Kreativität – Was Kinder dazu brauchen

Im Ausleben von Kreativität erleben Kinder Lebensfreude und Erfüllung. Heilpädagogin Sonja Krebs zeigt, warum Kinder dazu einen geschützten Raum brauchen und wie Eltern sie dabei unterstützen können.

Menschen sind von sich aus kreativ. Und wenn ich von Kreativität schreibe, meine ich nicht das Fensterbild aus Tonkarton, ein mit Pinsel gemaltes Bild oder ein musikalisches Wunderwerk. Kreativität ist viel mehr und sichert unser Überleben, da sie Weiterentwicklung, Ausprobieren, Experimentieren beinhaltet. Es ist die Kraft, zu gestalten und schöpferisch zu wirken. Es ist die Kraft, gedanklich in die Weite zu gehen und kreative Lösungen zu finden.

Kreativität gibt Kraft

Kreative Ideen sind gerade in der aktuellen Zeit, angesichts des Klimawandels und Krisen verschiedenster Art, notwendig. Wir sind gefordert, Neues zu denken und zu entwickeln und in die Umsetzung zu kommen. Kreatives Schaffen im Sinne von musischen und künstlerischen Tätigkeiten kann in persönlichen Herausforderungen wirksam unterstützen, Zugang zu eigenen Kraftquellen, Fähigkeiten und Bedürfnissen zu erschließen.

Somit macht es in jeglicher Hinsicht Sinn, Kinder in ihrer Kreativität zu stärken. Denn diese stärkt nicht nur ihre Lebenszuversicht und Resilienz. Aus der Schöpferkraft fließen auch Kraft und Freude für das Leben. Kreativität ermöglicht, aus spielerischer Lebensfreude und Zuversicht heraus vertrauensvoll ins Handeln zu kommen und das Zusammenspiel von eigenem Handeln und Wirksamkeit zu erleben. Diese kann allein oder in der Interaktion mit Mitmenschen geschehen.

Wertschätzend unterstützen

Doch was braucht es im Alltag, damit ein Kind kreativ sein und diese wertvollen Aspekte erleben kann? Erforderlich ist zunächst ein wertschätzender Rahmen. Kinder brauchen Zeit, Wärme und Halt, um sich entfalten zu können. Kreatives Schaffen braucht keine Bewertung von richtig oder falsch, sondern Bestätigung: „Ich sehe dich, ich traue dir zu, dass du voller Ideen steckst, und ich glaube daran, dass du neue Lösungswege finden kannst.“ Das kann beim Malen eines Bildes sein oder bei einer Gesprächsbegleitung im Konflikt mit Mitschülern. Auch hier können kreative Wege gefunden werden: Welche Möglichkeiten habe ich? Was kann ich tun? Auf welche Erfahrungen und Fähigkeiten kann ich zurückgreifen? Was kann ich neu ausprobieren?

Dafür braucht es mein echtes Zutrauen in die Fähigkeiten des Kindes und die Bereitschaft, diese auch gemeinsam freizulegen. Oft sind Kinder verunsichert, weil sie glauben, etwas nicht zu können oder etwas Perfektes schaffen zu müssen. Dadurch wird die Schaffensfreude gehemmt. Darum gilt es, Kinderbilder nicht zu bewerten, sondern wertschätzend zu unterstützen und zum Beispiel gemeinsam herauszufinden, welche Lieblingsstelle das Kind auf seinem Bild findet. Gern darf es erzählen, was es so daran mag. Es geht nicht um das Endprodukt, sondern um die Freude am Kreativsein. Dabei sollten sich Kinder wie Erwachsene nicht vom Lob oder der Kritik anderer abhängig machen, sondern ein Gefühl dafür entwickeln, was für sie stimmig ist und ihnen selbst gefällt.

Sich selbst kennenzulernen, dient im Lebensalltag dazu, eine eigene Meinung und Haltung zu entwickeln und den Selbstwert nicht von anderen abhängig zu machen. Und aus der innigen Verbindung zu mir selbst kann dann eine echte Verbindung zum Gegenüber entstehen.

Alle Sinne aktiv

Der Wald ist ein wunderbares und kreatives Spielfeld. Das Kind kann sich fragen – oder von den Eltern zu Fragen angeregt werden: Welches Bedürfnis habe ich – Ruhe oder Action? Was steht mir zur Verfügung? Benötige ich in der Umsetzung meiner Idee Unterstützer? Baue ich mir eine Hütte oder Wippe oder lege ich mit Naturmaterialien ein Bodenbild? Lege ich mich selbst auf den Waldboden und nehme alles um mich herum wahr und lasse meine Gedanken fantasievoll schweifen? Es gibt viele individuelle Wege, kreativ zu sein. Gerade im Wald sind alle Sinne aktiv und wachsam: Ich sehe, lausche, betrachte, nehme den Duft wahr, nehme meine Bewegung wahr. Ich bin achtsam.

Dasselbe kann zum Beispiel auch beim Malen mit Flüssigfarben oder Rasierschaum geschehen: Das Kind folgt intuitiv seinen Ideen und erprobt spielerisch verschiedene Möglichkeiten seiner Selbstwirksamkeit. Es lernt seinen Handlungsspielraum auf farbenfrohe Art kennen.

Kreativ vor dem Bildschirm?

Aber wie sieht es aus mit Kreativität in Bezug auf Medien und Computerspiele? Hier fällt die bedeutsame ganzheitliche Wahrnehmung mit Bewegung weg. Doch es gibt durchaus Medienmaterial für ältere Kinder, das dazu einlädt, aktiv und kreativ zu werden. Onlineworkshops zum Beispiel können ein inspirierender Anschubser sein, um selbst aktiv zu werden. Bei Spielen wie Minecraft können Welten erbaut werden und Kids sich online begegnen. Man kann auch gemeinsam Filme oder Serien schauen und anschließend überlegen, wie die Geschichte weitergehen könnte oder welche Lösungen es für die Protagonisten gibt. Oder man kann gemeinsam reflektieren, wie Stimmungen mit Licht, Kameraeinstellung und Musik erzeugt wurden.

Wenn wir mit unseren Kindern unterwegs sind, ihre Interessen und Stärken wahrnehmen, sie darin bestärken, gedanklich in die Weite zu gehen und sie darin unterstützen, selbst wirksam zu werden, ist ein guter nährender Boden für Kreativität geschaffen. Und wie wunderbar ist es, dass Gott uns eine Schöpfer- und Gestaltungskraft in vielfältigen Formen geschenkt hat!

Sonja Krebs ist Erzieherin, Heilpädagogin, Resilienztrainerin und systemisch-lösungsorientierte Beraterin (atelier-einmalig.de). Sie lebt in Königswinter.

Vater sein mit Leidenschaft: „Ich bin nur meinem Kind etwas schuldig“

Der Journalist und Autor Tillmann Prüfer ist leidenschaftlich gern Vater. Wie er die Rolle und Aufgaben eines modernen Vaters sieht und woran sich Väter heute orientieren können, erzählt er im Interview.

Sie sind Vater von vier Töchtern. Was ist die wichtigste Lektion, die Sie durch Ihre Kinder gelernt haben?
Tillman Prüfer: Dass man mehr von den Kindern beigebracht bekommt, als man selbst den Kindern beibringt. Man denkt normalerweise, dass Erziehung so funktioniert: Da kommt ein junger Mensch wie ein unbeschriebenes Blatt zur Welt und wird dann durch die Eltern gebildet, mit Werten versorgt und so etwas. Wenn man dann aber mit Kindern zu tun hat, merkt man, dass man von ihnen mindestens genauso viel lernen kann, wie sie von einem selbst lernen, und dass man sich selbst durch die Kinder genauso verändert. Es ist ein beidseitiges Beeinflussen. Einem wird ein Mensch ins Leben geschenkt, der aber schon, wenn er da ist, ein vollkommener Mensch ist, also eine vollkommene Persönlichkeit, mit der man dann das Leben bestreitet.

