausgestattet und mit einem Bedürfnis nach fairen Beziehungen. Unausgewogenheit löst negative Gefühle aus und lässt die Beziehung weniger wertvoll erscheinen. Weil Gerechtigkeit ein so wichtiger Baustein für das Liebesglück ist, verdient sie ein besonderes Augenmerk. Die folgenden Anregungen können helfen, Gerechtigkeit zu stärken und mit einem Rest an Ungerechtigkeiten zu leben.

Den anderen erwischen, wie er mir etwas Gutes tut

So heißt eine Übung, die zum Standardprogramm verhaltenstherapeutischer Paartherapie gehört: aufmerksam wahrnehmen und aufschreiben, was der Partner alles tut, das angenehm, beglückend und hilfreich ist. Je bewusster ich wahrnehme, was mir meine Frau alles schenkt, desto mehr habe ich davon und desto mehr Punkte gehen in meine Beziehungsbilanz ein. Ein Beispiel dafür ist die Verteilung der Hausarbeit, ein Politikum der Geschlechtergerechtigkeit, das gut erforscht ist.

Unbestritten ist, dass Frauen auch dann den größeren Teil der Hausarbeit erledigen, wenn beide berufstätig sind. Interessant ist aber auch der folgende Befund: Wenn man ein Paar fragt, wie viel Prozent der Hausarbeit jeder erledigt und die beiden Angaben addiert, kommt man auf mehr als 100 %.

Frauen wie Männer überschätzen ihren Anteil an der Hausarbeit. Diesen Effekt dürfte es auch auf anderen Ebenen geben: Der eigene Einsatz steht einem deutlicher vor Augen als der des Partners. Hier kann das Aufrechnen eine positive Wendung bekommen: ein wertschätzendes Aufzählen dessen, was der Partner in die Liebe und in das gemeinsame Leben investiert. Wie wichtig die Wertschätzung ist, zeigt ein Befund, der aus männlicher Sicht zwar peinlich, aber entlastend ist: Es schadet der Liebe nicht, wenn der Mann im Haushalt etwas schuldig bleibt, solange er die Hausarbeit der Frau schätzt und lobt.

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Jörg Berger
ist Psychotherapeut in Heidelberg.

„Das hat unserer Ehe gut getan!“

Was hilft, die Zweierbeziehung frisch zu halten und zu stärken? Vier Paare beantworten diese Frage sehr unterschiedlich. Zwei Antworten können Sie hier lesen.

Zusammen putzen!

Ingrid und Rüdiger Jope schwingen zuerst den Wischlappen und genießen dann den Feierabend gemeinsam.

Freitag 14 Uhr. Rüdiger genießt seine Spaghetti, vor mir dampft ein Pott Milchkaffee. Unsere Große macht Mittagspause, unser Kleiner Mittagsschlaf. Um 15 Uhr ist die Ruhe vor dem Sturm vorbei. Rüdiger wuselt mit dem Lappen durch Treppenhaus und Wohnzimmer, während ich den Fingertapsen, Fettspritzern und Krümeln auf dem Fußboden in der Küche zu Leibe rücke. Anna schafft das Altglas weg und leert die Kinderzimmer-Mülleimer. In der Zwischenzeit wacht Joshua auf und plappert aufgeregt „Gauger, Gauger!“ Zehn Minuten später steht er mit seinem Kinderstaubsauger mitten im Gewühl. 16 Uhr – Anna muss zum Chor. Papa und Sohn begleiten sie. Ich nutze die sturmfreie Zeit, um Bad und Toiletten auf Vordermann zu bringen. Als ich zum letzten Mal den Wischlappen auswringe, höre ich die Stimme aus dem Kinderwagen: „Trattor, Trattor!“ – „Hast du Joshuas Spieltraktor irgendwo gesehen?“ Rüdiger gibt mir einen Kuss. Ich gehe mit den Kindern für die verbleibende Zeit bis zum Abendessen in den Garten. Währenddessen poliert Rüdiger Parkett und Treppen von oben bis unten. Irgendwann nach zwanzig Uhr sitzen wir mit einem Glas Rotwein im Wohnzimmer. Wir genießen die saubere Wohnung und die Freiheit, uns samstags was anderes vorzunehmen: In Ruhe was am PC zu arbeiten, Laufen zu gehen, im Garten zu werkeln oder nach einem ausgiebigen Frühstück etwas Schönes zu unternehmen. Obendrein genießen wir das Gefühl, die unangenehme Arbeit gemeinsam geschultert zu haben. Das befruchtet auch unser Miteinander, wenn es ums Teilen von inneren Lasten geht. Regelmäßig nehmen wir uns Zeit, um uns gegenseitig zu erzählen, was uns bewegt, wie es in uns aussieht. Einander zuhören, nachspüren, wie es dem anderen geht und dadurch manches besser verstehen zu können – das tut einfach gut.