Andererseits brauchen Kinder Sicherheit und Richtungsweisung. Ist das ein Widerspruch?
Nein, das ist kein Widerspruch. Natürlich lernt das Kind von den Eltern und von seinem Vater. Aber es lernt nicht in dem Sinne, dass man Regeln und Vorgaben gibt. Das braucht man natürlich für ein gesundes Zusammenleben. Aber es lernt vor allem durch das Vorbild der Eltern. Und wenn ich Vater eines Kindes bin, lernt das Kind vorrangig durch die Anschauung meiner Person: Wie kommt er durch sein Leben, was ist ihm wichtig, worauf achtet er besonders, wie löst er Probleme, was macht ihn glücklich? Das bedeutet Sicherheit und Richtung. Das verlangt viel Auseinandersetzung mit sich selbst. Denn wenn ich meinem Kind etwas vorleben möchte, muss ich erst mal wissen, was das eigentlich ist. Und dann kommt die entscheidende Frage: Wann lebe ich das eigentlich vor? Wann ist die Zeit dafür? Wann haben wir eigentlich Zeit, miteinander Dinge zu erleben? Das ist der Rahmen der Eltern-Kind-Beziehung.

Orientierung für Väter

Woran sollten sich Väter orientieren, gerade wenn sie kein optimales Vorbild hatten?
Umfragen haben ergeben, dass die meisten Männer ihre Väter lieben und positive Erinnerungen an sie haben. Aber leider ist der Normalfall ein Vater, der zu wenig Zeit hatte, um sie mit seinen Kindern zu genießen, weil seine Aufgabe in der Familie die des Alleinernährers war. Das ist leider immer noch das übliche Modell. Aber dadurch verpasst er viel. Später tut es ihm leid und er sieht sich im Defizit. Um das zu kompensieren, würde ich mich hinsetzen – allein oder mit der Partnerin – und auf einen Zettel schreiben, was mir wichtig ist, was meine Erwartungen an Vaterschaft sind, woran sich mein Kind erinnern soll. Was soll es gelernt haben, was soll rübergekommen sein? Anders gesagt: Was soll diese Vaterschaft nachher ausgemacht haben?

Wenn dann vier oder fünf Begriffe da stehen, kann ich mir überlegen, wie ich das weitergeben kann: Sind das gemeinsame Urlaube, Gespräche, gemeinsame Unternehmungen? Wenn ich zum Beispiel gern Fußball spiele, kann ich mit meinem Kind Fußball spielen oder ins Stadion gehen. Plötzlich ergeben sich sehr konkrete Dinge. Dann kann ich mir im dritten Schritt überlegen, wann dafür Zeit ist. Da wird es manchmal schwieriger, wenn ich merke, dass die Zeit zwischen 20 Uhr, wenn ich nach Hause komme, und 7 Uhr morgens, wenn ich das Kind in die Schule bringe, gar nicht so lang ist. Da kann ich ja gar nichts transportieren. Wann ist dann die Zeit, in der nur ich allein mit meinem Kind etwas machen kann? Dann geht es weiter mit dem Überlegen: Bin ich damit zufrieden? Kann ich das anders anstellen? Ich würde empfehlen, möglichst konkrete Aufgaben und Probleme zu benennen.

Rollen und Herausforderungen

Als Vater hat man verschiedene Rollen. Welche genau sind das?
Die Mutter- und Vaterrolle sind Begriffe aus der Entwicklungspsychologie, die gut eingeführt sind, aber die nicht grundsätzlich an Geschlechter geheftet sind. Da sind einfach zwei Menschen, Vorbilder, die ein Kind für eine günstige Entwicklung haben sollte. An der Vaterrolle ist das Wichtigste, dass man einen Elternpart hat, der eher den Herausforderer spielt, das Kind mit neuen Aufgaben konfrontiert, das Kind mehr lockt und ermutigt. Das heißt aber nicht unbedingt, dass das immer der Vater sein muss.

Es gibt Situationen in unserer Ehe, da ist meine Frau eher in der Rolle der Herausforderin. Wenn wir im Urlaub sind, steigt sie mit dem Kind auf irgendwelche Klippen und springt wieder runter. Ich denke dann: „Spinnt ihr, ihr könnt euch wehtun! Bleibt doch besser hier, das ist doch viel zu gefährlich!“ Da bin ich eher der schützende, behütende Part. Das sind die zwei wesentlichen Dinge, die einem Kind guttun: Es sollte einen Part geben, bei dem es sich eher Schutz suchend zurückziehen kann, und einen Part, der eher nach außen zieht, der sagt: „Guck mal, geh doch mal da hin! Du kannst das!“ Das können sich Partner natürlich hin- und herspielen, wie es für sie passt. Nur diese Dualität ist gut.

Als Mann, als Vater, steht man vor sehr unterschiedlichen Herausforderungen: Man möchte ein guter Vater sein, für die Kinder da sein, für die Ehefrau, man soll genug Geld verdienen, erfolgreich im Beruf sein. Wie sollte man mit diesen Erwartungen umgehen?
Indem man sich nur eine Person vornimmt, der man irgendetwas schuldig ist – und das ist das Kind. Natürlich kommen tausend Erwartungen: die des Chefs, der Partnerin, der Freunde, der Eltern und so weiter. Aber die einzige Person, der ich wirklich etwas schuldig bin, ist das Kind. Und das ist auch der einzige wirkliche Referenzpunkt, ob man seine Sache gut gemacht hat oder nicht. Das wird das Kind einem schon irgendwann sagen. Leider haben wir heute gar nicht so seltene Fälle von Vätern, die keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben, nachdem sie ausgezogen sind. Und die leiden darunter, weil da einiges grundlegend falsch gelaufen ist. Wichtig ist: Man kann Dinge ganz anders machen, als die Gesellschaft das sagt. Man kann Dinge auch anders machen, als die eigene Frau das gut findet. Es geht einzig um das Kind. Wenn das Kind der Verlierer ist, dann ist etwas schiefgelaufen.

Vater – zwischen Beruf und Familie

Gibt es Berufe, die nicht familienkompatibel sind?
Mein Beruf gilt als nicht familienkompatibel. Und trotzdem arbeite ich seit über zwanzig Jahren in Teilzeit und habe ein abwechslungsreiches Arbeitsleben. Wir Männer glauben, wir können alles verändern, alles schaffen. Das männliche Bild ist: „The sky is the limit“, „Wir schaffen das!“ Aber dann diktiert der Job unser Leben. Das soll unabänderlich sein? Das glaube ich nicht! Wenn ich es will, dann kann ich mir die Dinge so biegen, dass ich für andere Menschen auch greifbar bin. Und wenn man sagt, das ist ein Job, der nicht kompatibel sei – ja, was soll das denn für ein Job sein? Einer, der mit einem glücklichen Leben nicht kompatibel ist? Ich glaube, wir müssen uns abgewöhnen zu denken, dass viele Überstunden das Maß der Dinge sind. Und mal ehrlich: Vierzig Stunden mehr in der Woche am Computer zu sitzen, ist, mit etwas Distanz betrachtet, auch nicht so toll.

Was würden Sie einem jungen oder werdenden Vater als wichtigsten Rat mit auf den Weg geben?
Das Wichtigste ist, dass er sich vergegenwärtigt, dass Vatersein – genauso wie das Muttersein – das Leben komplett ändert. Und es ist das größte Abenteuer, das man als Mensch bestehen kann, einen anderen Menschen großzuziehen.

Das Zweite ist, dass es kein Job ist. Wenn Männer von ihrer angehenden Vaterschaft sprechen, dann sagen sie häufig, eine große Verantwortung liege jetzt vor ihnen und das alte Leben sei vorbei. Nein, es ist nicht vorbei. Das alte Leben ist das Leben, das man einem Kind vorlebt. Und es ist ganz wichtig, dass man Spaß daran hat und dass man es so macht, wie es für einen passt, weil es dann auch für das Kind meistens ganz gut passt. Man kriegt dafür keine Beförderung, es gibt keine Sternchen. Es gibt aber ein fantastisches Leben mit einem anderen Menschen.

Und das Dritte ist, dass man Vaterschaft auf die Lebensspanne sehen muss. Oft hat man das als Vater so im Kopf: Ich muss Geld verdienen und für das Kind sorgen, bis es ausgezogen ist, dann habe ich meine Arbeit gemacht. Nein, man ist ein Leben lang Vater – und ein Referenzpunkt für das Kind. Es guckt zu, wie man alt wird, wie man sein Leben in den Griff kriegt. Das, was sich dabei ändert, ist der zeitliche Horizont, in dem man tatsächlich Zeit mit dem Kind verbringen und sich als Vater einbringen kann. Es gibt eine Zahl – ich habe sie leider nicht nachgeprüft –, dass mit dem 12. Lebensjahr des Kindes die Face-to-Face-Zeit, die ein Kind mit seinen Eltern verbringt, schon zu 80 Prozent rum ist. Danach bleiben noch 20 Prozent. Das heißt, bis zum 12. Lebensjahr passiert das meiste.