Beides gehört für uns zusammen: Die Alltagslasten miteinander tragen und die Herzensanliegen miteinander teilen. So sind wir gemeinsam unterwegs – mal macht es richtig Spaß, mal halten wir zusammen und uns gegenseitig aus und mal erfahren wir: Geteilte Last ist halbe Last.

Ingrid und Rüdiger Jope wohnen mit ihren Kindern Anna (7) und Joshua (2) in Wetter/Ruhr. 

 

 

In die Zukunft gecoacht

Rebekka Schwaneberg und ihr Mann Falko profitieren von den richtigen Fragen eines Coaches.

Der „Ernst des Lebens“ – vor einem Jahr stand ich am Ende meines Studiums, und vor diesem Hintergrund tauchten nun die sehr großen Fragen des Lebens auf: In welche Richtung möchte ich mich entwickeln? Wie stelle ich mir die gemeinsame Zukunft mit meinem Mann vor? Haben wir eine Vision für unser Leben, ein gemeinsames Ziel? Ich entwickelte in dieser Zeit eine tiefe Sehnsucht nach einem spannenden und vollgepackten Leben; ich wollte viel mehr als „nur“ Auto, Haus und Kinder – ich wollte die Welt sehen und sie verändern, Spuren hinterlassen, Gott und den Menschen dienen, an Grenzen stoßen, meinen Horizont erweitern, lernen, wachsen, lieben – einfach alles auf einmal. Und am liebsten noch im selben Jahr raus in die Welt, zusammen mit meinem Mann, als vollzeitliche Missionare.

Für meinen Mann kam das alles überraschend und plötzlich, er fühlte sich (zu Recht) überfordert und überrannt von meinem Aktionismus und meinen Sehnsüchten. Ich wiederum fühlte mich von seinem Zögern ausgebremst und fing an, daran zu zweifeln, dass ich an der Seite meines Mannes meine Wünsche und Sehnsüchte würde erfüllen können.

Ein sehr guter Bekannter, der sich zum systemischen Berater und Coach hatte fortbilden lassen, hörte von unseren Fragen und bot uns ein Paar-Coaching an. Er half uns, die richtigen Fragen für unsere Situation zu formulieren und auf diese Weise einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden. Wir analysierten zunächst jeweils unsere Stärken und stellten dabei fest, wie gut wir uns in all unserer Unterschiedlichkeit ergänzen! Gott hat so viele gute Dinge in uns hineingelegt und wir dürfen uns daran freuen und einander damit dienen.

In einer anderen Sitzung sprachen wir darüber, wie wir uns unser Leben „im Rückspiegel“ vorstellen, was uns im Leben wirklich wichtig ist. Hier konnte vor allem ich darüber staunen, dass wir beide in die gleiche Richtung schauen. Unsere Ziele und Vorstellungen von einem erfüllten Leben sind identisch – wir hatten nur aufgrund unserer unterschiedlichen Kommunikationsstile Schwierigkeiten, dies wahrzunehmen und einander wirklich zu verstehen.

Heute, ein Jahr nach dem Coaching, haben wir noch nicht „die eine“ Vision für unser Leben gefunden – aber ich verspüre auch keinen solchen Druck mehr. Wir beide konnten durch das Coaching neu Vertrauen in Gott und in unsere Ehe fassen – er hat sich offenbar etwas dabei gedacht, uns einander anzuvertrauen. Er hat etwas Wunderbares mit uns vor und wir sind schon sehr gespannt darauf!

Rebekka Schwaneberg lebt mit ihrem Mann in Berlin und arbeitet als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache.

 

 

 

 

 

 

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Wie macht ihr das … wenn einer selbstständig ist?