Aber das ist gleichzeitig die Zeit, in der die Väter meistens voll im Job sind, das Häuschen abbezahlen, aber die wertvollste Zeit verpassen. Meist bemerkt man erst spät, wie krass das ist, weil man danach auch nicht mehr alles nachholen kann. Daher würde ich immer dazu raten, dies bei den wichtigen Entscheidungen zu bedenken.

Verlorenes aufholen

Wenn ein Vater in den Teenager-Jahren der Kinder feststellt, dass er im Kleinkindalter kaum zu Hause war und viel verpasst hat, kann man das zumindest teilweise nachholen?
Man kann einiges nachholen, anderes nicht. Ich glaube, es ist auch die Frage, wie weit man bereit ist, dem Kind gegenüber Fehler zuzugeben. Auch ich musste mit meiner ältesten Tochter viel sprechen und viel nacharbeiten. Das ist nicht einfach! Es ist einfacher, wenn man Dinge zusammen erlebt, als wenn man das später nacharbeitet. Man kann viel Vertrauen und Tiefe in der Beziehung später herstellen, aber man muss es wirklich wollen und das dem Kind von Herzen zeigen. Ich glaube, Kinder reagieren nicht gut darauf, wenn sie denken: „Aha, jetzt, wo sein Job nicht mehr so wichtig ist, bin ich plötzlich wichtig!“ Um diesen Eindruck zu vermeiden, braucht es schon ein bisschen Überzeugungskraft.

Sie haben Kinder sowohl im Teenager-Alter als auch schon erwachsene, und Sie haben die ganze Entwicklung schon durchgemacht. Wie verändert sich das Vatersein mit dem Aufwachsen der Kinder?
Es ist natürlich immer mehr ein Reden auf Augenhöhe. Kinder sind vom ersten Tag an als Persönlichkeit da. Und ihr Feedback wird konkreter. Meine Tochter Lotta hat mir kürzlich gesagt, dass es für sie immer wichtig war, dass ihre Eltern mit ihr auf Augenhöhe sprechen. Denn wenn man von oben herab behandelt wird, erzählt man irgendwann auch nichts mehr. Man kann sich früh bewusst machen, dass es nur sehr kurze Zeit ein echtes Machtgefälle zwischen Eltern und Kindern gibt. Der Einfluss, den Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder haben, in der sie alles in der Hand haben, existiert nur im Kleinkindalter. Aber danach nimmt es rasch ab und ist irgendwann gar nicht mehr da. Und wenn ich mich nicht darauf einlasse, meine Kinder ernst zu nehmen, dann kann ich auch nicht erwarten, dass meine Kinder mich ernst nehmen.

Vielen Dank für das Gespräch und die wertvollen Anregungen!

Die Fragen stellte Family-Redakteur Marcus Beier.

Tillmann Prüfer ist stellvertretender Chefredakteur des Zeitmagazins und Autor mehrere Bücher. Zuletzt erschien sein Buch „Vatersein: Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen“ (Rowohlt/Kindler)

Wo beginnt Magersucht? Expertin erklärt Warnsignale

Essen ist für viele junge Leute ein heikles Thema. Wenn Teenager sich schwertun, selbst kleine Portionen zu essen, klingeln bei Eltern schnell die Alarmglocken: Ist das Magersucht? Psychologin Claudia Beck erklärt, worauf Eltern achten sollten.

Eine Magersucht entwickelt sich aus dem komplexen Zusammenwirken biologischer, psychischer und sozialer Faktoren. Am Anfang steht immer eine Gewichtsabnahme, welche durch den Wunsch, sich nur noch „gesund“ zu ernähren, ausgelöst werden kann. Wenn Sie sich Sorgen machen oder Sie das Essverhalten Ihres Kindes irritiert, sollten Sie tatsächlich genauer hinschauen!

Wichtige Fragen

Fragen Sie offen und interessiert nach: Wie ist der Wunsch nach gesunder Ernährung entstanden? Gibt es einen Druck beispielsweise aus Schule, Peergroup, Sozialen Medien …? Wie viel Raum beansprucht das Thema Essen in den Gedanken Ihres Kindes? Fühlt es sich unwohl in seiner Haut, möchte es gern anders aussehen? Leidet es unter Ängsten? Folgende Fragen können für eine erste Einschätzung hilfreich sein:

  • Hat eine Gewichtsabnahme stattgefunden? Wenn ja: Wie viel in welchem Zeitraum?
  • Gibt es sogenannte „verbotene Lebensmittel“, beispielsweise Zucker, Kohlenhydrate oder Fette?
  • Besteht Angst vor gemeinsamen Mahlzeiten oder werden diese vermieden?
  • Kreisen die Gedanken ständig um Essen oder Nicht-Essen?
  • Wird das Gewicht täglich oder sogar mehrmals täglich kontrolliert?
  • Angst vor Gewichtszunahme trotz schlanker Figur?
  • Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, geringes Selbstwertgefühl?
  • Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Niedergeschlagenheit?
  • Wird zusätzlich viel Sport getrieben, werden extra Workouts absolviert?
  • Sozialer Rückzug von Familie und Freunden?

Familienbasierte Therapie

Auch wenn Ihr Kind versucht, Sie zu beschwichtigen, vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl und besprechen Sie Ihre Beobachtungen und Bedenken mit dem Kinderarzt. Durch eine Thematisierung der Essproblematik lässt sich vielleicht eine ernsthafte Erkrankung noch abwenden. Wird jedoch die Diagnose Magersucht gestellt, gibt es seitens der Betroffenen keine Krankheitseinsicht. Es gilt: Je früher eine Magersucht erkannt und behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen.

Eine moderne Therapieform der Magersucht ist die „Familienbasierte Therapie“ (Maudsley Modell). Die FBT betont als ersten Schritt zur Genesung eine schnelle und effiziente Wiederherstellung des Gewichts. Dabei werden die Eltern als größte Ressource im Kampf gegen die Magersucht mit in die Behandlung hineingenommen. Die Eltern lernen ihr Kind von der Krankheit Magersucht zu trennen, bei den Mahlzeiten Ruhe zu bewahren und werden befähigt, diese extrem belastende Zeit durchzustehen.

Claudia Beck ist Gesundheitspsychologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie (claudiabeck-intact.de). Infos zu FBT: elternnetzwerk-magersucht.de/fbt

Großeltern: „Wir haben das früher anders gemacht“ – So funktioniert die Beziehung zwischen Generationen

Zwischen Eltern und Großeltern kommt es oft zu Konflikten über Erziehungsmethoden. Was früher galt, wird heute ganz anders gesehen und gehandhabt. Wie kann man mit solchen Unterschieden konstruktiv umgehen?

Tragehilfen, Familienbetten, moderne Stoffwindelsysteme, zuckerfreie Ernährung, Langzeitstillen, Bedürfnis- und Bindungsorientierung, kitafrei – all das sind Schlagworte unserer Zeit, die es früher in dieser Form nicht gab und die daher manchmal zu Unverständnis bei den Großeltern führen.

„In Diskussionen geht es darum, wie mit Wut umgegangen wird, mit dem Schreien von Kindern. Um Strenge, Konsequenz, Teilen, Schlafenszeiten. Meine Eltern drängen sehr darauf, dass man eine feste Struktur mit den Kindern hat. Mir liegt das nicht so, das ist bei uns manchmal etwas lockerer“, beschreibt eine Mutter Beispiele für Streitthemen. Auch Kleidung, Ernährung (Süßigkeiten), Sicherheit und Gesundheit, Grenzen setzen, Medienkonsum, die Frage, wie sehr man Kinder in Entscheidungen einbezieht und richtige Zeitpunkte für bestimmte Entwicklungsschritte des Kindes bergen Konfliktpotenzial.

Durch neue Forschungserkenntnisse, andere pädagogische Ansätze und aktuelle gesellschaftliche Umstände erziehen wir unsere Kinder heute anders als früher, bisweilen sogar konträr. Die Eltern von früher – die heutigen Großeltern – haben manchmal Probleme, das zu akzeptieren. Sie verstehen nicht, warum jetzt alles anders ist, und bekommen das Gefühl, ihre eigenen Kinder völlig falsch erzogen zu haben. Die Digitalisierung trägt ihren Teil dazu bei. Die heutigen Großeltern wuchsen komplett analog auf, sie verließen sich auf ihre Intuition und Erfahrungen. Den heutigen Eltern steht über das Internet sekundenschnell umfangreiches Wissen zur Verfügung. Früher hoch geschätztes Erfahrungswissen wirkt heute schnell veraltet und verliert in einer sich immer schneller verändernden Welt an Bedeutung. Bei dieser Geschwindigkeit mitzuhalten, ist für Großeltern nicht einfach. „Jungen Menschen fehlen heute oft innere Werte und das Selbstvertrauen, auf ihre eigene Intuition zu vertrauen“, schildert eine Großmutter ihren Eindruck.

Das Großelternprivileg

Vor allem der heute oft vertretene, nach außen scheinbar weniger strenge, bedürfnisorientierte Beziehungsstil scheint viele Großeltern zu irritieren. „Die Großeltern wollen, dass das Kind nach ihrem Willen funktioniert. Es wird eher wenig nach den Bedürfnissen gefragt oder diese werden ignoriert. Aus Sicht der Großeltern lassen wir Eltern zu viel Freiraum“, beschreibt eine Mutter die Sichtweisen. „Wir wünschen uns dagegen, dass sie mehr auf das Kind eingehen und nicht versuchen, es mit Belohnung gefügig zu machen“, fügt sie an.

Doch auch der umgedrehte Fall kann für Streit sorgen: Manche Großeltern sehen in ihren Enkeln eine zweite Chance, etwas aus der Erziehung der eigenen Kinder wieder gutzumachen oder Versäumtes nachzuholen. Oft genießen sie ihr „Großelternprivileg“, verwöhnen die Enkel voller Freude mit Spielzeug, Süßigkeiten, Fernsehen und erlauben ihnen mehr, als Mama und Papa das tun. Bis zu einem gewissen Maß ist das in Ordnung. Kinder können schon früh differenzieren, wenn Sachen bei den Großeltern anders laufen. Oft verhalten sich Kinder bei den Großeltern auch anders als bei den Eltern. Es stärkt ihre soziale Kompetenz und sie lernen, dass ein unterschiedlicher Umgang mit ihnen nicht automatisch ein unterschiedliches Level an Zuneigung bedeutet. Wer von uns kennt aus seiner Kindheit nicht das eine oder andere, was es nur bei Oma gab und worauf man sich immer freute?

Vom Kindsein in die Elternrolle

Mischen sich die Großeltern mit ihren Erfahrungen zu sehr in die Erziehung ein, fühlen sich die Eltern oft zurückversetzt in ihre eigene Kindheit, als sie von den Eltern kritisiert und bevormundet wurden. Manchmal kommen alte Themen und ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit wieder ans Licht. Vor allem bei unsicheren Erstlingseltern kann das Vertrauen in die eigene Intuition und in die elterlichen Fähigkeiten geschwächt und letztlich die Bindung zu den Kindern negativ beeinflusst werden. Sich mit den Prägungen durch die eigenen Eltern auseinanderzusetzen, kann helfen, sich in die Elternrolle einzufinden und einen eigenen Erziehungsstil zu entwickeln. Das gibt Stabilität und Sicherheit, auch in möglichen Konflikten mit den Großeltern. Hilfreiche Fragen können sein: Wie bin ich als Kind aufgewachsen? Welche Werte wurden mir vermittelt? Was tat mir gut von meinen Eltern, was möchte ich übernehmen? Was war nicht hilfreich, was möchte ich anders machen?

Letztlich muss jede Familie ihren eigenen Weg finden. „Man muss auch nicht jeden Punkt vor den Großeltern diskutieren. Dort, wo die Kinder auch mal von den Großeltern betreut werden, gibt es Sachen, die mir wichtig sind. Und es gibt Sachen, die Großeltern anders machen, und das ist auch gut. Als Elternteile hat man ja auch manchmal einen unterschiedlichen Umgang mit verschiedenen Sachen. Das Wichtige für Kinder ist der unterschiedliche Umgang mit verschiedenen Bezugspersonen, die sie trotzdem alle lieben“, meint eine Mutter.

Keine ungefragten Ratschläge der Großeltern

Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern und Großeltern sind normal und gesund. Sie erweitern den Horizont und die eigenen Erziehungsansichten. Die meisten Eltern sind auch durchaus interessiert an der Meinung der Großeltern. Diese wollen mit ihren Erfahrungen und Ratschlägen ja nicht bewusst verletzen, sondern helfen. Ihre Einmischungen zeigen ihr Interesse an den Kindern und Enkeln. „Großeltern würden sich wahrscheinlich wünschen, dass man mehr aus ihren Erfahrungen übernimmt. Sie meinen es ja im Grunde gut, nur muss jede Familie ihre eigenen Werte kreieren. Für beide Seiten ein Seiltanz“, schildert eine Mutter das Dilemma.

Hilfreich ist es, wenn Großeltern vorher fragen, ob die Eltern den Ratschlag hören wollen. Die Eltern fühlen sich so nicht bevormundet und können den Rat in Ruhe überprüfen. Großeltern sollten akzeptieren, wenn dieser nicht angenommen wird. Sie sollten den Eltern – ihren Kindern – das Recht auf eigene Ideen, Erfahrungen und Fehler zugestehen. „Es sind andere Zeiten, Lebenssituationen und Anforderungen“, meint eine Großmutter. „Unsere Werte und Methoden aus den guten alten 80ern waren sicher auch nicht immer richtig. Manches würde ich heute anders machen. Meiner Meinung nach muss eine junge Familie ein geschlossenes System sein. Mit der Möglichkeit, sich eigenständig zu entfalten und zu entwickeln.“

Ehrliche und klare Kommunikation

In manchen Situationen müssen sich Eltern als Erziehungsberechtigte klar positionieren und deutlich erklären, dass sie die Verantwortung für die Kinder tragen. Und dass sie genauso ihr Bestes geben wie früher die Großeltern bei den eigenen Kindern. Aber was wünschen sich die Großeltern von ihren Kindern? „Dass sie offen und ehrlich mit uns sprechen. Dass sie ihre Vorstellungen, Erziehungsschwerpunkte und -ziele, aber auch Probleme mitteilen. Dass sie offen sagen, wenn wir in ihren Augen Fehler machen“, drückt es ein Großvater aus. Durch frühzeitige, ehrliche Aussprachen wird Verständnis gefördert. Konflikte können vermieden werden. Frust herunterzuschlucken, lässt Situationen irgendwann eskalieren.

Besonders problematisch ist es, wenn Konflikte vor den Kindern ausgetragen werden. „Wenn wir streiten, geraten die Kinder zwischen die Fronten. Sie wissen nicht richtig, zu wem sie halten oder auf wessen Seite sie sich schlagen sollen“, schildert eine Mutter. Offene Konflikte zwischen Eltern und Großeltern können Kinder verunsichern. Manchmal bekommen sie unbewusst ein negatives Bild von einer Partei. Eine Mutter hat das erlebt: „Unser großes Kind hat bemerkt, dass es Spannungen zwischen uns gibt und ist jetzt nicht mehr so offen gegenüber den Großeltern.“ Daher sollten Konflikte lieber nicht im Beisein der Kinder ausgetragen werden.

Offenheit und Akzeptanz

Stattdessen können bei einem Gespräch in ruhiger Atmosphäre ehrlich und auf sachlicher Ebene Wünsche und Bedürfnisse besprochen werden. Gegenseitiger Respekt, Geduld, Wertschätzung sowie Offenheit und Akzeptanz für unterschiedliche Meinungen helfen dabei. Beide Seiten sollten aktiv zuhören und bei Unklarheiten nachfragen. „Dies bedeutet, dass ich mich in die Lage des anderen versetze und damit sein Tun und Handeln verstehe. Gute Kommunikation entsteht dann, wenn ich nicht wütend, nachtragend und verletzt bin. Deswegen ist Vergebung von gegenseitigen Kränkungen ganz wichtig“, erläutert eine Mutter.

Verallgemeinerungen durch Worte wie „immer“ oder „wieder“ sind eher ungünstig. Nützlicher als Vorwürfe sind Ich-Formulierungen, etwa: „Ich würde mir wünschen, dass ihr unseren Kindern weniger Süßigkeiten gebt, wenn sie bei euch sind.“ Erscheint ein direktes Gespräch zu schwierig, kann ein Brief helfen. Das gibt allen Beteiligten Zeit, sich zu beruhigen und in Ruhe nachzudenken.