Selbstständige sind oft mit ihrem Geschäft „verheiratet“. Auf eine Ehe wollen sie deshalb aber auch nicht verzichten. Wie kann das gut gehen? Drei Paare berichten.

Bei Stephan Helmus dreht sich während der Woche alles um die Metzgerei. Seine Frau Steffi genießt die gemeinsamen Wochenenden und die Bio-Steaks, die ihr Mann mit nach Hause bringt.

„Er liebt seinen Job!“

Seit wir uns kennen, bereitet mich Stephan auf die Selbstständigkeit vor, denn sein großer Traum war eine eigene Metzgerei. Als sich dieser Traum dann vor einem Jahr verwirklicht hat, gab es abendfüllende Gespräche darüber, welche Herausforderungen auf uns zukommen würden. Nun kann ich mir ein Bild davon machen, was die Selbstständigkeit bedeutet: Stephans Wecker klingelt um vier Uhr morgens, vor halb acht ist er abends nicht zu Hause. Auch samstags arbeitet er bis mittags. Das heißt, gemeinsame Unternehmungen während der Woche beschränken sich auf Essen und Couching. Verabredungen mit Freunden können nur samstagabends oder sonntags getroffen werden – wobei es uns wichtig ist, dass wir am Wochenende auch Zeit zu zweit haben. Ich – die am liebsten viermal im Jahr in Urlaub fahren würde – muss akzeptieren, dass gemeinsamer Urlaub nur in eingeschränktem Maße möglich sein wird. Stephan kann den Laden maximal zweimal im Jahr für eine Woche „alleine“ lassen. Stephans Gedanken kreisen auch nach Feierabend oft ums Geschäft, denn er hat ja kein festes Gehalt, sondern ist von den jeweiligen Umsätzen abhängig. Aber es hat auch Vorteile, mit einem Selbstständigen zusammen zu sein. Ich genieße die leckeren Bio-Steaks, die früher für mich unbezahlbar waren. Wir stehen finanziell besser da als früher – zumindest, solange der Laden läuft. Und was ich ganz wesentlich finde: Stephan liebt seinen Job und ist trotz der vielen Arbeit ausgeglichen und zufrieden, weil er das macht, was ihm Spaß macht.

Stefanie Georg-Helmus isst lieber Fleisch als Süßigkeiten, arbeitet beim Bundes-Verlag und lebt in Neuss.

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Bei uns war von Anfang an klar, dass ich alleine die Metzgerei betreiben werde und Steffi in ihrem Beruf bleibt. Sie hilft mir allerdings ein bisschen bei den Bürotätigkeiten, die ich sonst in meiner Freizeit erledigen müsste. Am wichtigsten ist mir ihr Verständnis für den hohen Zeitaufwand, den ich aufbringe und dass ich abends nach Feierabend müde bin. Es ist eine Herausforderung der Selbstständigkeit, dass das Geschäft oft im Mittelpunkt meines Lebens steht und sich unsere gesamte Planung darum dreht. Das ist für mich normal, so bin ich aufgewachsen. Ich versuche mich in manchen Situationen in Steffi hineinzuversetzen, weil sie anders aufgewachsen ist als ich. In den früheren Generationen bedeutete eine Selbstständigkeit, dass es kaum Privatleben daneben gab. Das versuche ich anders zu gestalten. Ob es mir gelingt, wird die Zukunft zeigen. Wichtig ist, dass wir das Geschäft nicht als Konkurrenz zur Beziehung sehen. Die Beziehung steht für mich an erster Stelle, auch wenn es Situationen gibt, in denen das Geschäft vorgeht, zum Beispiel bei Ausfall von Mitarbeitern und wichtigen geschäftlichen Terminen. Da muss dann zum Beispiel ein Familiengeburtstag ohne mich stattfinden. Eine weitere Herausforderung ist das Einkommen. Als Angestellter ist das Einkommen geregelt. Bei mir ist das nicht so selbstverständlich. Deshalb versuche ich, in guten Zeiten Rücklagen zu schaffen und auch mal zum Sparen zu animieren. Wenn man eine Ehe mit einem Selbstständigen eingeht, muss man sich darauf einstellen, dass weniger Zeit für die Beziehung da ist und sich vieles um den Betrieb dreht. Darüber sollte man offen miteinander reden.

Stephan Helmus ist Inhaber einer Metzgerei in Düsseldorf.

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