Eltern und Großeltern: Liebe als gemeinsamer Nenner

Eltern und Großeltern erleben die (Enkel-)Kinder in verschiedenen Situationen und haben unterschiedliche Perspektiven auf sie, die sich zum Wohl der Kinder gut ergänzen. Eltern, Großeltern und (Enkel-)Kinder können so voneinander lernen. Letztlich wird die gesamte Familie bereichert und gestärkt. Ja, früher war vieles anders, aber nicht automatisch alles besser oder schlechter. „Großeltern hatten ihre Zeit zum Erziehen und sollten jetzt bei den Enkeln nur begleiten“, meint eine Großmutter. Manchmal lernen sie dabei selbst noch etwas Neues. Eltern wiederum dürfen vom reichen Erfahrungsschatz der Großeltern profitieren und ihre eigenen Lehren daraus ziehen.

Alle Generationen erzogen und erziehen ihre Kinder nach dem jeweils aktuell besten Wissen und Gewissen. „Ich höre von meiner Mama oft, dass sie denkt, dass sie vieles falsch gemacht haben“, erzählt eine Mutter. „Das möchte ich ihnen nicht vermitteln. Es war anders, und sie haben nach dem damaligen Kenntnisstand und Wissen so gut erzogen, wie sie konnten. Das Gleiche machen wir heute auch. Auch wenn sich einige Dinge geändert haben, ändert es nichts an der Liebe.“

Lisa-Maria Mehrkens ist Psychologin und Journalistin.

Abtreibung – und nun? Das brauchen Betroffene jetzt

Eine ungewollte Schwangerschaft und eine Abtreibung kann Frauen große Not bereiten. Eine Expertin erklärt, wie Verwandte und Freunde Betroffenen beistehen können.

Das wichtigste ist, für die Betroffenen da zu sein. Viele Frauen, die zu uns in die Beratungsstelle kommen, erzählen, dass sie von ihrer Meinung und Einstellung her immer gegen einen Schwangerschaftsabbruch waren. Als sie dann plötzlich schwanger wurden, haben sie sich doch für eine Abtreibung entschieden. Sie mussten eine Entscheidung treffen, ohne alles überblicken zu können. Der Schmerz innerhalb dieser Entscheidung ist, dass ein Schwangerschaftsabbruch endgültig ist. Dennoch gibt es einen Neubeginn, immer Hoffnung und es ist einfach wertvoll, wenn du jetzt für die Person, der du nahstehst, da bist und bleibst.

Abtreibung – eine Zeit voll Angst und Zeitdruck

Für einen Menschen da zu sein, der einen Schwangerschaftsabbruch erlebt hat, ist von hohem Wert. Die Zeit vor der Abtreibung ist von Angst geprägt und von dem Zeitdruck, in dem die Entscheidung getroffen werden musste. Die Frau hat den Vorgang des Schwangerschaftsabbruchs in und mit ihrem Körper erlebt und überlebt. Wenn nun alles vorbei ist, ist tatsächlich alles vorbei: Der Bauch ist leer. Leere füllt das Innerste. Die Welt um sie herum dreht sich weiter, aber die eigene Welt ist stehen geblieben. Was ist passiert? Abends, nachts oder auch tagsüber kommen viele Fragen hoch. Und oft auch wortlose, einsame Tränen.

Nicht selten ziehen sich Frauen zurück und verstummen, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch erlebt haben. Indem du der Person zeigst, dass du trotzdem und gerade jetzt für sie da bist, zeigst du ihr Wertschätzung und Anerkennung. Und nicht nur ihr. Es ist auch ein Ausdruck von Wertschätzung und Würdigung dem Menschen gegenüber, der nicht (mehr) ist: das Kind.

Betroffene erleben Grenzverletzung

Sei dir bewusst: Ein Schwangerschaftsabbruch ist immer auch eine Grenzverletzung. Es muss körperlich eine Grenze überschritten werden, damit die Schwangerschaft beendet werden kann. Viele empfinden zudem eine emotionale Grenzverletzung, weil der Verstand das Herz übertönt hat.

Wenn wir den Weg der Abtreibung gehen, treffen wir in der Gegenwart eine Entscheidung für die Zukunft. Das kann sein: „Jetzt bin ich schwanger (Gegenwart) und der Entbindungstermin fällt genau mit meinem Examen zusammen (Zukunft)“, ein typisches Beispiel aus meinem Beratungsalltag. Wenn die Frau dann das Examen hinter sich hat, erlebt sie die „Zukunft“, über die sie damals die Entscheidung getroffen hat und fragt sich: „Hätten wir doch beides geschafft: schwanger bleiben, das Kind bekommen und das Examen?“

Das sind Zeitpunkte, in denen Schmerz und Trauer auch noch viel später auftauchen können. Lass dich davon nicht verunsichern! Stell Fragen – und höre Antworten! Nimm Anteil – und bleibe zugewandt! Bleib da, durch alle Zeiten hindurch!

Tirza Schmidt ist Gründerin der „VillaVie. Raum für dich” in Bochum, die anbietet, über das Tabu Schwangerschaftsabbruch in den Dialog zu kommen. Infos: villa-vie.org, Instagram: @villavie_

Shelve your agenda – Warum sich Zurückhaltung lohnt

Ein Schlüssel für gelingende Beziehungen besteht darin, sich mit den eigenen Zielen vorübergehend zurückzuhalten. Wie das funktioniert, verrät Paarexperte Marc Bareth.

Kürzlich war ich auf einem Geburtstagsfest. Es gab Apérohäppchen, nette Gespräche, Loungemusik und, wie immer bei solchen Anlässen, die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Die meisten Unterhaltungen kamen nicht über ein bisschen Small Talk hinaus, doch es gab auch tiefe Gespräche über die eigene Geschichte, über Glauben, Ängste und Hoffnungen. Dabei fiel mir auf, wie wichtig Zurückhaltung ist.

Das Prinzip Zurückhaltung

Ich habe noch einige Male über diesen Abend und die so unterschiedlichen Gesprächsverläufe nachgedacht. Dabei ist mir bewusst geworden, dass es eine bestimmte Fähigkeit gibt, die jemanden zu einem angenehmen Gesprächspartner macht. Es ist die gleiche Fähigkeit, die auch in einer Paarbeziehung entscheidend ist. Sie lässt sich am besten mit drei englischen Wörtern beschreiben: „shelve your agenda“.

Wörtlich übersetzt bedeutet das in etwa, „seine Gesprächspunkte ins Regal stellen“. Es heißt, dass man seine persönlichen Pläne, Ziele oder Interessen vorübergehend zurückstellt, um Platz für die Bedürfnisse, Interessen oder Prioritäten anderer zu machen. Der Schlüssel: Zurückhaltung.

Der Normalfall ist doch, dass wir nur noch mit einem Ohr dem anderen zuhören, während wir innerlich schon eine Antwort vorbereiten. Oder wir suchen nach Situationen, in denen wir etwas Ähnliches erlebt haben, um es sofort zu erzählen, sobald das Gegenüber kurz Luft holt. Oder wir bewerten das Gesagte in Gedanken und ordnen es in unser eigenes Raster ein, anstatt einfach zuzuhören und uns ganz auf das Bild einzulassen, das uns unser Gesprächspartner aus seiner Perspektive zeichnen möchte.

All diese Verhaltensweisen sind Ausdruck unserer eigenen „Agenda“, bei der es vorwiegend um uns selbst geht – um unsere Überlegenheit, unsere Anerkennung, unsere Weltsicht und unseren Geltungsdrang.

Mit einem Stein reden

Es fällt uns schwer, diese Verhaltensweisen bei uns selbst zu erkennen. Doch wir alle kennen den Extremfall. Wir kennen mindestens eine Person, bei der es eigentlich egal ist, was ihr Gesprächspartner sagt. Sie spult sowieso ihr Programm herunter und erzählt ihre Geschichte im Alleingang und ohne Einfluss des Gegenübers. Ein Satz des anderen dient nur dazu, sich in ihrer Sicht bestätigt zu fühlen und fortzufahren. Sie könnte genauso gut mit einem Stein reden, solange er nur ab und zu anerkennend nicken würde. Solche Menschen wollen vor allem eines: gehört werden. Zurückhaltung? Fehlanzeige! Leider vergessen sie dabei, dass sie erst dann wirklich gehört werden, wenn sie selbst bereit sind, wirklich zuzuhören.

Den eigenen Gedanken einen temporären Maulkorb zu verpassen und uns ganz auf unsere Gesprächspartnerin einzulassen, braucht Übung. Ich glaube sogar, dass es eine lebenslange Reise ist. Doch nur so kann eine echte Begegnung zwischen zwei Menschen stattfinden. Gute Beziehungen entstehen dort, wo es uns gelingt, unsere eigenen Ziele vorübergehend zurückzustellen. Es lohnt sich, diese Fähigkeit zu trainieren. Es lohnt sich für das Geburtstagsfest genauso wie für den Beruf, für die Beziehung zu den Nachbarn und für die Beziehung zu Gott. Und natürlich ganz besonders für die Partnerschaft.

Marc Bareth und seine Frau Manuela stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Bareth ist der Leiter dieser Arbeit. Er bloggt unter: familylife.ch/five.

Resilienz – Was Kindern hilft, stark zu werden

Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder stark werden. Sie sollen Resilienz, also Widerstandsfähigkeit entwickeln, um den Anforderungen des Lebens gewachsen zu sein. Was dabei helfen kann, erklärt Resilienz-Trainerin Dorothea Beier.

Aus der Forschung wissen wir, dass ein sehr wichtiger Faktor für die Entwicklung einer gesunden Resilienz eine gute Bindungsbeziehung ist. Sie entsteht durch die wechselseitige Kommunikation – zunächst mit einer Bezugsperson – vom Säuglingsalter an. Durch feinfühliges Antworten auf die Signale des Babys, wobei es angeschaut wird und bereits Gespräche mit Gestik und Mimik geführt werden, bilden sich Urvertrauen und ein positives Grundgefühl aus. Das Kind nimmt wahr: „Ich bin sicher und geborgen, ich bin richtig, ich darf sein, wie ich bin, meine Welt ist in Ordnung.“ Durch diese Wahrnehmung prägen sich bereits ein gesundes Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit aus. Kinder lernen durch liebevolle Interaktion mit der Bezugsperson, ihre Gefühle zu regulieren und Stress zu bewältigen. Hierdurch erlangen sie auch die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen. Sie werden beziehungsfähig, entwickeln Freundschaften, was wiederum eine starke Säule ist, die in stürmischen Zeiten Halt und Stütze gibt.

Manchmal haben Eltern bei einem ihrer Kinder den Eindruck, dass die Bindung instabil geworden ist. In jedem Lebensalter wirkt es dann Wunder, Zeit zu zweit mit dem Kind zu pflegen. Unternehmungen mit einem Elternteil allein, Gespräche auf Augenhöhe, etwas gemeinsam tun, was beiden Spaß macht, kann die verloren geglaubte Bindung wiederherstellen. „Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben.“ Dieser Satz des bekannten Psychotherapeuten Milton Erickson macht Mut, positiv in die Zukunft zu schauen, Visionen und Ziele zu verfolgen und dies auch unseren Kindern zu vermitteln. Selbst wenn ein Mensch keine sichere Bindung in seinen ersten Lebensjahren erfahren hat, kann das nachgeholt werden.

Humor macht stark

Es gibt keine perfekten Eltern und das ist gut so! Aber wir können uns Anregungen holen, wie unser Miteinander schöner werden kann und was Kinder in der Entwicklung zu starken Persönlichkeiten unterstützt.

Der Psychologe und Logotherapeut Viktor E. Frankl betont: „Resilienz entsteht durch gute Gefühle und durch Humor.“ Tatsächlich hat die Art, wie wir miteinander kommunizieren, einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Resilienz unserer Kinder. Würzen wir unsere Kommunikation mit Humor, so nimmt dies oftmals Stress aus einer Situation. Kinder lieben es, wenn sie mit uns lachen können und Spaß haben. Wir erfüllen damit nicht nur ihnen, sondern auch uns eines der wichtigsten seelischen Grundbedürfnisse, in diesem Fall Lustgewinn und Unlustvermeidung. Und zahlreiche Studien aus aller Welt bestätigen: Humor hilft Kindern, mit widrigen Lebensumständen umzugehen.

„Ich bin dumm, blöd und viel zu klein“

In unserer hektischen und schnelllebigen Zeit fällt es oft schwer, einfühlsam zuzuhören. Aber gerade dies fördert eine gute Kommunikation und damit auch Resilienz. Es kann helfen, wenn wir uns klarmachen, wie sehr es unsere Kinder lieben, wenn wir Blickkontakt aufnehmen und ihnen aktiv zuhören. Was möchte mein Kind mir sagen? Noch einmal nachfragen, mit Gestik und Mimik zugewandt sein, zeigt, dass wir wirklich zuhören.

Für unsere Kinder ist es wichtig, dass wir ihre verbalen und nonverbalen Botschaften verstehen, dass wir ihre Gefühle, Gedanken und Überzeugungen wahr- und ernst nehmen, indem wir sie aufnehmen und noch einmal mit unseren Worten wiederholen. Auf diese Weise fühlen sie sich von uns verstanden und mit uns verbunden. Diese Art der Kommunikation – auch aktives Zuhören genannt – ist eine sehr hilfreiche Methode, die in eine Familie viel Entspannung bringen kann. Welchen Unterschied es macht, wenn man sie anwendet, soll mit dem folgenden Beispiel verdeutlicht werden: Der 8-jährige Yannis konnte sich nur sehr schwer in der Schule mit Gleichaltrigen zurechtfinden. Zu Hause erklärte er eines Tages seiner Mutter, dass er dumm, blöd und viel zu klein sei. Erschrocken über seine Worte versuchte sie sofort, ihm das auszureden, worauf er mit einem Wutanfall reagierte.

Gemeinsam Resilienz entwickeln

Nach einer kompetenten Beratung verstand die Mutter, dass sich ihr Kind durch ihre Reaktion nicht verstanden gefühlt hat. Als sich die Situation wiederholte, versuchte sie es mit aktivem Zuhören. Sie sagte: „Ich weiß, was du denkst. Du kommst dir zu klein vor, glaubst, dass du blöd und dumm bist. Ich bin sehr froh, dass du mir das sagst, auch wenn ich anders darüber denke. Ja, es gibt Dinge, die dir noch nicht so gut gelingen. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir herausfinden können, was dir helfen könnte, besser über dich zu denken“. Die Mutter hatte mit ihrer Aussage die Wahrnehmung ihres Sohnes bestätigt, er fühlte sich verstanden und ernst genommen.

Wir machen unsere Kinder stark, wenn wir sie darin unterstützen, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Gemeinsam mit Kindern über Lösungen für ein Problem nachzudenken und abzuwägen, was man tun könnte, hilft ihnen, gesunde, resiliente Erwachsene zu werden. Wenn wir sie darin anleiten, Handlungspläne zu entwickeln, fördert das ihre Eigenständigkeit, erfüllt ihr Bedürfnis nach Autonomie und Kontrolle. Dies fördert wiederum ihre Selbstwirksamkeit und stärkt ihr Selbstwertgefühl.

Fehler feiern

Es bleibt nicht aus, dass unsere Kinder auch mit Misserfolgen konfrontiert werden. Viele Menschen leiden unter der Angst, Fehler zu machen. Das kostet viel Kraft. Wir machen unsere Kinder stark fürs Leben, wenn wir ihnen helfen, zu verstehen, dass Fehler zum Leben dazugehören und dass man daraus lernen kann.

Eine Lehrerin fragte dazu am Beginn eines Schuljahres ihre Schüler: „Wer von euch hat das Gefühl, in diesem Jahr vielleicht Fehler zu machen oder manche Dinge nicht zu verstehen?“ Dann hob sie als erstes ihre Hand, woraufhin auch die Kinder sich trauten, das zuzugeben. Sie stellte einen Krug und einen Behälter mit Steinen auf ihr Pult und erklärte den Kindern: „Immer, wenn einer von uns einen Fehler macht, werfen wir einen Stein in den Krug. Wenn der Krug voll ist, feiern wir.“ Da der Krug nicht sehr groß war, konnte die erste Party schon bald darauf beginnen. Kinder, die sich zuvor – oft aus Angst vor Fehlern – nicht getraut hatten zu antworten, waren jetzt ermutigt und beteiligten sich am Unterricht. Das Leistungsniveau der Klasse steigerte sich hierdurch enorm und es gab so gut wie keine Disziplinschwierigkeiten.

Optimismus und Glaube

Kinder lieben es, wenn Eltern optimistisch in die Zukunft schauen. Das macht gute Gefühle und gibt ihnen Sicherheit. Sie beobachten, wie Eltern Probleme lösen und Entscheidungen treffen. Nicht allein hier kann auch der Glaube an Gott, der zu jeder Zeit einen Weg und eine Hilfe für uns hat, für den nichts zu schwer und unmöglich ist, eine große Hilfe sein. Wir können es mit den Kindern zu einem Ritual werden lassen, darüber nachzudenken, was am Tag besonders schön war. Gemeinsames Staunen über schöne Dinge, Dankbarkeit und Frohsinn helfen zu einem optimistischen Familienklima. Zuversichtlich in die Zukunft zu blicken, sich nicht von Negativem herunterziehen zu lassen, sondern zu vertrauen, macht stark und fördert Resilienz.

Einfach Kind sein

Kinder brauchen auch Zeiten, in denen sie sich entspannen können und zur Ruhe finden. Ein ausgewogener Zeitplan, in dem unsere Kinder Kinder sein dürfen, unterstützt eine ausgewogene Hirnentwicklung. Sie entwickeln emotionale Regulationsfertigkeiten und sogar die Intelligenz wird gefördert, wenn sie zu spontanem und kreativem Spiel Zeit finden. Hierbei wird ihnen die Gelegenheit geboten, neugierig und erfinderisch zu sein. Sogar Langeweile kann förderlich sein, um die Welt und sich selbst zu entdecken.

Jede Interaktion mit unseren Kindern bietet die Gelegenheit, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie einzigartig und wertvoll sind. Wie wichtig und nötig auch „Extra-Zeiten“ sind, die wir in der Familie einrichten können, und in denen jedes einzelne Kind ganz besonders bedacht wird, kann man immer wieder beobachten. Kinder nehmen hierdurch in besonderer Weise die Liebe der Eltern wahr. Diese Zeiten sind Kraftquellen für Kinder. Hier können sie auftanken, den Stress des Alltags hinter sich lassen und einfach glücklich sein. Nicht zuletzt sind besondere Familienzeiten mit Spiel und Spaß, gemeinsame Ausflüge, Wanderungen und vieles mehr Oasenzeiten, die unsere Kinder resilient machen und ihnen helfen, mit Stress in gesunder Weise umzugehen.

Dorothea Beier ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Selbstbehauptungs- und Resilienz-Trainerin, Spiel- und Bewegungstrainerin sowie Coach für Kinder und Jugendliche. Sie lebt und arbeitet in Uelzen. praxis-dbeier.de

Umweltbewusst reisen? So gelingt der nachhaltige Familienurlaub

Familien planen schon jetzt den wohlverdienten Urlaub für das nächste Jahr. Wie gelingt es, diesen zu genießen und gleichzeitig umweltbewusst und nachhaltig zu reisen?

Langsam neigt sich das Jahr dem Ende zu und erste Gedanken drehen sich um den Urlaub im nächsten Sommer. Nachhaltigkeit kann und sollte ein Aspekt sein, den man in der Urlaubsplanung berücksichtigt, denn Tourismus und Freizeitaktivitäten auf Reisen haben enorme Auswirkungen auf die Luft- und Wasserqualität, die Biodiversität und das Landschaftsbild. Im Urlaub verbrauchen wir meist mehr Ressourcen als zu Hause – sei es Wasser, Energie oder Lebensmittel. Unsere Verantwortung ist es aber, die Erde zu bewahren steht. Und sowohl im Kampf gegen den Klimawandel als auch gegen die Ausbeutung des Globalen Südens spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Sanfter Tourismus

Daher wird „nachhaltiges Reisen“ immer beliebter. Gemeint ist damit eine Form des Tourismus, die im besten Fall keine negativen Folgen für die Natur und Bevölkerung am Zielort hat. Wer sanft oder nachhaltig verreist, belastet die Umwelt so wenig wie möglich und versucht, die Kultur im Reiseland nicht (negativ) zu verändern, sondern passt sich an.

Worauf sollten wir also konkret achten, wenn wir als Familie oder als Paar nachhaltig verreisen wollen? Es beginnt schon bei der An- und Abreise. Wie gelangen wir möglichst umweltschonend an unseren Zielort? Muss es wirklich ein weit entferntes Reiseziel sein? Können wir mit der Bahn anreisen? Flüge oder Kreuzfahrten sind bekanntlich problematisch, da diese besonders viele CO2-Emissionen mit sich bringen. Wenn man nur zu zweit unterwegs ist und mit dem Auto fahren möchte, ist es auch eine gute Idee, eine Mitfahrgelegenheit zu nutzen oder anzubieten, zum Beispiel über blablacar.de. Das spart auch Geld.

Nachhaltig reisen

Nachhaltig reisen geht mit sanftem Tourismus einher und bedeutet, sich auch vor Ort verantwortungsvoll zu verhalten: Müll vermeiden, Wasser und Strom sparen, aber auch die Kultur und Traditionen respektieren und die Tier- und Pflanzenwelt nicht zu zerstören.

Wie können wir uns also auch am Urlaubsziel möglichst umweltschonend fortbewegen? Gibt es öffentliche Verkehrsmittel oder Sharing-Modelle, die wir nutzen können? Können wir gar mit dem Fahrrad fahren?

Eine nachhaltige Unterkunft zu finden, ist mittlerweile nicht mehr schwierig. Es gibt immer mehr Hotels oder Ferienbauernhöfe, die mit saisonalen und regionalen (Bio-)Lebensmitteln kochen, Bio-Textilien verwenden, naturnah gebaut sind, Ressourcen aus der Umgebung und Ökostrom nutzen und dies durch Siegel und Zertifikate nachweisen. Beim Urlaub im Ferienhaus können wir unser nachhaltiges Verhalten von zu Hause weiterverfolgen – oder den Urlaub nutzen, um etwas Neues auszuprobieren: Brot selbst backen, möglichst plastikfrei einkaufen…

Und schon das Packen können wir nachhaltig gestalten: Wir sollten nur so viel einpacken, wie wir benötigen. Weniger Gewicht bedeutet weniger Emissionen bei der Fortbewegung. Was ist in der Grundausstattung in unserer Unterkunft enthalten? Was bringen wir von zu Hause mit, um unnötigen Müll zu sparen (Soda-Stream, Bienenwachstücher…)?

Für das Freizeitprogramm können wir nachhaltige Projekte und Aktivitäten einplanen: Ruderboot oder Stand-up-Paddling statt Motorboot, Radtour statt Ausflug mit dem Auto. Und brauchen wir wirklich noch ein zehntes Souvenir? Außerdem können wir mit offenen Augen unsere Wege gehen und Müll einsammeln, wo er nicht hingehört.

Eine gute Wahl treffen

Wie finden wir nun den richtigen Ort für den nächsten Urlaub? Können wir jeder Unterkunft trauen, die behauptet, sie sei nachhaltig? Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das herauszufinden: Sucht auf der Homepage oder auf Social Media nach Informationen über die Nachhaltigkeit der Unterkunft. Über besonders innovative und nachhaltige Unterkünfte gibt es manchmal auch Reportagen und Berichte im Internet oder in Magazinen. Hilfreich können auch die Bewertungen anderer Gäste sein. Oder ihr fragt direkt bei der Unterkunft nach.

Vielleicht gibt es sogar Projekte und Aktivitäten, an denen sich die Gäste beteiligen können – und an denen im besten Fall auch Kinder oder Jugendliche Spaß haben.

Plattformen für nachhaltige Unterkünfte

Öko-Reiseportale helfen dabei, eine Vorauswahl zu treffen. So findet ihr zum Beispiel auf goodtravel.de Unterkünfte ausgewählt nach Kriterien wie Architektur (naturnahe Bauweise), Umwelt (bewusste Nutzung von Ressourcen) oder Kulinarik (regionale und frische Bioküche) in jeder Preiskategorie.

bookitgreen.com bewertet Unterkünfte nach bestehenden Zertifikaten im Tourismus, den eigenen 15 Nachhaltigkeitskriterien und den Bewertungen der Gäste (neben Sauberkeit und Freundlichkeit auch Nachhaltigkeit). Für jede Buchung pflanzt das Unternehmen einen Baum. fairweg.de wählt Hotels basierend auf ihren zwölf Nachhaltigkeitskriterien aus. Dazu zählen das Angebot an Bio-Lebensmitteln und Bio-Textilien, eine E-Ladestation, Ökostrom und eine Solaranlage. Ihr könnt auch ein Hotel in Verbindung mit einem Flug dorthin buchen. Fliegen zählt nicht zu den umweltschonenden Reisemethoden, daher bietet die Plattform eine CO2-Kompensation der Flüge an.

Unterkünfte auf forumandersreisen.de orientieren sich an Mensch und Umwelt, indem die Ressourcen vor Ort sorgsam und gezielt genutzt und die wirtschaftliche Entwicklung in den Reiseländern unterstützt werden. Der Urlaub soll besonders ethisch und sozial gerecht sein.

renatour.de ist spezialisiert auf naturnahes Reisen und hat vor allem für Familien nachhaltige Angebote. Bei den Unterkünften wird Wert auf eine gesunde, landestypische Küche möglichst in Bio-Qualität gelegt. Hier findet ihr eine europaweite übersichtliche Auswahl an Urlaubsangeboten wie „Single mit Kind“, „Urlaub mit Teenagern“ oder „Urlaub mit Tieren“.

Nachhaltiges Reisen wird immer einfacher. Warum es also nicht einfach mal probieren?

Helena Berger ist Voluntärin bei der Zeitschrift Family.

„Mama, du bist zu früh!“ – So vermeiden Sie Zoff beim Abholen

Nicht selten erleben Eltern beim Abolen aus der Kita, dass die Kinder nicht nach Hause wollen. Warum das so ist und wie man damit umgehen kann, erklärt Erzieherin Pia Tober.

Es kommt immer mal wieder vor, dass Kinder scheinbar alles andere als Freude über das Erscheinen der Eltern empfinden. „Mama, du bist zu früh!“, oder ein protestierendes „Ich will noch nicht nach Hause!“ sind dann zu hören. Manche Kinder brechen beim Abholen auch zusammen und weinen und bekommen vor Emotionen kein Wort heraus. Was auch immer in diesem Moment in dir als Elternteil vorgeht, lass dir eins gesagt sein: Diese Reaktionen sind normal. Ich erlebe es täglich und kann dir sagen, dass es vielen Eltern so geht.

Lass uns gemeinsam beleuchten, was beim Abholen aus der Kita passiert und was du beachten kannst, damit der Abschied aus der Betreuung für alle Beteiligten zufriedenstellend wird.

Was geht in dem Kind vor?

Dein Kind hat einige Stunden in der Kita verbracht. Es hat sich an Regeln gehalten, Konflikte gelöst, mit verschiedensten Menschen gesprochen, kooperiert und alles in allem viel erlebt.

Gerade hat es sich einer Tätigkeit gewidmet, als du in die Tür kommst. Es ist mitten in seinem Tun. Das, was dein Kind im Gegensatz zu dir noch nicht kann, ist, sich schnell auf eine neue Situation einzustellen. Kitakinder haben noch kein ausgeprägtes Zeitgefühl und reagieren hin und wieder mit für uns unpassend wirkenden Reaktionen.

Das hilft beim Abholen

Es gibt ein paar Kniffe, die das Abholen aus der Kita angenehmer gestalten können:

1. Sorge für dich und deine Bedürfnisse!
Du bist gestresst und in Eile? Sorge für einen Moment zum Durchatmen vor der Kita. Du bist hungrig? Sorge für einen Snack im Auto. Es macht einen großen Unterschied und sorgt für mehr Geduld.

2. Tauche in das Tun deines Kindes ein!
„Was machst du denn da?“, „Das sieht aber bunt aus!“, „Da hast du dir aber Mühe gegeben!“, „Wie hast du es geschafft, einen so hohen Turm zu bauen?“ – mit solchen Sätzen fühlt sich dein Kind gesehen und in seinem Tun wertgeschätzt. Erfahrungsgemäß lässt sich ein Kind mit dieser Haltung schneller aus seinem Spiel herausholen als mit rationalen Argumenten oder dem Versprechen einer Belohnung zu Hause.

3. Berücksichtige die Bedürfnisse deines Kindes und bleibe gleichzeitig bei deinem Plan!
Es geht nicht darum, mehr Zeit für das Abholen des Kindes einzuplanen, sondern um einen sanften Übergang. Es darf seine Tätigkeit in Ruhe beenden – mit deiner Hilfe. Wenn du möchtest, auf spielerische Art. Vielleicht hilft eine Vereinbarung: „Noch einmal Farbe nachnehmen.“ Überlege, wo sein Kunstwerk platziert werden kann, sodass es dies morgen wiederfindet. Bleibe klar und bewege es zum Gehen. Ist es heute an der Zeit, ihm beim Händewaschen und Anziehen zu helfen, obwohl es dein Kind schon kann? Wenn du merkst, dass dein Kind missmutig ist und nicht mit möchte, beziehe es nicht auf dich. Es liegt nicht an dir. Es war gerade in sein Spiel vertieft. Du darfst den Übergang liebevoll begleiten.

Pia Tober ist Erzieherin mit Leidenschaft und beschäftigt sich auch nach ihrem Feierabend mit Kinder- und Familienthemen.

Die richtige Beikost finden: Brei oder Babyled weaning?

Ab sechs Monaten bekommen Säuglinge meistens Beikost. Was ist sinnvoller: Brei oder Baby-led weaning? Das sind Vor- und Nachteile.

Im zweiten Lebenshalbjahr steigt der Energieund Nährstoffbedarf Ihres Babys. Um diesen zu decken, braucht es neben Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrung ergänzende Lebensmittel: Die Zeit der Beikost beginnt. Generationen von Eltern haben ihre Kinder in dieser Zeit mit Breien ernährt. Seit einigen Jahren ist ein weiteres Ernährungs-Konzept im Trend, das Baby-led weaning. Dabei stehen – statt pürierter Breimahlzeiten – feste Lebensmittel auf dem Speiseplan, zum Beispiel gedünstetes Gemüse in Stücken. Das Kind wird außerdem nicht gefüttert, sondern führt sich die kleinen, weichen Nahrungsstücke selbst mit den Händen zum Mund. Welche und wie viel der angebotenen Lebensmittel es isst, entscheidet es selbst.

Alle nötigen Nährstoffe

Die Breikost hat gegenüber dem Baby-led weaning einige Vorteile. Zum einen ist sie ein erprobtes Konzept zur schrittweisen Einführung von drei unterschiedlich zusammengesetzten Breien, das genau auf die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse des Säuglings abgestimmt ist. Ein Ernährungsplan mit den verschiedenen Breirezepten für das erste Lebensjahr bietet Orientierung bei der Umsetzung (zu finden auf gesund-ins-leben.de). Beim Babyled weaning ist es schwieriger sicherzustellen, dass das Baby alle nötigen Nährstoffe bekommt. Da es sich selbst füttert, können die Eltern schlechter nachvollziehen, was es in welcher Menge gegessen hat. Zudem hängt die Qualität der Ernährung stark von dem Angebot auf dem Esstisch sowie letztlich der Lebensmittelauswahl des Säuglings ab.

Motorische Fähigkeiten

Zum anderen können die meisten Kinder zum empfohlenen Beikoststart zwischen dem 5. und 7. Monat Breie problemlos essen. Um sich selbst zu füttern, brauchen sie dagegen sowohl mehr motorische Fähigkeiten beim Greifen, Kauen und Schlucken als auch Ausdauer beim Sitzen. Die Einführung von Baby-led weaning beginnt damit meist später als die der Breikost. Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrung bleiben deswegen bei vielen durch Fingerfood ernährten Kindern bis weit ins zweite Lebenshalbjahr hinein die hauptsächliche Nährstoffquelle.

Trotzdem müssen sich Brei und Baby-led weaning nicht ausschließen: Werden dem Säugling zusätzlich zu den Breien nährstoffreiche Lebensmittel in Stückchen angeboten, kann er sie mit allen Sinnen erfahren und spielerisch eine gesunde Ernährung entdecken. Auch für Babys, die Brei eher verweigern, kann dies ein Weg sein, sie an feste Nahrung heranzuführen. Wenn Sie sich entscheiden, Ihrem Kind ausschließlich stückige Beikost zu geben, sollten Sie sich durch qualifizierte Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte individuell beraten lassen.

Hanna Seul ist Online-Redakteurin beim Netzwerk „Gesund ins Leben“. gesund-ins-leben.de